Ahmet Refii Dener / 14.06.2025 / 12:00 / Foto: freepik.com / 25 / Seite ausdrucken

Von wegen „Bildungspolitik“: Einfach Deutsch sprechen!

Wenn wir Hunderttausende zu Deutschen machen, dann sollten sie wenigstens auch Deutsch sprechen können. Und bitte: Lasst uns damit anfangen, bevor die Generation stirbt, die noch echtes Deutsch spricht.

Ich habe ein Problem mit dem Wort Bildungspolitik. Es klingt nach Tagungssaal, nach PowerPoint-Präsentationen und Förderanträgen, aber nicht nach dem, was täglich in deutschen Klassenzimmern passiert – oder eben nicht passiert. Wer über Schulen sprechen will, sollte lieber sagen: „Die Situation an unseren Schulen“. Denn die ist real, spürbar und zunehmend trostlos.

Ich arbeite mit Jugendlichen. Täglich. Und täglich denke ich: Es wird nicht besser. Die Lehrkräfte, die ich treffe, sind oft mit Herzblut bei der Sache – und gleichzeitig in ihrer eigenen pädagogischen Blase gefangen. Sie ziehen ihr Programm durch. Ob die Schüler mitziehen, ist eine andere Frage. Wenn sie überhaupt erscheinen.

Natürlich gibt es Ausnahmen: Schüler, die wirklich wollen. Lehrer, die tatsächlich etwas erreichen. Aber im Alltag? Da läuft der Unterricht. Die Schüler – vielleicht auch. Die Realität an vielen Schulen sieht nämlich so aus: Lehrkräfte unterrichten, weil es der Plan vorgibt. Dass vorne einer steht, ist sicher. Ob hinten jemand zuhört, bleibt offen. Lehrkräfte müssen heute Inklusion, Digitalisierung, Diversität, Traumapädagogik und Genderkompetenz beherrschen – nur das Unterrichten selbst scheint kein Prüfungsfach mehr zu sein.

Sprache als Stolperstein

Das eigentliche Problem sitzt viel tiefer. Es beginnt mit der Sprache. In welcher Sprache soll man eigentlich unterrichten? Deutsch scheint es nicht mehr zu sein. (Ironie, aber nur halb.) Viele Schüler – vor allem aus Afghanistan, Syrien oder afrikanischen Ländern – haben entweder nie eine Schule besucht oder nur sporadisch. Wenn man ihre Muttersprache hört, fällt auf: Es werden dieselben 200 Wörter in verschiedenen Tonlagen variiert. Damit kann man überleben, aber kein Deutsch lernen. Und schon gar nicht verstehen, was da auf dem Arbeitsblatt steht. Leseschwäche ist dann nur das Symptom. Wer nichts versteht, kann auch nicht lesen. Ganz einfach. Und bevor jemand „Integration!“ ruft: Wie sollen wir integrieren, wenn nicht mal das gemeinsame Sprechen funktioniert?

Mein Neffe – aufgewachsen in der Schweiz – schrieb in jungen Jahren drei Zeilen mit zwölf Rechtschreibfehlern. Ich fragte seine Eltern: „Warum unternehmt ihr nichts?“ Die Antwort: „Die Lehrerin sagt, das kommt noch.“ Und ja, es kam tatsächlich. Heute, mit 18, schreibt er korrekt. Aber es war ein langer Weg. Erst sprechen lernen, dann lesen, dann schreiben. Das ist ein Weg. Nur – wie soll das funktionieren, wenn man mit 13 in eine Klasse geworfen wird, ohne ein Wort Deutsch?

Ich selbst habe das erlebt. Damals – als einziger „Ausländer“ auf dem Gymnasium – wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Kein Förderunterricht, keine „Willkommensklasse“. Aber ich hatte einen Vorteil: Ich war allein. Keine Parallelgesellschaft, kein Rückzugsraum. Ich musste Deutsch lernen. Heute? Da ist die Mehrheit in manchen Klassen die Minderheit. Wer soll da wen integrieren?

Vom Lehrbuch zur Lebenswirklichkeit

Und dann kommen noch die modernen Ablenkungen: Games, TikTok, WhatsApp. Lehrer kämpfen gegen eine Aufmerksamkeitsökonomie, gegen die sie nicht gewinnen können. Eltern verzweifeln: „Wir kriegen ihn nicht vom Zocken weg!“ Willkommen im Alltag.

Aber bleiben wir bei der Sprache. Deutsch muss wieder die gemeinsame Basis werden. Nicht perfekt, nicht grammatikalisch einwandfrei. Aber funktional. Verständlich. Alltagstauglich. Ich selbst hatte in Deutsch oft schlechte Noten – weil ich mich nie für Grammatikregeln interessierte. Bei Aufsätzen, Geschichten oder Analysen bekam ich allerdings Einsen. Ich schrieb nach Gefühl – und das reichte. Die Regeln? Unwichtig. Ich kann schreiben, reden, verstanden werden – das ist entscheidend.

Ich plädiere dafür, die Regeln da zu vergessen, wo sich ohnehin keiner daran hält – nicht mal an Messerverbotszonen. Sprache muss leben. Sie muss verbinden. Am Anfang jedes Miteinanders steht die gemeinsame Sprache. Alles andere ist Lärm. Wir brauchen keine „Bildungspolitik“ im klassischen Sinne. Wir brauchen pragmatische Ideen. Mein Vorschlag: Gebt den Schülern eine Überschrift – und lasst sie recherchieren. Ja, sie werden Inhalte kopieren. Aber glaubt mir: Auch dabei lernt man mehr als bei Frontalunterricht mit halbleeren Klassenzimmern.

Wenn wir Hunderttausende zu Deutschen machen – durch Pässe und Politik –, dann sollten sie wenigstens auch Deutsch sprechen können. Nicht Goethe, nicht Grass – aber immerhin Grundschule. Und bitte: Lasst uns damit anfangen, bevor die Generation stirbt, die noch echtes Deutsch spricht.

 

Ahmet Refii Dener ist Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.

Foto: freepik.com

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Egon Conrad / 14.06.2025

Linke und Kommunisten haben vor nichts Respekt, schon garnicht vor einem geordenten Gemeinwesen mit kulturellen verbindlichen Regeln, das Maß aller Dinge ist die permanente Zerstörung. Heraus kommt der moderne Einmann. Egal woher, wohin und überhaupt. Je größer die Destruktion, desto begeisterter der sozialistische Revolutionär. Einziges Ziel die Massen sollen Brot fressen, er aber bevorzugt Kuchen, steht ihm ja zu, glaubt er. Solange die Kuchenbäckerei funktioniert ist die Revolution gerettet.

Armin Führmann / 14.06.2025

Jou, -  da sagst Du was. Schon die Eingangsworte, wie die zum Schluss sind strategisch überlegenswert und richtig.  Weiß eigentlich jemand hier, warum so Viele online ohne Bindestrich oder nicht als zusammengesetzte Begriffe schreiben, wie im Englischen oder Türkischen ? Ganz übel wir mir dann immer, wenn auch noch reihenweise Adjektive groß geschreiben werden oder Punkt und Komma. Überl entwickelt sich auch das Sprachniveau beim WDR, - in Richtung Stümmeldeutsch. Zum Beispiel werden immer wieder Sätze begonnen, - besonders schlimm, wenn es Absatz-Beginne sind ohne ordentliche Einleitung, wie “Gestern abend wurde in Dortmund . . .” oder wenigstens mit “Gestern . . .” oder “Erneut ... ” oder auch nur “Es gibt .  . .”. - Nein, es wird nicht selten ohne dem Hörer Orientierung zu geben oder Aufmerksamkeit zu erleichtern mittenreingequatscht, wie mit “Gibt jetzt wieder Veranstaltungen ....”, - schrecklich:  Gewissermaßen tun die mi ihrer verkrüppelten Kommunikation so, als ständen sie einem gegenüber. Oder als wären sie im Fernsehen, wo ja neben den rein gesprochenen Wort noch Mimik und Gestik herüberkommt und so auf den Beginn eines neuen Themas oder neuen Absatzes aufmerksam macht. Ich habe einen italienischen Kollegen, der ca. 35 Jahre hier ist, gut spricht und nie einen Sprachkurs belegt hat: Daher fehlen ihm immer mal wieder eine Silbe oder ein “kleines Wort”, sodaß ich ihn nicht direkt verstehe, sodaß er wütend wird, wenn ich reagiere mit, “Meinst Du das so . . . oder so . . .” und versuche, den “kleinen” aber entscheidenden Unterschied zu erklären.

dr. gerhard giesemann / 14.06.2025

Angesichts der Demografie allein der Türken ist das aussichtslos.

Marc Greiner / 14.06.2025

Es liegt nicht an der Sprache sondern an der Religion. Was wäre denn anders wenn alle perfekt Deutsch sprechen würden. Nichts. Man würde das Gleiche sagen und danach handeln. Schauen Sie doch mal nach Frankreich oder England. Die haben aus den Mahgreb-Staaten resp. Pakistan perfekt Französich und Englisch sprechende Einwanderer. Und, nützt es etwas? Wie es Broder schon auf seiner Deutschland-Safari über einen Türken sagte: “Aussen ein neuer Computer, innen noch die Technik von Atari”. Abgesehen davon, schauen Sie doch mal die einheimischen grünen Politiker an. Mindern deren Deutschkenntnisse den Schaden den sie anrichten? Eben.

Wolfgang Richter / 14.06.2025

@ Xaver Huber - “Und was die Generation der Achtzehnjährigen anbelangt, ist jene mitten in der Analphabetisierung.” - Dazu haben sicher auch die von “oben” verordneten, teils zurückgenommenen Versuche sog. “Rechtschreibreformen” ihr Teil beigetragen, wie aktuell die “gendersche” Sprachpanscherei. Paßt zum allgemeinen Politikziel “legal, illegal, scheißegal”. Ist auf alle möglichn Felder von Politik und Gesellschaft übertragbar.

Wolfgang Richter / 14.06.2025

“Die Lehrkräfte, die ich treffe, sind oft mit Herzblut bei der Sache” - Was die heute als DEUTSCH “unterrrichten” ist doch durch Gendervorgaben verunstaltende Sprachpanscherei. Da kann man den Integrationsgeforderten auch gleich einen regionalen Dialekt als DEUTSCH verkaufen. Wie wärs mit reinstem Schwäbisch?

Rolf Menzen / 14.06.2025

Ich lebe in einem Stadtviertel mit hohem Migrantenanteil und fahre regelmäßig mit den Öffis zur Arbeit. Dabei fällt mir auf, dass die migrantischen Mädchen, egal ob mit Kopftücher oder ohne, meistens recht gut Deutsch sprechen und sich auch selbst innerhalb einer Gruppe mit gleichem Hintergrund auf Deutsch unterhalten. Probleme haben meistens eher die Jungs.

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