Vera Lengsfeld / 19.10.2018 / 10:00 / 15 / Seite ausdrucken

Abschied mit Nachtreten

Es gibt Veranstaltungen, die man in der Berichterstattung nicht wiedererkennt, obwohl man daran teilgenommen hat. So geht es mir mit der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des Fördervereins der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Grund dafür war eine Kampagne gegen den Förderverein wegen angeblicher Unterwanderung durch die AfD, losgetreten vom ehemaligen Vorstandsmitglied Stephan Hilsberg. Hilsberg hatte sich seinerzeit gegen die Aufnahme von AfD-Politiker Georg Padzerski als Fördermitglied ausgesprochen. Padzerski wurde trotzdem aufgenommen, übrigens mit der Stimme des Journalisten Gerald Praschl, der nun gemeinsam mit Hilsberg und den Grünen Lukas Beckmann und Wolfgang Wieland den Förderverein verlassen hat, weil er nicht zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Die Begründung der Vier zu ihrem Austritt beruht auf einer falschen Darstellung des Versammlungsablaufs. So war im Tagesspiegel zu lesen:

„Die vier nun ausgetretenen Mitglieder kritisieren, ein von Kürschner unterstützter neuer Vorstand und die Mehrheit der Mitglieder distanziere sich nicht von der AfD. Praschl erklärte, das sei 'ein nicht mit dem antitotalitären Konsens vereinbarer Kuschelkurs mit einer ganz offensichtlichen Mehrheit von AfD-Verstehern, AfD-Sympathisanten und wahrscheinlich auch manchem AfD-Mitglied' im Verein.“

Dabei hatten besonders Hilsberg und Praschl in der Diskussion selbst mehrfach betont, es ginge ihnen nicht um die AfD-Mitgliedschaft an sich. Auch ein AfD-Mitglied könne, wenn es sich zum antitotalitären Konsens bekenne, dem Verein beitreten. Es sei aber problematisch, wenn man, wie der frühere Vorsitzende Jörg Kürschner, Sympathien für die AfD zeige und in politisch nicht korrekten Zeitungen, wie die „Junge Freiheit“ publiziere. In der Austrittsbegründung ist nun von einer „Mehrheit von AfD-Verstehern“ die Rede, was denunziatorisch ist. Der neue Vorstand sei praktisch vom alten Vorsitzenden bestimmt worden.

Gebeten, sich für den neuen Vorstand zur Verfügung zu stellen

Tatsache ist, dass sowohl Wolfgang Wieland, als auch Lukas Beckmann gebeten wurden, sich für den neuen Vorstand zur Verfügung zu stellen, was beide rundheraus abgelehnt haben. Dass dann Andere gewählt wurden, liegt an der Blockadehaltung der beiden. Hinterher dann die Zusammensetzung zu kritisieren, ist unredlich.

Die Versammlung wollte einfach einen Vorstand, in dem keiner der Protagonisten der vergangenen Streitereien vertreten ist. Werder Stephan Hilsberg noch Gerald Praschl wurde eine neutrale Vereinsführung zugetraut. Die Versammlung hatte recht, wie der spektakuläre Austritt beweist, der zudem noch das Ziel hatte, den neu gewählten Vorstand von vornherein zu diskreditieren.

Dabei ist der neue Vorsitzende Andreas Borsch, der die Buchhandlung in der Gedenkstätte führt und seit Jahren wertvolle Unterstützerarbeit geleistet hat, völlig unverdächtig, parteipolitische Sympathien zu pflegen. Es ist, gelinde gesagt, unfair, den neuen Vorsitzenden zu diskreditieren, ohne ihm die geringste Chance für einen Neuanfang zu geben. 

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Test 45: 51582

Helge-Rainer Decke / 19.10.2018

Ach, sehr geehrte Frau Lengsfeld, obwohl ich fast nie Ihre Meinung teile, ohne Sie könnte ich mich aber auch nicht genüsslich an Ihren Festzustellen und Bemerkungen reiben. Als Bub liebte und hasste ich das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“. Deshalb spielte ich es. Gemäß dem Spruch Bert Brechts: „Mensch, es wohnen dir zwei Seelen in der Brust.Such nicht eine auszuwählen,da du beide haben musst.Bleibe stehts mit dir im Streite.Such die eine stehts entzweite.Such die Hohe. Such die Niedere.Suche sie Beide.

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