Thomas Rietzschel / 24.11.2021 / 15:00 / Foto: achgut.com / 37 / Seite ausdrucken

Alles richtig gemacht, oder?

Die Regierenden haben in de Corona-Pandemie alles richtig gemacht. Wenn etwas trotzdem nicht geklappt hat, dann haben es die Regierten verbockt. Weil jeder nur an sich selbst denkt, nicht an das große Ganze. Jetzt müssten "Maßnahmen" ergriffen werden.

Man muss kein Verständnis für jene aufbringen, die sich nicht impfen lassen, obwohl sie gesundheitlich und konstitutionell dazu in der Lagere wären. Niemand muss ihnen Beifall spenden, ihre Weigerung gar für gut befinden. Wenn sie aber nicht geimpft werden wollen, dann ist das eben auch ihr gutes Recht. Den Anspruch des Einzelnen haben wir zu respektieren, solange wir selbst beanspruchen, in einer bürgerlich-freiheitlichen Gesellschaft zu leben. Die Impfgegner sind keine Täter. Sie haben sich nicht schlecht benommen, keine Schande über das Land gebracht. 

Das zu suggerieren, blieb der Pressekonferenz im Anschluss an die Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten am vergangenen Donnerstag vorbehalten. Ein peinlicheres Schauspiel wurde uns selten geboten. Da saßen Merkel, geschäftsführende Beamtin im Büro des Bundeskanzlers, Hendrik Wüst, MP von Nordrhein-Westfalen sowie derzeitiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, und Michael Müller, noch Regierender Bürgermeister von Berlin. Unisono erklärten sie, dass in Sachen Corona seitens der Politik alles bestens gelaufen sei, nichts versäumt und keine Fehler gemacht wurden. 

Kein Gedanke an eine kritische Reflexion des eigenen Tuns. Dass sie über Monate hin vor allem die Hände in den Schoß gelegt haben, schien den Politikern in ihrem Raumschiff völlig entgangen zu sein. Wenn der Eindruck stimmt, den die drei bei der Pressekonferenz vermittelten, dann müssen die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin ihre Beratung genutzt haben, um sich stundenlange gegenseitig auf die Schultern zu klopfen. Die neuerliche Expansion der Corona-Epidemie dürfte es nach allem, wovon sie annahmen, es getan zu haben, eigentlich gar nicht geben. Irgendwie muss sie „die vierte Welle“ überrascht haben – wie ein Geisterfahrer, der falsch abgebogen ist. 

Hurra, wir loben uns!

Doch sind sie dann immerhin, so die Kanzlerin, zu dem Schluss gekommen, es sei nun „Zeit zu handeln“. Wie, darüber wollte sich weder die Dame noch einer der Herren genauer auslassen. 2G oder 3G flächendeckend oder regional unterschiedlich, man wird sehen. Auf jeden Fall habe man, um nochmals Angela Merkel zu zitieren, einen „ganz großen Maßnahmenkatalog verabschiedet“. Von „großer Einigkeit“ war die Rede, fast schon wie nach einem Parteitag der chinesischen Kommunisten. Dass davon aber keine Rede sein konnte, verriet der Hessische MP Volker Bouffier nur wenige Stunden später. Erst einmal war gegenseitiger Dank angesagt, man lobte sich über den grünen Klee.  

Insbesondere der Berliner Sozialist Müller verwahrte sich dagegen, dass die Politik drohende Gefahren verschlafen habe. Nein und nochmals nein, protestierte er schmallippig, es habe nie an der nötigen Aufklärung, am Impfstoff und an Impfzentren gefehlt. Dass man gerade eben, während sich die Krankenhäuser bereits wieder füllten, das Auslaufen der epidemische Notlage von nationaler Tragweite beschlossen hatte, damit die Leute endlich verstünden, wie erfolgreich das politische Corona-Management bisher war, fiel ebenso unter den Tisch wie der Abbau von Impfzentren, die nun erneut eingerichtet werden müssen.   

Frage niemand, ob da die linke Hand noch weiß, was die rechte tut. Denn, so Müller wieder und wieder, versäumt wurde nichts. Vielmehr sei es das Volk, „der große Lümmel“, wie Heinrich Heine einst schrieb, das die neuerliche Expansion der Viren verschuldet hat. Anderen das eigene Versagen in die Schuhe zu schieben, das haben die politischen Wichte schon immer verstanden.  

Nicht mehr Herr seiner Sinne?

„Der Grund“, Müller wörtlich, sei, “dass es zu viel Egoismus und zu viel Gleichgültigkeit gibt, dass tatsächlich einige immer noch der Meinung sind, in dieser Solidargemeinschaft kommt es auf ihr Verhalten nicht an“. So könne es nicht weitergehen. Von jetzt an werde durchgegriffen. Die Impf-Bockigen  hätten dann „ebent auch damit“ zu leben, „dass sie nicht mehr so uneingeschränkt Zugang zu vielen Lebenssituationen haben oder andere Beschränkungen in Kauf nehmen“ müssen. Müller drohte, sie müssten auch „andere Maßnahmen hinnehmen“. Menschen, welche die jüngere deutsche Geschichte noch nicht völlig vergessen haben, lief es bei diesen Worten kalt den Rücken rauf und runter.

Wie denkt es in einem Politiker, der es wagt, Teile des Volkes, die aus der Reihe tanzen, derart zu bedrohen? Was schwebt ihm vor? Will er die Verweigerer in Lagern konzentrieren, umzäunt mit Stacheldraht, bewacht von Mannschaften mit scharf gemachten Hunden an der Kette? Oder ist er schlichtweg nicht Herr seiner Sinne? 

Nein, Herr Regierender Bürgermeister, auch wenn man die Impf-Verweigerer nicht für besonders gescheit hält, so diktatorisch wie Sie sich die Lösung des Problems vorstellen, geht es erst recht nicht. Am Ende hätten wir das, was Sie ausbrüten, noch mehr zu fürchten als die Viren. Jedenfalls kann man den Krankheitserregern nicht unterstellen, sie würden bewusst etwas Böses im Schilde führen. Wie sich das bei Ihnen verhält, werden wir noch sehen.

PS.: Wie eben gemeldet wird, sollen Arbeitergeber nur noch Mitarbeiter in ihre Unternehmen lassen, die genesen, geimpft oder getestet sind. Wer das alles nicht nachweisen kann, dem droht die Kündigung nach politischem Willen. Die Unternehmer werden als Büttel der Regierenden verpflichtet. Ist das der Anfang der „anderen Maßnahmen“, von denen Michael Müller in der vergangenen Woche sprach? Was mag da alles noch im Köcher der Politik stecken, der von der Bundesregierung und den Ländern gefüllten Büchse der Pandora? 

Foto: achgut.com

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G. Breinig / 24.11.2021

Ein Kind berührt eine heiße Herdplatte und verbrennt sich. Lerneffekt: Das Werde ich künftig nicht mehr machen. Die Hände unserer Politiker, Parteisoldaten und Linientreuen Super-Virologen sind dermaßen von Blasen überzogen, aber man tut es immer wieder. Das Ergebnis: vorsätzliche Zerstörung einer Gesellschaftseinheit. Denn sie wissen nicht was SIE tun.

Reinhard Offermann / 24.11.2021

Ich jedenfalls traue solchen Typen Dinge zu, die Deutschland in seinen dunkelsten Zeiten erlebte. Mit 37 Jahren Erfahrungen in der DDR entwickelt sich ein Gespür dafür.

Juliane Mertz / 24.11.2021

Es war ja von Anfang an so: Wenn die “Zahlen” fallen, ist es ein Verdienst der klugen Politik, wenn sie steigen, ist es die Schuld des Volkes (oder der Querdenker, der Ungeimpften, der Jugendlichen, der AfD-Wähler ...)

Ulla Schneider / 24.11.2021

Und Aldi kündigte es schon an. Ab nächstes Jahr Februar/ März nur noch ” geimpftes “Personal oder Kündigung. - Na dann .....!

Ralf Pöhling / 24.11.2021

Alles, was derzeit in der Gesellschaft abläuft, ist Damage Control in nie dagewesenem Ausmaß. Damage Control auf Kosten nicht etwa derer, die den Schaden angerichtet haben, sondern auf Kosten derer, die bereits von Anfang an den Schaden hatten und nun noch mehr Schaden dadurch erleiden, während die eigentlichen Verursacher sich bisher noch weitgehend aus der Affäre ziehen. Noch. Aber nicht mehr lange.

Karla Kuhn / 24.11.2021

“Wie eben gemeldet wird, sollen Arbeitergeber nur noch Mitarbeiter in ihre Unternehmen lassen, die genesen, geimpft oder getestet sind. ”  Händeringend werden Fachkräfte gesucht, in der Pflege sollen 200000 fehlen. So ein Erlaß  ist derart hirnrissig und vor allem TOTAL REALITÄTSFERN, daß der vermutlich nur von Typen kommen kann, die sich ihr Gehalt nicht selber erschuften müssen, sondern reichlich alimentiert werden. Vielleicht spekulieren die auf die Fachkräfte, die an der Grenze zu Polen brav warten,  um Industrie, Gesundheitswesen, Handel und Gastronomie bei uns voll zu unterstützen ? Da hatte sich schon Frau Nahles verspekuliert, viele waren KEINE “Akademiker”, etliche dafür Analphabeten. ABER, wer das Schwabsche größenwahnsinnige MODELL gelesen hat (ich nicht, für Schwachsinn gebe ich kein Geld aus, ich konnte Auszüge bei anderen lesen, das reicht) weiß, daß vermutlich   GUT ausgebildete FACHKRÄFTE gar nicht mehr benötigt werden . Corona war nur der AUFTAKT. Mit einer Pandemie geht es ja auch ruck zuck bergab.  Ich kann es nicht behaupten aber ich glaube,  OHNE DIESE IMPFUNG, mit der Geimpfte offenbar immer wieder infektiös werden können, eine pure Kettenreaktion und diesen unsäglichen PCR TESTUNGEN, die keine Infektionen nachweisen können, wäre CORONA Geschichte. Die Milliarden Investitionen der ach so philanthropischen Geldgeber ebenfalls.  Also vermutlich IMPFEN BIS ZUM LETZTEN MANN (kommt mir bekannt vor, ach ja, damals hieß das wohl “kämpfen bis zum letzten Schuß”) “..damit die Leute endlich verstünden, wie erfolgreich das politische Corona-Management bisher war, ...”  WAS für ein STUß, Eigenlob stinkt gewaltig. Aber ein kolossaler LACHER, nee sowas.

Pjotr Novak / 24.11.2021

Ich schätze Ihre Beiträge, Herr Rietzschel, aber es ist mit Sicherheit kein Fehler Impfzentren zu schließen. Das was da verimpft wird, ist Teil des Problems, nicht der Lösung. Übrigens hat Mainz den Hebesatz für die Gewerbesteuer gesenkt. Irgendjemand ist immer auf der Gewinnerseite in (oder durch) eine Krise.

Andreas Stüve / 24.11.2021

Warum, Herr Rietzschel, muss man für ” Ungeimpfte ” kein Verständnis zeigen? Nur weil sie sich Kraft Grundgesetz frei für die Nichtannahme einer fragwürdigen Gentherapie entscheiden? Haben Sie zu viel Merkel, Spahn und Lauterbach intus? Für meinen Teil zeige ich Verständnis für diejenigen, die der Propaganda erlegen sind und sich haben in falscher Hoffnung auf Freiheit diese Therapie verabreichen lassen. Viele wissen es eben nicht besser. Auch dafür mein Verständnis. Dieses hört aber auf, wenn es um einen Umbau des ehemaligen Rechtsstaats in eine grün - hygienische Diktatur geht. Die ist bereits installiert und jetzt ist Schluss mit lustig!

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