Thomas Rietzschel / 15.01.2020 / 15:00 / 45 / Seite ausdrucken

Alte Liebe rostet nie

Wo sie nichts zu melden haben, antichambrieren Merkel und ihre Gefolgschaft am liebsten. Sie sind die Adabeis, die Auchdabeiseinwollenden der weltpolitisch agierenden High Society. Sie laden sich ein in den Kreis der Großen und danken ihnen die Duldung, indem sie Millionen und Milliarden locker machen, sich ausnehmen lassen wie eine Weihnachtsgans. Die Nachsicht, mit der man sie schwafeln lässt, sie bisweilen sogar noch anstachelt, den großen Max oder die aufgeplusterte Pute zu spielen, verführt die armen Teufel immer wieder zu der Annahme, dass sie tatsächlich etwas zu sagen hätten. 

Als ein Ensemble reisender Hofnarren amüsiert die Merkel-Truppe die Mächtigen dieser Welt, unbeirrbare Herrscher wie den russischen Zaren, den türkischen Sultan oder die Diktatoren im kommunistischen China. In deren Gesellschaft blühen die Schwadroneure auf, da fühlen sie sich wohler als an der Seite von Verbündeten, die sie ihrer Rolle gemäß behandeln: als politische Dilettanten, denen man auf die Finger sehen muss. Um so nicht in die Pflicht genommen zu werden, weichen die deutschen Schaumschläger dahin aus, wo sie ohnehin niemand ernst nimmt. 

Statt das Nächstliegende zu tun und sich in Washington mit dem wichtigsten unserer Verbündeten auf eine gemeinsame Strategie zum weiteren Vorgehen im Nahen Osten, in Syrien, im Irak und im Iran zu verständigen, reisten Angela Merkel und ihr Maas-Minister am vergangenen Wochenende nach Moskau: Katzbuckeln am Hofe Wladimir Putins. Der Russdurfte sich ins Fäustchen lachen wie Erdogan, als er die deutsche Bundeskanzlerin 2015 neben sich auf einen goldenen Thron setzte. Für den Moment konnte sie mit dem Sultan auf Augenhöhe in die Kameras lächeln.

Ein Schuss in den Ofen

Das dicke Ende kam nachher mit einem Flüchtlingsabkommen, das dem Türken sechs Milliarden Euro dafür versprach, weitere Zuwanderer auf dem Weg in die EU aufzuhalten. Außerdem eröffnete es ihm die Möglichkeit einer Erpressung ohnegleichen. Kann er doch nun jederzeit bis zu drei Millionen Menschen auf Europa und Deutschland zumal loslassen, sollte seinem Willen nicht entsprochen werden. Das diplomatische Kunststück, dessen sich die Kanzlerin rühmte, war ein Pyrrhussieg, weltpolitisch betrachtet ein Schuss in den Ofen.

Was sie jetzt in Moskau erreicht haben will, lässt noch Schlimmeres befürchten: die schrittweise Verabschiedung von den Verbündeten, die bisher für unsere Sicherheit einstanden, für die Verteidigung der westlichen Demokratien gegen den Ansturm religiöser Fanatiker sowie die wirtschaftliche Unterwanderung der bürgerlichen Gesellschaft. Putin, der einen guten Faden mit Erdogan spinnt, weiß nur zu gut, wie leicht er die Bundeskanzlerin mit der Aussicht auf einen „Gipfel“ in Berlin abfinden kann. 

Dass bei solchen Treffen nicht mehr herauskommt als die bombastische Inszenierung der deutschen Regierung als Vermittler in internationalen Konflikten, hat ihn das Beispiel der Ukraine gelehrt. Alles, was seinerzeit unter der Federführung von Frank-Walter Steinmeier ausgehandelt wurde, war das Papier nicht wert, auf dem es stand. Kein Punkt, der den Russen davon abgehalten hätte, die Krim zu annektieren. Außer dem Theaterdonner gibt es nichts, womit die regierenden Adabeis unserer Tage auffallen könnten, wenn sie auf die weltpolitische Bühne drängen. 

Carte Blanche für die Mullahs

Befangen im Wahn ihrer Bedeutung lassen sie sich vor den Karren gerisseneFeinde spannen. Aus Leibeskräften blies Angela Merkel in das Horn Putins, als sie ihm jetzt in Moskau versicherte, das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 sei „richtig, in erster Linie wirtschaftlich und nicht politisch“. Falsch seien allein die Sanktionen der USA dagegen. Musik in den Ohren Putins. „Wir schätzen“, lobte der Russe die Deutsche, „die verantwortungsbewusste Position der Bundesregierung zu Nord Stream 2“. 

Auch in der Iran-Frage waren beide schnell wieder ein Herz und eine Seele. In deutlicher Abgrenzung von den USA sprachen sie sich für eine Fortsetzung des Atomabkommens mit den Mullahs aus. Während Merkel noch einräumte, zwar sei das Ganze nicht „vollkommen“, doch immerhin ein „Abkommen“, stellte Putin schon fest: „Russland und Deutschland sind entschieden dafür, dass das iranische Atomabkommen weiter umgesetzt wird.“ Carte Blanche für die verschlagenen Religionsführer.

Dass Putin mächtig genug ist, dies und mehr noch zu bewirken, steht außer Frage. Zweifelsohne will er den Amerikanern im Nahen Osten den Rang ablaufen. Ein Vorwurf ist ihm daraus nicht zu machen. Die Großen spielen ihr eigenes Spiel. Tun die Kleinen aber so, als könnten sie dabei mitmischen, laufen sie Gefahr, unter die Räder zu kommen. Am Ende sind sie doch bloß die nützlichen Narren: Hochstapler, die bewährte Bündnisse gefährden, um sich weltpolitisch aufzuspielen. Angela Merkel konnte dieser Versuchung nie widerstehen. Schon in den ersten Jahren ihrer Regentschaft zog es sie öfter nach Moskau als nach Washington. Der Mächtige hat es der Möchte-gern-Mächtigen angetan. Und gegen die Gefühle ist mit dem Verstand bekanntlich wenig auszurichten.

Alte Liebe rostet nicht. 

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Leserpost

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herbert binder / 15.01.2020

Wie recht Sie haben, lieber Herr Rietzschel - sie ist aber auch so ziemlich das einzige, die/was hier (und auch sonst) dem Rost noch nicht anheimgefallen ist: die alte, die wahre, die echte L i e b e -  sie weht, wo sie will. Obwohl. Auch S I E , die Blume des Okzidents, Geschöpf und Ungeist zugleich, auch S I E , der Schoß, der furchtbar noch ist, auch S I E ist längst noch nicht vom Winde verweht. Sag mir wann das je geschieht…wann wird das je gescheh’n. .

elke popken / 15.01.2020

Danke, herr rietzschel! Schnoerkel- und schonungslos, aber wahrhaftig auf den Punkt gebracht!! @s. Schönfelder: Bilder haben tatsächlich eine unglaubliche Wirkung. Die ” dickmadame Merkel” ist da wirklich unuebertroffen! Für mich wie ein klassentrampel, stets bemüht:” Herr Lehrer, Herr Lehrer ich weiss was….keine Freundinnen, Jungs die Witze reissen. Trotzdem unerschuetterlich Durch Anbiederung, Anpassung, schlichtes froemmeliges getue ihre nische findend. Wenn dickmadame “dahinschreitet” mit ihren x-beinchen, in viel zu schmalen Schuhen für ihre breiten treter, einen"staatstragend” blöden gesichtsausdruck, wobei das markante marionettenpuppen-kinn Mit Sicherheit auch an Bändern hängt, um bei ihrem gestottere rauf und runter zuklappen…. Selbst ihre Baumarktketten können an Verschönerung nichts mehr reissen, ...ja, dann Kann vielleicht nur noch ein (stoss)-Gebet helfen. (Meine Beschreibung ist ja “furchtbar Boese” aber so wirkt sie nun einmal auf mich. In der Schule haben mir solche Mädels zum teil leid getan, kein Selbstbewusstsein, kein ansehnliches aeusseres, nicht die hellsten auf der Torte). Volker pispers hatte hierzu einen guten Spruch:” Frueher waren dick und doof zwei personen!” Merkel wäre hervorragend für einen kirchenjob gewesen, da hätte sie ihre krankhafte Geltungssucht und Minderwertigkeitskomplex Ausleben koennen Schrecklich, diese uebriggebliebenen blaustruempfe und dann noch eine als kanzlerin

Sybille Schrey / 15.01.2020

Ach, Herr Rietzschel, was kann denn nun Putin für das deutsche Deppentheater. Zu diesem volle Zustimmung, aber ansonsten wie gehabt. Beispiel: „Befangen im Wahn ihrer Bedeutung lassen sie sich vor den Karren gerissener Feinde spannen.“ Gerissen in Form von jedweder Überlegenheit ok., aber Feind entspringt doch Ihrer, wie auch immer begründeten und objektiv völlig haltlosen, persönlichen Abneigung. Denn nicht nur: „Der Russe durfte sich ins Fäustchen lachen“, nein, die ganze Welt lacht über diese vor Selbstüberschätzung strotzenden Komiker. Und übrigens: „Verbündete“ (einer auf Gegenseitigkeit! beruhenden Verbundenheit) haben die USA grundsätzlich nicht, nie gehabt und werden sie auch nie haben wollen, sondern nur Gehilfen oder Werkzeuge ihrer Interessen. Können Sie das eigentlich wirklich nicht verstehen, schade.

S. v. Belino / 15.01.2020

Beim Lesen des Artikels kam mir unweigerlich der etwas deftige Spruch in den Sinn, den mein Vater im Zusammenhang mit ähnlichen, weltpolitisch weit weniger bedeutsamen, Fällen regelmäßig zum Besten gab. Dieser lautete: So ist das eben, wenn man mit großen Hunden pinkeln will, aber sein Bein nicht hochkriegt. - Dennoch, werter Herr Rietzschel, sollte man sich seitens der deutschen Politik immer wieder auch um ein möglichst harmonisches Verhältnis zu Russland bemühen. Eben dies zu tun war wohl auch der Grund für die Reise Merkels und Maas’ nach Moskau. Allzu striktes Lagerdenken zeugt von politischer Kurzsichtigkeit und ist letztlich kontraproduktiv, insbesondere im Falle eines kleinen Landes wie es das unsrige - abgesehen von seiner (noch) beachtlichen Wirtschaftskraft - nun einmal ist. Was jedoch Ihre Charakterisierung der deutschen Vertreter auf dem Weltparkett angeht (hier Merkel und Maas) kann man Ihnen ohne große Vorbehalte zustimmen.

Karla Kuhn / 15.01.2020

Frau Andrea Marosi, auch ich habe Hintergedanken anders kann ich das ganze Theater, bzw.  DRAMA nicht mehr ertragen aber lassen Sie um Gottes Willen diese Nordstream Trasse fertig bauen, ich heize nämlich mit GAS und habe keine Lust mir den Hintern abzufrieren, nur weil die einen für Putin und die anderen für Trump sind. Ich bin für TRUMP UND PUTIN.  Ein anderer Machtmensch als Putin hätte die ganzen Beleidigungen und Sanktionen schon längst mit scharfen Mitteln beendet, Putin verfolgt eine andre Strategie, welche, weiß ich nicht, kann ich mir nur denken. HAUPTSACHE keinen ANGRIFF !  Trump und Putin sind aber auch beide sture Kerle.  WARUM schließen sie sich nicht zusammen ?? AMERIKA und RUßLAND, eine Macht und ein Bollwerk, ich könnte wieder ruhig schlafen! Dazu noch einen KANZLER mit Intelligenz, Sachverstand, Durchsetzungskraft und Empathie für das EIGENE VOLK !! und wir könnten uns in kurzer Zeit wieder erholen.

Wolfgang Richter / 15.01.2020

@ Eberhard Berger—Am Afghanistanabenteuer haben “wir” uns ja immerhin beteiligt. Und Libyen haben wir dem Helden des “Normaldeutschen” und Merkelfreund Obama zu verdanken, wie auch der verhinderten LieblingsUSPräsidentin der hiesigen Mainstream, angestoßen von einem weiteren Freund deutscher Regierung, einem gewissen Sarkozy, der die Zeit zum Wegbomben der Burgvogtes Ghadaffi gegen Zuwanderung gen Europa (sponsert mit reichlich Euronen als Dankeschön) gekommen sah, als selbiger die illegalen Wahlkampfspenden an ihn öffentlich machte. Um USA macht IM Erika erst einen Bogen, seit dort jemand ins Weiße Haus eingezogen ist, der versucht, einiges aus der Vergangenheit wieder zu reparieren.

Jan Kandziora / 15.01.2020

Woraus Sie ableiten, dass die Anbiederung an Washington weniger katzbuckelnd daherkäme als die an Moskau erschließt sich mir nicht. Die großen Jungs sollen sich alleine balgen, richtig. Das heißt aber nicht, dass Germania nicht mit Mädchen-Mitteln falschspielen könnte. Und dazu gehört eben auch, mit beiden Prinzen zu tanzen. Damit sich keiner vernachlässigt fühlt. Das hat im kalten Krieg gut funktioniert, und das ziehen wir jetzt durch.

S.Niemeyer / 15.01.2020

Madame ist eifrig dabei, sich Masche für Masche Richtung UN-Posten 2021 zu häkeln. Blöd jetzt, dass über ihren “Berliner Libyen-Gipfel” der Erdogan schon ausgeplaudert hat, wann und wer…  Wohl kaum einer dürfte über die Vita + Person Merkel so genau Bescheid wissen wie Putin mit seiner KGB Karriere, darin mehrere Jahre in der DDR + feinste Deutschkenntnisse. Unvergesslich das reizende Bild mit Putins schwarzem Labrador bei Merkels Besuch

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