Fabian Nicolay / 23.03.2024 / 06:00 / Foto: Fabian Nicolay / 51 / Seite ausdrucken

Alles andere als demokratisch

Eigentlich soll die Politik nur die Rahmenbedingungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung schaffen. Wir erleben aber eine zunehmend übergriffige Vereinnahmung staatlicher Institutionen durch Parteien. So war das nicht gedacht.

Es ist die vornehme Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung herzustellen und sie in den Grenzen des Rechtsstaats zu pflegen. Das Grundgesetz definiert dies in einer schlichten, wie beiläufig anmutenden Formel. Im Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes lautet es entsprechend: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Nicht ohne Grund werden in diesem kurzen Satz die politischen Akteure in eine relative und untergeordnete Position zum „Volk“ gestellt, was sich im Verb „mitwirken“ klar ausdrückt. Doch wie sieht die Realität aus?

Was wir in den letzten Jahren feststellen, ist eine zunehmend übergriffige Vereinnahmung staatlicher Institutionen durch Parteien zum Zwecke der eitlen Durchsetzung politisch ideologischer Ziele – nicht dem Willen des Souverän, sondern den eigenen machtpolitischen Interessen folgend, agieren die Regierungsparteien, vor allem die SPD und Grünen, als seien sie über jeden Zweifel erhaben. So war das nicht gedacht: Zunehmend werden Gesetze und die sogenannte „Zivilgesellschaft“ instrumentalisiert, um ideologische Sachverhalte laut zum Klingen zu bringen. Jegliche Sachpolitik und demütige Machtausübung treten in den Hintergrund, wenn nahezu ausschließlich ein volkserzieherischer Ton, Arroganz und Anmaßung, straftatunterstellende Verdachtsmomente und günstlingswirtschaftliche Strukturen befördert werden, die per Gesetz nun auf Bundesebene verstetigt werden sollen, um die eigene Klientel auf Jahre hin abzusichern. Das ist nicht nur gegen die Regeln und den Anstand, sondern großenteils verfassungswidrig.

Man hat den Eindruck, dass die schlechtesten Mentalitäten des Deutschen durch diese Maßnahmen noch befördert werden: Opportunismus, Mitläufertum und Obrigkeitsdienlichkeit, Ignoranz und Hass auf Andersdenkende, Spitzelei und Denunziantentum. Neben den Gesetzen zur einseitigen „Demokratieförderung“ werden massenhaft Meldestellen für zivilgesellschaftliche Blockwarte eingerichtet, die den Unbelehrbaren und Rechtsabbiegern auf die Pelle rücken sollen. Neben der grassierenden Herrschaft des Verdachts wird der „dumme Michel“ zum Schweigen verdammt. Und die Medien parieren (bis auf wenige Ausnahmen) in selbstverordneter Gleichschaltung. Wie viel Wahnsinn und Idiotie muss dieses Land noch aushalten, fragt sich unser Kollege Peter Hahne nicht ohne Grund in seinem aktuellen Bestseller (hier bestellbar).

Regressiver Zug der Postdemokraten

Die Regierung und der überaus parteiische Bundespräsident brüsten sich derweil selbstverliebt und dünkelhaft mit der Mobilisierung der Volksmassen, die aus Angst vor einem Rechtsruck auf die Straße getrieben wurden. Diese bedauernswerten, uninformierten Menschen ahnen gar nicht, dass sie als kollektive Verfügungsmasse schon wieder belogen werden, dass man ihnen erneut Angst einflößt, damit sie sich hinter die schwächste und unfähigste Regierung seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland stellen und ihr servil Beifall spenden. Auf eine solche Idee, mit staatlich verfügten Mobilisierungen von „Aktivisten“ Konformität und Legitimierung zu simulieren, kommt man eigentlich nur in Diktaturen. Nur nennt man es dort nicht „Demonstration“ – welche sich eigentlich stets herrschaftskritisch und oppositionell darstellt –, sondern „Aufmarsch“ oder „Kundgebung“. Zu Ehren der Nomenklatura marschiert man gewöhnlich dem Willen ihrer Führer hinterher – unkritisch, dankbar, duckmäuserisch. Doch die Opposition demonstriert heute nicht: Scholz und Baerbock laufen voran und lassen sich für diese Art konformistischer „Willensbildung“ lobpreisen. Selbst vorgefertigte Winkelemente und Parolenschildchen werden zur Verfügung gestellt, wie einst unter Walter und Erich. Im Osten Deutschlands kommt dieser regressive Zug der Postdemokraten gar nicht gut an, was das Reiz-Reaktions-Schema auf beiden Seiten anheizt. Es stehen Wahlen vor der Tür, und die selbstverliebt linksgrüne Nomenklatura fürchtet ein Scherbengericht.

Die Verantwortlichen in Berlin haben den Bogen überspannt: Es sind korrupte Strukturen, die mit dem Demokratieförderungsgesetz begünstigt werden (sollen). Denn ihren gesetzgebenden Verfassern gleich werden fast ausschließlich Projekte gefördert, die auf dem linksgrün-radikalen Auge blind sind. Die Zuwendungen aus den Fördertöpfen der Ministerien von Nancy Faeser und Lisa Paus sind nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern werden zudem ergebnistechnisch nicht regelkonform kontrolliert. Dies alles wurde vom Bundesrechnungshof mehrfach angemahnt. Im Furor ihres Kampfes gegen Rechts glauben sich die beiden Agitprop-Aktivistinnen jedoch nicht an die Regularien halten zu müssen. Wie in einem absolutistischen System werden diejenigen Bücklinge mit Petitionen zur Audienz eingelassen, deren linksgrüne Treueschwüre zweifelsfrei sind. Wer Geld zugesteckt bekommt, muss noch nicht einmal belegen, wofür er es ausgegeben hat, denn der Sinn des Ganzen ist nicht politisch anstrengende Arbeit der geförderten „Zivilgesellschaft“, sondern deren gesinnungspolitischer Gehorsam gegenüber den Geldgebern.

Zukunft der Entfremdung und Kälte

Unsere Innenministerin und Familienministerin geben im Rausch ihrer Machtbefugnis Steuergelder der arbeitenden Mehrheitsgesellschaft (geplant sind für das neue Gesetz rund 200 Millionen Euro im Jahr) an ihnen genehme, politische Vorfeldorganisationen, um im Zuge der „Demokratieförderung“ Beeinflussungskampagnen zu betreiben, die in dieser Form eher zu totalitären Staaten passen, aber nicht zu einer pluralen Gesellschaft. Solche verirrten Politiker betreiben selbst die massive Erosion der Demokratie. Sie schaden dem Gemeinwesen und spalten die Gesellschaft im Widerspruch zu Amtseid und Auftrag. Auf der einen Seite bleiben die staatlich alimentierten Kostgänger, auf der anderen Seite die Verfemten, die der „Demokratie“ immer weniger trauen und sich abwenden. Paus und Faeser – zwei Zauberlehrlingen gleich – können mit der ihnen verliehenen Macht nicht umgehen oder missbrauchen sie schamlos.

Mit permanenten Unterstellungen wie „Hass und Hetze“ wird eine Angstkommunikation und Drohgebärde gegen bürgerlichen Widerspruch betrieben, der in seinen gesetzesmäßigen Auswölbungen schon im Ansatz beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages kritisch gesehen wird. Doch die linksgrüne Arroganzia kümmert das nicht. Sie möchte eine Transformation vorantreiben, an deren Ende sich kein Bürger mehr vorstellen kann, wie die „alten“ Zustände einmal waren. Man halluziniert in den grünen Thinktanks von einer Gesellschaft, die die ehemalige Lebenswelt der freiheitlich demokratischen Grundordnung, des gemeinschaftlich erwirtschafteten Wohlstands, der Sicherheit des Sozialstaats und des freien Willens jedes einzelnen Bürgers schlicht „vergessen“ hat. Diese Transformation soll uns therapieren von der als krankhaft bewerteten „Sucht“ nach Freiheit und Fortschritt. Sie entlässt uns in eine Zukunft der Entfremdung und Kälte, die rückschrittig, menschenverachtend und gefährlich ist. Sie ist auf jeden Fall alles andere als demokratisch.

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Fabian Nicolay ist Gesellschafter und Herausgeber von Achgut.com.

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Leserpost

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Heiko Stadler / 23.03.2024

@Patrick Meiser: Sie wundern sich, dass immer noch ca. 13% die Grünen wählen würden. Ganz einfach, weil sie dafür bezahlt werden. Merkel hat unzählige Steuergeld-Verbrennungsprojekte ins Leben gerufen mit so schönen Namen wie “Demokratie fördern” oder “Kampf gegen Rechtsextremismus”. Mittlerweile gibt es ein Millionenheer an bestens bezahlten Steuergeldempfängern, die unter rechtsstaatlichen Verhältnissen in der Kategorie “unvermittelbare Langzeitarbeitslose” verbucht wären. Deren Einkommen wird ausschließlich durch das Aufrechterhalten des rotgrünen Regimes gesichert.

Helmut Driesel / 23.03.2024

  Ja, aber wohin es führt, kann man doch jetzt noch nicht sagen. Man kann nur spekulieren. Die an der Macht Agierenden denken derzeit auch, sie könnten sich auf die Prozesse und Kausalitäten verlassen, die in der Vergangenheit beobachtet wurden, über die etliche kluge Leute Bücher und Kritiken geschrieben haben. Solche Kausalitäten gibt es aber nicht. Die Zukunft ist offen. Niemand weiß, wohin Politik irgend einer Art führen kann oder wird. Es ist noch nicht einmal gesichert, ob der Niedergang der deutschen Wirtschaft und des Exports für unser Land gut oder schlecht sein werden. Im günstigsten Falle renkt sich das demokratische Gebilde nach erfolgreichen Wahlen wieder ein und funktioniert wieder - und alle haben als Essenz gelernt, warum bestimmte Parteien nie wieder in eine Regierungsmehrheit geraten dürfen. Dasselbe gilt im Übrigen für den möglichen Crash, der ja sehr wahrscheinlich ein Zerfall der europäischen Gemeinschaft sein würde. Auch daraus müsste man dann schlussfolgern, dass die Grundannahmen für das europäische Zusammengehen inklusive gemeinsamer Währung falsch waren. Ja, aber doch bitte nicht vorher den Teufel an die Wand malen. Der Herr Hahne kann zwar vorzüglich wettern, aber ich bin sicher, dass er keine einzige Lösung vorzuschlagen hätte. Die verdammten Christen mit ihrem Gottvertrauen! Sie glauben naiv wie die alten Römer an einen Gott, der seinen nächsten Krieg verlieren wird. Man muss sie gründlich bombardieren, es ist zu ihrem Besten und Seelenheil. Unsere Christen waren nach dem Krieg auch ganz andere als vordem.

Werner Arning / 23.03.2024

Das Praktische an Parteien ist, dass man nur die Spitzenpolitiker einer jeweiligen Partei kontrollieren muss, um auf diesem Wege die Politik zu kontrollieren. Das hierarchische Struktur innerhalb der Parteien ermöglicht dieses. Die gewählten Politiker sind ihrer Partei gegenüber rechenschaftspflichtig, nicht wirklich ihren Wählern. Den Rest besorgen die Medien mittels geschickter Manipulation der Masse.

O. Ganser / 23.03.2024

Was nutzt uns diese Erkenntnis, die für uns nicht neu ist? Sie machen einfach weiter bis zum bitteren Ende, wenn sie nicht gestoppt werden. Aber wie stoppen? Ist das überhaupt noch möglich bei der Masse an freudigen Mitläufern und Opportunisten? Und wo die Protagonisten inzwischen so tief im Sumpf stecken, dass sie ohne Gesichtsverlust und evt. ohne Knast nicht mehr heraus kommen? Wo sie alle Institutionen im Griff haben? Wenn ich diese “Wir retten die Demokratie, alle gegen Rechts-Demonstranten” sehe läuft mir die Galle über. Es ist Religion. Sie glauben tatsächlich, dass sie die Demokratie retten. Sie glauben tatsächlich, dass man dazu zur Not auch undemokratische Mittel anwenden muss. Was hilft gegen Religion? Sieht man doch bei vielen Geimpften, bei denen es durchaus viele Exemplare gibt, die fünfmal geimpft sind, dreimal Corona hatten und fest davon überzeugt sind, dass sie mindestens zweimal gestorben wären ohne die Impfung. Welches Gras ist gegen Glauben gewachsen? Im Prinzip hilft nur klare Trennung. Wir teilen Deutschland wieder auf, die einen in der einen Hälfte, die anderen in der anderen Hälfte und dazwischen eine Mauer. Dann kann jeder sehen, welche Seite sich besser entwickelt. Da müssen viele Leute umziehen, aber es wären klare Fronten.

Alwin Bruno / 23.03.2024

daß selbsterfundene Schlafschafe “Angst” vor Änderungen an einer freiheitlich demokratischen Grundordnung haben sollen, ist ein oft nachgeplapperter Unsinn der umso blöder ist je lauter (zzgl. öfter) der Unsinn nachgeplappert wird: dazu bedürfte es einer antrainierten Vorstellungswelt, die es außerhalb akademischer (möchtegern-belesener) Kreise nicht gibt. || darüber freut sich das Regime, denn möchtegern-belesene Wähler / Zuschauer / Fanclubs verursachen keine Veränderung—außer an der Frequenz und/oder Amplitude von Äußerungen.

Silvia Horstmann / 23.03.2024

So kann es nicht weiter gehen und ich hoffe, dass im Hintergrund eine gewendete Frau Merkel demnächst als Bundespräsidentin auf die politische Bühne kommt und die jetzige Politik um 180 Grad dreht !

M. Neland / 23.03.2024

Wie man sieht, ist es einfach gewesen, die deutsche Demokratie in eine kommunustische Zivilgesellschaft umzuwandeln. Zweimal schon wurden die Deutschen totalitär beherrscht und und nun: Aller guten Dinge sind drei, wie man so sagt.

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