Vorsicht: Dies ist ein radikales Pamphlet! Geschrieben von einem Juristen, der von allen guten Geistern verlassen scheint. Eine Wutrede („Was lange gärt, wird endlich Wut“). Mitnichten getreu der sine-ira-et-studio-Maxime von Tacitus, sondern eher nach dem Vorbild seines heutigen Landsmannes Trapattoni. Denn ich habe eine Mordswut im Bauch (oder wo auch immer).
Jeder, der Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ liest oder sieht, tippt sich an die Stirn und murmelt: „Der tickt ja nicht mehr richtig, dieser Biedermann. So blöd kann man doch nicht sein!“ Doch, man kann, wie schon Bertolt Brecht in „Exil III“ festgestellt hat:
„Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen
Und schrien sich zu ihre Erfahrungen
Wie man schneller sägen konnte, und fuhren
Mit Krachen in die Tiefe, und die ihnen zusahen
Schüttelten die Köpfe beim Sägen und
Sägten weiter.“
Gibt es so viel Dämlichkeit tatsächlich? Ja, es gibt sie. Leider nicht nur in diesem Brecht-Gedicht, sondern in unserer gegenwärtigen Realität.
Was muss eigentlich passieren, damit etwas passiert?
Da trifft das Oberverwaltungsgericht Koblenz am 14. Februar 2017 (Aktenzeichen: 13 UF 32/17, Randnr. 58:) die geradezu erschreckende Feststellung (kursiv von mir):
„Zwar hat sich der Betroffene durch seine unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG strafbar gemacht. Denn er kann sich weder auf § 15 Abs. 4 Satz 2 AufenthG noch auf § 95 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 GFK berufen. Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.“
Reaktion: keine. Mittlerweile sind aus den eineinhalb Jahren dreieinhalb geworden. Wer möchte da dem tschechischen Präsidenten Miloš Zeman widersprechen, der gesagt hat: „Falls Sie in einem Land leben, in dem Sie für das Fischen ohne Angelschein bestraft werden, jedoch nicht für illegalen Grenzübertritt ohne gültigen Reisepass, dann haben Sie das volle Recht zu sagen, dieses Land wird von Idioten regiert.“
Staatskrise? Regierungskrise? Keine Krise?
Schon ein Jahr zuvor war der frühere Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo di Fabio in einem Rechtsgutachten für den Freistaat Bayern vom 8. Januar 2016 zu dem gleichen Ergebnis gekommen wie das OVG Koblenz (Seite 98):
„Eine effektive Strafverfolgung der Einreisekriminalität findet de facto nicht mehr statt.“
Reaktion: keine.
An anderer Stelle seines Gutachtens (Seite 82) hatte di Fabio festgestellt (kursiv von mir):
„Doch um eine Feststellung kommt man auch beim besten Willen, pauschale Verantwortungszuweisungen zu vermeiden, nicht herum: Das geltende europäische Recht nach Schengen, Dublin und Eurodac wird in nahezu systematischer Weise nicht mehr beachtet, die einschlägigen Rechtsvorschriften weisen ein erhebliches Vollzugsdefizit auf.“
Reaktion: auch hier keine. Außer dass die Bundeskanzlerin bei einem Besuch „in Spanien eine Wahrheit entdeckte, die man im Berliner Kanzleramt lange nicht gefunden hatte“, wie die FAZ vom 18. August 2018 anmerkte. „Merkel bezeichnete die derzeitigen europäischen Asylregeln als ‚nicht funktionsfähig‘. Das sogenannte Dublin-System sieht vor, dass in der Regel jener Staat für einen Flüchtling zuständig ist, in dem er zuerst den Boden der EU betritt. ‚Nach der Theorie‘ dürfe deshalb nie ein Flüchtling in Deutschland ankommen, so die deutsche Regierungschefin. Das entspreche aber ‚nicht der Realität‘. Mit anderen Worten: Das europäische Asylrecht wird seit Jahren unzureichend durchgesetzt, offiziell bestätigt von der Kanzlerin. Man reibt sich die Augen.“
Da hilft es auch nichts, wenn der Journalist und Buchautor Alexander Kissler spottet: „Merkelsätze sind Sätze, die man vergessen hat, ehe sie vollendet sind, und Vollendung erwartet man vergeblich.“
Woher nehmen wir in dieser Situation eigentlich die Chuzpe, anderen Länder, wie zum Beispiel Polen oder Ungarn, vorzuwerfen, sie würden den Rechtsstaat untergraben?
Also wenn das keine Staatskrise oder wenigstens Regierungskrise ist – was ist es dann? Oder ist diese Sicht vielleicht zu akademisch? Muss es erst Tote geben? Bitte sehr, auch daran mangelt es nicht.
Erinnern wir uns an die Rote Armee Fraktion, anfangs als Baader-Meinhof-Bande bezeichnet, die von 1970 bis zu ihrer Selbstauflösung 1998 34 Morde beging, wobei Zielpersonen vornehmlich Führungskräfte aus Politik (Rohwedder) und Wirtschaft (Herrhausen, Ponto, Schleyer) sowie Justiz (Buback) und Verwaltung (von Braunmühl). Andere Opfer ihrer Terrorattacken wurden, entweder als Repräsentanten des „Schweinesystems“ (Polizisten, Soldaten) oder als unvermeidlicher „Kollateralschaden“ (collateral damage) angesehen (Fahrer), ein Begriff, der in den Jugoslawienkriegen ins allgemeine Bewusstsein rückte und Unwort des Jahres 1999 wurde. Was diese Terrororganisation in 28 Jahren an Opfern hinterließ (die Namen aller 34 Opfer findet man hier), ist heute schnell das Ergebnis eines einzigen „islamistischen“ Terroranschlags. Gleichwohl haben die Verbrechen der RAF die Bundesrepublik an den Rand einer Staatskrise geführt („Deutscher Herbst“ 1977), während der muslimische Terror zu wenig mehr als zu diesen ritualisierten Reaktionen der „politischen Klasse“ führt:
- Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen,
- Verurteilung des „feigen“ Anschlags,
- Bekundung von Erschütterung und Fassungslosigkeit,
- Betonung, dass die Tat nichts mit dem Islam zu tun hat,
- dass sie nicht politisch „instrumentalisiert“ werden dürfe
- und dass sie uns nicht von unserer freiheitlichen Lebensweise abbringen könne (was längst geschehen ist).
- Schließlich der obligate Satz: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht (obwohl das noch nie jemand behauptet oder gar gefordert hat).
- Und natürlich wird die Täter die „ganze Härte unseres Rechtsstaats“ treffen, die sich dann nicht selten in der Einstellung des Verfahrens oder einer lächerlichen Bewährungsstrafe manifestiert.
Der schon erwähnte Alexander Kissler spricht treffend von einem „Kokon aus routinierter Rhetorik und ritualisierter Betroffenheit“.
Gewöhnung an die Ehrenmorde
Verglichen mit anderen Staaten ist Deutschland bei islamischen Anschlägen bisher relativ glimpflich davon gekommen. Bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 tötete der muslimische Terrorist Anis Amri zwar zwölf Menschen. Aber diese Tat steht (bisher) ziemlich einzig da. Doch kann das ein Grund für die Untätigkeit der politisch Verantwortlichen sein? „Seit 2015 sind in der EU etwa 40 schwere islamistische Anschläge verübt worden. Dabei wurden mehr als 350 Menschen getötet“, meldete die Tagesschau am 12. Dezember 2018. Außerdem können uns selbst Mumbai/2008 (174 Tote) oder Colombo/2019 (253 Tote) nicht unberührt lassen, von Tunis/2015 (24 Tote), Kairo/2016 (28 Tote) oder Istanbul/2016 (12 Tote) ganz zu schweigen. Eine „Übersicht ausgewählter islamistisch-terroristischer Anschläge“ von 1993 bis 2018 finden Sie hier.
Im Übrigen darf uns der islamische Terror nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies keineswegs die einzige Erscheinungsform religiös oder kulturell begründeter Kriminalität von Muslimen ist. An die sogenannten Ehrenmorde haben wir uns beinahe so gewöhnt, dass sie kaum noch Aufsehen erregen. Zumal der (2014 verstorbene) Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, in einem Spiegel-Online-Interview (vom 13. Mai 2009) räsonierte: „Ich finde, bei einer derartigen Tat müssen auch der soziale Kontext und die Sozialisation des Täters bedacht werden.“ Der Versuch, auf ähnliche Weise die sexuellen Übergriffe auf Frauen und Mädchen zu verharmlosen, die Gruppen junger Männer vornehmlich aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum in der Silvesternacht 2015/16 vor dem Kölner Hauptbahnhof verübten, blieb glücklicherweise erfolglos. Allerdings führten die über 1.000 Strafanzeigen nur in wenigen Fällen zu Verurteilungen, wobei die verhängten Strafen den Verurteilten nur ein müdes Lächeln abgenötigt haben dürften (s.o. „Härte des Rechtsstaats“). Mittlerweile sollten auch die letzten Hinterbänkler kapiert haben, dass das Frauenbild vieler muslimischer Männer keineswegs mit dem unseres Grundgesetzes und unseren westlichen Vorstellungen vereinbar ist, was für die Betroffenen jedoch mit keinerlei negativen Konsequenzen verbunden ist, bis sich dieses mittelalterliche Frauenbild in einer furchtbaren Tat entlädt. Auch der sonst aus weit geringeren Anlässen allfällige Shitstorm bleibt regelmäßig aus.
Und was seit langem jedem halbwegs Informierten klar war, scheint jetzt auch dem politischen Establishment aufgegangen zu sein: die sogenannte Clankriminalität in bestimmten deutschen Großstädten. So lautete eine Meldung der FAZ vom 13. Januar 2019: „Mit über tausend Beamten führte die Polizei in Nordrhein-Westfalen die größte Razzia gegen Clan-Kriminalität in der NRW-Geschichte durch. Vor allem Wettbüros, Cafés, Teestuben und Shisha-Bars waren ein erklärtes Ziel der Behörden.“ Es dürfte allerdings ein „ungleicher Kampf“ sein, wie die „Welt“ vom 5. März 2018 richtig erkannt hat. Die Parallelgesellschaften haben sich angesichts der jahrzehntelangen Faktenresistenz der politisch Verantwortlichen – die Kanzlerin allen voran – derart verfestigt, dass es ähnlich aussichtlos erscheint, die Strukturen aufzubrechen wie bei der Mafia. Hinzu kommt, dass der Stellenabbau bei der Polizei diese nicht nur „im Kampf gegen den Terror“ schwächt, wie die „Welt“ vom 16. Januar 2015 meint, sondern gerade auch bei der Bekämpfung der Clankriminalität.
RAF hoch X
Die fehlende Entschlossenheit der politischen Eliten, ihre ganze Kraft „dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen“, so wie es der Amtseid des Bundeskanzlers und der Bundesminister verlangt, findet ihre Entsprechung in der jahrzehntelangen Weichspülung unserer Rechtsordnung. So konnte der Imam von Izmir schon 1999, laut Necla Kelek (Die fremde Braut, Seite 220), feststellen: „Dank eurer Gesetze werden wir euch beherrschen.“ Laut „Welt“ vom 6. Oktober 2001 ist diese Äußerung gegenüber christlichen Teilnehmern eines Dialogtreffens in Rom gefallen: „Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen.“
In seiner wechselvollen Geschichte haben sich die europäischen Staaten mehrfach erfolgreich gegen die Eroberung durch „die Türken“, sprich den Islam gewehrt. In meinem Buch „Dichtung und Wahrheit: Die Geschichte des ‚Muslim-Tests‘ in Baden-Württemberg“ habe ich das 2006 knapp so beschrieben (Seite 160):
„Mehrmals stand ‚der Islam‘ schon vor den Toren Europas und versuchte mit militärischen Mitteln, sich Zutritt zu verschafften. Jedes Mal wurde er zurückgeschlagen (wobei die Araber ‚al-Andalus‘, also die iberische Halbinsel, erst 1492 nach fast 800 Jahren verließen): Einmal 732 bei Tours und Poitiers durch Karl Martell, ein anderes Mal 1529, als Süleyman der Prächtige die Belagerung von Wien (wegen ausgebrochener Seuchen) abbrechen musste, und ein weiteres Mal 1683 wiederum vor Wien durch Ernst Rüdiger Graf von Starhemberg mit Unterstützung des ‚Christlichen Bündnisses‘, nachdem die Osmanen rund 100 Jahre zuvor in der Seeschlacht von Lepanto (1571) den Mythos der Unbesiegbarkeit gegen die ‚Heilige Liga‘ eingebüßt hatten (Historiker mögen mir diese grob vereinfachte Darstellung nachsehen). Richard Reifenscheid bewertet das so [im Vorwort zu seinem Buch „Die Habsburger in Lebensbildern“, 1982, S. 11]: ‚Das größte Verdienst der Habsburger ... war es, das christliche Abendland vor der Überflutung durch den Islam und damit vor der Gewalt des Osmanischen Reiches bewahrt zu haben. ... Die weltgeschichtliche Bedeutung dieses Vorgangs vermag vielleicht erst unsere Zeit richtig zu erkennen, nachdem vieles von diesem Erbe in unserem Jahrhundert verspielt wurde.‘“
Nur damit die Dimension des Problems klar wird: Die RAF hatte in ihrer Hochphase auf der sogenannten Kommando-Ebene maximal 80 Mitglieder, auf der Unterstützer-Ebene nie mehr als 400 und auf der Sympathisanten-Ebene naturgemäß eine unbekannte Anhängerzahl. Gegenüber der islamischen Terrorszene mutet das beinahe wie ein Amateurclub an. Und trotzdem hat der Staat derart scharf reagiert, während er in der jetzigen Situation eine geradezu unheimliche Zurückhaltung an den Tag legt. Jahrelang gingen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass die Zahl der radikalen gewaltbereiten oder gewaltbejahenden Muslime (= Islamisten) etwa ein Prozent der hier lebenden Muslime beträgt, wobei die sich dann ergebende Zahl von rund 45.000 durchaus für helle Aufregung und hektische politische Betriebsamkeit sorgen könnte. Als dann in der Studie „Muslime in Deutschland“ (Juli 2007) das „Radikalisierungspotenzial“ auf rund zwölf Prozent der muslimischen Bevölkerung geschätzt wurde, was zu der gewaltigen Zahl von 540.000 führt, war dies dem damaligen Innenminister Dr. Wolfgang Schäuble gerade mal diesen Satz im Vorwort wert: „Die Studie gelangt zu dem besorgniserregenden Ergebnis, dass sich in Deutschland ein ernstzunehmendes islamistisches Radikalisierungspotenzial entwickelt hat.“
Aha, ein Prozent war danach nicht ernstzunehmen. Passiert ist daraufhin aber trotzdem nichts, außer weiterem Stellenabbau bei den Sicherheitsbehörden, sodass zu befürchten ist, dass der Minister, danach im Amt des Bundesministers der Finanzen und gegenwärtig des Präsidenten des Deutschen Bundestages, sich immer noch in diesem bedauerlichen Zustand erregter Besorgnis befindet, zumal sich die besorgniserregende Zahl durch die jahrelange unkontrollierte Einreise von „Flüchtlingen“ noch um einiges erhöht haben dürfte.
Lesen Sie im zweiten Teil morgen: Das Grundgesetz räumt allen Deutschen das Recht zum Widerstand gegen jeden ein, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen (Artikel 20 Absatz 4). Diese Ordnung ist in Gefahr, aber es geht hier nicht um „Widerstand“, sondern lediglich um den naheliegenden Versuch, das Übel an der Wurzel zu packen.
Teil 2 finden Sie hier.