Walter Schmidt / 11.02.2007 / 10:11 / 0 / Seite ausdrucken

Alle für einen

Murat Kurnaz, früherer Guantanamo-Häftling, dessen Unschuld
mittlerweile erwiesen scheint,  wartet noch immer auf eine angemessene
Entschuldigung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
und dem früheren Bundesinnenminister Otto Schily (ebenfalls SPD).
Schließlich hatte Kurnaz unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11.
September 2001 in New York, Washington und Pennsylvania lediglich eine
“klammheimliche Freude” über die geglückte Ermordung von ca. 3 000
Menschen im World Trade Center zum Ausdruck gebracht, die er als “gerechte
Strafe Allahs geenüber den gottlosen Amerikanern” bezeichnet hatte.

Nun hat der Anwalt von Murat Kurnaz, der sich nach eigenen Aussagen in
Deutschland pudelwohl fühlt, wissen lassen, daß sein Mandant
ernsthaft erwäge, demnächst einen Einbürgerungsantrag zu stellen. Dies ist
natürlich nur konsequent, denn schließlich fühlten sich auch Mohammed Atta
und die Mitglieder der Hamburger Terrorzelle in diesem Lande über
Jahre hinweg pudelwohl, konnten sie doch von hier aus in aller Ruhe
ihre Anschläge in den USA vorbereiten. Und nachdem Murat Kurnaz, wie wir
mittlerweile wissen, vollkommen zu Unrecht als Häftling in Guantanamo
festgehalten und gefoltert wurde, war er nicht nur für Roger Willemsen
der beste Kronzeuge gegen die menschenrechtswidrige Politik der USA im
Mittleren Osten.

Jetzt versuchen einige maßgebliche Politiker hierzulande nach dem
Anwalt von Murat Kurnaz, der lediglich eine Entschuldigung von Frank-Walter
Steinmeier und Otto Schily verlangte, den früheren “Bremer Taliban”
dazu zu bewegen, einen Einbürgerungsantrag in Deutschland zu stellen und
die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen.

An dieser Stelle nur einige ausgewählte Stimmen aus der politischen
Klasse hierzulande:

“Herr Kurnaz lebt seit seiner Geburt in Deutschland und ist in dieser
Zeit offenkundig nicht straffällig geworden. Deshalb kann er auch eine
deutsche staatsbürgerschaft ohne weiteres beantragen”, sagte
FDP-Präsidiumsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gegenüber der
Tageszeitung “DIE WELT”.

Der Fraktionsvize der GRÜNEN, Hans-Christian Ströbele, fordert sogar,
man solle Kurnaz die deutsche Staatsbürgerschaft schneller als anderen
geben. “Das wäre ein Akt der Genugtuung”, sagte Ströbele gegenüber
der “WELT”. Und: “Nach der gegenwärtigen aktenlage sehe ich (...)
keinen Grund für Sicherheitsbdenken”, sagte Ströbele.

Der Parteivorsitzende der GRÜNEN, Reinhard Bütikofer, kritisierte die
reservierte Haltung der gegenwärtigen Bundesregierung gegenüber einer
möglichen Einbürgerung von Murat Kurnaz:  “Es lebe das Ressentiment.”
Offenbar sei für manche Politiker von Union und SPD Kurnaz´ Schicksal
ein “hinreichender Grund, um ihn nun ihrerseits zu
instrumentalisieren”.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bekräftigte, über eine eventuelle
Einbürgerung von Murat Kurnaz müsse “nach Recht und Gesetz” entschieden
werden. Es dürfe “keine Sonderbehandlung (!) geben - weder positiv
noch negativ”.

Bleibt die Frage, warum Murat Kurnaz trotz so viel Wohlwollen vonseiten
maßgeblicher Politiker der Bundesrepublik Deutschland ihm gegenüber
nach wie vor mit einem Einbürgerungsantrag hinter dem Berg hält.

Dazu auch Hans Leyendecker in der SZ, der mit dem Gedanken spielen soll, als Good-Will-Geste und symbolische Wiedergutmachung M.K. in seinem Haus in München so lange Obdach anzubieten, bis dieser eingebürgert worden ist:
http://www.sueddeutsche.de/,tt2m4/deutschland/artikel/552/101451/
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/546/101445/

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