Eine politisierte Justiz dreht durch. Während sie die völkische „Nazi“-Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ schützt, kriminalisiert sie zu Unrecht die Parole „Alles für Deutschland“, die einst eine Parole aller Deutschen war.
Letzteres festzustellen, bedeutet nicht, eine „Nazi“-Parole zu enttabuisieren, die sie ja nicht ist; sondern einer geschichtsverfälschenden Nazifizierung dieser Parole durch Medien, Politik und Justiz entgegenzutreten.
In Deutschland darf man „Nazi“-Parolen straffrei verkünden, sogar völkische. Es muss nur die „richtige“ sein wie z.B. die Losung „Gemeinnutz (geht) vor Eigennutz“. Diese antiliberale Parole war „einer der populärsten Sätze des Hitlerfaschismus“ (so Pätzold/Weißbecker, in NSDAP, S. 41, zitiert nach Heller, Die Zivilrechtsgesetzgebung im Dritten Reich) und Wesenskern der NSDAP. In deren Gründungs-Parteiprogramm von 1920 war sie als eine von zwei Forderungen grafisch hervorgehoben (vor Punkt 25). Zahlreiche Vertreter der NSDAP haben sie propagandistisch eingesetzt. Und die Vertreter heutiger Parteien, vorzugsweise der SPD und der Linken, tun es ihnen gleich (siehe Beispiele unten).
Doch „eigenartigerweise“ hört man nichts von Strafverfolgungen gegen die Verwender dieser Parole. Ganz anders bei der Parole „Alles für Deutschland“. Hier werden die Verwender unbarmherzig verfolgt. Der AfD-Politiker Björn Höcke ist nur das bekannteste Beispiel einer diesbezüglichen Strafverfolgung (siehe hier). Aktuell hat es auch den prominenten Wirtschaftswissenschaftler Stefan Homburg getroffen (siehe hier), der die Losung noch nicht einmal ausgerufen, sondern nur wiedergegeben hat. Die Portale NIUS und Apollo News berichten hier und hier über weitere solcher Fälle mit Verurteilung und Hausdurchsuchung. Demnach genügt schon das bloße Zitieren und Äußern von Unverständnis wie „Ich hab da mal ne Frage: warum ist ‚Deutschland verrecke‘ legal und ‚Alles für Deutschland‘ verboten?“ den Gerichten, um eine Verurteilung auszusprechen.
Die nachfolgenden Ausführungen gliedern sich in fünf Teile:
- I. Warum „Alles für Deutschland“ als Parole aller Deutschen zu Unrecht nazifiziert wird
- II. Warum „Gemeinnutz vor Eigennutz“ demgegenüber eine „Nazi“-Parole ist
- III. Warum die Justiz die Gemeinnutz-Parole nicht verfolgt
- IV. Die beiden Parolen im Vergleich (inkl. völkischem Charakter der Gemeinnutz-Parole)
- V. Ergebnis: Machtjustiz statt Recht-Sprechung
I. Warum „Alles für Deutschland“ als Parole aller Deutschen zu Unrecht nazifiziert wird
Grundlage der Strafverfolgung in diesem Bereich ist § 86a StGB. Danach ist die Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen (wozu auch Parolen gehören können) grundsätzlich strafbar. Wie sich jedoch aus dem Wort „Kennzeichen“ im Gesetzestext klar und deutlich ergibt, genügt es nicht, dass eine Parole von den Nationalsozialisten verwendet wurde. Die Parole muss vielmehr kennzeichnend = charakteristisch für sie gewesen sein.
Wie wohl keine andere Parole in der deutschen Geschichte war jedoch die Parole „Alles für Deutschland“ eine aller Deutschen. Sozialdemokraten, Christdemokraten, Kommunisten, Nationalsozialisten, Hitler-Gegner, Kirchen, Gewerkschaften und viele mehr verwendeten sie gleichermaßen. Und sie taten dies vor, während und nach der nationalsozialistischen Herrschaft. Zur Erinnerung: Das ist ausführlich dokumentiert in den Achgut.com-Artikeln Auch Sozialdemokraten riefen „Alles für Deutschland” und Auch Christdemokraten riefen Anti-Hitler-Parole „Alles für Deutschland“.
„Alles für Deutschland“ ist also nichts, was charakteristisch/kennzeichnend für die Nationalsozialisten gewesen ist wie etwa das Hakenkreuz oder der Gruß "Heil Hitler" (diese Kennzeichen wurden lediglich zwangsweise auch von Nicht-Nationalsozialisten verwendet). Vergleichbar mit dem Lied der Deutschen (Nationalhymne), das, anders als das Horst-Wessel-Lied, kein „Nazi“-Lied war/ist, obgleich es auch die Nationalsozialisten gesungen haben. Man muss das Gesetz und die historische Wahrheit schon ziemlich biegen, um eine allgemein gebräuchliche Allerwelts-Losung zu einem nationalsozialistischen Charakteristikum zu erklären.
Weite Teile der Medien, Politik und leider auch Justiz tun jedoch genau dies und verbreiten gebetsmühlenartig, die Parole „Alles für Deutschland“ sei angeblich ein Kennzeichen der nationalsozialistischen SA (Sturmabteilung) gewesen. Leider machen auch durchaus kritische Medien dabei mit, wenn sie leichtfertig und gedankenlos schreiben: „Der Satz war eine Losung der SA und ist … verboten.“ (siehe z.B. das Portal NIUS hier). Sie sollten ihre Worte sorgfältiger wählen und dieser Nazifizierung entgegentreten. Denn die Losung wurde zwar auch von der SA verwendet, aber sie war eben nicht „eine Losung der SA“ im Sinne eines Kennzeichens gemäß § 86a StGB, sondern eine Losung aller.
Diese nachträgliche Nazifizierung ist – wie in den oben genannten Artikeln dargestellt – falsch und bestenfalls geschichtslos. Vielfach ist sie auch bösartig motiviert. Denn sie dient der politischen Strafverfolgung, der Einschüchterung und Kriminalisierung des politischen Gegners. Das zeigt auch die völlig gegensätzliche Behandlung der Parole „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“. Wer diese Parole verwendet, kann sich des Wohlwollens nicht nur der Medien, sondern auch der Strafjustiz erfreuen (siehe dazu gleich mehr weiter unten). Und das, obwohl diese Parole – anders als die Parole „Alles für Deutschland“ – nach vorläufiger Auswertung in der Tat kennzeichnend für die Nationalsozialisten gewesen ist, eine strafrechtliche Verfolgung also viel eher geboten wäre.
II. Warum „Gemeinnutz vor Eigennutz“ eine „Nazi“-Parole ist
Die NSDAP war die einzige deutsche Partei, die sich die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ in ihrem Parteiprogramm (siehe oben) zu eigen gemacht hat. Insofern ist sie als Parole (nicht in ihrem Sinngehalt) ein nationalsozialistisches Charakteristikum. Sie war für die Partei auch von besonderer Bedeutung. Der SA-Führer Ernst Röhm erläuterte in einem Artikel in der Monatsschrift Hochschule und Ausland im Heft 6 von Juni 1934 in Punkt 8:
„Zwei große eherne Gesetze stehen in den fünfundzwanzig Thesen des nationalsozialistischen Programms, wenn man dieses auf seinen innersten Wesenskern zurückführen will: Die Überwindung des Eigennutzes durch den Gemeinnutz und die Verwirklichung der wahren Volksgemeinschaft.“
Die Parole war dabei weit mehr als eine unverbindliche Losung aus irgendeinem Parteiprogramm. Die Juristen der nationalsozialistischen Zeit erörterten ernsthaft, ob sie unmittelbar geltendes Recht sei oder lediglich eine Richtschnur für den Gesetzgeber. Und da es hier um das Thema Strafverfolgung geht: Reichsjustizminister Gürtner verwies auf die Bedeutung der Parole in einem Erlass an die Strafverfolgungsbehörden, den die Westfälische Zeitung in ihrer Ausgabe vom 17.10.1936 auf S. 3 wiedergibt (siehe hier). Darin heißt es unter anderem: „Jedem Saboteur der nationalsozialistischen Grundforderung ‚Gemeinnutz vor Eigennutz‘ muß daher das Handwerk gelegt werden.“
Die Nationalsozialisten nahmen für sich sogar in Anspruch, die Parole geprägt zu haben. Die Annener Zeitung schrieb am 30.11.1935 auf S. 2 über eine Rede des Gauorganisationsleiters und Reichsredners Diehl (siehe hier): „Sehr anschaulich schilderte der Redner die Durchsetzung des von den Nationalsozialisten geprägten Grundsatzes ‚Gemeinnutz geht vor Eigennutz‘. Er führte aus…: Als wir Nationalsozialisten den Kampf aufnahmen und …, da prägten wir das Wort ‚Gemeinnutz geht vor Eigennutz‘…“
Und tatsächlich haben die Nationalsozialisten die Parole im wahrsten Sinne des Wortes geprägt. Sie ließen die Worte „Gemeinnutz vor Eigennutz“ bzw. „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ auf die Adolf-Hitler-Gedenkmünzen und auf 5-Reichsmark-Gedenkmünzen (im Rand) prägen, ebenso auch auf die normalen Alltags-Münzen (siehe 1-Reichsmark-Münzen auf der Rückseite). Das ist weit mehr, als man von der Parole „Alles für Deutschland“ sagen kann, die nur auf irgendwelchen SA-Dolchen eingraviert war, wobei die Gravur zumeist unsichtbar in der Dolchscheide verborgen war.
Ob sich auch andere Parteien und Organisationen die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ in Schriften und Reden zu eigen gemacht hatten (wie bei dies bei „Alles für Deutschland“ der Fall war) und sie gegebenenfalls somit doch kein NS-Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB ist, bedarf der genaueren Prüfung. Nach den aktuellen (wenn auch fehlerhaften) Kriterien der Justiz ist sie aber in jedem Fall ein solches Kennzeichen.
Linke und SPD verwenden NS-Parole
Die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ ist also jedenfalls erheblich vorbelastet. Wer sie heute verwendet, muss wissen, dass er eine nationalsozialistische Propaganda-Parole verbreitet, die nicht einmal SPD und KPD in ihren Programmen hatten.
Einer dieser heutigen Verwender ist die Partei „Die Linke“. Sie warb im EU-Wahlkampf 2024 deutschlandweit mit den Straßenplakat: „Gemeinwohl statt Eigennutz“. Einige andere Verwender seien nachfolgend beispielhaft genannt: Die Bezirksregierung Münster propagiert: „Gemeinnutz geht über Eigennutz“ (siehe hier). Der SPD-Politiker Ralf Stegner: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz!“ (siehe hier, bei Nr. 6). SPD Osnabrück: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz!“ (siehe hier). SPD Glonn: „Wir stehen für … Gemeinnutz vor Eigennutz.“ (siehe hier).
Kurzer Hinweis: Um eine Strafbarkeit im Rahmen des § 86a StGB zu begründen, muss nicht der genaue historische Wortlaut einer Parole verwendet werden. Es genügen ähnlich lautende Parolen, die eine Verwechslungsgefahr bergen. Insofern stehen die Parolen „Gemeinnutz geht über Eigennutz“ oder „Gemeinwohl statt Eigennutz“ der Parole „Gemeinnutz (geht) vor Eigennutz“ gleich.
III. Warum die Justiz die Gemeinnutz-Parole nicht verfolgt – der „Höcke-Staatsanwalt“ spricht
Von daher stellt sich die Frage, warum die Parole „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ nicht konsequenterweise strafrechtlich verfolgt wird. Der Hallenser Staatsanwalt Bernzen (zuständig für das Strafverfahren gegen den AfD-Politiker Höcke) teilte dazu mit: „In den Ihrerseits beispielhaft aufgeführten Fällen, in denen die Partei Die Linke, die Bezirksregierung Münster oder verschiedene SPD-Politiker/-Ortsverbände den in Rede stehenden Grundsatz Gemeinnutz geht vor Eigennutz aufgegriffen und sich diesen nach außen hin zu eigen gemacht haben sollen, liegt die Annahme fern, bei einem objektiv unbefangenen Dritten würde der Eindruck einer Identifikation des Handelnden mit den Zielen der verbotenen Organisation erweckt werden, so dass … schon der Schutzzweck der Norm erkennbar nicht tangiert wäre.“
Dieser staatsanwaltschaftlichen Äußerung läßt sich zweierlei enznehmen:
1) Wer die Parole „Alles für Deutschland“ verwendet, der erweckt angeblich den Eindruck einer Identifikation mit NS-Zielen, obgleich es eine Parole aller Deutschen war. Wer die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ verwendet, die im NS-Programm verankert war und zum Wesenskern der Partei zählte, tut dies angeblich aber nicht. Das ist Pippi-Langstrumpf-Recht nach dem Motto „ich mache mir das Recht, widedewidde wie es mir gefällt“.
2) Es kommt augenscheinlich darauf an, wer eine nationalsozialistische Parole verwendet und welchen Eindruck man vom Verwender hat. Man muss also Menschen (oder einen Zusammenschluss, z.B. Partei) nur lange und oft genug als „Nazi“ diffamieren, dann kann quasi jedes Wort gegen sie verwendet werden. Linken- und SPD-Politiker dürfen somit, was AfD-Politiker oder kritische Wissenschaftler und „Normal“bürger nicht dürfen. Die Strafjustiz unterscheidet und bewertet nach unterstellter politischer Gesinnung.
Die Staatsanwaltschaft Berlin schwurbelt
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat eine andere „originelle“ Begründung, warum sie die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ nicht verfolgt. Sie schreibt wörtlich: „Die Äußerung steht zwar im Parteiprogramm der NSDAP und war eine von nur zwei typografisch hervorgehobenen Hauptthesen, jedoch hat sich die Organisation diese Äußerung nicht durch Übung oder einen formalen Autorisierungsakt zu eigen gemacht.“ Das ist sogar unter Pippi-Langstrumpf-Niveau. Denn „formaler“ als formal auf einer Gründungsversammlung am 24.02.1920 offiziell verkündet und dann z.B. auf der General-Mitgliederversammlung am 22.05.1926 als „unabänderlich“ beschlossen geht es nicht. Und wohl keine Parole (reine Akklamationen/Grußformeln beiseitegelassen) ist in der NS-Zeit häufiger verwendet worden (siehe auch oben: „einer der populärsten Sätze des Hitlerfaschismus“).
Die Staatsanwaltschaft Berlin führt wörtlich weiter aus: „Vielmehr ist diese Äußerung auch in der heutigen Zeit als allgemeine Ausdrucksform einer politischen Gesinnung zu sehen, die nicht nur von den Nationalsozialisten verwendet worden ist, sondern vielmehr sinngemäß bereits Mitte des 18. Jahrhunderts von dem französischen Schriftsteller und Denker Charles Montesquieu niedergeschrieben worden ist.“ Der Staatsanwaltschaft Berlin ist insoweit sogar zuzustimmen. Jedoch: Genau diese Argumentation (nämlich die Verwendung auch von Nicht-Nationalsozialisten und schon lange vor deren Existenz – und sogar als Kampfruf gegen Nationalsozialisten) wird von der Justiz bei der Parole „Alles für Deutschland“ verworfen. Das sind nicht hinnehmbare Doppel-Standards, die wiederum den rein politischen Charakter der Strafverfolgung belegen.
IV. Die beiden Parolen im Vergleich
So unterschiedlich die juristische Behandlung, so ähnlich in der Zielrichtung sind sich die beiden Parolen „Gemeinnutz vor Eigennutz“ und „Alles für Deutschland, nichts für uns“ (so lautet die vollständige Version der Parole). Beide propagieren einen Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum und sind antiliberal und antibürgerlich. Bei Schley, Führerworte, Bd. 1, S. 69, heißt es zur Gemeinnutz-Losung: „Dieses Gesetz ist die erbitterte Kampfansage gegen den schrankenlosen Individualismus …“.
Aus dieser Überbetonung der Gemeinschaft folgt dann zwanglos der völkische Charakter der Gemeinnutz-Parole (ein Aspekt, der bisher wenig Beachtung gefunden hat). Er wird hervorgehoben im „Ehrenbuch der Arbeit“ (1934) auf S. 151: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Diese Parole führt zwangsläufig zur Volksgemeinschaft, die ein Hochziel unseres Kämpfens und Ringens ist.“ Auch der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg betonte diesen Aspekt in seiner Kampfschrift „Wesen, Grundsätze und Ziele der NSDAP“ (16. Auflage, 1937): „Die Partei … ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage Gemeinnutz vor Eigennutz“. Die Verbindung beider Parolen fand sich bei Curt Rosten im „ABC des Nationalsozialismus“ (5. Auflage 1933, S. 163), auch wenn er deutsches Volk statt Deutschland schrieb: „Daß die NSDAP keine Partei im eigentlichen Sinne war und ist, sondern eine große geistige Volksbewegung, …, alle beseelt von dem einen großen Gedanken, von der einen großen Idee, alles für das deutsche Volk in seiner Gesamtheit, getreu ihrem Programmpunkt Gemeinnutz vor Eigennutz, wollen … die roten Klassenkämpfer nicht erkennen.“ „Alles für Deutschland“ im Wortlaut findet sich bei Rosenberg übrigens nicht, und soweit ersichtlich auch nicht in den anderen zitierten Schriften.
Auch wenn die beiden Parolen ob ihres antiliberalen Charakters inhaltlich abzulehnen sind: in einer halbwegs freiheitlichen Gesellschaft muss jeder das Recht haben, sie zu äußern. Eine Strafverfolgung hat daher in beiden Fällen zu unterbleiben.
Interessanterweise ist nur eine der beiden Parolen mit den deutschen Verfassungen vereinbar. Und das ist ausgerechnet die Parole „Alles für Deutschland“. Sie findet ihre inhaltliche Entsprechung in Artikel 56 und 64 Grundgesetz im Amtseid von Kanzler, Ministern und Präsident: „Ich schwöre, meine Kraft dem deutschen Volke zu widmen …“ oder in der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen in Artikel 53 (in der Fassung bis 2016): „Ich schwöre, daß ich meine ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen … werde.“ [Anm.: seit 2016 ist das deutsche Volk durch das Land Nordrhein-Westfalen ersetzt].
Die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ hingegen widerspricht dem Grundgesetz, das ausdrücklich keinen Vorrang des Gemeinnutzes vor dem Eigennutz vorsieht. So heißt es in Artikel 14 II Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“
V. Ergebnis: Machtjustiz statt Recht-Sprechung
Festzuhalten ist: Die Parole „Alles für Deutschland“ war keine die SA kennzeichnende Parole, sondern eine aller Deutschen. Dies festzustellen, bedeutet nicht, eine „Nazi“-Parole zu enttabuisieren, die sie ja nicht ist, sondern einer nachträglichen, geschichtsverfälschenden Nazifizierung dieser Parole durch Medien, Politik und Justiz entgegenzutreten. Diese Parole zu äußern, ist bei korrekter Gesetzesanwendung nicht strafbar. Richtig ist aber, dass ihre Verwendung dennoch kriminalisiert und strafrechtlich verfolgt wird. Es handelt sich insoweit nicht um Recht-Sprechung, sondern um reine Machtjustiz.
Der Gesetzgeber muss hier nachjustieren und für Klarstellung sorgen, um solche Rechtsprechungsübertreibungen zu verhindern, da die Justiz selbst nicht zur Mäßigung in der Lage zu sein scheint. Zu überlegen wäre, den § 86a StGB abzuschaffen; denn der eigentliche Zweck der Norm, dem Eindruck entgegenzutreten, verbotene NS-Organisationen könnten durch Verwendung solcher Kennzeichen ihre Wiederbelebung betreiben, ist mit dem zeitlichen Abstand zur NS-Zeit längst entfallen. Allenfalls sollten noch einige konkret benannte und eindeutige Kennzeichen wie das Hakenkreuz verboten bleiben. Aus politischen Gründen ist aber nichts davon zu erwarten.
Will man zum Abschluss dieses Artikels den ganzen Irrsinn bezüglich der Parole „Alles für Deutschland“ zusammenfassen, bietet sich folgender Merksatz an:
Deutschland ist, wenn eine sozialdemokratische Anti-Hitler-Parole, die auch eine kommunistisch „durchseuchte“ Organisation verwendet hat, als nationalsozialistisches Kennzeichen für strafbar erachtet wird.
[Anmerkung: „S.A. kommunistisch durchseucht“, so überschrieb das Pariser Tageblatt (eine Zeitung von ins französische Exil emigrierten Journalisten) einen Artikel auf S. 2 seiner Ausgabe vom 17.12.1935 über Besprechungen von Reichswehr, Polizei und SS zu Maßnahmen bei eventuellen Unruhen, bei denen die SA wegen ihrer angeblichen Durchseuchung nicht zum Einsatz kommen sollte.]
Ansgar Neuhof, Jahrgang 1969, ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlin.