Wahlen als Fieberthermometer des Staates

Die Bundesrepublik ist laut Fieberthermometer schwer krank. Die Ursache dafür liegt in der aktuellen Politik gegen die existenziellen Interessen der Deutschen und der EU-Europäer. Begreifen das CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne nicht, wird die Republik nicht grün-links transformiert, sondern zu einer AfD-getriebenen gruppentherapeutischen Sitzung. 

Staaten und Gesellschaften unterliegen ständigen Stress-Tests. Innere Konflikte führen konsequent zu höherem Druck. Autoritär geführte Staaten reagieren um des Selbsterhalts willen mit Härte. Tun sie das nicht, gefährden sich die Machthaber selbst. Das kleinste Nachgeben wirkt wie die Entnahme wichtiger Teile aus dem Machtfundament. Was wiederum zum unkontrollierten Zusammenbruch führen kann. Die Freiheit von 1989 war das Ergebnis eines solchen Zusammenbruchs. In Demokratien stauen sich innere Probleme im Falle fehlender Schadensbegrenzung oder vorsätzlich destruktiver Politik ebenfalls mitunter gewaltig an. Demokratien halten das jedoch aus. Es gibt Ventile wie freie Wahlen, die ihrerseits Macht entziehen und diese anders verteilen.

Die Entwicklungsprozesse von inneren Spannungen bezeichne ich als Stress für Staaten und Gesellschaften. Dabei kommt mir das Bild vom Fieber in den Sinn. „Fieber ist keine eigene Krankheit, sondern ein Symptom. Es kann bei einer ganzen Reihe unterschiedlicher Krankheiten auftreten. … Die Temperatur im Inneren des menschlichen Körpers beträgt im Normalfall etwa zwischen 36 und 37 Grad Celsius.“ (Stiftung Gesundheitswissen). Übertragen auf Demokratien würde ich von normaler Körpertemperatur einer Gesellschaft sprechen, wenn maximal ein Viertel aller Wahlberechtigten Parteien wählt, die weit links oder rechts stehen. Der entsprechende Staat hat in dem Fall Normaltemperatur. Steigt die Summe beider Randstimmen an, beginnt das Fieber, welches durch freie Wahlen gemessen wird. Wahlen wären demnach die Fieberthermometer freier Gesellschaften. Die Zahl der Staaten, die sich auf freie Wahlen zum Temperaturmessen einlassen, ist auf dem Globus nicht groß. 

In Deutschland galt das Abschneiden von SED/PDS/Linke beziehungsweise NPD/DVU viele Jahre als Gradmesser des Zusammenwachsens von West- und Ostdeutschland. Je kleiner die Wahlergebnisse für diese beiden Ränder, desto größer das Gelingen des Einigungsprozesses. So klang eine landläufige Einschätzung bis zur Ära Merkel. Die SPD umarmte wider eigener schlimmer Erfahrungen leider die Linke, wodurch sie selber mehr zur Linken als letztere zur SPD wurde. Die CDU kümmerte sich nicht darum. Erst Angela Merkel nahm den Ball auf und zog CDU/CSU mit auf die Seite von SPD, Grünen und Linken.

Opposition zur eigenen Regenerierung

Nun wurde die CDU zu einer eher linken Partei und gab ihren konservativen Kern sinnlos preis. In der Politik gibt es kein Vakuum. Wer seinen Platz räumt, macht diesen für andere frei – eine Erkenntnis aus dem kleinen Einmaleins der Politik. Mit dem Verzicht der Union auf ihren politischen Platz im Parteiengefüge der Bundesrepublik nahm die gesellschaftliche Statik schweren Schaden. Die Temperatur stieg, Deutschland ist im Fieber. Die AfD hat die Linke als Fieberthermometer abgelöst. Das Abschneiden der AfD speist sich aus dem Versagen der Politik von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen. Die links-woke Transformation der Bundesrepublik treibt das Fieber der Gesellschaft in die Höhe.

Die Bundesrepublik ist laut Fieberthermometer schwer krank. Die AfD ist nunmehr in Hessen und Bayern die zweitstärkste parlamentarische Kraft. Die Ursache dafür liegt in der aktuellen Politik, die sich gegen die existenziellen Interessen der Deutschen und der EU-Europäer richtet. Begreifen das CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne nicht, wird die Republik nicht woke-links transformiert, sondern zu einer AfD-getriebenen gruppentherapeutischen Sitzung. Es wäre besser, Vernunft zöge wieder in die Wirtschafts-, Energie-, Sozial-, Zuwanderungspolitik ein und dem Genderwahn samt grüner Umerziehung der Bevölkerung würde Einhalt geboten. Die Bevölkerung jedenfalls zeigte in den Hessen- und Bayernwahlen am 8. Oktober 2023 deutlich, wohin die Reise gehen muss, wenn das Fieber nicht weiter steigen soll: Schluss mit der hirntoten Zuwanderungs- und Energiepolitik!

Zwei Auswege gäbe es und hier kommt die scheintote FDP ins Spiel. Sie flog aus dem bayerischen Landtag und schaffte es gerade so in den hessischen. Macht sie grün weiter wie bisher, wird sie nicht in den nächsten Bundestag gewählt werden. Die FDP hat sich überflüssig gemacht. Würde sie jetzt die Transformationsregierung verlassen, hätte sie zwei Optionen. Entweder mit der Union und den Grünen eine neue Regierung bilden, in der Friedrich Merz (CDU) Bundeskanzler würde oder in die Opposition gehen, um wieder erkennbar zu werden. Eine Koalition mit der faktisch grünen CDU und den Grünen würde Deutschland und der FDP nicht helfen. Die Transformation ginge unter CDU-Label gegen die Bevölkerung weiter. Auch das überstünde die FDP 2025 nicht. Bleibt also nur die Opposition zur eigenen Regenerierung. In dem Fall müssten Union und SPD bis 2025 wieder zusammenregieren. Ob es so kommt? Eher nicht. FDP-Chef Lindner wirkt westfeige und dazu glaubt er bei Wind und Sonne an „Freiheitsenergien“.

Mit Propaganda ist der AfD nicht beizukommen

Sollte die Union die Wählerbotschaften der letzten Jahre und die drohenden der kommenden Jahre verstehen wollen, könnte das Fieber Deutschlands gesenkt werden. Das Geschwurbel von Energie-, Verkehrs-, Agrar-, Wirtschafts-, Geschlechter- und Zuwanderungswende muss enden und vor allem, die Union muss gegenüber der AfD selbstbewusster und seriöser werden. Mit Propaganda ist der AfD nicht beizukommen. Die AfD muss inhaltlich gestellt werden. Die Bevölkerung ist des hohlen und extrem teuren Kampfes gegen rechts unter Einschluss von Linksaußen mehr als leid. Im Gegenteil, immer mehr Leute wählen die AfD auch, um ihr Zeichen gegen solche Propaganda zu setzen. Die natürliche Wachstumsgrenze liegt bei der AfD ohnehin bei den Themen Putin, NATO und EU. Die meisten Deutschen verurteilen den russischen Überfall und hoffen auf ihre Sicherheit in der NATO, vom Grundgedanken der europäischen Gemeinschaft wollen sie sich auch nicht trennen. Lernt die AfD hier nicht dazu, wird sie niemals die Stelle der alten Union einnehmen können. 

Persönlich habe ich es in meiner Gegnerschaft zur SED/PDS/Linke immer so gehalten (Gunter Weißgerber war von 1990 bis 2009 SPD-Bundestagsabgeordneter, Anm. d. Red.): Eigene Politik machen, eigene Anträge stellen, keine Zusammenarbeit, keine Kooperation und was dann im Parlament geschieht, ist eine ganz andere Sache. Wer den Anträgen zustimmt oder diese ablehnt, ist völlig egal. Hauptsache, die Anträge finden Mehrheiten. Wenn sich die Union zu so einem Verhalten durchringen würde, wären die parlamentarischen Beratungen wieder interessant und es ginge wieder stärker um die Sache. Ich staune, dass Friedrich Merz und die CDU diesen Weg bisher nicht gegangen sind. Wahrscheinlich schmerzen die Wahlergebnisse und die Gefahr des Bedeutungsverlustes noch nicht genug.

Vor dem Hintergrund der Massaker in Israel fiel mir dieser Artikel mit seinen Allerweltsbetrachtungen schwer. Ich bin in Gedanken bei den Menschen in der einzigen Demokratie im Nahen Osten und hoffe auf den Erfolg der israelischen Armee. Denn, eines weiß ich ganz genau: Im Schicksal Israels entscheidet sich unser eigenes Schicksal. Geht Israel unter, sind wir die nächsten.

 

Gunter Weißgerber war Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßig als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Gunter Weißgerber war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als „Sozialdemokrat ohne Parteibuch“. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

Foto: wellcomecollection.org CC-BY 4.0 via Wikimedia Commons

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Elias Schwarz / 11.10.2023

Wird nicht gehen. CDU (und die CSU) “got a lot of pretty, pretty boys. She calls friends”

Birgit Hofmann / 11.10.2023

Als ich den Artikel gelesen habe, musste ich etwas ’ schlumpfig ’ grinsen, lieber Autor. So ganz aus der ehemaligen SPD- Haut können sie nicht wirklich. Die AFD inhaltlich zu stellen, dieser Zug ist längst abgefahren, das funktioniert nicht mehr, und ist eine Illusion, der sich unsere Politiker und gewisse Medien immer noch hingeben. Die AFD ist bereits in der sogenannten Mitte verankert, zu tief sitzt der Frust , das kann man nicht mehr einfangen, warum auch ? Das Volk will bürgerliche, vernünftige Politik, und der Souverän wird sie auch bekommen, jede Wette. Und dieser - äh- Deutschlandpakt- zu der Scholz gerade gebeten hat : Ein Kanzler, der die Hilfe der Opposition annehmen muss, weil er es mit der eigenen Koalition nicht schafft, hat schon verloren. Das wird ein ‘Dreifachwumms’ für Olaf, vielleicht haben wir schneller eine neue Regierung, als wir denken, das riecht geradezu nach Koalitionsbruch. Nicht durch die FPD, sondern durch die ideologisch verpeilten Grünen, denen jede Vernunft abgeht.

Dr. Günter Crecelius / 11.10.2023

Sie haben nach meiner Meinung eine völlig falsche Einschätzung der Grünen und sind dabei in bester Gesellschaft. Die Grünen, wie sie sich heute darstellen, sind keine demokratisch Partei, aller propagandistischen Lippenbekenntnisse zum Trotz. Wenn Sie sich die politische Herkunft der grünen Nomenklatura von Kretschmann, Tittin und Co. in Erinnerung rufen: da landen Sie bei Trotzki, Mao, Pol Pot, auch Habeck bewundert das ‘Chinesisch Modell’. Mit Demokretie hat das nichts zu tun, Die Grüne Tünche ist Tarnung, okkopiert von wirklichen , leider versponnenen Ökologen, die sich schnell zurückgezogen haben. Mit Ökologie und Naturschutz haben diese Leute nichts am Hut, sind in der Mehrheit auch zu ungebildet dazu. Die große Mehrheit der Nomenklatura sind berufliche Versager, die diese Tatsache mit pseudopolitischem Aktionismus überdecken: Fischer, Roth, Göring-Eckart, Lang,... Wer sich einbildet, mit solchem Personal ein Land führen zu können, landet da, wo dieses Land gerade ist. Ihre derzeitige politisch Bedeutung resultiert aus der weitgehenden Okkupation des ORR und der damit verbundenen Indoktrinationsmöglichkeit beträchtlicher Teile des Wahlvolkes auch durch die Lehrerschaft,besomders der weiterführenden Schulen, was eine Bedeutung vorspiegelt, die ihnen angesichts der Wahlergebnisse nicht zukommt. Aufschlußreich ist nach meiner Meinung die Tatsache, daß die Zustimmung zu den Grünen in den fabrizierten Meinunsumfragen die tatsählichen Wahlergebnisse stets um eiens Faktor 1,5 bis 2 übertrifft: Propaganda in Reinkultur.

Fred Burig / 11.10.2023

Wenn man “Diejenigen”, die gegen ein Volk regieren, nicht rigoros beseitigt, kann man noch so viele Anstrengungen unternehmen - es wird sich nichts ändern! Also! AfD endlich an die Macht! MfG

Anna Scheufele / 11.10.2023

Wieder ein Beweis, daß man manche Meinung hierzulande immer noch los werden kann.

A.Schröder / 11.10.2023

“Die Bundesrepublik ist laut Fieberthermometer schwer krank”. Wie und ob jemand krank ist, ist das gleiche wie mit den toten Pferden reiten.

Karsten Dörre / 11.10.2023

Wenn Politik und Staat aus schlau-theoretischen Handbüchern umgesetzt werden sollen, dann hat man die Bodenhaftung verloren und schwebt mit z.B. der Klimawandelwolke durch den Äther. Links oder Rechts spielt keine Rolle, denn beide können und haben Autokratie, Technokratie und “die Wissenschaft” im Reisegepäck. Wer Brandmauern gegen Bürger, Wähler und gegen die von diesen gewählten Parteien baut, kann seine Brandmauer auch antifaschistischen Schutzwall nennen und selbstzufrieden in die Diktatur transformieren.

Wolf Hagen / 11.10.2023

Ich habe es schon einmal an anderer Stelle geschrieben, die AfD liegt innenpolitisch goldrichtig, dort hat sie ihre Stärken, weswegen man sie dort auch nicht “stellen” kann, ohne die eigene Politik, als inkompetent und realitätsfern, erkennbar zu machen. Außenpolitisch agiert die AfD allerdings mit beinahe baerbökischer Blödheit. Ja, die EU muss dringend und grundlegend reformiert werden, aber die Mehrheit der Deutschen begreift instinktiv, dass ein Dexit die Dinge nicht zum Besseren wenden würde. Ein Austritt aus der NATO, würde einem deutschen Selbstmord gleichkommen, denn wer sollte dieses Land der Weicheier und Friedenstäubchen, dann verteidigen? Eine kleine Bundeswehr, die kaum in der Lage ist, ohne Hilfe, ihr weniges Material von A nach B zu verlegen? Eine BW ohne Soldaten? Eine BW, die kaum moderne Waffen besitzt und wenn in verschwindend kleiner Stückzahl? D würde Spielball und Beute internationaler Player und über kurz oder lang ausgelöscht. Und genauso weltfremd und illusionistisch ist die AfD mit ihrer Kriecherei vor Russland. Sowohl für die Ukraine, wie auch für Israel gilt, verlieren wir einen der beiden Staaten, war es das mit dem Abendland, dem Westen und einem friedlichen Europa. Bei der Union gibt es noch einige fähige Außenpolitiker, die keine Merkelianer sind. Somit wäre eine Kombi aus AfD (Innenpolitik) und Union (Außenpolitik) die Medizin, die Deutschland bräuchte, um zu gesunden. Es ist auch die letzte wirkliche Chance die die Union hat, bevor die AfD anhand der Realitäten lernen muss, dass ihre jetzigen außenpolitischen Positionen Bullshit sind und sie von der Protestpartei zu einer wirklichen Alternative wird.

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