Volker Seitz / 20.03.2020 / 06:27 / Foto: Pixabay / 37 / Seite ausdrucken

Afrika in Zeiten von Corona

Im weltweiten Vergleich hat Afrika bisher eher wenig registrierte Coronavirus-Fälle. Allerdings gibt es Zweifel, ob alle Atemwegsinfektionen schon entdeckt wurden. Bislang ist das Virus in 30 der 55 Länder (mit gut 400 Infizierten/Stand 17.03.2020) bekannt geworden. Schwerpunkt sind bislang Ägypten mit 67 Fällen und Südafrika, wo es 61 sind. Das liegt an der schlechten Anbindung an den Rest der Welt. Es gibt täglich nur wenige Verbindungen nach Europa und Asien. Viele afrikanische Fluglinien haben den Flugverkehr nach China eingestellt. 

Trotzdem haben Südafrika, Kenia, Namibia, Madagaskar und Botswana für Deutsche und andere Reisende aus den Risikogebieten Italien, Frankreich, China, Südkorea, Großbritannien, Spanien, USA und Iran Einreiseverbote verhängt. Die meisten Ansteckungsfälle wurden auf Reisende aus Europa oder den USA zurückgeführt. Befeuert wird in den sozialen Netzwerken, dass der Convid-19 von Weißen nach Afrika gebracht wird. Chinesen werden diskriminiert, weil sie das Virus entwickelt hätten. Simbabwes Verteidigungsminister hielt es für angebracht, auf einer öffentlichen Versammlung das Coronavirus als „Strafe Gottes“ für Europa und die USA wegen deren Sanktionen gegen Simbabwe zu bezeichnen. 

Gefährlich sind Gerüchte, dass „schwarze Haut“ oder „afrikanische Gene“ gegen das Coronavirus schützen. Auch gibt es falsche medizinische Hinweise im Netz: „Das Virus überlebt nicht in warmen Regionen bei 26 Grad.“ Das ist nicht bewiesen und hindert Menschen, vorsichtig zu sein. Auch wird als „sichere“ Möglichkeit behauptet, regelmäßiges Trinken verhindere eine Infektion mit dem Virus. Das bestreiten alle Ärzte.   

In Kenia, Ruanda und Senegal wurden alle öffentlichen Veranstaltungen untersagt. In der Demokratischen Republik Kongo müssen Reisende zunächst in Quarantäne.

Chinese sagt Äthiopien Corona-Hilfspaket zu

Fachleute befürchten, dass sich die Pandemie in Afrika wegen der schlechten Gesundheitsfürsorge und den hygienischen Zuständen (fehlendes Wasser) in Slums rasch ausbreiten könnte. Es gibt in Kliniken kaum Schutzmaterial wie Desinfektionsmittel, Masken, Schutzanzüge und Handschuhe. Eine Mikrobiologin (Humboldt-Stipendiatin) aus Lagos in Nigeria hat einem meiner Kollegen erzählt, dass es in ganz Subsahara-Afrika nur drei zertifizierte Labore gebe, die überhaupt in der Lage seien, das Virus nachzuweisen.

In allen Ländern, in denen ich gearbeitet habe, gab es zu wenige Krankenhäuser, mangelnde Hygiene in diesen Häusern, administrative Unzulänglichkeiten, mangelhaft ausgebildetes medizinisches Personal, keine Nothilfestationen, kaum Krankenwagen, keine medizinische Hilfe ohne finanzielle Vorleistung, teure Medikamente, die oft durch unsachgemäße Aufbewahrung unbrauchbar werden. Selbst die größten Krankenhäuser haben nicht immer Strom, fließendes Wasser oder Isolierstationen. Vielen Ländern südlich der Sahara ist gemein, dass Kranke kilometerweit bis zum nächsten Arzt oder Krankenhaus gehen müssen.

Der chinesische Online-Unternehmer und Multimilliardär Jack Ma hat Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed ein Corona-Hilfspaket für den gesamten Kontinent zugesagt: 100.000 Schutzmasken und bis zu 20.000 Diagnosetests für jedes Land. Dazu Handbücher zur Behandlung von Infizierten, basierend auf den Erfahrungen chinesischer Mediziner der vergangenen drei Monate. Eine feine Geste.

Weltweit gibt es viele hochqualifizierte afrikanische Ärzte, die im eigenen Land nicht vernünftig arbeiten können. Afrikanische Staaten müssen endlich reagieren und zeigen, dass sie den Braindrain umkehren möchten und die Gesundheitssysteme verbessern, indem sie in medizinisches Personal investieren.

 

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Drei Nachauflagen folgten 2019 und 2020. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Heinrich Rabe / 20.03.2020

Herr Seitz, wenn man Ihre Zahlen und Informationen aus Sicht eines Praktikers liest, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass sich eine schnelle Corona-Verbreitung und hohe Sterberate in Afrika nicht verhindern lässt. Wie sehen Sie das?

Ilona Grimm / 20.03.2020

@Karl Eduard: Ähnlich habe ich vor ca. einem Jahr dem EKD-Ratsvorsitzenden geschrieben, der so versessen darauf ist, Kulturfremde in Deutschland anzusiedeln. Zu diesem Zweck habe ich ihn auf die Website laenderdaten.info / iq-nach-laendern aufmerksam gemacht und dazu bemerkt, dass man von Minderbegabten keinen nützlichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt unseres Landes erwarten kann, sondern im Gegenteil das BIP immer weiter sinken muss, weil immer mehr importierte Minderbegabte „alimentiert“ werden müssen. Die Antwort des Herrn Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm war wenig zurückhaltend, Sie können es sich sicher vorstellen. Ich lebe nun damit, ein vom EKD-Chef geadelter „Rassist“ und „Nazi“ zu sein. -//- Zur Erinnerung: Entwicklungshilfe ist, wenn Arme (Steuerzahler, Spender) aus reichen Ländern Reichen in armen Ländern unter die Arme greifen.

Volker Seitz / 20.03.2020

Obwohl die Zahlen im Internet verfügbar sind. Hier die neuesten Zahlen ( 20.03.20 ) der John Hopkins University: Ägypten 256 (7 Tote), Marokko 90 (9), Algerien 90 (9), Südafrika 150 (0), Burekina Faso 33 (0), Senegal 31 (0), Kongo Kinshasa (14 (0), Kamerun 13 (0), Nigeria 12 (0), Äthiopien 7 (0). In den anderen betroffenen Staaten liegt die Zahl der nachgewiesenen Fälle im einstelligen Bereich. Wie hoch die Dunkelziffern sindkann ich nicht schätzen.

Frank Danton / 20.03.2020

Man kann den deutschen Gutmenschen förmlich auf dem Corona-Sterbebett röscheln hören: “..helft nicht mir, helft den Afrikanern. “

Angela Seegers / 20.03.2020

Voodoo und Korruption, die Säulen des afrikanischen Kontinents. Corona passt da nicht.

Frances Johnson / 20.03.2020

Lieber Herr Seitz! ich bin immer noch mit den Spreadern beschäftigt, aus denen man einiges lernen kann, finde ich. Am 23.Januar! flog ein Ehepaar aus Wuhan angeblich nach Milano, das einige Tage später in Rom krank wurde nach einer Reise über Parma und Florenz. Die Reisroute könnte so ausgesehen haben: Billigflug von Wuhan nach Milano Bergamo O, rio al Serio, in Wirklichkeit einem Flughafen bei Bergamo. Übernachtung in Bergamo, Essen, Personalinfektion. Weiter fahrt mit dem Zug nach Parma sieht so aus:  Umsteigen in Milano, weiter über Codogno!!!! und Piacenza! nach Parma (maps), hier am 1.3.20 schon 58 Fälle. Ich halte diese Menschen und weitere auf der Reise für die Spreader. In der Gegend leben außer schon “länger Dortseienden” auch reichlich Afrikaner, die auch mal auf Heimatflug sein sollten. Es gibt viele solche klar nachvollziehbaren Routen. Hätte man am 30.12.2019 auf Dr. Wenliang gehört, wäre das nicht passiert. Man kann nur wirklich hoffen, dass das Virus in Wärme nicht floriert, da die Immunität höher ist.  Aber am Kap wird es jetzt kälter. Diese Touristen bzw. ihre Reisegruppe dürfte evtl. der Auslöser gewesen sein. Und das müssen sich immer noch reisefreudige Deutsche ins Taschentuch knüpfen: Wer will so ein Desaster auslösen? Die Bilder von überquellenden Särgen, die von der Armee in Nachbargemeinden zur Bestattung gefahren werden, hier: Terrifying footage inside Italy’s crisis wards shows coronavirus patients unable to breathe as doctors warn their best efforts are ‘not enough’ after fatalities soared by 475 to 3,405 - the HIGHEST death toll in the world, even more than China. DM, co.uk. Das darf niemanden in Deutschland gleichgültig lassen, aus Selbstschutz und zum Schutz aller anderen, letztlich kann man grob sagen, der Weltbevölkerung. Spenden Sie an KH in Bergamo oder Milano!

Heino Ranztau / 20.03.2020

Herr Seitz, halten Sie den Ball mal ein bißchen flach. Sie sind seit 12 Jahren raus aus dem Geschäft und beobachten Afrika offensichtlich nur aus der Ferne. Ich will nicht behaupten, dass ich besser informiert wäre, nur weil ich ein paar Jahrzehnte ein Afrika lebe, aber Sie bedienen Klischees, die ich von Feinripp-Socken-in-Sandalen-Pauschaltouristen erwarten würde, aber nicht von Ihnen.  Sie sollten am besten wissen, warum ein Gesundheitssystem nach westlichen Standards in Afrika nicht möglich ist, bzw. nicht empfehlenswert.

Karin Müller / 20.03.2020

Ich kann nichts über Afrika insgesamt sagen ... ich kenne nur Kenya, spreche Kiswahili, Sheng und ein bisschen Kijaluo. Zur Verteidigung muss ich sagen: ... dass so einige Chinesen sich wie Herrenmenschen dort aufgeführt haben und auch deswegen nicht mehr so beliebt sind. ... dass es in Kenya kaum Möglichkeiten eines Shutdowns gibt, auch Beatmungsgeräte werden sie so schnell nicht organisieren können, es gibt auch kein Arbeitslosen oder Kurzarbeitergeld. Sie sind dem was da von China kam noch viel hilfloser ausgeliefert. Aber die Moral, die Fröhlichkeit der Zusammenhalt ist besser. Ich höre einen kenyanischen Radiosender und bin über Facebook, whatsapp mit Familie und Freunden dort vernetzt. Man versucht sich dort das Leben leichter zu machen nach Möglichkeit. Der Bezahldienst MPESA der auf Handys basiert ist jetzt drei Monate kostenlos, auch andere elektronische Banking Dienste ebenso. Und hier in Deutschland ... ich habe mir Merkels Rede nicht angesehen und höre nur noch auf Experten und nicht auf die Talkshow / Politiker Kaste. Meine Frau schaut immer Frühstücksfernsehen hauptsächlich wegen des Wetterberichts. Kurz danach meldete sich ein Nachrichtensprecher mit einer Ansprache gegen “Rechts” und die “Populisten”  ... Hauptsache der Endkampf gegen Rechts geht weiter. In der Ostseezeitung war zu lesen, dass sich Journalisten als “systemrelevant” ansehen und auch einen Platz auf der Arche wollen  

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