Die Autorin Deborah Feldman positioniert sich als in Deutschland lebende Jüdin gegen Israel, wie gerade bei Lanz. Derzeit steht sie im Medienfokus, den sie dazu nutzt, sich zum Opfer ihrer Kritiker zu stilisieren. Ich kenne sie schon länger.
Im Frühjahr 2018 interviewte ich Deborah Feldman in einem Café in Berlin für einen Artikel in der Jerusalem Post. Ich sah in ihr einen verwandten Geist. Wir waren beide Autorinnen, beide Enkelinnen von Holocaust-Überlebenden, wir lebten beide in Berlin, und auch ich hatte die orthodoxe Gemeinschaft verlassen, wenn auch nicht die strenge Satmar-Gemeinde, in der sie aufwuchs. Unsere Debütbücher – ihre Memoiren, mein Roman – handeln beide von der Glaubenskrise einer intellektuell neugierigen jungen Frau.
Ich wollte sie bewundern und den Neid überwinden, den ich angesichts ihres Erfolges als Bestsellerautorin empfand, der ihr Buch „Unorthodox“ zu einer beliebten Netflix-Serie gemacht hatte – mein Traum. Ich erinnerte mich an ein talmudisches Sprichwort, das ich in meiner modern-orthodoxen High School gelernt hatte: „Kin'at sofrim tarbe chochma.“ „Der Neid auf Schriftgelehrte erhöht die Weisheit“, eine Abmilderung des Gebotes „Du sollst nicht begehren“. Ich fand Deborah nachdenklich, interessant und durchaus freundlich. Doch unsere Wege kreuzten sich nach unserem Gespräch nicht mehr. Unsere Gemeinsamkeiten führten nicht zu einer Freundschaft. Jetzt verstehe ich, warum.
Deborah Feldman taucht seit dem Massaker vom 7. Oktober im Süden Israels immer wieder in meinem X-Feed auf, zuerst durch einen viral gegangenen Clip ihres Interviews mit Markus Lanz im ZDF. Darin forderte sie den Vizekanzler Robert Habeck auf, „zu verstehen, warum die einzige legitime Lehre, die man aus den Schrecken des Holocaust ziehen kann, die bedingungslose Verteidigung der Menschenrechte für alle ist“.
Im Sinne der radikalen Linken
Ich war mir nicht sicher, was sie meinte. In typisch linksintellektueller Manier kommuniziert sie vage Banalitäten mit humanitär klingenden Worten. Will sie damit sagen, dass Israel sich zu Unrecht auf den Holocaust beruft, um in Gaza einen „Völkermord“ zu begehen? Ist sie der Meinung, dass Israel keine Vergeltung für das brutale Massaker üben sollte, bei dem 1.200 Juden ermordet, lebendig verbrannt, vergewaltigt und enthauptet wurden?
Es scheint so. Nach der Lektüre ihrer jüngsten Guardian-Kolumne mit dem Titel „Deutschland ist ein guter Ort, um Jude zu sein. Es sei denn, Sie sind wie ich ein Jude, der Israel kritisiert“, die so selbstverliebt war, dass sogar ihre Verbündeten sie zurechtweisen, ist klar, dass sie einen Standpunkt im Sinne der radikalen, israelfeindlichen Linken vertritt.
Am 11. November teilte sie auf X einen Artikel aus dem angesagten, linken Magazin New Yorker, in dem der Bürgermeister einer Stadt im Westjordanland/Samaria als Extremist mit einer expansionistischen Vision für Israel „geoutet“ wurde, und schrieb dazu die Warnung „Aufwachen“. Aufwachen wovon und wozu?
Offenbar dazu, die Verschwörungstheorie zu vertreten, dass die Hardliner unter den Israelis insgeheim froh sein müssen, dass die Hamas solche Gräueltaten begangen hat, damit sie nun ihre Träume von einem Großisrael verwirklichen können, „vom Fluss bis zum Meer“. Offenbar gilt ihr Aufruf zum „zivilen Diskurs“ und zur Bekämpfung von Bigotterie nicht für die 800.000 „Siedler“, die im biblischen Kernland leben. In der Zwischenzeit warte ich darauf, dass sie einen prominenten pro-palästinensischen Aktivisten postet, der die Gruppenvergewaltigung von Frauen durch die Hamas und die Gefangenschaft von Kindern und Holocaust-Überlebenden ebenso leidenschaftlich verurteilt, wie sie Israels Krieg gegen die Hamas verurteilt.
Intellektuelle Taschenspielertricks
In einer Zeit, in der Mitglieder des pro-palästinensischen Mobs auf den Straßen weltweit offen Hitler huldigen, zieht Feldman es vor, die wortgewaltigsten Verteidiger Israels und des jüdischen Volkes zu denunzieren. Sie veröffentlichte eine Diffamierung des britischen Intellektuellen Douglas Murray als „rechtsextremen Pseudo-Intellektuellen“, weil er es gewagt hatte, die Meinung zu vertreten, die Hamas-Terroristen seien noch schlimmer als die Nazis, weil sie auf ihre grausamen Verbrechen stolz seien.
Murray argumentierte, dass die Nazis tief im Inneren verstanden hätten, dass ihre mörderischen Taten Scham hervorrufen mussten. Jeder, der Auschwitz besucht hat, hat mit Entsetzen zur Kenntnis genommen, dass die Gaskammern so angelegt wurden, dass kein jüdisches Blut fließen konnte. Währenddessen filmten Hamas-Terroristen mit Vergnügen, wie sie einen Mann mit einer Schaufel enthaupteten, einer Frau vor den Augen ihrer Kinder die Brust abschnitten und ganze Familien auslöschten.
Feldman und ihresgleichen haben Murray wegen seines „Holocaust-Revisionismus“ angegriffen. Tatsächlich ist die Universalisierung des Holocaust, bei der es um „jedermanns Rechte“ und nicht eindeutig um die Verteidigung der Juden vor dem Völkermord geht, die ultimative Verharmlosung und Instrumentalisierung des Holocausts. Im Guardian, einer Publikation, die für die Verleumdung von Verteidigern des jüdischen Volkes berüchtigt ist, untermauert Feldman ihre intellektuellen Taschenspielertricks, indem sie die Namen von Intellektuellen, die den Holocaust überlebt haben, wie Primo Levi und Jean Améry, mit einfließen lässt.
Kampf zwischen Gut und Böse
Auf der Suche nach Weisheit und Inspiration wende ich mich an den großen Henryk Arfa, meinen in Polen geborenen Großvater und Auschwitz-Überlebenden. In den späten 1980er und 1990er Jahren schrieb er stapelweise Briefe und Leitartikel über seine Kriegserfahrungen, die ich gerade transkribiere. Vor allem beklagte er den jüdischen Verrat, der zum Holocaust beigetragen habe, und schrieb zum Beispiel, wie „Der Bund“, die sozialistische jüdische Bewegung in Polen, versuchte, sich bei den Polen beliebt zu machen, indem sie jüdische Kapitalisten anprangerte.
„Diese ‚guten Juden‘ bezeichneten ihre Blutsbrüder, die Fabrikanten, Ladenbesitzer und Immobilienbesitzer, als ‚Blutsauger‘ und ‚Parasiten‘ der Gesellschaft“, schrieb er. „Von da an kannten die Polen und die christliche Welt im Allgemeinen keinen anderen Juden mehr als den ‚blutsaugenden‘ Juden. Jetzt werfen wir Juden den Polen vor, dass sie keine Juden gerettet und ihr Leben für den ‚Blutsauger-Juden‘ riskiert haben?“
Über Juden, die freiwillig mit den Nazis kooperierten, in der Hoffnung, ihr Schicksal zu verbessern, schrieb er: „Auch sie wurden in die Gaskammer gesteckt.“ Feldman beklagt, dass sie in Deutschland ausgegrenzt wird, weil sie es wagt, Israel zu kritisieren, insbesondere dessen Krieg in Gaza. Sie beleidigt die Deutschen, indem sie suggeriert, dass die deutsche politische Unterstützung für Israel auf Schuldgefühlen beruht. Sie scheint nicht zu bedenken, dass der Kampf zwischen Israel/Juden und Hamas/Hamas-Apologeten wirklich ein Kampf zwischen Gut und Böse ist, unabhängig davon, was die Deutschen vor über 80 Jahren getan haben. Diesmal wollen die meisten Deutschen zum Glück auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.
Die größten Übeltäter gegen Juden seit Hitler
Feldman war einst ein Vorbild für mich, aber jetzt ist sie ein abschreckendes Beispiel, egal wie sehr die Verkäufe ihres neuesten Buches, das sie aktiv bewirbt, durch die Aufmerksamkeit in die Höhe schnellen. Ich gebe zu, dass ich manchmal versucht bin, diesen Krieg ebenfalls um „mich“ zu führen. Was für eine tolle Gelegenheit, meinen Roman über die Evakuierung der Juden aus dem Gazastreifen zu promoten! Ich ertappe mich in meinem Narzissmus, obwohl es mir um die Verbreitung guter Ideen und nicht um Ruhm und Reichtum geht; sonst hätte ich einen Roman über die Unterdrückung der Palästinenser durch die Israelis geschrieben.
Auch ich bin eine „Ausgestoßene“, weil ich vom jüdischen Mainstream abweiche, den Zwei-Staaten-Wahn infrage stelle, Merkels Politik der unkontrollierten muslimischen Einwanderung kritisiere und als unabhängige Journalistin fair über die AfD berichte. Meine Romane sind voll von „Israelkritik“ und Kritik am organisierten Judentum, aber nicht aus der Perspektive, aus der sich die „Salon-Israelkritiker“ speisen. Ich habe berufliche, mediale und gesellschaftliche Chancen verloren. Aber Ablehnung ist der Preis dafür, ein unabhängiger Denker zu sein.
Feldman hat sich so sehr aus dem israelischen, jüdischen und sogar deutschen Mainstream herausgezogen, dass das Etikett „Extremistin“ nun auf sie zutreffen kann, genau wie auf die nicht-zionistische, ultra-orthodoxe Gemeinschaft, die sie verlassen hat. Bis auf einen kleinen Teil haben fast alle Israelis und Juden ihre zivile Feindschaft beiseite geschoben, um die größten Übeltäter gegen Juden seit Hitler zu besiegen. Wie mein Großvater schrieb: „In der Einigkeit sind wir Juden stark. Lasst uns anfangen, auf die Einheit hinzuarbeiten – besser spät als nie.“
„Ich gehöre nicht zu diesen ‚blutsaugenden‘ Besatzern!“
In diesen Tagen haben Feldman und ich noch etwas anderes gemeinsam: Wir sind beide alleinstehende jüdische Mütter. Seit dem 7. Oktober kann ich meine Tochter nicht mehr auf dieselbe Weise ansehen. Ich umarme sie jeden Tag, als ob es unser letzter sein könnte, denn wir haben gesehen, wozu diese extremistischen, expansionistischen palästinensischen Terroristen und ihre Apologeten fähig sind.
Alles, was ich im Moment tun kann, ist, Judenhasser zu bekämpfen, hier und in Israel, so gut es mir möglich ist. Ich würde alles tun, um meine Tochter zu schützen, auch wenn das bedeutet, dass ich den israelischen Verteidigungsstreitkräften verzeihe, dass sie Kinder aus dem Gazastreifen töten, die die Hamas in diesem Krieg ins Kreuzfeuer zerrt. Das mag mich in den Augen von Feldman zu einer unmoralischen Person machen, aber es macht mich zu einer verdammt guten Mutter.
Vielleicht hofft Feldman, wie die verräterischen Juden, die meinen Großvater so geärgert haben, tief im Innern, dass sie vom Judenhass verschont bleibt, indem sie zum Liebling der Intellektuellen und Aktivisten wird, die die Vorstellung verabscheuen, dass Israel zurückschlägt. Es ist, als würde sie flehen: „Ich gehöre nicht zu diesen ‚blutsaugenden‘ Besatzern!“
„Es gibt nur Juden“
Ich würde gerne glauben, dass sie eher naiv als opportunistisch ist, wie Vivian Silver, die kanadisch-israelische Gründerin von „Women Wage Peace“, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu schaffen. Sie fuhr persönlich Gazaner zur medizinischen Versorgung nach Israel. Ihre sterblichen Überreste, die ursprünglich zu den Geiseln zählten, wurden schließlich in einem Aschehaufen in dem Kibbuz gefunden, in dem sie ermordet wurde.
Einer der in Gaza gefallenen IDF-Soldaten, Yossi Hershkowitz, Direktor einer Jungenschule in Jerusalem, veröffentlichte vor seinem Tod eine Videobotschaft mit einem Wunsch, von dem er nicht wusste, dass es sein letzter sein würde. „Ich bitte euch alle: Das Wichtigste für mich ist ein persönlicher Wunsch: Sprecht nicht ‚loshon hara‘ über ‚Am Jisrael‘ (das jüdische Volk). Nichts“, sagte er mit sanfter, freundlicher Stimme und bezog sich dabei auf das Verbot von „Loshon Hara“, was ich hier grob mit „schlecht reden“ übersetze. „Sagt nichts Schlechtes. Kehrt nicht zu dem zurück, was war. Es gibt keine Linken, keine Rechten, keine Ultra-Orthodoxen, nichts. Es gibt nur Juden. Den Hamas-Nazis war es egal, wen ihr gewählt und was ihr gedacht habt. Dieser Gewissensprüfung müssen wir uns stellen.“
Und was Feldman nicht begreift, während sie „Loshon Hara“ zu den Feinden der Juden spricht, ist, dass auch Hershkowitz sein Leben für sie riskiert – und verloren hat.
Orit Arfa, geb. in Los Angeles, lebte über 12 Jahre in Israel und schreibt regelmäßig für die Jerusalem Post, das Jewish Journal of Los Angeles und den Jewish News Service. Ihr erstes Buch, „Die Siedlerin“, behandelt die Folgen des Abzugs aus dem Gazastreifen; „Underskin“ ist eine deutsch-jüdischen Liebesgeschichte.