Jesko Matthes / 29.11.2020 / 06:05 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 19 / Seite ausdrucken

Alles wegen Corinna: Ehekrise!

Meine Frau gilt als liberal, früher bekennend linksliberal. Eigentlich noch viel weiter links als liberal. Ihr Vater, seligen Angedenkens, schickte sie als Teenager allen Ernstes während der Sommerferien aus Hamburg in ein Ferienlager der FDJ irgendwo im aufregenden Mecklenburgischen, wo laut Bismarck alles hundert Jahre später passiert. Ob die da freie Liebe praktizierten, nach dem Motto „zur Sonne, zur Freiheit“, sie auf der Suche war nach allem, was da stramm und aufrecht war, nach dem Motto „Sag mir, wo du stehst“ – ich weiß es nicht. Und bin diskret genug, nicht zu fragen. Eifersucht auf die Vergangenheit ist sinnlos, sogar auf eine sozialistische. Auch da bin ich konservativ, und böse Menschen haben keine Lieder.

Ich war noch viel konservativer, als meine Frau mich vor zweieinhalb Jahren in den Männerurlaub nach Thailand fliegen ließ. Ich hörte auf meine Regierung: Ich war erkältet, als ich nach klimakillenden einundzwanzig Stunden mit Umsteigen in Hongkong und Bangkok endlich ankam, hatte dicke Füße, hörte eine Woche lang nichts, weil der Druckausgleich bei den diversen Landungen nicht geklappt hatte, und es war brütend schwül und heiß; da interessierte ich mich eher für den Deckchair und den Sonnenschirm und den Lemon-Shake im Ice-Phuket, äh, Ice-Bucket natürlich. Aber, es gab da schon sehr schöne Schmetterlinge! Und den Ruf des Muezzins vom Minarett hinter dem Hotel, den hörte sogar ich. Ja, also, was soll ich sagen: Ich kann mir sowas von treu sein! Am nächsten Tag besuchte ich den Großen Buddha – frivolerweise steht er auf dem Nakkerd-Hill.

Also ist es nun doch passiert. Die Ehekrise ist da, wegen Corinna. Ich kenne natürlich gar keine Corinna. Nur meine Kommilitonin von vor dreißig Jahren, die jetzt, statt Ärztin geblieben zu sein, Latein und Altgriechisch an einer südenglischen Schule unterrichtet, denn sie lebt jetzt in einem normalen Land, die Glückliche, wir kommen gleich darauf zurück, also, auf Latein, meine ich, nicht auf Corinna, denn mit ihr hatte ich damals nix. Nützt mir nun auch nichts: Corinna hat heute meine Ehe versaut! Dicke Luft. Der eisige Hauch des Schweigens. Liebesentzug. Dabei bin ich sogar vor der Einzigen auf die Knie gefallen und habe ihr alles erklärt: „Mein Herz, das ist alles ein großes Missverständnis, es ist nicht so, wie du denkst, es war doch nur eine SMS, und es lag an der Autokorrektur des Handys!“ – „Nix, Herz! Wenn hier einer deine Autokorrektur ist, dann bin ICH das! WER ist diese Corinna??? Lies den Text vor!“

Du habest uns hier liegen gesehen?

Seufzend lese ich ihn noch einmal, obwohl sie ihn schon kennt, denn mein Handy lag ja in der Küche. Was für ein entsetzlicher Fehler! Also, ich bin immer gehorsam, und ich lese: „Günni schreibt: Kommst Du heute Abend 19 Uhr zum Treffen der Thai-Gang?“ – Ich antworte Günni wahrheitsgemäß: „Sorry, ich kann das nicht machen, Du weißt schon, wegen Corinna.“ Nun ist es so, dass ich meiner Frau nicht gesagt habe, dass ich das Treffen absage, das übrigens inzwischen sogar komplett abgeblasen ist, dum sanctis patriae legibus obsequimur („Wanderer, kommst Du nach Sparta, verkündige dorten, du habest / Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl“), wegen … Sie wissen schon. Ich musste dringend mal. Da habe ich nicht gelesen, was das dämliche Handy aus meinem Text gemacht hat, und sie hat den Dialog ungebremst gelesen, das Display war ja noch an. Und nun denkt sie, ich wollte das Haus pünktlich vor 19 Uhr verlassen, wie geplant, aber nicht wegen der Thai-Gang, sondern wegen … Corinna.

Es ist alles ein schreckliches Missverständnis. Ich bin treu wie Gold, siehe oben. Sogar meine drei Patenkinder können das bestätigen, alles bildhübsche blonde Konfirmandinnen, und unsere beiden Muschis auch, Mimi und Minki. Niemand hat mich hier liegen gesehen, außer, weil das Gesetz es befahl! – Und meine eigene Frau? Sie glaubt mir kein einziges Wort. So sitze ich nun hier, immer noch in der Küche, schon beinahe einsam. Denn der Vorrat im Kühlschrank, er schrumpft minütlich. Sie ahnen es schon, mein letzter Trost ist: Corinna-Extra.

Hören Sie also bloß auf mich, das sind saugefährliche Zeiten! Vertrauen Sie keiner noch so guten Autokorrektur. Hören Sie stattdessen immer auf Ihre Regierung!

Foto: Bildarchiv Pieterman

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H.Milde / 29.11.2020

Zum ersten Advent ein sehr netter Schmunzler. Da aber Weihnachten auch von AmtsGeschäftsKirchlicherseite abgesagt wurde, sozusagen ein Sozialkontakt-Fasten/Ramadan, kommt irgendwie keine rechte….  äääähhhh linksgute Stimmung auf. Es kann gar nicht soviel Corona geben, um sich das alles vergessen zu saufen. Anstatt eines goldenen tanzenden Engels auf die Christbaumspitze, werde ich einen todesköpfigen grinsenden Angelus mortis, oder eine Mantis religiosa kasnerii aufstecken.

Eugen Karl / 29.11.2020

Die Atokorrektur hat offenbar auch bei den US-Wahlen eine nicht unerhebliche Rolle gespielt.

Karsten Dörre / 29.11.2020

Bismarck und Mecklenburg scheint nicht ausrottbar. Eigentlich nahm dieser deutsche Spruch seinen Anfang mit 50 Jahre später und Königsberg in den 1830er Jahren. Je weiter östlich im Reichsgebiet, desto später. Bismarck hat nie Mecklenburg derart despektierlich erwähnt, da er selbst in Hinterpommern aufwuchs. Dass hier in Mecklenburg was später ankomme, ist längst widerlegt. Eine der drei Regionalzeitungen MVs, “Nordkurier” (sehr wohltuend in der Breite von Informationen und ohne Propaganda, auch bei Corona) nennt z.B. wegen der Tourismussperre für Nicht-MVler die trotzdem kommenden, deutschen Nicht-MVler schlicht illegal Einreisende. Übrigens dürfen zu weihnachtlichen Familienfeiern Nicht-MVler einreisen, um in Hotels zu übernachten. Ich bin immer wieder überrascht, dass seit 2020 sämtliches Wissen über tödliche Viren und ihre Ausbreitung bzw. Nichtverfolgung, wie z.B. Grippe- oder Magen-Darmviren, komplett verloren gegangen ist. Hat wohl damit zu tun, dass man tödliche Viren (Influenza) nicht mit tödliche Viren (Corona) vergleichen dürfe. Beide greifen Lunge und/oder Herz an.

HaJo Wolf / 29.11.2020

Lieber Herr Matthes, nehmen Sie doch das Original…: tois keinōn rhēmasi peithomenoi. Verdammt, ich wusste, als man mich in der Schule zwang, das auswendig zu lernen (wie die ersten 10 Zeilen der Odyssee), ich würde das sicher mal klugscheisserisch anwenden können!

Richard Kaufmann / 29.11.2020

Es wird mir einiges klar: vor 15 Jahren muss es auch die Autokorrektur gewesen sein, die uns bei den Wahlen die Bescherung gebracht hat. Kann man das nicht rückgängig machen?

Dr. Jäger / 29.11.2020

Wo ist sie nur hin, die endlose Toleranz und Offenheit für freie Liebe ,der Linken(ihrer Frau)? “Wer zweimal mit der Gleichen pennt, gehört schon zum Establishment”.Pech.

Sabina Kienberger / 29.11.2020

Cave Corinna et Corona! Auf der Achse, bei Tichys und einigen wenigen alternativen Medien gibt es sie noch, die journalistischen Perlen; sehr fein. Schmunzelgrüße!

Carlos Redder / 29.11.2020

Ihro Durchgelaugt Angela hat nach 16 Regierungsjahren auf dem Berliner Thron, Mutti abertausender, leider nicht der nachfolgeberechtigten, direkten Muttilinie abstammenden Willkommenskindern, keine Chance die drei Reichsinsignien, ihre Corona, Hoffunk und Wasserspeier, in die Obhut eines würdigen Erben m/w/d zu übergeben. Das, Herr Matthes, macht mir mehr Sorgen, als Ihr Weiberkram mit dem dominanten Ehegespons. Ziehen Sie ihr Weich-Ei ChiChi fix mal aus, wieder die Buxen an - und kloppen Sie mal mit dem Smartie auf den Küchentisch. MannoMann, Corinna macht uns so langsam alle alle…

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