Ulrike Stockmann / 17.06.2022 / 16:00 / Foto: Pixabay / 27 / Seite ausdrucken

Affenpocken: Virus mit Imageproblem

Erst gab es Ärger um Übertragungswege auf schwulen Sexpartys, jetzt gilt der Name plötzlich als rassistisch und diskriminierend: Die Affenpocken haben weltweit einen schweren Start.

Seit rund einem Monat sind die Affenpocken im Gespräch. Affenpocken sind laut Robert-Koch-Institut eine seltene, vermutlich vor allem von Nagetieren auf den Menschen übertragene Viruserkrankung“. Affenpocken kämen vor allem bei Nagetieren in West- und Zentralafrika vor. Nachdem sie 1970 erstmals bei einem neun Monate alten Jungen in der Demokratischen Republik Kongo identifiziert wurden, kämen menschliche Infektionen ebenfalls vor allem in West- und Zentralafrika vor.

In die Schlagzeilen geriet diese außerhalb Afrikas praktisch unbekannte Krankheit, als im Mai plötzlich sechs Fälle in Großbritannien bekannt wurden und kurz darauf das Virus auch in Nordamerika, Lateinamerika, Australien und in Deutschland auftauchte.

Die allgemeine Stimmung in den Medien war zunächst moderat, viele Experten fanden beschwichtigende Worte angesichts der selten vorkommenden und wohl auch größtenteils harmlos verlaufenden Krankheit. Karl Lauterbach indes suggerierte kurz Entspannung, nur um sich wenige Tage später schon um Isolations- und Quarantäne-Empfehlungen sowie Impfempfehlungen „für besonders gefährdete Personen“ Gedanken zu machen.

„Keine Überraschung“ und „nicht erschreckend“

Die WHO ist offenbar schon längst von der ernsten Bedrohung durch diese unvorhergesehene Krankheit überzeugt. Gleich nach dem internationalen Aufkommen der Affenpocken rechnete die Organisation mit einer „weiteren Ausbreitung“ des Virus und brachte sogleich altbekannte Corona-Maßnahmen zur Eindämmung ins Spiel.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus hat nun für den 23. Juni den Notfallausschuss einberufen, der darüber entscheiden soll, ob es sich im Falle der Affenpocken um eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ handelt. Als Grund wurde am Mittwoch die „Sorge um die steigende Zahl an Affenpockenfällen in aller Welt“ genannt. Zu diesem Zeitpunkt waren weltweit 1.600 Fälle von Affenpocken aus 39 Ländern bekannt. Verglichen mit einer Weltbevölkerung von derzeit knapp 8 Milliarden Menschen kommt man nicht umhin sich zu wundern, warum die WHO sich nun ausgerechnet mit dem Ausbruch der Affenpocken so intensiv beschäftigt.

In derselben Meldung heißt es, dass Experten angesichts der bis Dienstag 230 in Deutschland bekannten Fälle sich auf Anfrage der dpa „zunächst nicht beunruhigt“ gezeigt hätten. Der Virologe Gerd Sutter vom Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen der LMU München hätte mitgeteilt, dass die Zahlen hierzulande „keine Überraschung“ und „nicht erschreckend“ seien. 

Gleichzeitig wurden Deutschland am Mittwoch 40.000 bestellte Dosen mit Pockenimpfstoff geliefert. Die STIKO hatte bereits letzte Woche eine Impfempfehlung „für bestimmte Gruppen wie Kontaktpersonen von Infizierten“ gegeben. 

Vor allem unter schwulen Männern übertragen

Das Schauspiel zeigt verblüffende Parallelen zur Coronakrise, man hat das Gefühl, es mit einer Kammerinszenierung zu tun zu haben, die jedoch bislang nicht so begeistert vom Publikum angenommen wird wie das Original. Vielleicht klingen diese Worte zynisch, doch nach all den Falschmeldungen, die vonseiten der Politik und großer Institutionen in Bezug auf die Gefährlichkeit des Corona-Virus und die Verträglichkeit der Impfstoffe aufgetischt wurden, bin ich nun nicht besonders geneigt, die Berichterstattung um die Affenpocken mit offenen Armen zu empfangen.

Und genau hier liegt ein weiteres Problem in der bisherigen „Vermarktung“ der Krankheit. Eine Übertragung der Affenpocken von Mensch zu Mensch ist laut RKI nur „selten und nur bei engem Kontakt möglich (…), unter anderem auch im Rahmen sexueller Aktivitäten“. Auch über Gegenstände sei das Virus übertragbar, durch Aerosole sei eine Infektion nach bisherigem Kenntnisstand jedoch unwahrscheinlich. Es war laut RKI vor allem unter schwulen Männern zum Austausch des Erregers gekommen. Laut eines Berichts des Robert Koch-Instituts scheinen „die Risikoexpositionen vorwiegend sexuelle Kontakte unter Männern zu sein. Expositionsorte der in Deutschland bislang bekannt gewordenen Fälle waren Party-Veranstaltungen, unter anderem auf Gran Canaria (Spanien) und in Berlin, bei denen es zu sexuellen Handlungen kam.“

Die STIKO zählte daraufhin „Männer, die gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte mit wechselnden Partnern haben“, zur Risikogruppe und empfahl eine Impfung, da „Fälle in Deutschland bisher ausschließlich bei Männern der MSM-Community (Männer, die mit Männern Sex haben, Anm. d. Red.) aufgetreten sind und diese Gruppe deshalb besonders geschützt werden soll“.

„Verkürzte und stigmatisierende Statements“

Dass der homosexuelle Übertragungsweg eine vordergründige Rolle spielte, war offenbar ein Zufall, da die Affenpocken genauso gut bei Hetero-Sex weitergegeben werden können. Trotzdem sorgte die Meldung, dass sich die Affenpocken, auf gut Deutsch gesagt, vor allem auf schwulen Sexpartys verbreitet hatten, im Netz für Erheiterung.

Dies schwächte natürlich den Bedrohungseffekt des Virus in der öffentlichen Wahrnehmung ab, und die frivole Note der Angelegenheit dominierte. Schnell bemühte man sich also, die Aussage des RKI zu relativieren. Markus Ulrich, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands LSVD, kritisierte die Kommunikation des Robert-Koch-Instituts und des Gesundheitsministeriums. Gegenüber ZDFheute sagte er: „Verkürzte und stigmatisierende Statements und Überschriften helfen niemandem.“

Die UN-Organisation Unaids hatte ebenfalls „einige Berichte und Kommentare über Affenpocken-Fälle als homophob und rassistisch kritisiert“.

Holger Wicht, Sprecher der Aidshilfe, sagte der dpa, dass man nach der Erfahrung mit HIV die Stigmatisierung von Männern, die Sex mit Männern haben, und von Menschen aus Afrika fürchte. „Er erinnerte auch an die Ausgrenzungen und Schuldzuweisungen zu Beginn der Corona-Pandemie, die sich gegen Menschen aus Asien richteten – und gegen Menschen, die als asiatisch wahrgenommen wurden.“

Krankheiten nicht mehr nach Tieren oder Regionen benennen

All diese Vorwürfe nahmen sich die Kommunikations-Beauftragen der Affenpocken zu Herzen und tatsächlich: Die WHO möchte die Affenpocken umbenennen, denn der Begriff sei „irreführend“. Die dpa meldet:

„Es gebe seit langem Bestrebungen, Krankheiten nicht mehr nach Tieren oder Regionen zu benennen, um jeglicher Möglichkeit von Diskriminierung oder Stigmatisierung vorzubeugen, sagte ein WHO-Sprecher am Dienstagabend.“

Zuvor hatten 30 Wissenschaftler einen „nicht diskriminierenden“ und „nicht stigmatisierenden“ Namen gefordert.

Was ist an dem Namen „Affenpocken“ irreführend? Der Name suggeriere eine Herkunft aus Afrika. Zwar war das Virus bis Mai fast ausschließlich in Afrika bekannt, aber: Nachgewiesen worden sei die Krankheit das erste Mal 1958 bei einem Affen in einer Versuchsanstalt in Dänemark. Außerdem sei das Virus nach heutigen Erkenntnissen vor allem unter kleinen Nagetieren verbreitet und Affen gälten als „Fehlwirte“.

Wenn das so ist, wäre wohl der Name „Rattenpocken“ treffender, aber mit dieser Bezeichnung ließe sich wohl noch weniger Staat machen. Die Umbenennung soll in naher Zukunft erfolgen, wir dürfen auf den neuen Namen wohl gespannt sein.

Wie dem auch sei: Solange die Verantwortlichen hauptsächlich mit Antidiskriminierung beschäftigt sind, kann das Virus selbst ja wirklich keine besondere Bedrohung darstellen.

 

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Leserpost

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Werner Grandl / 17.06.2022

Man darf also eine Krankheit nicht mehr nach einem Land oder nach Tieren benennen. Gut, warum also nicht zum Beispiel “Sodomspocken” ? Wäre auch treffender bei der Art der Übertragung.

Lutz Herrmann / 17.06.2022

Trottelpocken.

A. Iehsenhain / 17.06.2022

Wie wärs mit “Pock ‘n’ Roll”? Oder “Hard Pock” oder “Soft Pock”?

Bernd Meyer / 17.06.2022

Ich tippe darauf, dass der Impfstoff noch vor der Umbenennung kommt. Hinterher kann man immer noch das Gegenteil behaupten. Oder ist er schon da? In diesem Falle könnte er auch noch einen Tag länger im Giftschrank liegen (den unwiderruflich bösen Giftschrank, den meine ich). Herr Lauterbach hat für alle Fälle schon mal unser Scheckheft gezückt und zählt seine Einwegspritzen. Mit Image hat er noch nie ein Problem gehabt.

Bernd Oberegger / 17.06.2022

Nun sind sie halt da, die Affenpocken. Es könnte etwas mit dem Klimawandel zu tun haben. Der Verdacht drängt sich auf. Jüngst ist sogar ein Walross, m/w/d, an die heimische Küste gereist. Laut NTV offenbar auch ein Klimaflüchtling, der die Zahl der Flüchtenden noch vergrößert. Die Affenpocken sollen Berlin besonders hart getroffen haben. Na klar, Berlin ist für Innovationen jeglicher Art immer offen. Vielleicht sollte man die Gefahr doch ernst nehmen. Es heißt, Nagetiere seien die Hauptwirte der Affenpocken.

Frank Biterhof / 17.06.2022

Und was ist mit den Windpocken, die in englisch als “chickenpox” bekannt sind? Die World Hoax Organization hat offensichtlich nichts Besseres zu tun.

T. Merkens / 17.06.2022

Ich tippe eher auf die Sexualpraktik “Pfizer-SM” ist (Mehrfachpenetration mit mRNA-Spritze), die in den letzten 18 Monaten zum Massenhype gemacht wurde.

Patrick Meiser / 17.06.2022

Also die Pockenart wurde erstmals 1970 bei einem neun Monate alten Jungen festgestellt und den den folgenden 50 Jahren haben sich die Pocken dann mehrheitlich entschieden, vornehmlich bei Schwulen anzudocken. Sachen gibt’s…............................ Wie wär’s mit Regenbogenpocken - ist woke und jeder weiß, wen es treffen könnte. Hört sich halt nicht dramatisch an, also schlecht für Panikkarl.  Aber dem Regenbogen ist es schnurzegal, ob da noch ein kleines Substantiv angehängt wird und der fühlt sich auch nicht diskriminiert.

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