Ab heute Staatstheater mit Prinz Reuß in Stuttgart

Manchmal ist man versucht, staatliches Handeln mit Theaterinszenierungen zu vergleichen. Heute startet in Stuttgart der Prozess gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß.

Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gem. § 129a Strafgesetzbuch (StGB) und Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gem. § 83 StGB, lautet die Aufführung mit dem Prinzen. Im Kern wird ihm und weiteren 26 Angeklagten vorgeworfen, dass die Gruppe einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant habe. Außerdem werden Mitglieder der Gruppe bei den Oberlandesgerichten in Frankfurt und München angeklagt.

Um es ganz klar zu sagen: Gewaltsame Umstürze gehen gar nicht. Wer etwas ändern will, kann und muss dieses auf demokratischem Weg tun, was zweifelsohne mühsam ist, aber der rechtmäßige Weg des Wandels. Art. 20 Abs. 2 GG, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, legt zugleich fest, wie diese auszuüben ist: durch Wahlen und Abstimmungen, durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung. Von Waffen steht da nichts.

Viele fragen sich allerdings, ob hier nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Strengste Sicherheitsvorkehrungen, die Angeklagten sitzen in einem „Glaskäfig“, dürfen sich mit ihren Verteidigern nur über Sprechanlage unterhalten. Der Zuschauerraum ist ebenfalls durch eine Glasscheibe abgetrennt und das bei teils hochbetagten Bürgern, die sich zuvor praktisch nie etwas haben zuschulden kommen lassen. Das Gefährdungspotenzial dieser auch als „Rollator-Gang“ bezeichneten Gruppe wird allgemein als deutlich geringer eingeschätzt, als diese Maßnahmen es nahelegen. Ihr „Micky-Maus“-Plan hatte so gut wie keine realistische Umsetzungsperspektive. Erkennbar ist also eine erhebliche Divergenz zwischen objektiver Gefahr einerseits und Reaktion der Staatsgewalt andererseits. (Mehr dazu auch hier im aktuellen Indubio, Folge 326 – Staat Macht Angst. Gerd Buurmann spricht mit den Juristen Annette Heinisch und Alexander Christ, sowie mit dem Podcaster Christian Schneider.)

Hier delegitimiert sich der Staat selbst

Dies ist nicht ungefährlich, denn hier delegitimiert sich der Staat selbst. Wer so demonstrativ mit Kanonen auf Spatzen schießt, aber nur mit Papierkügelchen auf Harpyien, der verliert nicht nur die Glaubwürdigkeit, sondern ihm kann sogar Böses unterstellt werden. 

Nehmen wir die Nachricht, dass die Chefermittlerin im Cum-Ex-Skandal, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, um ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten hat. Durch den Cum-Ex-Betrug wurde der Staat schätzungsweise um einen Betrag von etwa 28,5 Milliarden Euro geprellt. Jahrelang kämpfte Brorhilker um Aufklärung, Anklage und Verurteilung. Wenn sie nun sogar den Staatsdienst verlässt, was für sie zu erheblichen finanziellen Nachteilen führt, muss sie nicht nur die Nase gestrichen voll haben; sie muss auch keine ernsthafte Chance sehen, die Taten wirklich zu verfolgen.

In dem Interview, in welchem sie ihren Schritt begründet, fallen Sätze wie: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ Oder: „Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz.“

Die besten Karrierechancen für Ehrlose 

Brorhilker geht zu der Nichtregierungsorganisation „Finanzwende“, die Finanzkriminalität bekämpft. Gegründet wurde diese von dem ehemaligen Grünen-Politiker Gerhard Schick. Dieser sagte: 

„Die großen Schwachpunkte und ein Totalausfall bei Cum-Ex-Ermittlungen sind Hamburg und Stuttgart. Ob das wegen Korruption, Faulheit oder politisch gewollt so sei, wisse er nicht. Aber in Hamburg sei dort trotz mehrerer in Cum-Ex-Fälle verwickelter Banken noch kein Verantwortlicher vor Gericht gekommen… Zurücktreten müsse schon jetzt der jetzige Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD)“.

Dies ist richtig, denn neben der Verantwortung des derzeitigen Kanzlers und früheren Ersten Bürgermeisters von Hamburg, Olaf Scholz (SPD), drängt sich auch die Frage nach der Verantwortung des früheren Finanzsenators und derzeitigen Ersten Bürgermeisters der Hansestadt, Tschentscher, auf. 

Der Bürger hat eher den Eindruck, dass diejenigen die besten Karrierechancen haben, die ehrlos sind. Das allerdings wäre das Gegenteil des Rechtsstaats und ein Anreizsystem, welches mit Sicherheit fatal enden würde.

Die Kleinen hängt man

Nehmen wir Ärzte, die ihren Patienten in der Corona-Zeit zur Seite standen, sich nun aber wegen diverser Anschuldigungen in Untersuchungshaft befinden. Demgegenüber wird die Verantwortlichkeit der Ärzte für Maßnahmen ohne hinreichende Aufklärung in keiner Weise thematisiert oder gar gerichtlich verfolgt.

Illegale Einwanderung wird toleriert, Einwände dagegen werden stigmatisiert. Aber wehe, der Normalbürger will irgendwo ohne gültigen Pass oder Visum einreisen!

Der normale Bürger wird immer mehr in die Enge gedrängt: Er darf einen Mann nicht mehr Mann nennen, wenn dieser es nicht möchte, er darf generell möglichst keine Wahrheiten äußern, wenn es den Mächtigen nicht gefällt. Freiheit ist danach kein Grundrecht, sondern nur das, was uns die Mächtigen gnädig zuteilen – aber nur zu ihren Bedingungen! Und wehe, jemand muckt auf, dann erfährt er die volle Härte des Gesetzes. Umgekehrt nehmen sich die „Herrscher“ alle Freiheiten heraus.

Ob es Cum-Ex, Wirecard oder aktuell die Habeck-Files sind, das „Establishment“ muss keinen Richter fürchten. Und exakt so agiert es auch. 

Oft hört man den Satz, dass die Parteien sich den Staat zur Beute gemacht haben. Genau das ist der Punkt. Natürlich lassen sie sich die Beute nur ungern entreißen, das ist normal. Hier wird sich zeigen, ob Deutschland eine ausgeprägt bürgerliche Gesellschaft ist, die es durch friedlichen Widerstand schafft, sich ihre Freiheit und Würde zu erhalten.

 

Annette Heinisch, Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Schwerpunkt: Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig.

Foto: Montage achgut.com / Imago

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Bernd Oberegger / 29.04.2024

Es gibt halt Pseudo-Staatsstreiche und wirkliche Staatsstreiche. Beide sind abzulehnen. Gott sei Dank, wir haben doch unser bewährtes Grundgesetz. Es fehlt nur noch die konsequente Anwendung. Vielleicht liegt es auch am Fachkräftemangel. Äußerst hilfweise schließe ich eine Beratung nicht aus.

Steffen Huebner / 29.04.2024

In einem Staat putschen kann nur, wer die (militärische) Macht und die Mittel dazu hat.

Fritz kolb / 29.04.2024

Ales so richtig wie skandalos, Frau Heinisch. Und was folgern die Wahlschafe daraus: wachen sie auf und wählen endlich keine derAltparteien mehr oder glauben sie weiter Illner und Konsorten? Ich hab da so meine Befürchtungen.

Stephan Bujnoch / 29.04.2024

Das Ganze mutet doch sehr kafkaesk an. Die Gruppierung um Reuß war so gigantisch gefährlich und hatte Deutschland offensichtlich geographisch so unterwandert, daß es beim Zugriff über 2000 Beamte bedurfte, um eine Gruppe von knapp 30 Leuten dingfest zu machen. Und damit alle Medien das Schauspiel auch gebührend würdigen konnten, hatte man Ort und Zeit an handverlesene Journos durchgestochen, die dann auch brav berichteten und Filmchen drehten. Die Schusswaffen, die sichergestellt wurden, waren überwiegend legale Jagdwaffen. Die richtige Bezeichnung für diese ganze causa ist “Schmierenkommödie”. Doch leider vergisst der Michel Germanicus Communis solche Monstrositäten in Sachen Fake spontan und total. Angesichts der Geschichte dieses Vorganges und der jetzt anlaufenden Verhandlung, kann man nur von einem juristischen overkill reden. Allein die Ortswahl Stammheim wurde sicher nicht getroffen, weil dort die höchsten Sicherheitsvorkehrungen gegeben sind, sondern um die causa und die Angeklagten in die Nähe der RAF zu rücken. Und daß die wirklich gefährlich war, weiß jedes Kind. Angesichts der Natur der Angeklagten hätte wohl jeder Gerichtssaal der genügend Zuschauerplätze bietet, unter Sicherheitsaspekten genügt.

Marc Greiner / 29.04.2024

@Boris Kotchoubey—-Rumänien hat als einziges Land richtig gehandelt. Hätte man mit den Honeckers und anderen Diktatoren auch so machen müssen.

Ralf Pöhling / 29.04.2024

Vollkommen absurdes Theater. Ohne solche Vorgänge wie die gerade mal wieder tolerierte Islamistendemo in Hamburg oder auch andauernd hier in NRW oder Berlin, gäbe es gar keine “Reichsbürger”. Den radikalen Islam hier so frei laufen zu lassen, kommt einem Staatsstreich gleich. Und das sorgt auf der patriotischen Seite natürlich zu RECHT für Gegenwehr. Wir haben seit der illegalen Grenzöffnung 2015 de facto Grundgesetz Artikel 20(4) in Kraft. Das ist kein Hirngespinst, das ist Fakt. Wer die Hintergründe kennt, weiß dass ich hier richtig liege. Und wer wird hier öffentlichkeitswirksam verknastet und vorgeführt? Nicht etwa die, die den ganzen Wahnsinn verursacht haben, sondern die, die sich zu recht dagegen wehren. Dieses Land ist kein Rechtsstaat, dieses Land ist ein korruptes und verbrecherisches Scheißhaus, das seit Jahrzehnten nicht mehr sauber gemacht worden ist. Wir ersaufen hier in Dreck.

R. Matzen / 29.04.2024

#Thomas Kurt: Also, ich werde lieber unterschätzt als überschätzt. Also vielen Dank insoweit. Aber ein halbautomatisches (also militärisches!!) Gewehr mit 7000 Schuß Munition dazu sind kein Pappenstiel! So ein Ding, eingeschleust von KSK-Leuten, ehemaligen vielleicht, in den Bundestag, reicht aus, die gesamte Regierungsbank umzulegen. Egal, wie das eventuell ausginge, ich will so etwas nicht. Und Reichsbürger werde ich auch nicht verharmlosen. Auch nicht am Rollator.

Pavel Hoffmann / 29.04.2024

Inzwischen ähnelt die Bundesrepublik immer mehr einer Diktatur. Nur in der Diktatur ( ich habe es persönlich erlebt in der kommunistischen Tschechoslowakei)  demonstriert das “Volk” zusammen mit den Regierung Funktionären.  Die Demos “Alle gegen Nazis” usw. sind ein typisches Beispiel. Dieser Prozess könnte in dieser Form nur in einer echten Diktatur stattfinden.

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