Eigentlich soll die Politik nur die Rahmenbedingungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung schaffen. Wir erleben aber eine zunehmend übergriffige Vereinnahmung staatlicher Institutionen durch Parteien. So war das nicht gedacht.
Es ist die vornehme Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung herzustellen und sie in den Grenzen des Rechtsstaats zu pflegen. Das Grundgesetz definiert dies in einer schlichten, wie beiläufig anmutenden Formel. Im Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes lautet es entsprechend: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Nicht ohne Grund werden in diesem kurzen Satz die politischen Akteure in eine relative und untergeordnete Position zum „Volk“ gestellt, was sich im Verb „mitwirken“ klar ausdrückt. Doch wie sieht die Realität aus?
Was wir in den letzten Jahren feststellen, ist eine zunehmend übergriffige Vereinnahmung staatlicher Institutionen durch Parteien zum Zwecke der eitlen Durchsetzung politisch ideologischer Ziele – nicht dem Willen des Souverän, sondern den eigenen machtpolitischen Interessen folgend, agieren die Regierungsparteien, vor allem die SPD und Grünen, als seien sie über jeden Zweifel erhaben. So war das nicht gedacht: Zunehmend werden Gesetze und die sogenannte „Zivilgesellschaft“ instrumentalisiert, um ideologische Sachverhalte laut zum Klingen zu bringen. Jegliche Sachpolitik und demütige Machtausübung treten in den Hintergrund, wenn nahezu ausschließlich ein volkserzieherischer Ton, Arroganz und Anmaßung, straftatunterstellende Verdachtsmomente und günstlingswirtschaftliche Strukturen befördert werden, die per Gesetz nun auf Bundesebene verstetigt werden sollen, um die eigene Klientel auf Jahre hin abzusichern. Das ist nicht nur gegen die Regeln und den Anstand, sondern großenteils verfassungswidrig.
Man hat den Eindruck, dass die schlechtesten Mentalitäten des Deutschen durch diese Maßnahmen noch befördert werden: Opportunismus, Mitläufertum und Obrigkeitsdienlichkeit, Ignoranz und Hass auf Andersdenkende, Spitzelei und Denunziantentum. Neben den Gesetzen zur einseitigen „Demokratieförderung“ werden massenhaft Meldestellen für zivilgesellschaftliche Blockwarte eingerichtet, die den Unbelehrbaren und Rechtsabbiegern auf die Pelle rücken sollen. Neben der grassierenden Herrschaft des Verdachts wird der „dumme Michel“ zum Schweigen verdammt. Und die Medien parieren (bis auf wenige Ausnahmen) in selbstverordneter Gleichschaltung. Wie viel Wahnsinn und Idiotie muss dieses Land noch aushalten, fragt sich unser Kollege Peter Hahne nicht ohne Grund in seinem aktuellen Bestseller (hier bestellbar).
Regressiver Zug der Postdemokraten
Die Regierung und der überaus parteiische Bundespräsident brüsten sich derweil selbstverliebt und dünkelhaft mit der Mobilisierung der Volksmassen, die aus Angst vor einem Rechtsruck auf die Straße getrieben wurden. Diese bedauernswerten, uninformierten Menschen ahnen gar nicht, dass sie als kollektive Verfügungsmasse schon wieder belogen werden, dass man ihnen erneut Angst einflößt, damit sie sich hinter die schwächste und unfähigste Regierung seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland stellen und ihr servil Beifall spenden. Auf eine solche Idee, mit staatlich verfügten Mobilisierungen von „Aktivisten“ Konformität und Legitimierung zu simulieren, kommt man eigentlich nur in Diktaturen. Nur nennt man es dort nicht „Demonstration“ – welche sich eigentlich stets herrschaftskritisch und oppositionell darstellt –, sondern „Aufmarsch“ oder „Kundgebung“. Zu Ehren der Nomenklatura marschiert man gewöhnlich dem Willen ihrer Führer hinterher – unkritisch, dankbar, duckmäuserisch. Doch die Opposition demonstriert heute nicht: Scholz und Baerbock laufen voran und lassen sich für diese Art konformistischer „Willensbildung“ lobpreisen. Selbst vorgefertigte Winkelemente und Parolenschildchen werden zur Verfügung gestellt, wie einst unter Walter und Erich. Im Osten Deutschlands kommt dieser regressive Zug der Postdemokraten gar nicht gut an, was das Reiz-Reaktions-Schema auf beiden Seiten anheizt. Es stehen Wahlen vor der Tür, und die selbstverliebt linksgrüne Nomenklatura fürchtet ein Scherbengericht.
Die Verantwortlichen in Berlin haben den Bogen überspannt: Es sind korrupte Strukturen, die mit dem Demokratieförderungsgesetz begünstigt werden (sollen). Denn ihren gesetzgebenden Verfassern gleich werden fast ausschließlich Projekte gefördert, die auf dem linksgrün-radikalen Auge blind sind. Die Zuwendungen aus den Fördertöpfen der Ministerien von Nancy Faeser und Lisa Paus sind nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern werden zudem ergebnistechnisch nicht regelkonform kontrolliert. Dies alles wurde vom Bundesrechnungshof mehrfach angemahnt. Im Furor ihres Kampfes gegen Rechts glauben sich die beiden Agitprop-Aktivistinnen jedoch nicht an die Regularien halten zu müssen. Wie in einem absolutistischen System werden diejenigen Bücklinge mit Petitionen zur Audienz eingelassen, deren linksgrüne Treueschwüre zweifelsfrei sind. Wer Geld zugesteckt bekommt, muss noch nicht einmal belegen, wofür er es ausgegeben hat, denn der Sinn des Ganzen ist nicht politisch anstrengende Arbeit der geförderten „Zivilgesellschaft“, sondern deren gesinnungspolitischer Gehorsam gegenüber den Geldgebern.
Zukunft der Entfremdung und Kälte
Unsere Innenministerin und Familienministerin geben im Rausch ihrer Machtbefugnis Steuergelder der arbeitenden Mehrheitsgesellschaft (geplant sind für das neue Gesetz rund 200 Millionen Euro im Jahr) an ihnen genehme, politische Vorfeldorganisationen, um im Zuge der „Demokratieförderung“ Beeinflussungskampagnen zu betreiben, die in dieser Form eher zu totalitären Staaten passen, aber nicht zu einer pluralen Gesellschaft. Solche verirrten Politiker betreiben selbst die massive Erosion der Demokratie. Sie schaden dem Gemeinwesen und spalten die Gesellschaft im Widerspruch zu Amtseid und Auftrag. Auf der einen Seite bleiben die staatlich alimentierten Kostgänger, auf der anderen Seite die Verfemten, die der „Demokratie“ immer weniger trauen und sich abwenden. Paus und Faeser – zwei Zauberlehrlingen gleich – können mit der ihnen verliehenen Macht nicht umgehen oder missbrauchen sie schamlos.
Mit permanenten Unterstellungen wie „Hass und Hetze“ wird eine Angstkommunikation und Drohgebärde gegen bürgerlichen Widerspruch betrieben, der in seinen gesetzesmäßigen Auswölbungen schon im Ansatz beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages kritisch gesehen wird. Doch die linksgrüne Arroganzia kümmert das nicht. Sie möchte eine Transformation vorantreiben, an deren Ende sich kein Bürger mehr vorstellen kann, wie die „alten“ Zustände einmal waren. Man halluziniert in den grünen Thinktanks von einer Gesellschaft, die die ehemalige Lebenswelt der freiheitlich demokratischen Grundordnung, des gemeinschaftlich erwirtschafteten Wohlstands, der Sicherheit des Sozialstaats und des freien Willens jedes einzelnen Bürgers schlicht „vergessen“ hat. Diese Transformation soll uns therapieren von der als krankhaft bewerteten „Sucht“ nach Freiheit und Fortschritt. Sie entlässt uns in eine Zukunft der Entfremdung und Kälte, die rückschrittig, menschenverachtend und gefährlich ist. Sie ist auf jeden Fall alles andere als demokratisch.
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Fabian Nicolay ist Gesellschafter und Herausgeber von Achgut.com.