Drei hoch Erfreute und drei tief Beleidigte hat die Weltpolitik ganz aktuell aufzuweisen. Die Verärgerten: ganz oben China und Frankreich, in der zweiten Reihe, wie meistens, die Europäische Union. Die fröhlich Genießenden: Australien, USA und – trotz anderer Selbsteinschätzung – in der zweiten Reihe die Brexit-Briten. So ist das, wenn es einen Frontwechsel in einem militärischen Geschäft im Wert von über 50 Milliarden Euro gibt.
China ist nicht wirtschaftlich, sondern geopolitisch darüber verärgert, dass die Amerikaner (und ein bisschen die Briten) den Australiern zwölf atomgetriebene U-Boote verkaufen. Schließlich sollen die ja vor der Haustür Chinas herumtauchen, was man im großmächtigen Peking nicht mag.
Die Franzosen sehen sich – zu recht – als die Gelackmeierten. Eigentlich wollten sie ja das Milliardengeschäft mit Australien machen. Als letzte verbliebene Atommacht der Europäischen Union, waren sie dabei Vorreiter Kontinentaleuropas, das nun gemeinsam mit Paris das Nachsehen hat.
Wie kam es dazu? Es hat halt ein paar Schwierigkeiten gegeben: in der Frage des Atomantriebs, des Preises und der Sicherheit vor Hacker-Angriffen. Aber das ist bei solchen militärischen Riesengeschäften keine Überraschung. Trotzdem muss Emmanuel Macron nun hilflos zusehen, wie ihm der Deal vor der Nase weggeschnappt wurde. Das hat ihn so sehr geärgert, dass er seine Botschafter aus beiden Ländern abgezogen hat, was die Chefs in Washington und Canberra vermutlich in einen Abgrund tiefster Depression gestürzt hat. Na ja.
Frankreich wollte gerade feiern
Der spannendere Hintergrund dieses Frontwechsels hat sicher auch mit der Historie zu tun. Frankreich wollte zwar gerade den 240. Jahrestag der Seeschlacht vor der Chesapeake Bay feiern, in Erinnerung daran, dass Paris damals den Amerikanern in ihrem Befreiungskrieg gegen die Briten geholfen hat. Aber das ist ein Stück Historie, das im großen Weltgeschehen nur noch schwach nachhallt. Später hat sich das Verhältnis zwischen Frankreich und USA stetig verschlechtert, weil Paris auf eigenen Großmacht-Ambitionen bestand. Charles de Gaulle verweigerte die Vollmitgliedschaft in der NATO, und Macron nannte das Bündnis in der Gaulle-Nachfolge „hirntot“. Von einer großen politischen Liebe kann man nicht sprechen.
Umso tiefer reichen die angelsächsischen Verbindungen. Die Kraft der gemeinsamen englischen Muttersprache wird außerhalb dieses Klubs immer wieder unterschätzt. Aber sie ist wirkmächtig. Im Zweifel bevorzugt man die geografisch mehr oder weniger entfernten Nachbarn, deren Sprache man spricht.
Die Brexit-Briten träumen nicht nur von einer Zukunft als „Global Britain“, sondern zugleich von einem CANZUK-Weltbund, zu dem neben Kanada (C), Australien (A), Neuseeland (NZ) auch das Vereinigte Königreich (UK) gehört. Und unausgesprochen wird der große Bruder USA mitgezählt, auch wenn eine Mehrheit der Amerikaner deutsche Vorfahren für sich reklamiert. Wie – lange verheimlicht – Donald Trump.
Apropos Trump: Außenpolitisch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er immer noch im Weißen Haus sitzt. Der gegen Frankreich und damit auch gegen Europa gerichtete Australien-Coup sieht wie ein echter Trump aus. Dass auch der Abzug aus Afghanistan eine Fortsetzung der Trump-Politik ist, sei nur nebenbei erwähnt. Wie nicht anders zu erwarten, verfolgt auch Joe Biden außenpolitisch eine Politik des „America first“. Dazu gehört eine stärkere Präsenz im Pazifik, bei der sich die Zusammenarbeit geografisch, kulturell und sprachtraditionell mit Australien anbietet. Die französischen Ambitionen in dem Raum spielen da nur eine Nebenrolle. Das gleiche gilt für die Präsenz der außenpolitisch irrlichternden Europäischen Union im Pazifik.
Heftig freuen sich die Briten mit, obwohl sie in diesem Bund nur der kleine Dritte sind. Sie haben sich mit ihrem knallharten Brexit so viele ökonomische Probleme eingehandelt, dass sie nun wenigstens die psychologische Freude genießen können, etwas Schönes in der Hand zu haben: das Gefühl, – frei von den lästigen Kontinentaleuropäern – einem weltumspannenden angelsächsischen Klub anzugehören. Früher war man in diesem Klub der Chef, heute ist man einfaches Mitglied und als Sprecher der Originalsprache von der neuen Leitung sprachlich majorisiert. Aber immerhin: Beim amerikanisch-australisch-englischen U-Boot-Deal weht ein Hauch von „Global Britain“ mit.