Max Roland, Gastautor / 29.11.2019 / 10:00 / Foto: Pixabay / 36 / Seite ausdrucken

„Änderungsantrag 38“: Das EU-Parlament ist für Atomkraft

Die Frage nach der Kernkraft ist sowas wie die Gretchenfrage der Klimabewegung. Jeder, der ernsthaft an den Klimawandel glaubt, würde Atomkraftwerke doch eigentlich als die Lösung feiern wollen: Atomkraft ist emissionsfrei – und trotz all den apokalyptischen Szenarien, die durch die grünen Kernkraftgegner verbreitet werden, ist sie sicher. In einem deutschen Kernkraftwerk wird es nicht zu einer durch ein Erdbeben und/oder einen Tsunami ausgelösten Kernschmelze kommen – listen to the science, wie man bei FfF sagt. 

Das scheint auch das EU-Parlament begriffen zu haben. Die MEPs haben mit Blick auf die kommende Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Madrid einen Entschließungsantrag angenommen. Dieser enthielt ursprünglich auch eine klare Absage an die Atomkraft – Ziffer 56. Diese besagte, „dass Kernkraft weder sicher noch ökologisch oder wirtschaftlich nachhaltig ist“. Das EU-Parlament schlage "deshalb vor, dass für den Ausstieg aus der Kernkraft in der EU eine Strategie für einen fairen Übergang konzipiert wird, die den in dieser Branche Beschäftigten neue Arbeitsplätze bietet und Pläne für einen sicheren Rückbau von Atomkraftwerken und für eine sichere Aufarbeitung und langfristige Entsorgung von Atommüll umfasst“. Sollte heißen: Gefordert wird ein europaweiter Atomausstieg.

Die Ziffer wurde jetzt jedoch aus dem Parlament heraus kurzerhand komplett umgedreht: Mehrere Abgeordnete, unter anderem aus den liberalen und christdemokratischen Fraktionen, brachten „Änderungsantrag 38“ ein, der aus Ziffer 56 das komplette Gegenteil machte. Nun ist sie eine Klausel, die erklärt, dass Kernkraft „zur Verwirklichung der Klimaschutzziele beitragen kann, da bei ihrer Erzeugung keine Treibhausgase emittiert werden und dabei auch ein erheblicher Teil der Stromerzeugung in der EU sichergestellt werden kann“.

Wir erinnern uns: Im Europawahlkampf plakatierte die SPD „Europa ist die Antwort“ – ob europäische Antworten auch gelten, wenn sie den eigenen Vorhaben (wie dem Atomausstieg) widersprechen? Hier könnten all unsere Super-Europäer, von denen wir ja so viele haben, doch mal Worten Taten folgen lassen – und den Beschluss des EU-Parlamentes in deutsches Handeln übersetzen. Irgendein Gefühl sagt mir jedoch, dass genau das nicht passieren wird. Denn „Europa“ wird nur als Argument und vorgebliches Ideal herangezogen, wenn dieses Europa den deutschen Ideen folgt. Man kann berechtigterweise die Frage stellen, wie viele unserer „echten Europäer“ wirklich echte Europäer sind. 

Dieser Beitrag erscheint auch auf dem Jugend- und Schülerblog „Apollo-News".

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Rolf Lindner / 29.11.2019

Kleine Korrektur: Denn „Europa“ wird nur als Argument und vorgebliches Ideal herangezogen, wenn dieses Europa den deutschen WAHN-Ideen folgt.

Eugen Richter / 29.11.2019

Mir ist seit 40 Jahren unklar, was an ziviler Nutzung der Kernkraft so böse sein soll? Ich musste in all den Jahren meine Meinung nicht ändern. Sie wurde eher stärker und gefestigt durch wissenschaftliche und technische Fakten.

F. Jung / 29.11.2019

Ich würde die Information aus diesem Beitrag gerne weiter verbreiten.  Aber da gibt es ein Problem:  Warum hat es keinen Link zu diesem Antrag? Leider werde ich per Suche nicht fündig…...

Roger Wegert / 29.11.2019

Man sollte jede Idee über Energieerzeugung und Stromverbrauch diskutieren. Aber nur, wenn es dafür auch Konzepte gibt. Von mir aus können wir über eine Million E-Autos in den nächsten zehn Jahren sprechen. Doch dann mit einem klaren Konzept, wo diese herkommmen sollen, ob die Produktion der Autos wirklich umweltschonender ist (Lithium), und vor allem, wo sie und wie sie geladen werden sollen und wie überhaupt der benötige Strom erzeugt werden könnte. Ehe diese pragmatischen Aspekte nicht geklärt sind, ist jede Ankündigung, die E-Mobilität zu fördern, reiner Populismus, und die Idee eines CO2-neutralen Landes Fantasie. Den auch ohne E-Autos wachsenden Strombedarf, der sich bereits durch die Bevölkerungsentwicklung bei uns ergibt, werden werden wir irgendwann nicht mehr decken können. Die Stromlücke muss dann mit Zukauf aus dem Ausland mittels französischem Atomstrom und polnischem Kohlestrom überbrückt werden. Übrigens haben wir inzwischen nicht mehr die zweithöchsten Strompreise. Seit April dieses Jahres haben wir Dänemark als Spitzerreiter in der EU abgelöst und nunmehr die höchsten Tarife, bei denen die Kilowattstunde bereits die 30 Cents bei manchen Anbietern überschreitet. Meines Erachtens sind wir damit sogar auf dem gesamten Planeten Strompreis-Weltmeister. Herzlichen Glückwunsch uns allen!

Heidi Hronek / 29.11.2019

Man kann daraus schliessen, wer in der EU das Sagen hat, Deutschland ist es jedenfalls nicht.  Frankreich hat da ganz klar seine Interessen durchgesetzt und lässt sich durch den Verkauf von Atomstrom von Deutschland seine maroden Finanzen sanieren. Aber es gehören eben immer 2 dazu.

Reinhard Lange / 29.11.2019

Komplett heißt der Satz 59 aus der Entschließung des EU-Parlaments: “Das Europäische Parlament ist der Ansicht, dass die Kernenergie zur Verwirklichung der Klimaschutzziele beitragen kann, da bei ihrer Erzeugung keine Treibhausgase emittiert werden und dabei auch ein erheblicher Teil der Stromerzeugung in der EU sichergestellt werden kann; vertritt jedoch die Auffassung, dass für diese Energie aufgrund der bei ihrer Erzeugung anfallenden Abfälle eine mittel- und langfristige Strategie erforderlich ist, in der dem technischen Fortschritt (Laser- und Fusionstechnik usw.) Rechnung getragen wird, um die Nachhaltigkeit des gesamten Wirtschaftszweigs zu verbessern;”

Georg Dobler / 29.11.2019

Verehrter Max Roland, genau richtig erkannt. Da ich nun schon älter bin erinnere ich mich wie die Presse damals die Regierungen und die Kanzler angriff und kritisierte.  Toll, dachte ich damals, den Journalisten geht es um Werte, Grundgesetz, um die richtige Sache.  Hab mich wohl geirrt. Jetzt wo deren linken Idole die Politik beherrschen ist alles ins Gegenteil verkehrt. EU-Vertragsbrüche, Beschränkungen der freien Meinungsäußerung (bei angebl. Hass), Grundgesetzaushöhlung (Verhinderung von Veranstaltungen Andersdenkender), Rechtsbrüche durch ausweislose Einreise, Nicht -Ausführung von Gerichtsurteilen (Abschiebungen), das Alles ist jetzt in Ordnung und wird schweigend oder wohlwollend begleitet. Es ging Denen damals gar nicht um die Sache, sondern nur darum dass die Falschen die Macht hatten.

Wolfgang Aust / 29.11.2019

Ich sehe eigentlich nicht, dass auf einmal Vernunft in die EU eingezogen wäre. Wenn man sich mal anschaut, welchen Anteil die Kernenergie in Frankreichs Stromerzeugung hat, wird klar, das dieser Paragraph in seiner Urfassung für Frankreich völlig inakzeptabel war. Bei Kohle war es anders. Die hat in Frankreich nur marginalen Anteil, nicht so, wie in Deutschland, wo sie dank Kernkraftausstieg das Rückgrat der Stromerzeugung bildet und im Rahmen der Energiewende eine nicht zu schließende Lücke hinterlässt. Das Ganze ist für mich eher ein Abbild davon, dass im Gegensatz zu Deutschland andere Länder sehr wohl ihre Interessen in der EU durchzusetzen verstehen. Dabei ist jetzt eben zufällig mal etwas vernünftig Klingendes heraus gekommen. Eine Art Kollateralnutzen also, wie ihn zufällig auch mal einem schlechten System passieren kann.

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