Hier wird nicht über Pflegekräfte und Mitarbeiter medizinischer Berufe gesprochen, hier werden sie selbst gehört: 936 von ihnen haben an der großen Online-Umfrage von Achgut.com teilgenommen. Im dritten Teil stellt Dr. Gunter Frank vor, was sie aus ihrer täglichen Arbeit berichten.
Nachdem es im ersten Teil hauptsächlich um die Gefährlichkeit der Krankheit und ihre Auswirkung auf die Belegung der Krankenhäuser ging und im zweiten der Schwerpunkt auf der Impfung lag, geht es in Teil 3 um Stressfaktoren im Krankenhaus, Sinn und Unsinn von Schutzmaßnahmen, Pflegekräftemangel, Intensivbettenschwund und (nicht) gezahlte Prämien.
Die Art der Umfrage, an der fast 1.000 Pfleger und andere Beschäftigte des Gesundheitssystems teilnahmen, wurde in Teil 1 näher erläutert. Sie erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität, die Ergebnisse sind für eine Einschätzung der Lage aber dennoch von großem Wert. Hier schon einmal vorweggenommen die zusammenfassenden Erkenntnisse zu den Antworten auf die heute behandelten Fragen 11 bis 15, die wir im Folgenden dann noch im Detail dokumentieren. Darüber hinaus publizieren wir eine Auswahl von hochinteressanten individuellen Anmerkungen, die die Befragten (zusätzlich zu den in den Tortengrafiken dokumentierten Multiple-Choice-Angaben) machten. Diese zusammenfassenden Erkenntnisse von Dr. Gunter Frank lauten:
- Besuchsverbote werden für Demente und Langzeitlieger als sehr belastend beschrieben. Viele erleben den Ansteckungsschutz durch die Maßnahmen als effektiv und finden sie gut, andere halten sie in Teilen für unsinnig. Deutlich wird auch hier, dass nur objektive Forschung herausfinden kann, welche Maßnahmen welche Vorteile, aber auch welche Nachteile bringen. Man hat stattdessen eher aktionistisch agiert.
- Was den Pflegekräftemangel betrifft, sind sich fast alle einig: Hätte man das Geld für die unsinnigen Schutzmaßnahmen außerhalb der Krankenhäuser gespart und sie stattdessen für die Pflege eingesetzt, wäre man schon einen Schritt weiter. Auch die Auswirkungen der Privatisierung von Krankenhäusern müssen auf den Prüfstand, Stichworte Personalschlüssel und Dokumentationswahnsinn.
- Stichwort: Intensivbettenschwund. Die Ergänzungen deuten an, dass bei der Frage von freien Betten die jeweiligen Anreizsysteme den Takt vorgeben und so gar keine realistischen Zahlen in die Statistik einfließen. Das Hauptproblem der Intensivbelegung sind auch nicht fehlende Intensivbetten, sondern auch wieder das fehlende Personal.
- Die Krankenhaus-Ausgleichszahlungen scheinen im Pflegebereich kaum angekommen zu sein. Wenn sich der Staat diese kleinen Boni dann noch in Form von Steuern zurückholt, wird es zusätzlich absurd. Große Anstrengungen, den Pflegemangel durch Maßnahmen wie Wiedereinstiegsprämien zu lindern, sind anscheinend nicht vorgekommen.
Frage 11:
Was verursacht derzeit am meisten Stress im Krankenhaus?

Die Anzahl der Umfrageteilnehmer, die sich durch die Krankheit Covid-19 selbst am meisten gestresst fühlen, liegt im kaum messbaren Bereich. Für fast 47% ist der Druck hinsichtlich des Impfstatus und die Einhaltung der Schutzmaßnahmen der größte Stressfaktor, fast 32 Prozent nennen den Pflegekräftemangel als Grund, gut 11% den psychischen und physischen Druck im Arbeitsalltag und gut 9% die belastenden Schutzmaßnahmen selbst.
Eine Auswahl aus den ergänzenden und individuellen Einschätzungen zu Frage 11:
„Unabhängig von der Coronakrise hat sich im Gesundheitswesen ein völlig verrücktes Bürokratie-, Kontroll- und Überwachungssystem gebildet, das einer Arbeitskraft das inhaltliche und patientenorientierte Arbeiten immer schwerer macht."
„Das unwissenschaftliche Vorgehen der Entscheidungsträger, der Datenmüll, der weiter gesammelt wird und als Entscheidungsgrundlage dient, die Notwendigkeit, die Vorgaben an die MA erklären zu müssen, obwohl es oft nicht mehr erklärbar ist.“
„Die Überlastung, die allgegenwärtig ist, auch schon vor Covid. Der Personalmangel ist dafür ursächlich, Pflegeschlüssel ebenso. Der Druck von außen kommt hinzu. Dabei die mittelbaren Folgen der Maßnahmen nicht zu vergessen: Seit zwei Jahren sind wir Pfleger nahezu jedes Ausgleichs zu unserer Arbeit beraubt. Treffen mit Freunden, um sich mal etwas von der Seele zu reden etwa, ist ja nahezu unmöglich gemacht worden. Hinzu kommt, dass zumindest einige von uns die Maßnahmen auch seit Beginn nicht einhalten, abwägen um z.B. Angehörigen den Zugang zu Sterbenden ermöglicht haben, auch 2020 schon – und somit quasi Recht gebrochen haben, um Grundrechte zu gewähren, zumindest jedoch menschlich handelten.
„Derzeit der Pflegepersonalmangel, viele sind krank (nicht Corona), junge Frauen werden vermehrt schwanger, es kommt kein Ersatz. Einige suchen sich andere Berufe. Dadurch auch körperliche und psychische Überlastung. Dadurch überreiztes und teilweise aggressives Personal.“
„,Die Krankheit Covid selbst‘ verursacht überhaupt keinen Stress, alle anderen angegebenen Punkte belasten sehr!! Insbesondere die Maßnahmen.“
„Betrifft Pflegeheim: Wir müssen immer mehr sinnlosen bürokratischen Aufwand erledigen, deshalb bleibt für Bewohner weniger Zeit. Es ist sehr frustrierend, da viele keinen Besuch bekommen können/dürfen und wir die fehlende Zuwendung ,ersetzen‘ sollen, aber nicht können (keine Zeit). Die armen Menschen vereinsamen.“
„Aktuell herrscht tatsächlich reine Anarchie und Willkür, als gäbe es kein Arbeitsrecht. Das liegt auch daran, dass viele Hochqualifizierte den Job schon lange verlassen haben. Wie schon oben erwähnt, betrifft das auch die Datenerhebung, es gibt niemanden, der es kontrolliert, hohes Missbrauchspotenzial, auch Datenschutz wird kaum mehr eingehalten. Die Auswirkungen für Schutzbefohlene ergeben sich daraus natürlich auch, hauptsächlich durch viel unqualifiziertes Personal, außerdem sind für sie Kommunikation mit Angehörigen usw. durch die Maßnahmen enorm erschwert.
„Seit 2 Jahren arbeiten ALLE Mitarbeiter, egal in welchem Bereic,h mit FFP2-Maske. Das halte ich für die größte Belastung. Da diese Masken überall im KRH zu tragen sind, bei jedem Kontakt mit anderen Personen, also auch Kollegen, ist es unmöglich, die vorgeschriebene maskenfreie Zeit einzuhalten. So kommen wir alle auf eine geschätzte Tragezeit von min. 6,5 bis 7 Std oder mehr.“
„Diskriminierende Maßnahmen von ungeimpften Mitarbeitern, z.B. allein in einem Raum Pause machen zu müssen, sich unter Aufsicht als Einzige eines Teams testen zu müssen oder als Einzige FFP2-Maske tragen zu müssen, belasten zwischenmenschliche Beziehungen.“
„Geringe Bezahlung, Pflegekräftemangel, steigende Belastungen und Misswirtschaft, und das geht schon seit mehr als 20 Jahren so, die Politik ist an dieser Situation schuld. Corona hat überhaupt gar nichts mit dieser Misere zu tun.“
„Der Druck, der hinsichtlich des Impfstatus der von Verwaltung und geimpften Mitarbeitern ausgeht.“
Anmerkung von Dr. Gunter Frank:
Als größten Stressfaktor sieht man den Personalmangel. Die Teilnehmer sind sich weitgehend einig, dass das derzeit im Fokus stehende Pflegeproblem schon seit Jahren besteht, von den Verantwortlichen jedoch weitgehend ignoriert wurde.
Frage 12:
Halten Sie, abseits von Einzelaspekten, die Covid-Schutzmaßnahmen im Krankenhaus für…
Gut 64% der Teilnehmer finden die Hygienemaßnahmen im Krankenhaus ziemlich übertrieben, weitere 10.3% für sinnlos und kontraproduktiv. 21,4% halten sie für weitgehend angebracht, unbedingt notwendig finden sie nur knapp 4% der Befragten.
Eine Auswahl aus den ergänzenden und individuellen Einschätzungen zu Frage 12:
„Die Regeln sind verwirrend und sinnlos. Keiner meiner Kollegen nimmt die mehr ernst.“
„Standard-Hygiene hochfahren wie Händedesinfektion, Flächendesinfektion und bei Symptomen zuhause bleiben. Minimaler Aufwand, maximaler Erfolg. Und ganz wichtig: lieber auf Aufklärung setzten als auf Panikmache, damit sind wir bis jetzt gut gefahren.“
„Hat man früher bei Grippe & Co auch nicht derart exzessiv betrieben – wir haben es überlebt, nun frisst es Unmengen an Kraft, Personal und Zeit, die anderweitig sinnvoller eingesetzt werden könnte.“
„9 Stunden FFP2-Maske tragen ist sicher nicht sinnvoll, wenn schnell kritische Situationen auftreten und der Geist schnell reagieren soll. Ich bin dafür, Schutzausrüstung bei Patienten zu tragen, die nachweislich einen Keim haben oder deutliche Symptome. So wie immer. FFP2 den ganzen Tag bei schwerer körperlicher Arbeit ist extrem belastend und widerspricht dem Arbeitsschutz. Kollegen die Symptome haben, können sich testen und bleiben zu Hause bis sie gesund sind. Alle anderen sollten so wie früher ungetestet arbeiten.“
„Wenn man weiß, was ansonsten noch an Viren in der Gegend herumfliegt, dürfte man eigentlich nie mehr ohne Maske arbeiten. Ich denke, etliche Kollegen werden dies auch nie wieder tun. Vor allem bei den jüngeren hat die mediale Panik seit Vogel-, Schweinegrippe, SARS etc. ihre Spuren hinterlassen. Mir ist sogar ein Fall bekannt, bei dem eine junge Kollegin ihren Beruf aus Angst ganz an den Nagel gehängt hat.“
„Tests bei jedem der das Haus betritt, Dokumentation und Maskenzwang werden langsam unerträglich.“
„Im Krankenhaus finde ich die Schutzmaßnahmen im Krankenhaus zwar nicht durchgehend einfach durchführbar, aber absolut sinnvoll. Es handelt sich einfach um eine leicht übertragbare Infektionskrankheit und werden, bzw. wurden Schutzmaßnahmen nicht strikt eingehalten und es zeigten sich (kleine) Infektionsausbrüche, war sämtlicher Aufwand wirklich immens. Seit Omikron absurd.“
„Ich kann nur über Maßnahmen in meinem Pflegeheim sagen: Man fordert immer mehr zusätzliche Listen/Meldungen, die ausgefüllt, unterzeichnet, im PC eingetragen und täglich/wöchentlich/monatlich abgegeben werden müssen. Hauptsache, das Papier stimmt!"
„Eindeutig übertrieben, ohne Augenmaß, ohne Abwägung, ohne Sinnhaftigkeit, ohne belegbaren Effekt. Das Ganze mutet wie ein Regentanz an, mit dem man versucht, die Götter zu besänftigen. Ein rationales Abwägen und die Bezugnahme auf den konkreten Menschen, der da vor einem sitzt, sich in der Behandlung befindet und in seiner Erkrankung hilflos den Entscheidungen anderer ausgeliefert ist, findet nicht statt. Es treffen zwei technokratische Spiralen aufeinander: Auf der einen Seite die Vorgabe, Betten zu belegen und Fälle zu generieren, auf der anderen Seite Hygienevorgaben, die panisch auf jeden COVID-Test schauen. Wieviel echte Therapie oder Behandlung dabei stattfindet oder ob diese darunter leidet, ist schlicht nicht relevant, es wird in keiner Form erfasst, weil nicht vergütbar.“
„Gesunde Menschen haben es nicht nötig, sich zu testen und Maske zu tragen. Sie können niemanden anstecken. Und auf der Covid-Station ist es unumgänglich, dass man mit dem Virus in Berührung kommt. Da hilft alles Vermummen nichts. Infektionsschutz muss sein, da auch eine Influenza oder andere noch existierende Infektionskrankheiten wie TBC etc. unter Umständen tödlich verlaufen kann. Auch Noro möchte man nicht haben. Jedoch müssen die Hygienemaßnahmen mit Augenmaß geschehen.“
„Ich bin bisher nicht geimpft und habe seit März 2020 mehrfach für mehrere Wochen auf der Corona-Station (NICHT Intensivstation!) gearbeitet (teilweise auch in sehr engem Kontakt mit erkrankten Patienten, z. B. Patienten bei der Körperpflege unter der Dusche unterstützt = Patient ohne Mund-Nase-Schutz im ,Aerosolwirbel‘ unter der Brause). Unser Krankenhaus hat sich immer sehr bemüht, uns Pflegekräften ausreichende Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, was zu Beginn der Covid-/ Corona-Situation eine echte Herausforderung war. In der gesamten Zeit wurde ich nicht positiv getestet, bin auch nicht erkrankt = bin dadurch für mich zu der Einschätzung gekommen, dass (besonders) die FFP2-Masken wohl einen guten Schutz bieten. Der Sinn mancher Schutzmaßnahmen erschließt sich mir nicht (z. B. die ,Einbahnstraßenregelung‘ = Zugang zum Krankenhaus durch einen Eingang, Ausgang nur durch eine andere Türe oder ,Rundwege‘ ohne ,Gegenverkehr‘ im kleinen Park des Krankenhauses). Tägliche Tests (wie sie für mich als nicht Geimpfte verpflichtend sind) und die schon erwähnten FFP2-Masken halte ich dagegen für sehr effektiv – ,kleiner Aufwand - große Wirkung‘. Ich würde die FFP2-Masken (im Dienst) auch in der ,Nach-Corona‘-Zeit weiterhin tragen, da ich seit März 2020 auch weder an Grippe noch Erkältung oder Noro erkrankt bin.“
„Ich finde es ein Unding, dass in vielen Krankenhäusern wieder Besuchsverbote herrschen bzw. eine 2G-Plus-Regel eingeführt wurde. Seine Angehörigen in ihren möglicherweise schwierigsten Lebensstunden nicht unterstützen zu dürfen, lässt sich meiner Meinung nach mit der Menschenwürde aus dem Grundgesetz nicht vereinbaren. Jeder weiß, dass soziale Einbindung etc. eine entscheidende Rolle für die Genesung spielen können. Außerdem geschieht so alles hinter verschlossenen Türen.“
Anmerkung von Dr. Gunter Frank:
Besuchsverbote werden für Demente und Langzeitlieger als sehr belastend beschrieben. Viele erleben den Ansteckungsschutz durch die Maßnahmen als effektiv und finden sie gut, andere finden sie in Teilen unsinnig. Deutlich wird auch hier, dass nur objektive Forschung herausfinden kann, welche Maßnahmen welche Vorteile, aber auch welche Nachteile bringen. Man hat stattdessen eher aktionistisch agiert.
Frage 13:
Jeder redet über Pflegekräftemangel. Was sind aus Ihrer Sicht die derzeitigen Gründe?

Fast 47% beklagen vor allem den zu knappen Personalschlüssel, der ihnen nur wenig Zeit für die Patienten lasse. Gut 24 Prozent nennen schlechte Arbeitsbedingungen, fast 12% fehlende Anerkennung. Für etwas weniger als 10% ist die schlechte Bezahlung der Hauptgrund, an die 8% empfinden es als besonders belastend, Pflegeheimbewohner einsam auf der Intensivstation sterben zu sehen.
Eine Auswahl aus den ergänzenden und individuellen Einschätzungen zu Frage 13:
„Die Arbeit ist körperlich und seelisch sehr anstrengend und stinkt, man hat viel Verantwortung, aber wenig Respekt, weder von Ärzten noch von Patienten oder Angehörigen, und das Schichtsystem führt zu ständiger Müdigkeit und kaum Freizeit.“
„Patienten haben oft einen hohen Redebedarf und das läuft alles nur nebenbei. Immer sitzt einem die Zeit im Nacken. Keine Zeit für heilsame Gespräche, um Ängste zu nehmen oder zu beruhigen. Eigentlich macht man mehr Dokumentation, als dass man am Patienten hantiert. Und für ne echte Pflegeplanung, wie man es mal gelernt hat, ist auch keine Zeit.“
„Die Pflegepersonaluntergrenze (PPU) wird bei uns (absichtlich und von oben angeordnet) nicht eingehalten. Es werden Leben künstlich verlängert, die noch vor 20 Jahren sterben durften: Es gibt dadurch immer mehr Menschen im MCS (Minimalem Bewusstseinsstadium, ähnlich Wachkoma) Es klingt human, diese Leben zu erhalten, im Pflegeprozess empfinde ich es als zynisch. Die Meinungen der Kollegen gehen da weit auseinander.“
„Eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Bereits vor der Pandemie war beispielsweise unsere Intensivstation nur schlecht besetzt und ein großer Teil der Pflegekräfte kündigte und wurde durch neue Mitarbeiter ersetzt. Diese Situation hat sich so dramatisch zugespitzt, dass letztendlich 25% unserer Intensivkapazitäten seit Herbst 2021 gesperrt wurden, da es keine Pflegekräfte gab und gibt, die zusätzliche Patienten betreuen können. Beispielsweise ist selbst in den Früh- und Spätdiensten eine einzige Pflegekraft allein für 2 isolierte, beatmete COVID-Patienten mit ECMO zuständig. Da das Vorhandensein von Intensivkapazitäten sehr stark verknüpft ist mit finanziellen Gewinnen, können Sie erahnen wie drastisch eine solche Personalsituation eskalieren muss, damit Geschäftsleitungen und ärztliche Direktoren zu dem Entschluss kommen, tatsächlich Betten zu sperren. Die meisten dieser Mitarbeiter, die gekündigt haben taten dies aufgrund der hohen Belastung im Verhältnis zur Bezahlung. Entweder wechselten diese in Häuser bzw. auf (Intensiv)Stationen mit besserer Besetzung oder auch in die Zeitarbeit mit wesentlich besserer Bezahlung und meist auch besseren Arbeitsbedingungen.“
„Schlechte Arbeitsbedingungen resultieren vor allem aus einem Mangel an Personal. Alles ist dem untergeordnet. So führt ein Mangel an Personal zur Überlastung, weil mehr Patienten pro Pflegekraft versorgt werden müssen, Schwerstpflegebedürftige werden alleine positioniert, Pausen können nicht stattfinden, Anordnungen nicht ausgeführt werden, die Kommunikation verschlechtert sich, Anordnungen, Auffälligkeiten usw. werden vergessen o. nicht weitergeleitet. Personal von Leasingfirmen kennen Stationen und Haus sowie deren Abläufe nicht, können aber nicht eingearbeitet werden, sind mangelhaft qualifiziert oder kommen einfach nicht zum Dienst. Wichtige Dokumentationen können nicht vorgenommen werden. Weniger wichtige Arbeiten werden aufgeschoben, notwendige Bestellungen für Material/ Medikamente gehen unter, sodass dieses letztlich fehlt und zu weiteren Verzögerungen und Mehraufwand führt. Pat. müssen z.T. lange Zeit warten, wenn sie klingeln, werden zu spät gefunden, wenn sie stürzen. Das erschöpft und frustriert.“
„Alle Punkte treffen zu, wirklich alle!"
Anmerkung von Dr. Gunter Frank:
Die Ergänzungen sprechen eine eindeutige Sprache. Hätte man das Geld für die unsinnigen Schutzmaßnahmen außerhalb der Krankenhäuser gespart und sie stattdessen für die Pflege eingesetzt, wäre man schon einen Schritt weiter. Auch die Auswirkungen der Privatisierung von Krankenhäusern müssen auf den Prüfstand, Stichworte Personalschlüssel und Dokumentationswahnsinn.
Frage 14:
Obwohl die Intensivbelegung gleich blieb, sank während der Coronakrise die Zahl der freien Intensivbetten, in der offiziellen DIVI-Statistik verschwanden seit Beginn der Corona-Pandemie über 5.000 Intensivbetten. Was sind die Gründe?

Jeder zweite Befragte gibt an, dass Intensivbetten geschlossen werden mussten, weil das nötige Personal dafür fehlte. Fast 40% halten die Angaben der Krankenhäuser aufgrund verschiedener Anreizsysteme für wirklichkeitsverzerrend. Nur wenige können aus ihrer Erfahrung berichten, dass alles korrekt ablief.
Eine Auswahl aus den ergänzenden und individuellen Einschätzungen zu Frage 14:
„Ich vermute, dass unsere Klinik kein Einzelfall ist. Bei uns werden schon seit Jahren Intensivbetten gesperrt, weil kein Personal da ist. Täglich wird an die Geschäftsführung gemeldet, wie viele Betten betrieben werden können.“
„Haben in 2020 ITS-Betten "tlw. Basic" geschaffen (provisorisch umgewandelt) die es tlw. kurze Zeit später nicht mehr gab.“
„Schon vor der Corona-Pandemie waren im Schnitt 15 bis 20 Prozent der Intensivbetten gesperrt.“
„Ich weiß von einem stellvertretenden Klinikdirektor einer großen Uniklinik, dass explizit a) Betten ausgewiesen wurden, die nicht ,fahrbar‘ waren (also kein Personal zum Betrieb vorhanden war) und b) explizit Betten freigehalten und Operationen verschoben wurden, weil die finanziellen Fehlanreize durch den irren Bankkaufmann Spahn die Controller in den lead gebracht haben. Es sind also nicht die aktuell niedrigeren Bettenzahlen ,falsch‘, sondern die falsch hohen aus 2020!“
„Die Meldung oder Nichtmeldung von Betten war und ist ein Skandal. Tatsächlich wurde der Personalschlüssel geändert, es gab Anreize zur Schaffung von Betten, Freihaltepauschalen, Anreize zur Schließung von Betten, es wurde nur noch bezahlt, wenn die Auslastung 75 % betrug etc. – eine Reihe von Fehlallokationen, trefflich von der Politik missbraucht.“
„Auf meiner Station lief alles korrekt. Allerdings mussten wir viel auf anderen ITS aushelfen, weil dort Personal fehlte. Dort wurden dann auch Betten gesperrt.“
„Kleines Beispiel aus der Praxis in meinem Haus. Interdisziplinäre Intensivstation im Schwerpunktversorger: Von 12 HighCare-Betten können nur 8-10 pflegerisch versorgt werden. Als verfügbar werden anfänglich alle gemeldet. Weitere 8 LowCare-Betten sind Materialtechnisch verfügbar, wurden allerdings seit Fertigstellung 2017 aufgrund des Personalmangels nicht in Betrieb genommen.“
„Bei uns wurden zu Beginn der ,Pandemie‘ 4-6 Intensivbetten mehr gemeldet. Ein alter Kreissaal und Aufwachraum wurden ,aufgerüstet‘. Für diese Betten gab es nie Personal, geschweige denn genug Gerätschaften und Material. Die gemeldete Bettenzahl schwankte sehr.“
„In der ersten Welle wurden die AWR in Intensivbetten umgewandelt, nur leider hätte es hier nie Personal gegeben, für die Betreuung von Patienten. Diese Betten wurden dann in der zweiten auf 1/3 reduziert und ab der dritten Welle gab es diese Betten nicht mehr. In der vierten Welle wurden zwei Betten auf unserer ITS gesperrt und wurden bis heute nicht mehr geöffnet. Es fehlt das Personal!“
„Erst finanzielle Anreize für freigehaltene Betten, dann finanzielle Unterstützung für hohe Auslastungen. Die Story ist bekannt.“
„Sowohl von der Uni, als auch von unserem Haus weiß ich, dass anfangs deutlich mehr Betten gemeldet wurden. Bei der Uni waren das während der ersten Welle sogar 60 Betten mehr, die nie benutzt wurden oder existierten. Seit einiger Zeit werden bei uns immer wieder Betten gesperrt aufgrund von Personalmangel.“
Anmerkung von Dr. Gunter Frank:
Die Ergänzungen deuten an, dass bei der Frage von freien Betten die jeweiligen Anreizsysteme den Takt vorgeben und so gar keine realistischen Zahlen in die Statistik einfließen. Das Hauptproblem der Intensivbelegung sind auch nicht fehlende Intensivbetten, sondern auch hier wieder das fehlende Personal.
Frage 15:
Trotz historischer Unterbelegung im Jahr 2020 zeichnen die Krankenhäuser gute Bilanzen, auch weil sie 15 Milliarden Euro an Ausgleichszahlungen erhalten haben, davon 600 Millionen allein zum Ausbau von Intensivkapazitäten. Ist davon etwas bei Ihnen in der Pflege angekommen?

Fast 89% vermuten, dass die enormen Summen woanders hinflossen, sie selbst bekamen nichts. Nur wenige der Befragten gaben an, eine spürbare und angemessene Bonuszahlung erhalten zu haben.
Eine Auswahl aus den ergänzenden und individuellen Einschätzungen zu Frage 14:
„Es gab eine Bonuszahlung von, ich glaube, 1.000 € Anfang 2021. Das wars."
„1 Bonuszahlung, ansonsten keine Vergünstigung oder Fortbildung. Im Gegenteil, alle Fortbildungen sind ersatzlos gestrichen seit Pandemiebeginn.“
„Als die ersten Bonuszahlungen in der Industrie verteilt worden sind, habe ich eine Porzellantasse mit dem Schriftzug ,Danke‘ in ca. 20 verschiedenen Sprachen erhalten und 3 Tüten Gummibärchen. Ungefähr 1 Jahr später habe ich dann doch mal eine einmalige Bonuszahlung von 600 € erhalten.“
„Meine Prämie (400 €) musste noch versteuert werden.“
„Das sogenannte ,Patienten Controlling‘ hat schwer zugelegt und auch sonst sieht man verstärkt Leute in Zivil mit Namensschildern. Keiner weiß, was deren Aufgaben sind.“
„Unsere Klinik hat 3 Mio. Euro Gewinn gemacht, bei einer Auslastung von teilweise unter 40 Prozent.“
„In ,unserem‘ kam für die Pflegekräfte nix an.“
„Es gab im Januar 2021 eine Bonuszahlung für ALLE Beschäftigten. Das fand ich toll. Jeder hat seinen Beitrag geleistet.“
„Es gab 500 € Bonus für Kollegen, die sich impfen ließen und anteilig am Beschäftigungsumpfang 2x Bonuszahlungen in den vergangenen Jahren.“
„In diesem Klinikverbund bekam das Pflegepersonal nur einen Bonus, wenn sie wirklich mit Corona-Patienten zu tun hatten, alle anderen bekamen nichts.“
„In der Altenpflege 1.500 steuerfrei.“
„Für Vollzeitkräfte 300 Euro Coronaprämie, für Teilzeit entsprechend weniger. Viele Zeitarbeitskräfte wurden eingestellt.“
„Es gab gezahlte Pflegeboni, diese wurden aber versteuert, sodass am Ende kaum etwas übrig blieb. Viele Pflegekräfte aus anderen Abteilungen, welche genauso gute Arbeit leisten, aber nicht direkt mit COVID-Patienten arbeiten, haben von diesem Geld bis heute nichts gesehen.“
„Ich bekam einmal eine Bonuszahlung von 300 Euro, die noch zu versteuern war. Ach ja, und zum Nikolaus gab es Schokolade vom Discounter.“
Anmerkung von Dr. Gunter Frank:
Die Krankenhaus-Ausgleichszahlungen scheinen im Pflegebereich kaum angekommen zu sein. Wenn sich der Staat diese kleinen Boni dann noch in Form von Steuern zurückholt, wird es zusätzlich absurd. Große Anstrengungen, den Pflegemangel durch Maßnahmen wie Wiedereinstiegsprämien zu lindern, sind anscheinend nicht vorgekommen.
Lesen Sie Montag Teil 4 der vierteiligen Umfrage-Auswertung.
Teil 1 finden Sie hier.
Teil 2 finden Sie hier.