Ich wuchs in einem nordbayerischen Dorf von zweihundert Seelen im ehemaligen Zonenrandgebiet auf, also am “Eisernen Vorhang” inklusive verrauschtem DDR-Fernsehen mit westlichen[!] Spielfilmen (etwa französischen Mantel- und Degenproduktionen) in sich besonders lange hinziehenden Weihnachtsabenden. Er wurde damals auch schon mal eingeschneit und die mit Schotter befestigten zu ihm hoch führenden Zufahrtswege waren nicht mehr befahrbar. Meine Volksschule befand sich über dem Acker im massiven Nachbargebäude, in dem die Lehrerfamilie gleichzeitig lebte. Dort im riesigen Klassenzimmer sah ich mit allen Schulkindern des Dorfes zusammen die Übertragung der Mondlandung! Einsamkeit ist, wenn nachts zum Lesen unter der dicken, kuscheligen Daunendecke im kalten Kinderzimmer manchmal nur noch die Bibel bleibt. Ich versuchte mich mit 14 an der “Unfähigkeit zu trauern” der Mitscherlichs (Volksbücherei[!], Wallraffs Abenteuer entdeckte ich erst zwei Jahre später und dann traten auch schon die Sandinisten auf die Bühne), aber ohne Google dauerte es natürlich, etwa die Bedeutung von “Revanchismus” herauszubekommen. In jener Zeit entdeckte ich eines Tages die “Informationen zur politischen Bildung” im Zimmer meines älteren Bruders, die er während seiner Ausbildung erhielt, und wurde aufmerksam auf einen ganz sachlich darstellenden Artikel über Marxismus-Leninismus. Die Stunde der Bekehrung! Allein die Zitate darin hauten mich mit Wucht dermaßen vom Hocker, ja prägten mein weiteres Leben wohl für Jahrzehnte. Der Same war gelegt. “Das Kapital” ist komplex. Aber gleichzeitig hat Marx eine Sprache für Kinder. Es war vielleicht das Geheimnis seines globalen Erfolges, welcher Milliarden von Menschen in Mitleidenschaft zog, dass er in den Erwachsenen das Kind findet und anspricht? Der Kommunismus ist eine vollkommen abgefahrene, irrwitzige Kindergeschichte für Erwachsene, die nichts auslässt und zu jedem Aspekt menschlichen Lebens etwas zu erzählen weiß?
Gratulation Das ist eine reife Leistung, der ich nichts Vergleichbares entgegenstellen kann, obwohl ich mit 13 Antisowjet geworden bin bei der Niederschlagung des Ungarnaufstandes durch die Sowjets. Vom Kommunismus hatte ich noch keine Ahnung. Nie bin ich auf eine Ideologie hereingefallen und die Säue, die jeweils durchs Dorf getrieben wurden, erkannte ich als Bluff. Wer nun fragt, was mich so befähigt hat. dem muß ich sagen, daß es eine Begnadung war und die mich heute erkennen läßt, daß der Klimawahn ein Wahn und keine Wahrheit ist. Das Wetter wird von der Sonne gemacht, indem sie auf Luft und Wasser einwirkt. Das CO2 ist ein Spurengas mit einem Anteil von 0,04 % in der Atmosphäre. Es ist absolut lebenswichtig, weil es Pflanzenwachstum möglich macht und außerdem für die Sauerstoffproduktion durch Pflanzen steht. Wenn jetzt zur Begründung des Klima-Aufstandes eine Anreicherung des CO2-Anteils von 0,04 auf 0,0417 % steht, dann wird die ganze Absurdität offenbar.
@Cremer Die Aussage dass Konformismus (und nichts anderes ist politische Korrektheit) der anglo amerikanischen Kultur entspringt ist ziemlich dreist und bedarf der Begründung. Dies ganz besonders in Zeiten wo es politisch korrekt ist gegen die Angelsachsen zu Felde zu ziehen. Ich glaube nicht dass die Angelsachsen so masochistisch sind um eine so gelagerte “political correctness” nach Deutschland zu exportieren. Weiterhin, wenn eine deutsche Regierung politically correct in einer Je suis Charlie Demo die leeren Regierungsbänke die sie hinterlässt zum Handeln gegen den Terror aufruft. möchte dann ist dieser Tonangebende Aufruf zur political correctness im Gleichschritt eine Entscheidung made in Germany and not in the US. Denn, Obama lehnte alles andere als “politically correct” die Teilnahme an diesem verlogenen Spektakel , bei dem sich spätere Zensoren der deutschen Meinungsfreiheit sich nochmals schnell als “Charly” verkauften ab. Dafür zolle ich ihm Respekt auch wenn ich seine Politik nicht mochte.
Liebe Liana Schütz, ich habe großen Respekt für soviel Einsicht. Menschen in deinem Alter dürfen noch auf linken Irrwegen unterwegs sein; Erwachsene müssten es besser wissen. Eine Buchempfehlung für jeden, unabhängig vom Alter, der Sozialismus oder Kommunismus für erstrebenswert hält: „WOHN HAFT“ von Manfred Haferburg. Nach der Lektüre sollte jeder Träumer kuriert sein. // P.S. Ich mag deine “Schreibe”!
Wow! Im typischen “Bravo”-Lesealter von 14 (!) hat sich die Autorin schon einen so schwerverdaulichen Schinken wie “Das Kapital” reingezogen? Das ist ungewöhnlich! Der Politisierungsgrad gewöhnlicher Junglinker dürfte sich im Normalfall gerade mal auf Textkenntnisse diverser Punkrock-Songs plus ein paar aufgeschnappte Phrasen aus dem Demoparolen-Automaten beschränken. Viel mehr ist da im Normalfall nicht. Vieles, was hier an ideologischen Irrungen beschrieben wird, kenne ich aus eigenem Erleben - allerdings von der “anderen Seite”: Mit 14 war ich Neonazi (und in vielen Punkten ganz ähnlich gepolt wie die Autorin damals - Stichwort: Antiamerikanismus, Antikapitalismus, rebellische Attitüde, etc.). Erst Anfang 20 sind bei mir dann ein paar dicke Groschen gefallen. Insofern finde ich es bemerkenswert, schon mit 17 auf den Trichter zu kommen, da auf eine faule Ideologie hereingefallen zu sein. Das hängt sicherlich mit einem besonderen Grad geistiger Reife zusammen, der bei der Autorin u.a. anhand so früher Beschäftigung mit anspruchsvoller politisch/ökonomischer Literatur erkennbar ist. Der Zugang der Autorin zu der Ideologie scheint also außergewöhnlich intellektuell geprägt gewesen zu sein, während er bei der breiten Masse eher über triviale Subkultur, ein vages Lebensgefühl, eine Prägung durch das soziale Umfeld usw. funktioniert. Daher darf man wohl (leider) nicht davon ausgehen, dass dieses Beispiel repräsentativ sein könnte; die meisten anderen werden, wenn überhaupt, erst wesentlich später ihre Irrtümer einsehen. Oft auch nur klammheimlich. Zumal es ein gehöriges Maß an Fähigkeit und Bereitschaft zu beinharter Selbstreflektion und -kritik braucht, um überhaupt diesen großen Schritt zu wagen - sich radikal ehrlich zu machen und einzugestehen, dass man sich GEIRRT hat. Diese Größe hat längst nicht jeder Chapeau, dass der Autorin dies bereits so früh gelungen ist. Sie hat wahrlich den Erkenntnis-Turbo eingeschaltet!
...wie hieß es doch so schön: “Wer mit 20 nicht Kommunist ist, hat kein Herz -wer mit 30 immer noch Kommunist ist, hat keinen Verstand…!!!” (die Urheberschaft dieses berühmten Zitats ist vielen zugeschrieben worden, jedoch nicht geklärt)
Es ist schon beachtlich, welche Metamorphose von jugendlicher Naivität hin zu politischer Reife eine junge Frau(!!!) von 17 hier erkennen lässt. Für jemanden wie mich (JG 50), der in der DDR groß geworden ist, und dort alle Höhen und Tiefen des kommunistischen Systems praktisch mit der Muttermilch aufgesaugt hat, ist es allerdings weniger verwunderlich, kommt doch die Autorin (wenngleich nur über die Erfahrungen und Erzählungen der Altvorderen) aus einer ähnlichen Welt, die sich nach dem Kollaps ganz, ganz langsam den Segnungen des sozialmarktwirtschaftlichen Kapitalismus und Freiheit öffnet. Ich behaupte, daß der Mensch in dem Sinne geschaltet ist, daß er erst auf dem Arsch durchs Fegefeuer fahren , also einen schmerzhaften Lernprozeß durchlaufen muß. Leider gehen nicht viele geläutert daraus hervor, und zunehmend weniger, weil wir Deutsche mit unseren historisch bedingten Eigentümlichkeiten schon wieder den Kult des Höheren Wesens pflegen, der- wenngleich nicht über die Guillotine- so doch über soziale Ausgrenzung, Mundtotmachung und Anziehen der juristischen Zügel wieder tausende Opfer fordern wird, solange bis sich im Konvent jemand aufrafft und die St.Justs und Robespierres in Ketten aus dem Saal führen lässt.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.