Oliver M. Haynold, Gastautor / 13.03.2019 / 06:18 / 79 / Seite ausdrucken

AKK allein auf hoher See

Von Oliver M. Haynold.

Die Ära Merkel ist schon länger von einer maßlosen Selbstüberschätzung und Berufung zur Weltenrettung geprägt. Bisher trat diese Selbstüberschätzung und moralische Selbstüberhöhung aber immerhin noch in einem menschenfreundlichen Gewand auf. Das Hab und Gut der deutschen Steuerzahler musste verpfändet werden, um „Europa zu retten“. Die Atomkraftwerke mussten abgeschaltet und das Land mit Solarmodulen vollgekleistert werden, um die „Atomkatastrophe“ zu verhindern und das Klima zu retten. Und Millionen Einwanderer mussten im Namen der Menschlichkeit aufgenommen werden, solange sie nur illegal kamen.

Mit Annegret Kramp-Karrenbauers Forderung nach einem „europäischen Flugzeugträger“ tritt der Wahnsinn nun aber in eine neue Periode ein. AKK schreibt in ihrer Antwort auf das Schreiben Macrons:

"Im nächsten Schritt könnten wir mit dem symbolischen Projekt des Baus eines gemeinsamen europäischen Flugzeugträgers beginnen, um der globalen Rolle der Europäischen Union als Sicherheits- und Friedensmacht Ausdruck zu verleihen. [...] Gleichzeitig müssen wir eine zusätzliche neue Perspektive mit und für Afrika schaffen".

Wer nicht völlig geschichtsvergessen ist, erkennt darin unschwer die Wiederholung der Flottenrüstung, des Strebens nach dem Platz an der Sonne und der Bürde des weißen Mannes in Afrika aus dem späten neunzehnten Jahrhundert. Wie schon damals fehlen jegliche Details über die genaue militärische Verwendung der geforderten Seemacht. Für die Auseinandersetzung mit Großmächten dürfte eine einzelne ohnehin schon sehr verwundbare Trägergruppe kaum reichen, genauso wenig wie die damalige deutsche Flotte zum Brechen der britischen Fernblockade in der Lage war.

Vielleicht könnte die Flotte ja Afrika beglücken

Damit bliebe das Eingreifen als „Sicherheits- und Friedensmacht“ in irgendwelchen entfernten lokalen und regionalen Konflikten, ohne dass näher genannt wird, welche Interessen wie durchgesetzt werden sollen. Vielleicht könnte die Flotte ja Afrika beglücken, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Für die Verteidigung von Nord- und Ostsee brauchen wir jedenfalls keinen Träger, der sowieso in direkter Reichweite russischer Raketen wäre, denn wir haben schon einen namens Schleswig-Holstein. Wie Tirpitz‘ Projekt in Scapa Flow geendet ist und welchen Nutzen Deutschland davon hatte, sollte jedenfalls auch AKK bekannt sein.

Man braucht aber gar nicht die strategische Sinnlosigkeit dieses Vorschlags im Detail zu diskutieren, sondern das Projekt erledigt sich eigentlich schon mit einer ganz simplen Frage: Wie sollte der Flugzeugträger denn angetrieben werden? Für einen großen Flottenflugzeugträger kommt eigentlich nur der nukleare Antrieb in Betracht. Dann wäre es selbstmörderisch, einen Flugzeugträger allein zu lassen; man braucht zu seinem Schutz eine Trägerkampfgruppe aus Zerstörern und Kreuzern. Wenn man keine Marinebasen auf der ganzen Welt hat, auf denen man nachtanken kann, würden die sinnigerweise auch nuklear angetrieben, damit ihnen nicht der Treibstoff ausgeht und sie gezwungen wären, mangels Treibstoff das „symbolische Projekt der Sicherheits- und Friedensmacht“ ungeschützt allein zu lassen.

Wird der grüne Koalitionspartner, auf den AKK mit einiger Wahrscheinlichkeit angewiesen sein dürfte, wirklich dem Bau einer Trägerkampfgruppe zustimmen, bei der idealerweise jedes Schiff, zumindest aber der Träger, mit mehreren Atomreaktoren zum Antrieb ausgestattet ist? Würde man es mit einem gar nicht klima- und feinstaubneutralen Antrieb mittels Schweröl versuchen, unter Inkaufnahme der deutlich begrenzten Reichweite und Ausdauer? Oder denkt AKK doch eher an die Installation von Solarmodulen auf dem Trägerdeck zur klimafreundlichen Seeherrschaft? Und bekommt eigentlich Herr Juncker dann für die sinnigerweise auch mitzuführenden (vermutlich französischen) Atomwaffen das erste Atomköfferchen mit eingebautem Atemalkoholtester? So oder so, über die praktischen Aussichten dieses Projekts dürfte schon mit der Antriebsfrage alles gesagt sein – zum Glück!

Ein schwimmender BER

Gar nicht weiter zu diskutieren brauchen wir deshalb, dass die Einsatzbereitschaft auch weitaus weniger komplexer Waffensysteme der Bundeswehr auf einem Stand ist, bei dem es die Bundeswehr für sinnvoll hält, den diesjährigen entsprechenden Bericht an das Parlament als geheim einzustufen. Der avisierte Träger dürfte von daher kaum mehr Flugzeuge abfertigen als der neue Berliner Flughafen.

Auch nicht weiter zu diskutieren brauchen wir, dass der neueste amerikanische Flugzeugträger, die USS Gerald R. Ford, schon ohne Flugzeuge und Begleitschiffe runde fünfzehn Milliarden Euro gekostet hat, was der Hälfte des gesamten deutschen Militärhaushalts entspricht. Um zu Kaisers Zeiten die Flotte zu finanzieren, wurde ja bekanntermaßen die Sektsteuer eingeführt. Das geht diesmal nicht, denn wir haben sie immer noch, und das Geld ist bereits verplant. Und die berühmte eine Kugel Eis im Monat, mit der die Energiewende vollzogen werden sollte, wird es auch nicht tun.

Frau Kramp-Karrenbauers Vorschlag ist also derartig realitätsfremd, dass er glücklicherweise immerhin harmlos ist. Er ist aber dennoch höchst bedenklich, markiert er doch den Übergang von friedlichen Weltrettungsphantasien zu militärischen. Die werden im Bereich des wirren Traums bleiben, aber schon der Vorschlag sagt alles darüber, wie sehr die anderen von ihr zu erwartenden Projekte mit der Realität vereinbar sein werden. Möge AKK beim Hohen Grobgünstigen Stockacher Narrengericht auf einer ihr angemessenen Bühne auftreten, aber möge unser Land von ihrer Regierung verschont bleiben.

 

Autor Oliver M. Haynold wuchs im Schwarzwald auf und und lebt in Evanston, Illinois. Er studierte Geschichte und Chemie an der University of Pennsylvania, und wurde an der Northwestern University mit einer Dissertation über die Verfassungstradition Württembergs promoviert. Er arbeitet seither als Unternehmensberater, in der Finanzbranche und als freier Erfinder.

Foto: US.Navy via Wikimedia Commons

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Dieter Biermann / 13.03.2019

Zu doof um ein altes Segelschiff zu restaurieren, aber einen Flugzeugträger bauen wollen. Ganz große klasse!

Lutz Jordan / 13.03.2019

Lieber Herr Haynold, ich glaube nicht, dass die Realitätsfremde unbedingt zur Harmlosigkeit führen muss - siehe unseren “Energiewandel”. Warum werden wir in Deutschland eigentlich immer wieder von Politikern aus dem Saarland genervt? Das führt doch bekanntermaßen zu nichts (Gutem).

Karsten Paulsen / 13.03.2019

Selbst wenn, solch ein technisches Meisterwerk würden die deutschen Wünsche nach gleichzeitiger Tauch- und Flugfähigkeit des Trägers in einen weiteres BER verwandeln

Frank Volkmar / 13.03.2019

Und die Brücke des “europäischen Flugzeugträgers” wird von einer Abordnung des EU-Parlaments besetzt. Vielleicht durch “Käptn´ ” Schulz an der Spitze ? Ein schlagkräftiges Element einer künftigen europäischen Sicherheitspolitik !

Bernhard Krug-Fischer / 13.03.2019

Sehr geehrter Herr Haynold, Ihr Beitrag ist einfach köstlich. Jetzt kann ich mit guter Laune ins Büro gehen. Und falls der Flugzeugträger doch gebaut werden sollte, müsste er auf dem Bodensee eingesetzt werden, damit der Flugzeugträger in der Welt nicht soviel Schaden anrichten kann. Und viele Ihrer aufgeworfenen Fragen erledigen sich dann eh von selbst.

Manfred Haferburg / 13.03.2019

Die Irren haben Deutschland übernommen, laufen nackt umher und lassen sich von den Hofschranzen und dem Volk be klatschen. Es ist wieder wie in der DDR, wo dieser Beifall mir viel mehr wehtut, als der Größenwahn der bekloppten Bonzen.

Volker Brandt / 13.03.2019

Vor allem hat AKK vergessen zu sagen,  unter welchem militärischen Oberkommando ein solcher Flugzeugträger eigentlich stehen soll. Aber gemach: Es soll ja nur ein „symbolischer“ Schritt sein… Wen kümmern da schon lästige Details.

Nico Schmidt / 13.03.2019

Sehr geehrter Herr Haynold, wir bauen uns einen Flugzeugträger! Wer macht mit? Heute ab 15:00 geht es los. Wir bekommen hier in Deutschland momentan nicht soviel auf die Reihe, inklusive Schulschiff usw., usw. Da würde ein Flugzeugträger doch gut reinpassen. Ob AKK überhaupt gelesen hat, was da an Macron rausging? Wahrscheinlich hat die Dame eine Schreiberin von KGE. MfG Nico Schmidt

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