Peter Grimm / 13.01.2024 / 13:00 / Foto: Unsplash/C.Rainer / 78 / Seite ausdrucken

Alles nur Staatstheater?

Das Potsdamer „Geheimtreffen“ mit dem „Geheimplan“ zur Vertreibung wurde bislang gern als eine Art Staatsaffäre dargestellt. Jetzt zeigt sich, es führt auf die Theaterbühne.

Vielleicht habe ich in meinem gestrigen Beitrag zu der hysterischen Aufregung über den „Geheimplan gegen Deutschland“, der auf einem klandestinen „Vertreibungsgipfel“ von allerlei Rechten bis Extremen mit AfD-, Werteunion-, CDU- und überall Nicht-Mitgliedern ausgeheckt worden sein soll, doch einen Fehler gemacht. Ich hatte aufgrund mangelnder Informationen die Arbeit von Correctiv nach ihrer journalistischen Qualität bewertet, also Faktenlage, Recherche und das angeblich Geheime daran kritisch bewertet und auch die Auftritte namhafter deutscher Politiker und Medienmacher dazu als hysterisch abqualifiziert. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vorbringen, dass das zum einen alles wirklich so wirkte und zum anderen, dass mir beim Schreiben des Textes eine entscheidende Information fehlte, die mich gestern erst im Laufe des Tages erreichte. 

Da erfuhr ich, dass diese geheimnisvolle Potsdamer Verschwörungsrunde zur „Remigration“, die in zeichensetzender Dramatik von Correctiv und einigen seiner Leser schon mit der Wannsee-Konferenz – also der Planung des millionenfachen Mordes an den europäischen Juden – verglichen wurde, am Mittwoch in Berlin auf die große Theaterbühne gebracht wird. Am Mittwoch, den 17. Januar 2024, können Sie im Großen Haus des Berliner Ensembles das Stück „CORRECTIV enthüllt: Rechtsextremer Geheimplan gegen Deutschland“ sehen. Der Titel wirkt vielleicht etwas sperrig, steht aber so im Spielplan des Theaters. Dem Publikumsinteresse an der Aufführung tat das keinen Abbruch, sie war in Windeseile ausverkauft. Aber interessierten Zuschauern wird ein kostenloser Livestream angeboten.

Dass es sich hier um eine groß angelegte Kunstaktion handelt, erklärt natürlich Einiges, was einen unbedarften Leser zuvor an der Correctiv-Arbeit hatte zweifeln lassen. Wenn Journalisten am 25. November wirklich die Verschwörung zu millionenfacher Vertreibung von Ausländern und Deutschen mit ausländischen Wurzeln aufgedeckt hätten, würden sie kaum bis zum Januar gewartet haben, um das Land vor dieser drängenden Gefahr zu warnen. Wenn das Ganze natürlich fürs Theater aufbereitet werden musste, dauert die Veröffentlichung eine Weile. Eine Inszenierung braucht schon ihre Zeit, zumal nicht nur ein Theater beteiligt ist. Bei den Machern heißt es dazu ganz bescheiden:

Regisseur und Intendant des Volkstheaters Wien Kay Voges bringt die Recherche als Koproduktion des Berliner Ensembles und des Volkstheaters Wien in Form einer szenischen Lesung auf die Bühne des Berliner Ensembles. Wir zeigen die szenische Lesung als kostenlosen Livestream zusammen mit dem Volkstheater Wien und nachtkritik.de auf www.berliner-ensemble.de und www.volkstheater.at.

Medienmacher und Politik haben verstanden

Berliner Ensemble und Wiener Volkstheater bringen dem Volk also auch umsonst und daheim ein Kunstwerk zur Anschauung, in dem es dem Vernehmen nach ziemlich völkisch zugehen soll. Für den Sprachwitz wäre es allerdings an dieser Stelle besser, das Wiener Volkstheater hätte sich als deutschen Partner die Berliner Volksbühne und nicht das Berliner Ensemble gewählt. 

Aber die Hauptsache ist: Wenn man weiß, dass jede phantasievolle Überhöhung der bislang bekannten Fakten ihren dramaturgischen Zweck hat, weil hier schließlich großes Theater auf die Bühne gebracht werden soll, dann ist der Appell, doch bitte gelassen bei den Fakten zu bleiben, ungefähr so hilfreich, als würde man einen Verwaltungsjuristen als Autor für ein Blockbuster-Drehbuch empfehlen.

Immerhin haben viele Medienwerktätige und Politiker das verstanden und sich nicht, so wie ich und manch andere, auf den Irrweg begeben, die Correctiv-Arbeit hinsichtlich der Fakten kritisch zu hinterfragen. Stattdessen übernahmen sie, ganz im Sinne der Kunst, die Correctiv-Darstellungen und bauten sie sogar spontan aus. Ja mit vielerlei Forderungen nach Konsequenzen schrieben sie das Stück schon stündlich fort, noch bevor die Aufführung im Theater überhaupt begonnen hat. 

Die szenische Lesung auf der Theaterbühne des Berliner Ensembles verspricht eigene neue Höhepunkte, damit niemand Langeweile fürchten muss. „Gemeinsam mit CORRECTIV werden in der Lesung weitere Details live enthüllt“, verspricht das Wiener Volkstheater. Der Rahmen ist gut gewählt, denn das Publikum weiß von vornherein, dass es im Theater sitzt und nicht vor einer Nachrichtenseite. 

Wer böse sein will, könnte noch despektierlich „Staatstheater“ hinzufügen. Aber das wäre völlig falsch, denn beispielsweise die SPD möchte im Bundestag, also im Reichstagsgebäude – übrigens keine zwei Kilometer Luftlinie entfernt vom ehemaligen Führerbunker – lieber eine eigene Aufführung veranstalten. Möglichst in dieser Plenarwoche, die ebenfalls am Mittwoch beginnt, soll das Thema im Bundestag debattiert werden, fordert der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. 

Foto: Unsplash/ C.Rainer

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Leserpost

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RMPetersen / 13.01.2024

Nun ist also der Begriff “Re-Migration” umfassend bekannt gemacht worden. Das Wahlvolk wird überwiegend nicht dagegen haben, nicht-anerkannte Asylbewerber, kriminell Gewordene und islamistische Terroristen auszuweisen. Dank an die regierungsnahe Presse und den ÖRR. Soviel Werbezeit hätte sich die AfD nie leisten können.

Ralf Pöhling / 13.01.2024

Was für ein absurdes Schauspiel. Riecht nach “Rollatorputsch, die zweite”. Nochmal: Was die AfD tut oder lässt, bestimmt das offizielle Parteiprogramm, was durch Landes- und Bundesfachausschüsse sowie Programmkommission erstellt und auf dem Parteitag abgesegnet wird. Befugt sind dazu einzig die für die jeweilige Position demokratisch gewählten Parteimitglieder bzw. die ebenso demokratisch gewählten Delegierten der AfD. Niemand sonst. Ich kenne das Prozedere ziemlich genau, denn ich bin da schon mehrfach selbst durch. Niemand von der IB und auch niemand von der CDU oder irgendein Außenstehender, geschweige denn jemand von Correctiv oder dem Medienapparat kann da durch, da keiner von denen AfD Mitglied ist. Das ist Fakt. Alles andere ist Schauspiel. Oder besser: Ein Trauerspiel. Und was die Sache mit den erwähnten Deportationen betrifft: Deportationen aus Deutschland raus werden hier als “Nazi” dargestellt. Aber was ist eigentlich mit den Deportationen nach Deutschland rein? Wenn das Ausland andauernd seine Problemfälle in Millionenstärke nach Deutschland deportiert, ist das dann für Correctiv & co ok? Und wenn ja, warum? Marokko hat bekanntermaßen 2015 und folgend unzählige marokkanische Kriminelle als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland deportiert. Der IS hat zeitgleich etliche seiner Opfer und groteskerweise auch noch seine Täter nach Deutschland deportiert. Ist das alles verfassungsgemäß, oder warum wird das von Correctiv nicht thematisiert und kritisiert? Ist das nur Blödheit, oder macht sich da jemand absichtlich zum Handlanger der internationalen organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus, indem er das deckt und uns permanent für etwas verteufelt, was wir nur korrigieren wollen? Wer ist hier wirklich das Korrektiv? Correctiv oder nicht doch etwa die AfD selbst?

D. Brauner / 13.01.2024

Alles nur Staatstheater? - Nein, ich glaube auch Filmgesellschaften könnten durchaus mit beteiligt sein. Die Cinema International Artists zum Beispiel.

Thomas Kache / 13.01.2024

Hat sich Disney die Rechte schon gesichert? Wird es demnächst einen Animationsfilm im Stile von Aladin und die sieben Geislein geben? Oder ein neuen Indianer Jones mit Haldi in der Titelrolle? Indy jagt mit seiner Peitsche die geheimnisvolle Ampel, welche ewige Glückseligkeit im Taka- Tuka Land verheißt. Dabei muß er die Nazis (also die AfD) ausschalten. Er hat Unterstützung von einer liebreizenden Prinzessin aus dem hessischen Märchenwald. Auch eine vormalige sprachgewandte Staatssekretärin für Dingsbums spielt eine entscheidende Rolle und entpuppt sich als Geheimagentin einer außer- und überirdischen Macht. Des Weiteren gibt es als Running Gag einen tollpatschigen Vertreter, welcher immer wieder mit seinem Privatflugzeug gegen schwarze Felsen dotzt. Am Schluß entfleucht Haldi (also Indy) mit seiner blonden Prinzessin im Privatflugzeug von Quax dem Black Rock man. Und der, nämlich Mr. Black Rock, lebt glücklich und zufrieden mit seiner Ricarda in einem Schloß. Und wenn sie nicht gestorben sind, werden sie ihr blaues Wunder erleben. Fini.

stephan manus / 13.01.2024

Es gibt genug Stellungnahmen von Teilnehmenden an dem Privattreffen. So hat sich beispielsweise Frau Gerrit Huy/Teilnehmerin AFD auf X geäußert und auch Strafanzeige gestellt (Verletzung Privatsphäre u.s.w.). Auch Dr Vosgerau/CDU Mitglied und Teilnehmer hat sich geäußert. Andere auch.  M.E. ist es totaler Fake, aber gut gemacht und eine Werbung für die AFD.

Sigrid Leonhard / 13.01.2024

@Klaus-Dieter Grün, “Wie würde die AfD-nahe-“Achse”” 1. Ist mir die Achse nie als AfD-nah aufgefallen. Im Gegenteil. Diese Partei wurde in keinem Artikel, den ich hier las,  je positiv erwähnt.  “dann mag mancher sich doch mit seinem Rollator aufmachen.” 2. Dass die Alten (Deutschen) hier endlich weg sind, würde Ihnen passen? Stimmts? Mal provokant gefragt.

Sigrid Leonhard / 13.01.2024

Ich habe ein Bild von Kay Voges gegoogelt. Das Ergebnis hat mich nicht überrascht, das ist nicht gemein gemeint. ;-) @Ilona Grimm “Laut Heiko Schöning ist diesmal ein Angriff mit sehr bösen Bakterien zur Zerstörung unserer Darmflora in der Pipeline” Also, besser vorsichtig sein bei ganz neuen Antibiotika, die uns speziell damit retten. Nicht vergessen Billi, Soros, Buffet, Ted Turner.. (Vanguard, Blackrock, Street State, ..........) versprechen sich über die neuen Pharma-Mittelchen eine gesündere Population und (!) Reduktion der Weltbevölkerung (??????????). Mich wundert auch, dass der neue WHO-Pandemie-Vertrag und die Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) so gar nicht thematisiert werden. Wenn das WHO-Ansinnen durch geht, ist das eine Katastrophe - für alle Menschen.

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