Josef Oehrlein schreibt aus Buenos Aires für die FAZ:
Der große Präsident als kleiner Feigling
02. Juni 2009 Es wäre eines der spannendsten rhetorischen Duelle geworden, die man sich in Lateinamerika derzeit vorstellen kann. Wenn der venezolanische Präsident Hugo Chávez und der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa miteinander vor laufenden Fernsehkameras diskutiert hätten, wäre zwar auch nicht viel klarer geworden, was Chávez unter seinem „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ versteht. Aber der selbsternannte Fidel-Castro-Erbe hätte auf die Argumente eines seiner scharfsinnigsten Gegner reagieren und angesichts unzähliger Ungereimtheiten in seiner Politik Farbe bekennen müssen.
Zu dem Schlagabtausch ist es nicht gekommen, weil Chávez gekniffen hat, und das auf eine Weise, die überhaupt nicht zu seinem Imponiergehabe passt. Dabei war er es, der den Autor von „Die Stadt und die Hunde“ und „Das Fest des Ziegenbocks“ herausgefordert hatte. Großspurig hatte Chávez sein Fernsehprogramm „Aló Presidente“ (Hallo, Präsident) als Forum für die Debatte angeboten. Aber verdächtig war schon, dass er seine „Einladung“ ganz spontan während einer dieser Sendungen in provokativem Ton vorbrachte, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Vielleicht hat er schon in dem Augenblick, in dem er Vargas Llosa und andere „rechte“ Intellektuelle in den Regierungspalast einlud („am Samstag um 11 Uhr“), bedauert, diesen Schritt getan zu haben.
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