Phyllis Chesler, Gastautorin / 15.11.2021 / 10:00 / Foto: Pixabay / 41 / Seite ausdrucken

Afghanistan: „Die Zeit der Barbarei hat begonnen.“

Auch wenn sich die Lage in Afghanistan verschlechtert, helfen Feministinnen afghanischen Frauen bei der Flucht.

Inmitten von Entführungen, Morden und Hungersnöten haben Feministinnen ihre afghanischen Kolleginnen auf vielfältige Weise unterstützt. Dieser Beitrag ist Teil einer fortlaufenden Serie von Berichten der feministischen Autorin Phyllis Chesler über die Übernahme Afghanistans durch die Taliban und deren Auswirkungen auf die Frauen.

Gerade wenn man denkt, dass es nicht noch schlimmer werden kann, wird es unweigerlich schlimmer. Jetzt bieten Kriminelle und Schmuggler angeblich afghanische Nieren und Augen sowie jedes andere menschliche Organ an, das man entbehren (oder auch nicht entbehren) kann. Mir wurde gesagt, dass einige Kriminelle solche Organe einfach mit Gewalt entnehmen. Nach Angaben einer Frau liegen die Preise vermutlich zwischen 10.000 Afghanis für ein Auge, 5.000 Afg für eine frische Niere und 15.000 Afg für ein Kind.

Aber vergessen wir nicht die afghanischen Feministinnen, die sich noch immer versteckt halten. Diejenigen, mit denen wir in Kontakt stehen, wissen, dass die Taliban systematisch Feministinnen töten – und mit Feministinnen meinen sie jede Frau, die gebildet ist und Karriere gemacht hat (Richterin, Anwältin, Polizistin, Journalistin, Rundfunksprecherin, Kleinunternehmerin), deren Gesicht von Demonstrationen und aus den sozialen Medien bekannt ist, oder die Sportlerinnen, Sängerinnen, Dichterinnen, Lesben oder in irgendeiner Weise dissident sind.

„Wenn ihr am Leben bleiben wollt, hört auf zu protestieren“

Eine Frau stand kurz vor der Veröffentlichung ihres Buches, kurz nachdem die Taliban an die Macht gekommen waren. Jetzt muss sie jedes einzelne Exemplar schreddern, damit es nicht als Beweismittel gegen sie verwendet wird.

Die Frauen sagen: „Die Situation ist so beängstigend, alles wird von Tag zu Tag schlimmer.“

Die Frauen sagen: „Die armen Menschen in Afghanistan, wir haben so viel Pech.“

Die Frauen sagen: „Sei vorsichtig, wenn Du Anrufe erhältst, die Dir anbieten, Dich zu evakuieren. Es könnten die Taliban sein, die versuchen, Dich zu holen.“

Letzte Woche wurde eine Frauenrechtsaktivistin von den Taliban entführt und erschossen. Insgesamt wurden vier Aktivistinnen entführt und dann tot aufgefunden. Frozan Safi war eine von ihnen, möge sie in Frieden ruhen. Eine andere Frau stand auf der Straße, um dagegen zu protestieren, und stellte Fotos von sich in die sozialen Medien.

Ihre untergetauchten Freunde flehten sie an, „sicher zu Hause“ zu bleiben, denn „die Zeit der Barbarei hat begonnen. Ich weiß, wir sollten unsere Stimme erheben, aber die Situation ist zu gefährlich. Wenn ihr also am Leben bleiben wollt, hört auf zu protestieren“.

Jeder einzelne Präsident hat Blut an seinen Händen

Ich danke Ihnen, Präsident Biden. Aber auch danke an die Präsidenten Bush, Obama und Trump. Jeder einzelne Präsident hat Blut an seinen Händen – aber auch jeder einzelne pakistanische Führer, der die afghanischen Taliban ebenso sicher entfesselt hat wie Amerika die Mudschaheddin, die Vorläufer der Taliban. Und vergessen wir nicht die arabischen und iranischen Führer, deren Gier, Korruption, Heuchelei und Unterstützung des Terrorismus derjenigen der afghanischen Machthaber in nichts nachsteht.

Amerika ging in den Irak, als wir in das atomar bewaffnete Pakistan hätten gehen sollen. Genug gesagt. Syrien? Davon will ich gar nicht erst anfangen.

Aber diejenigen, die gerne zuerst Amerika die Schuld geben, müssen auch anerkennen, dass die arabischen, nordafrikanischen, zentralasiatischen und fernöstlichen muslimischen Länder ihren gefährdeten Brüdern nicht gerade die Hand gereicht haben. Was sie übrigens noch nie getan haben. Es ist wirklich erstaunlich. Selbst jetzt wird den afghanischen Flüchtlingen in den Lagern im Nahen Osten nicht gestattet, in das Land einzureisen oder den Weg zur Staatsbürgerschaft einzuschlagen. Wir haben erfahren, dass es in diesen Lagern zu sexuellen Übergriffen kommt.

Es ist sinnvoll, räuberische, sexhungrige, extrem frauenfeindliche Männer von Frauen zu trennen, nicht nur in Flüchtlingslagern, sondern auch in Frauengefängnissen und Frauenhäusern im Westen.

Seltenes Privileg, Teil eines solchen Teams zu sein

Die jüdisch-christliche Tradition hat uns gelehrt, dem Fremden vor unseren Toren die Hand zu reichen und uns nicht abzuwenden, wenn andere Menschen zerquetscht oder abgeschlachtet werden.

Nun – das hat den Juden in Europa oder Nordafrika nicht geholfen, nicht wahr? Und heute helfen diese Werte auch nicht den verfolgten und ethnisch gesäuberten Christen im Nahen Osten. Niemand, auch nicht der Papst, kommt ihnen zu Hilfe. Ich schätze, dass unser am stärksten hochgehaltener westlicher Wert des mitfühlenden Aktivismus nicht immer für alle gilt.

Die untergetauchten afghanischen Frauen sind sehr dankbar dafür, dass unser Team mit ihnen in Verbindung bleibt und versucht, sie zu ermutigen und ihnen in einer Zeit des Terrors beizustehen, während wir daran arbeiten, sie zu befreien, eine nach der anderen.

Die Frauen sagen: „Wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihre Bemühungen und werden Sie nie vergessen.“

Die Frauen sagen: „Nicht nur wir, sondern die Geschichte der Menschheit wird sich an die Anstrengungen und die harte Arbeit Ihres Teams erinnern.“

Es ist ein seltenes Privileg, Teil eines solchen Teams zu sein und mit so tapferen Frauen in Verbindung zu stehen, die so weit weg sind.

Hier können Sie für den Afghan Feminist Refugee Fund spenden.

Der Artikel erschien zuerst bei 4W.

Foto: Pixabay

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giesemann gerhard / 15.11.2021

@Ludwig L.: Da ich nicht schwul bin, sage ich: Es werden viel zu wenige Männer gesteinigt. Und eine andere als die “westliche Sicht” ist mir nicht zugänglich - braucht es auch nicht, basta. Im Übrigen geht mich die “islamische Welt” nichts an, will das auf keinen Fall hier sehen, klar? Wenn ich das sehen will, dann reise ich dorthin - und gerne auch wieder ab. Allerdings: Was ich bisher gesehen habe, reicht mir eigentlich vollauf ... .

Thomas Taterka / 15.11.2021

Die Geschäftsidee Dissidenten auszuweiden, kommt aus China und ist eigentlich uralt , konnte aber erst im 20.Jahrhundert Wirklichkeit werden ( obwohl die Japaner während des zweiten Weltkrieges damit ebenfalls fleißig experimentiert haben ) , - und wie wir ja alle ( hoffentlich) wissen , sitzen die allerbesten ” Freunde ” der Taliban nicht in Teheran oder Berlin , sondern in Peking. Die haben am meisten gelacht , als die Amerikaner ihre superteure Airbase an der Westgrenze Chinas fluchtartig verlassen haben . Die Taliban durften zur Belohnung sogar Autoscooter fahren in einem verlassenen Vergnügungspark. Denen ist es egal , wer triumphiert : Hauptsache Spaß. Deshalb tut mir jede/r leid , den die in ihre Finger kriegen. Meine Phantasie will sich nicht vorstellen, was mit denen passiert in den Händen von Bestien , die Freude am Quälen und Töten haben .

Wolfgang Nirada / 15.11.2021

Heute Affghanistan - morgen Deutschland… Ist aber nix worüber mann sich aufregen müsste…

Kostas Aslanidis / 15.11.2021

Sogenannte Feministinnen lassen diese Frauen seit Jahrzehnten im Stich. Alibihilfe zur beruhigung des Egos. Wer huldigt und beschuetzt reflexartig immer den Islam? Die “Feministinnen” mit dem veganen Cappuccino. Sie verteidigen fanatisch die “Freiheit” unter dem Kopftuch. Feministinnen, dieses Wort erzeugt bei mir erbrechen.

Gottfried Meier / 15.11.2021

Die Afghanen hätten es auch anders haben können. Die übergroße Mehrheit wollte das so!

Bettina Landmesser / 15.11.2021

Afghanistan ist halt ein islamisches Land. Dort leben Muslime, die die Taliban nicht in die Schranken gewiesen haben. Die Muslime, die von dort fliehen, wollen den Islam dann im Westen leben.  Meist sind es junge Männer, die flüchten, keine Frauen. Und die Männer flüchten nicht aus Furcht vor dem Islam. Hier gab es schonmal einen Bericht von den armen afghanischen Frauen, Bericht einer Flucht. Damals landete die kranke Mama in Deutschland, um hier auf unsere Kosten medizinisch behandelt zu werden und ein gemütliches Rentnerleben führen zu können. Während die Tochter, als Ärztin ausgebildet, ihr Glück in Amerika suchte. Denn dort kann sie das von ihr verdiente Geld überwiegend für sich behalten, und muss sich nicht an den Kosten, die auch ihre Mutter hier mitverursacht, durch hohe Steuerzahlungen und Sozialabgaben beteiligen.

Petra Wilhelmi / 15.11.2021

Ach, hören Sie doch auf. In einem muslimischen Land gibt es keine Frauenrechte. Frauen kuschen dort. Sie möchten schließlich nicht geschlagen werden, was der Koran ja ausdrücklich erlaubt. Im Gegenzug erziehen die Frauen ihre Kinder Koran gerecht. Sie pflanzen in die Hirne der Kinder schon den Hass auf Ungläubige und Abgefallene ein. Mädchen werden beschnitten, obwohl deren Mütter wissen, wie schlimm so etwas sich auf die Frauengesundheit auswirkt. Aber, sie dulden das auch bei ihren Töchtern. Die Männer dagegen wollten genau das, was jetzt in Afghanistan herrscht. Sie haben sich von Anfang an auf die Seite der Taliban geschlagen, als die fremden Ungläubigen in ihr Land mit Waffengewalt gekommen sind. Sie haben das Geld aus dem Westen genommen. Schließlich steht es ihnen zu, weil Ungläubige Steuern bezahlen müssen, auch für ihre Sicherheit, wie der Koran sagt. Feminismus ist mir schon im Westen verhasst. Er bedeutet schon hier, dass Weiber ohne Sinn und Verstand meinen, ihnen würde alles zustehen, nur weil sie Frauen sind. In anderen Kulturen kommen sie damit nicht durch. Schon hier im Westen verschlechtern Feministen das Ansehen von Frauen und in Afghanistan bringen sie mit ihrer Ideologie nur Tod. Aber das muss man ja alles nicht wissen, wenn man sich feministisch schimpft. Da hat man ja freie Fahrt und alle müssen vor einen in die Knie gehen, weil Feministen die Wahrheit und das Recht für sich gepachtet haben. Ach hört doch mit dem Mist auf. Auch im Westen haben Frauen für die Gleichberechtigung - ich spreche nicht für Feminismus - Opfer bringen müssen und sind auch dafür gestorben. Wieso sollte das in einem muslimischen Gottesstaat anders sein. Dort setzt nur die Gott gewollte Sharia den Maßstab für Opfer.

Georg Dobler / 15.11.2021

Haben die Mörder die 100 Mio von D(umm)-Land schon bekommen?

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