Ulrike Stockmann / 21.12.2020 / 10:00 / 25 / Seite ausdrucken

„Absonderung in Quarantäne“

Der Staat versteht in Sachen Corona keinen Spaß, schon gar nicht, wenn es um die Einhaltung der verordneten Maßnahmen beziehungsweise der Quarantäne geht. Sätze, die sich in einer sogenannten „Anordnung der Absonderung in sog. häuslicher Quarantäne“ finden, sind oft – gelinde gesagt – sehr markig und scheinen zu suggerieren: Widerstand zwecklos. Gerade wenn es sich bei der in Quarantäne beorderten Person um ein Kind handelt, muten einige Formulierungen geradezu grotesk an.

Von Gesundheitsbehörde zu Gesundheitsbehörde gibt es bundesweit jedoch bedeutende Unterschiede, was den Härtegrad der öffentlichen Schreiben anbelangt.

So wurde uns ein Schreiben überliefert, in welchem das Bundesland Nordrhein-Westfalen Eltern in unmissverständlicher Weise über die sie und ihre beiden Kinder betreffenden Absonderungs-Regeln informierte. Der Vater war positiv auf Corona getestet worden. Die Mutter und die beiden Kinder begaben sich nach Bekanntwerden freiwillig in Quarantäne und ließen sich zwei Tage später testen – alle drei mit negativem Testergebnis. Trotzdem erhielten sie vom Gesundheitsamt ein Schreiben mit der Aufforderung, sich für 14 Tage in Quarantäne zu begeben. Diese Forderung erhält jeder, der Kontakt zu einer Corona positiven Person hatte, Testergebnisse spielen hierbei keine Rolle.

„Ihr Kind unterliegt der Beobachtung durch das Gesundheitsamt“

Jede Person des Hausstandes bekam ein personalisiertes Schreiben. Die Quarantäne-Bescheide für die Kinder waren an die Eltern adressiert:

„Ihr Kind *** hatte Kontakt zu einer mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) infizierten Person. Aufgrund des Infektionsrisikos gilt Ihr Kind als Kontaktperson und muss für die 14 Tage nach letztem Kontakt eine Quarantäne einhalten.“

Das Amt gibt immerhin zu:

„Es ist eine besonders schwierige Situation(,) in der Sie sich als Eltern befinden. Sollten Sie Fragen haben, rufen Sie bitte das Gesundheitsamt des Kreises *** unter *** an.“

Dann folgen die Anweisungen:

„Die Einzelheiten hierzu regelt der nachfolgende Bescheid:

Ihrem Kind gegenüber wird eine Absonderung vom 18.11.2020 bis einschließlich zum 28.11.2020 in sog. häuslicher Quarantäne angeordnet. Es ist in dieser Zeit untersagt, die Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamtes zu verlassen. Ferner ist es Ihrem Kind in dieser Zeit untersagt, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht dem Haushalt angehören.

Für die Zeit der Absonderung unterliegt Ihr Kind der Beobachtung durch das Gesundheitsamt gemäß § 29 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Danach haben Sie Untersuchungen und Entnahmen von Untersuchungsmaterial durch die Beauftragten des Gesundheitsamtes an Ihrem Kind vornehmen zu lassen, insbesondere erforderliche äußerliche Untersuchungen, Abstriche von Haut und Schleimhäuten, Blutentnahmen und Röntgenuntersuchungen, sowie das erforderliche Untersuchungsmaterial auf Verlangen bereitzustellen. Anordnungen des Gesundheitsamtes haben Sie Folge zu leisten. Ferner sind Sie verpflichtet, den Beauftragten des Gesundheitsamtes zum Zwecke der Befragung oder der Untersuchung den Zutritt zu Ihrer Wohnung zu gestatten und auf Verlangen ihnen über alle die Ihres Kindes Gesundheitszustands betreffenden Umstände Auskunft zu geben.

Bis zum Ende der Absonderung müssen Sie:

- zweimal täglich die Körpertemperatur Ihres Kindes messen

- täglich ein Tagebuch zu Symptomen, Körpertemperatur, allgemeinen Aktivitäten und Kontakten zu weiteren Personen führen (für die zurückliegenden Tage bitte soweit Sie sich erinnern)

(…)

Das Gesundheitsamt wird sich bei Ihnen melden und sich über die häusliche Quarantäne sowie über den Gesundheitszustand Ihres Kindes erkundigen.“

Evidenz scheint jedenfalls ausgedient zu haben

Sehr interessant liest sich auch der folgende Auszug aus dem Abschnitt „Rechtliche Würdigung“:

„Gemäß §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann bei Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern angeordnet werden, dass sie in geeigneter Weise abgesondert werden, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung der übertragbaren Krankheit notwendig ist.

Aufgrund des Kontakts Ihres Kindes zu der mit SARS-CoV-2 infizierten Person ist Ihr Kind als ansteckungsverdächtig anzusehen. Ansteckungsverdächtig ist gemäß § 2 Nr. 7 IfSG eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, auch krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern ist anzunehmen, wenn die betroffene Person mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt dabei kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab.“

Offensichtlich ist die Behörde der Meinung, dass wo gehobelt wird, eben Späne fallen, und man Kollateralschäden in Kauf nehmen muss. Evidenz scheint jedenfalls ausgedient zu haben:

„Aufgrund der besonderen Gefahr, die von dem neuartigen Erreger aufgrund seiner recht hohen Übertragbarkeit und der häufig schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufe für die öffentliche Gesundheit in Deutschland und weltweit ausgeht, sind an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung eher geringe Anforderungen zu stellen, sodass hier das Übertragungsrisiko aufgrund der Nähe zu der infizierten Person ausreicht.“ (Hervorhebung durch die Verfasserin)

Immerhin kann man dagegen klagen

Gerade der letzte Absatz macht einen mehr als laxen Eindruck. Es erscheint sehr befremdlich, dass die Begründung für die Verordnung einer Quarantäne – die ja einen starken Einschnitt der persönlichen Freiheit darstellt – sich als derartig dehnbar und ungenau herausstellt.

Das betreffende Gesundheitsamt selbst scheint sich seiner Sache ebenfalls nicht so sicher zu sein, wie es zunächst vorgibt.

Denn das Schreiben beinhaltet außerdem einen Absatz zur „Rechtsbehelfsbelehrung“, in dem darüber aufgeklärt wird, dass man gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe klagen kann.

Haben Sie ein ähnliches Schreiben erhalten, in welchem Sie beziehungsweise Angehörige aufgefordert werden, Corona- oder Quarantäne-Maßnahmen zu befolgen? Wir freuen uns über eine Weiterleitung an blog@achgut.com. Mit Ihrer Erlaubnis veröffentlichen wir Auszüge derartiger Dokumente gegebenenfalls. Sie werden selbstverständlich anonymisiert.

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Heiko Stadler / 21.12.2020

Das Schreiben des Gesundheitsamtes dürfte aus juristischer Sicht null und nichtig sein, da es als Grundage eine falsche Behauptung enthält, nämlich das “neuartige” SARS-COV-2-Virus. In älteren Blutkonserven können Antikörper festgestellt werden, die beweisen, dass das Virus keineswegs neuartig ist. Zusammen mit dem Fehlen der Salvatorischen Klausel ist das Schreiben somit juristisch wertlos. Die Frage ist nur, ob die Justiz als letzte unabhängige Instanz noch irgend einen einen Einfluss hat oder ob die Diktatur mittlerweile vollendet ist.

Wolfgang Kaufmann / 21.12.2020

Für jede Quarantäne-Entscheidung ist der Leiter des betreffenden Gesundheitsamts verantwortlich. Grundlage für die Maßnahme ist das Infektionsschutzgesetz, das einen vermehrungsfähigen Erreger voraussetzt. Kann er das nicht beweisen, missbraucht er sein Amt. – Angebliche Befehlsempfänger kommen auch nach 60 Jahren noch für ihre Verbrechen ins Gefängnis. Und mittlerweile ist das Völkerrecht bei Verbrechen gegen die Menschenrechte bedeutend weiter als damals. – Ist dies der Grund, dass die Kanzlerin zwar moralischen Druck ausübt, aber die Entscheidungen von einem in der Verfassung nicht vorgesehenen Rat absegnen lässt, so dass man ihr nicht an den Karren fahren kann? Doch der Jubel der Massen ist keine sichere Bank, sobald die Panikblase einmal platzt.

Lars Bäcker / 21.12.2020

Wenn man sich ansieht, wieviele Klagen gegen solche und ähnliche Maßnahmen erfolgreich verlaufen, fragt man sich schon, was sich Behörden dabei denken, solche Pamphlete in Gestalt von Verwaltungsakten unters Volk zu bringen. Die Antwort ist einfach: Einschüchterung. Das Regieren der Politik durch Einflößen von Angst, wird bis in die kleinsten Verwaltungseinheiten weitergeleitet. Leider lassen sich die meisten von solchen Bescheiden einschüchtern. Und wo kein Kläger, da bekanntlich auch kein Richter.

Karl Eduard / 21.12.2020

Nur kein Neid, Frau Stockmann, endlich haben wir eine Situation, in der auch der kleinste Staatsangestellte seine Allmachtsphantasien ausleben kann. Und endlich kann mal durchgegriffen werden, wenn man sich sonst schon nicht traut. Schauen Sie doch mal auf die Polizei, die darf jetzt zeigen, was sie gelernt hat, wo sie sonst immer so gezügelt wird. Herr Reitschuster, zum Beispiel, war einige Male zu aufmüpfig auf der Bundespressekonferenz, jetzt hat ihm die Polizei gezeigt, wo der Schlagstock hängt. Und das ist noch nicht das Ende.

Sabine Heinrich / 21.12.2020

Wieso muss ich jetzt gerade an unsere an Tollwut erkrankte Katze denken, die vor 60 Jahren auch “abgesondert” werden musste?

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