Bernhard Lassahn / 03.12.2019 / 06:30 / 2 / Seite ausdrucken

Advent: Der lauschige Kalender mit Laterne (3)

Immer noch zu laut? Oh, Weh!

Die Welt ist laut, sie ist inzwischen sogar immer lauter geworden. Man kann eben nicht – so wie man die Augen schließen kann, damit es dunkel wird – die Ohren schließen, damit es leiser wird.

Ohropax kannten wir damals nicht. Wenn der Opa schnarchte, konnten wir nichts machen, wir waren ausgeliefert. Er hatte sich auf das Sofa gelegt und wollte angeblich nur „ein Viertelstündchen“ verschnaufen, was mir damals, als ich schon längst die Uhr lesen konnte und mein Verständnis für Zeiträume sich ständig verbesserte, irgendwie falsch vorkam. Eine Viertelstunde sind 15 Minuten. Was soll dann – bitteschön – ein Viertelstündchen sein? Etwa 13 Minuten?

Wir Kinder haben aus Protest mit Pantoffeln, sogenannten „Latschen“ geworfen – das heißt wir haben sie „gezeffert“ –, damit der Opa aufwacht und aufhört zu schnarchen. Es war, wie ich gerne zugebe, eine etwas unbeholfene Art, sich gegen die Lärmbelästigung im privaten Raum zu wehren. Es ging nicht besser. Auch meinen Wunsch nach besseren Zeitangaben kann man aus heutiger Zeit gerne als neunmalklug abtun, auch wenn ich mich damals mindestens zehnmalklug fühlte. Doch das ist lange her.

Und nun? 

Und nun? 

Nun sind die Geräusche noch lauter geworden, die lauten Stimmen brüllen die leisen nieder. Auf dem Sofa der Öffentlichkeit werden Töne in XXXL gespuckt, wir erleben gerade so etwas wie eine geistige Lärmbelästigung durch Übergröße der Begriffe: Katastrophe, Weltrettung, Untergang, Hitzeschock, Milliarden Tote, Notstand. „Die Zeit ist viel zu groß“, heißt es in einem Gedicht von Erich Kästner, das mit der Zeile schließt: „Das Volk versinkt in geistiger Umnachtung.“ 

Erinnert sich noch jemand an die SPD? Ich meine an die alte SPD, die ein Parteilied* hatte, in dem vom „weichen Wasser“ gesungen wurde (von Spöttern wurde es auch der Entkalker-Song genannt)? Sie wollten wie das „weiche“ Wasser sein.

Und nun?

Der Schnee ist weiches Wasser. Er ist leise, ganz ganz leise.

Klicken Sie dazu auf das Video.

Wenn es ihnen zu leise ist, oder wenn Sie aus anderen Gründen den Text nicht richtig verstehen, dann können Sie ihn hier nachlesen:

Ein Glück: der Schnee fällt still und leis

„Leise rieselt der Schnee ...“

So hört man oft in diesen Tagen.

Die Kinderchöre singen.

Dazu möcht ich sagen:

 

Bedenkt nur, wenn es nicht so wäre,

wenn mit Karacho aus der Atmosphäre

die Flocken polternd niedergingen

und übertönten jedes Singen.

Ein Weh, ein Schreck, ein Graus!

Wer hielte es aus?!

 

Ein Glück: der Schnee fällt still und leis.

Wie gut, dass es so ist 

und wenn man nicht vergisst,

davon zu künden, was jeder weiß

und zu betonen, was sowieso klar ist:

Dass das Leben wunderbar ist.

*Der Texter des Liedes Diether Dehm ist selber 1998 aus der SPD ausgetreten (wegen dem Krieg gegen Jugoslawien).

Den ganzen virtuellen Adventskalender mit den bereits geöffneten Türchen 1-3 finden Sie bei o-gott.com.

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Hermine Mut / 03.12.2019

Ja, wunderbar! und wunderlich. Vor gar nicht so langer Zeit machte auf der Wiese neben unserm Garten das Ponypaar Paul und Paula mächtig Krach, wenn eins vom andern getrennt wurde (Ponyreiten für Kinder ) - Eukrach.!  Jetzt brüllen dort zuweilen powertools, Rasenmäher, Laubblaster, Kettensäge im Chor. Plus Traktor und mind. 2 Hounds of Baskerville,(singen gerne morgens um 5), sekundiert vom Raucherhusten ihres Herrn : Landlust bzw. -liebe. ABER: in Caherceireen, SW-Irland ist es so still, dass man die Zeit tröpfeln hört. - Abgesehen evtl. vom Infraschall der Windfarm, die seit diesem Sommer nun halt da ist.

Jörg Themlitz / 03.12.2019

Danke! Wieder gern gelesen. Leider schneit es laut das ganze Jahr. Wenn der Opa 24 Stunden am Tag schnarcht, wäre die Ruhe das Problem. Drei Tage Kanonendonner im Jugoslawien Krieg beängstigen nur den Neuen. Die Anderen schlafen Nachts durch. Die Ausnahmen wurden zur Regel erhoben. Jahrhunderte alte Begriffe werden mit anderen Inhalten versehen und durch neue, absurde Begriffskonstruktionen ersetzt. Weiter. Was soll, wir haben es 5 nach 12? Wir müssen 120 Prozent geben. Dieser Unsinnwar mal als Ironie / Satire gedacht, ist in den täglichen Sprachgebrauch übernommen worden. Wenn alle als Nazi bezeichnet werden, macht es noch Sinn, einen Bürgerlichen als Nazi zu beschimpfen?

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