Ärger ist mein Vorname

In der Regel bemühe ich mich sehr, die Kunst vom Künstler zu trennen. So viele der größten Romanciers und Dichter waren Schürzenjäger, Schurken und Frauenfeinde. Wollen wir die großen Werke wirklich zensieren?

Anfangs, in den 1970ern, brachte mich meine Pionierarbeit zum Feminismus in Schwierigkeiten mit meiner Universität (aber Gott sei Dank nicht mit den Verlegern, dank der aufkommenden Bewegung). Aber auch meine jüngsten radikalfeministischen Arbeiten über Pornografie, Prostitution, Geschlecht als primäre Identität und die Trans-Frage bringen mich in Schwierigkeiten.

Der Ärger, die Schwierigkeiten, wissen immer, wie sie mich finden können.

In den letzten fünfundzwanzig Jahren waren es meine Arbeiten über Antisemitismus, Israel, Islam/Dschihad, islamische Geschlechterapartheid und Femizid (Ehrenmord), die mich in Schwierigkeiten gebracht haben.

Ich wusste, dass ich etwas Richtiges tat, aber der Preis wurde immer höher – meine frühere, viel bewunderte Arbeit „verschwand“, geriet in Vergessenheit, und meine laufende Arbeit wurde zensiert oder gecancelt; ich wurde zunehmend ausgeschlossen.

Nun, gut.

Ich war begeistert von der großartigen Aufführung

Aber wer hätte je gedacht, dass ein Beitrag über die Oper von einem Musik- und Opernliebhaber (das bin ich) dazu führen würde, dass eine Substack-Abonnentin, die ich nicht kenne, mir kündigt? Wer auch immer sie sein mag, sie fühlte sich verpflichtet, mir das mitzuteilen.

Es stimmt, ich habe die Inszenierung von Aida an der Metropolitan Opera gelobt und die politisch korrekten Kritiker verurteilt, die die Inszenierung als „orientalistisch“, ausbeuterisch und als ein weiteres Beispiel für „die artefaktische Raffgier des Westens“ verdammt hatten.

Ich war so begeistert von der großartigen Aufführung an der Met, dass ich alles daran setzte, Kontaktdaten von Peter Gelb, dem Generaldirektor der Met, und von jedem einzelnen Mitglied der Besetzung und der Crew zu erhalten. Es war ein fast ausschtsloses Unterfangen, aber schließlich gelang es mir, eine Kontaktadresse zu bekommen, und nach mehreren Anrufen wurde mir versprochen, dass sie an das Büro von Gelb weitergeleitet würden.

Ich bat ihn, den Brief an alle Mitglieder der Besetzung weiterzuleiten. Sie verdienten ausschließlich Lob und keine Verurteilung.

Wohlwollende E-Mails und Kommentare

Bitte verstehen Sie: Ich fühle mich keineswegs schlecht dabei. Liebhaber der alten Zeiten, nicht nur von klassischer Kunst und Poesie, sondern auch von klassischer Musik, schrieben sehr sachkundige und daher wohlwollende E-Mails und Kommentare auf Substack.

Einer schrieb: „Sie haben so recht! Diese woke Haltung gegenüber der Kunst ist verachtenswert. Aber wie viele Kritiker sind überhaupt qualifiziert, ein Kunstwerk nach seinen eigenen Vorzügen zu beurteilen? Ich persönlich hasse die aktualisierten zeitgenössischen Opernproduktionen. Sie sind so fehlgeleitet. Alte Opern wurden für und in ihrer Zeit geschrieben... es gibt keinen sachlichen Grund, sie in die heutige Zeit zu verpflanzen... es sollte in der Zeit dargestellt werden, die in der Oper repräsentiert wird.“

Ein anderer Kunstliebhaber und Autor schrieb: „Ich habe die Aufführung gesehen. Ich besorgte mir sofort Karten, als ich erfuhr, dass Elina Garanca nach 5-jähriger Abwesenheit in New York auftreten würde. Sie war, wie Sie wissen, spektakulär in ihrer Interpretation.... Eines Tages, wenn die Fakten und die Wahrheit da sind, werden wir mit dem Osmanischen Reich abrechnen – mit seiner mörderischen Unterwerfung jeder anderen Zivilisation, die es erobert und von der es auf die schlimmste Weise Zahlungen herausgepresst hat. Aber die Woken werden das nicht tun.“

Sie spricht von islamischem Imperialismus, Kolonialismus und Bekehrung durch das Schwert sowie von geschlechtlicher und religiöser Apartheid.

Das Problem der politischen Korrektheit

Der nächste Kommentar ist witzig.

„Erinnert sich niemand daran, was ein Araber sagte, als ihm die Geschichte von Aida erklärt wurde. Warum hat der Khedive (Radames, der mit der Tochter des Pharaos Ägypten regieren sollte) all diese Qualen wegen Aida auf sich genommen? Er hätte sie einfach zu seiner Konkubine machen können.

Der biblische Pharao zur Zeit Abrahams war bereit, die von Gott Auserwählten zu töten, um unsere Vorfahrin und Abrahams Schwester Sarah in seinen Harem aufzunehmen.

Womit wir wieder beim Thema der politischen Korrektheit wären, die in die Bereiche der Kunst eindringt. Und hier bin ich wieder dabei, mir Schwierigkeiten einzuhandeln, meine alten und beständigen Freunde.

Ich bin eigentlich nicht der Meinung, dass die große Sopranistin Anna Netrebko von der New Yorker Bühne verbannt werden sollte, weil sie Putin nicht verurteilt hat. Wer weiß, wie viele Verwandte sie noch in Russland hat?

So viele Menschen verhalten sich schlecht

Ich bin sehr hin- und hergerissen über die sehr verständliche Entlassung des großen Dirigenten James Levine, denn in der Tat gab es glaubwürdige Beweise dafür, dass er seine Macht dazu genutzt hat, jüngere Musiker zu belästigen und sexuell zu missbrauchen oder auszubeuten. Wäre es eine strafrechtliche Angelegenheit geworden, die von einem Richter und Geschworenen geprüft worden wäre – absolut ja –, aber das war nicht der Fall. Wie so viele Priester verging sich Levine an jungen und verletzlichen Männern – aber in Levines Fall waren sie nicht minderjährig.

In der Regel bemühe ich mich sehr, die Kunst vom Künstler zu trennen. So viele der größten Romanciers und Dichter waren Schürzenjäger, Schurken und Frauenfeinde. Dickens war mehr als grausam zu seiner Frau Catherine und ließ sich mit der Schauspielerin Ellen Ternan ein. Tolstoi zwang seine Frau Sofia zum lebenslangen Zölibat, während er die Leibeigenen auf seinem Landgut schwängerte. Rimbaud wurde Sklavenhändler und Rumschmuggler. Lord Byron war ein regelrechter Don Juan. Flaubert – ein Bordellbesucher in Ägypten.

Und doch: Würden wir David Copperfield, War and Peace, Le Bateau ivre oder Childe Harold's Pilgrimage, oder Madame Bovary wirklich zensieren wollen?

Das ist der springende Punkt. So viele Menschen verhalten sich auf ähnliche Weise schlecht. Aber sie beglücken uns nicht mit großen Werken.

Ich fordere uns nicht auf, unsere moralischen Maßstäbe für große Männer herabzusetzen, sondern nur, mit diesem Problem zu arbeiten.

Zum Schluss: Mir wurde soeben versichert, dass meine Rezension auf dem Weg zum Büro von Manager Peter Gelb ist.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Substack von Phyllis Chesler.

 

Phyllis Chesler ist emeritierte Professorin für Psychologie und Frauenstudien an der City University of New York (CUNY) und Autorin von 20 Büchern.

Foto: Phyllis Chesler

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Leserpost

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Karsten Dörre / 08.05.2025

“Tolstoi zwang seine Frau Sofia zum lebenslangen Zölibat…” - Sofia Tolstaja bekam ihr erstes Kind mit 19 Jahren, das letzte und dreizehnte Kind mit 44 Jahren. Drei Schwangerschaften waren Fehlgeburten. Insgesamt sechzehn Schwangerschaften. Das sogenannte Zölibat ist eine blasse Argumentation, da mit zunehmenden Alter Leo Tolstoi in die Esoterik abschweifte und selbst dem sexuellen Leben abschwor. Dass es eine unglückliche Ehe mit viel Streit war (an denen viele ihrer Kinder involviert waren), lag an der Bildung beider, die sich gegenseitig künstlerisch ergänzten.

Lutz Herrmann / 08.05.2025

Werk und Erschaffer muss man trennen. Immer. Wo endet das sonst? In der Wissenschaft haben wir dann Zustände, wo man mathematische Sätze verschweigt, weil sie von einem Schurken bewiesen wurden. So weit kommt’s noch!!

Franz Klar / 08.05.2025

“Radikalfeministische Arbeiten über Pornografie, Prostitution, Geschlecht als primäre Identität und die Trans-Frage” bringen Schwierigkeiten ? Unserer mutigen Außenministerin brachte feministische Außenpolitik in neurechten Politblogs üblen Hohn und bösen Spott . Auch sie wusste, dass sie “etwas Richtiges” tat !

Gerhard Hotz / 08.05.2025

Vielleicht gibt es einen geheimen Zusammenhang zwischen Kreativität und miesem Charakter. Caravaggio, der aufgrund seines aggressiven und explosiven Verhaltens in zahlreiche Gesetzeskonflikte verwickelt war, wurde wegen Totschlags aus Rom verbannt. Die Neigung vieler Kreativer zu Alkohol und Drogen ist auch allgemein bekannt. Kann jemand, der sich nie die geringste Grenzüberschreitung leistet, überhaupt kreativ sein?

Walter Weimar / 08.05.2025

Nur wenige, eigentlich nur einer, hat gerufen verbrennt meine Bücher. Also, der Sturm auf Bibliotheken, Museen ist eröffnet. Schleift die Denkmale in der Stadt! Wer mehr als nur einmal falsch geparkt, dem gehört seine Kunst vernichtet. Wer sonst keine Sorgen hat, ist dann per se gesund. Muß sich hierzulande jeder Spinner für vergangene Zeiten und längst Tote engagieren, selbst eine traurige Gestalt ohne Profil.

P. Bruder / 08.05.2025

Triggerwarnungen für 1984 von Orwell… Bücher, die umgeschrieben wurden, gehören verbrannt.

Thomas Szabó / 08.05.2025

Aida: „orientalistisch, ausbeuterisch, Raffgier des Westens“. Das ist nichts als kommunistische Klassenkampfrhetorik, Kulturmarxismus, Agitprop. “...Alte Opern wurden für und in ihrer Zeit geschrieben… es gibt keinen sachlichen Grund, sie in die heutige Zeit zu verpflanzen…” Richtig, solche Versuche sind zumeist nichts als linke Politpropaganda. Etwas anderes als in jede Oper einige Nazis hinein zu interpretieren und den Helden zum kommunistischen Klassenkämpfer zu machen fällt den phantasielosen Regisseuren nur selten ein. Als ob die Abteilung Agitation/MfS der DDR in jedem westlichen Opernhaus einen Genossen hätte, um die Opern im Sinne des Sozialistischen Realismus umzudichten: “Genosse Don Karlos fordert Philipp II. in einer flammenden Rede auf die kapitalistische Ausbeutung in Spanien zu beenden…” “Der Commendatore der als ein steinernes Abbild von Karl Marx daherkommt diskutiert vergeblich mit Don Giovanni über die kapitalistischen Aspekte der Promiskuität…” “Tamino und Pamino entwickeln ein progressives Klassenbewusstsein, während Papageno in kleinbürgerlichen Denkmustern verharrt. Monostatos tritt Black Live Matters bei und uriniert auf Mozarts Manuskripte…”

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