Ulrike Stockmann / 01.06.2022 / 14:00 / Foto: Achgut.com / 41 / Seite ausdrucken

Von der Frau zur Menstruierenden

Die Debatten um den „Menstruationsurlaub“ wirken grotesk, weil sie ständig von „Menschen mit Gebärmutter“ reden. Doch zieht man die trans-aktivistische Verbrämung ab, scheint der kleine Unterschied plötzlich wieder salonfähig.

Nachdem die spanische Regierung bekanntgab, einen „Menstruationsurlaub“ für Frauen einführen zu wollen (Achgut berichtete), postete die ZDF-Sendung WISO bei Instagram eine Kachel, die nach ihrem Erscheinen eine Empörungswelle auslöste. Denn dort stand: „10 % der Menstruierenden können ihren Alltag während der Periode nicht bewältigen.“ Im Begleittext dazu heißt es:

Für Frauen und weitere menstruierende Personen* (*Hiermit sind Frauen und weitere Personen gemeint, die menstruieren, z. B. trans* Menschen) gehören physische und psychische Beschwerden während der Periode oft dazu. Die spanische Regierung hat jetzt einen sogenannten ‚Menstruationsurlaub‘ für Betroffene beschlossen. Denn in Spanien erhalten Arbeitnehmer*innen häufig erst ab dem 4. Tag einen prozentualen finanziellen Lohnausgleich. Was gegen solch eine Regelung in Deutschland spricht: 

Wenn du starke Menstruationsbeschwerden hast, kannst du dich in Deutschland einfach krankmelden. Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt, dass Arbeitnehmer*innen auch bei geschlechterspezifischen Krankheitssymptomen, wenn sie nicht in der Lage sind, ihrer Arbeit nachzukommen, ihren vollen Lohn erhalten.“

Es wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Regelung Frauen stigmatisieren könnte, da sie eine geringere Leistungsfähigkeit impliziere und außerdem datenschutzrechtlich problematisch sein könnte. WISO fügt hinzu:

„Aber: Durch die Einführung von freien Tagen für Frau(en) und weitere menstruierende Personen könnte mehr Aufmerksamkeit auf die Situation von Betroffenen gelenkt werden.“

Mit Regelschmerzen „Unternehmenskultur verändern“

Die absurde Formulierung „Menstruierende“ rief einige Kritiker auf den Plan, die in der Kommentarspalte ihrem Unmut Ausdruck verliehen. Auf den ersten Blick hätte man vermuten können, dass womöglich mit einem Praktikanten die Pferde durchgegangen sind, doch die Kachel steht seit dem 19. Mai unverändert an Ort und Stelle, und WISO bemüht sich, diplomatisch auf die entrüsteten Nutzeräußerungen zu reagieren. Folgendes weitere Statement wurde hinterhergeschickt:

Liebe Community, wir sind für einen respektvollen und freundlichen Umgangston. Daher schließen wir mit unseren Formulierungen alle Formen der geschlechtlichen Identität und persönlichen Wahrnehmung mit ein. Diskriminierung und Ausgrenzung möchten wir damit vermeiden. ^mp.“

Am vergangenen Samstag fand darüber hinaus der „Weltmenstruationstag“ statt, was den Berliner Kurier dazu veranlasste, ähnlich schräg festzustellen: „Doch mindestens einmal im Monat (bekommen) Menschen mit Gebärmuttern, meist Frauen, bis zu einem bestimmten Alter die Regel. Über das Thema wird selten öffentlich geredet.“

Warum sich ausgerechnet ein Boulevardblatt an dieser Stelle in politischer Korrektheit übt, bleibt ebenso unbegreiflich, wie der hinzugefügte Appell, durch einen offenen Umgang mit Regelschmerzen „Unternehmenskultur verändern“ zu können.

Pochen auf biologische Unterschiede

Es erscheint überflüssig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es bestimmt als Zwitter Geborene mit Regelblutung oder als Mann lebende Frauen gibt, die (noch) nicht konvertiert sind und daher ihre Tage bekommen – und dass dennoch die Periode ein durch und durch weibliches Phänomen ist, das so gut wie ausschließlich biologische Frauen betrifft.

Ideologische Begriffe wie „Menstruierende“ oder „Personen mit Gebärmutter“, sind verlogen und ärgerlich, für mich bei der Angelegenheit jedoch nicht der springende Punkt. Denn vermutlich unfreiwillig bringen die Menstruations-Aktivisten ein Tabu-Thema aufs Tapet, dessen Konsequenz sie vermutlich nicht zu Ende gedacht haben: Die transrechtlich verbrämte Forderung ist im Kern ein Pochen auf biologische Unterschiede zwischen Mann und Frau, aus denen sich geschlechtsspezifische Auswirkungen auf das tägliche Leben ableiten. Der „Menstruationsurlaub“ ist im Grunde nichts anderes als eine Zementierung der bipolaren Geschlechtsordnung – und damit fast schon reaktionär!

Vor allem Feministinnen der alten Schule scheinen den Braten zu riechen und reagieren daher entsprechend ablehnend. So hatte sich die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño gegen den Gesetzesentwurf positioniert, mit der Begründung: „Niemals wird diese Regierung Regeln verabschieden, die Frauen stigmatisieren.“ Dabei gilt Calviño „eigentlich als entschiedene Verfechterin der Frauenrechte“, wie sich die Tagesschau wundert. Im selben Beitrag wird die spanische Journalistin May Mariño von der Nachrichtenagentur Servimedia zitiert: „Für manche der 'alten' Sozialistinnen in der Regierung klingt 'Menstruationsurlaub' nach einer Rückkehr dazu, die Regel als Makel zu sehen, deswegen sprechen sie von Stigmatisierung.“ Die spanische Arbeitsministerin Yolanda Diaz hatte zum Thema geäußert: „Stigmatisierung ist es, wenn man nicht versteht, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind und die Arbeitswelt kein Neutrum.“ Männer und Frauen sind unterschiedlich? Seit wann denn das (wieder)?

Eine Mücke zum Elefanten aufgeblasen

Ich persönlich bezweifle den real-politischen Nutzen eines „Menstruationsurlaubs“. Mir sind nur wenige Frauen bekannt, denen es während ihrer Periode so schlecht geht, dass sie sich nicht arbeitsfähig fühlen. Wie bei Achgut bereits Sabine Beppler-Spahl erläuterte, dürfte in diesen Fällen eine normale Krankschreibung reichen oder im Zweifel die gute alte Schmerztablette. Dass in Spanien anscheinend eine Krankschreibung immer mit Lohneinbrüchen einher geht, mag eine andere Ausgangslage darstellen. Einen konkreten Anlass für den Gesetzesentwurf scheint es jedoch nicht zu geben, sodass mutmaßlich vonseiten der Politik mal wieder eine Mücke zum Elefanten aufgeblasen wurde. Beppler-Spahl findet außerdem, die Diskussionen um den Menstruationsurlaub seien „eine moderne Version des alten Stereotyps des hysterischen, ewig kranken Weibes“. Ja und nein.

Natürlich besteht die Gefahr einer reaktionären Stigmatisierung weiblicher Arbeitskraft. Trotzdem sollte man die Bedeutung des Zyklus nicht zu geringschätzen. Meine eigene Gemütslage befindet sich ziemlich zuverlässig damit im Einklang – und meinem jeweiligen Hormonspiegel. Ich habe mich oft gefragt, ob die emotionale Achterbahnfahrt, die ich mit jedem Lauf des Mondes durchmache, nicht einen schreienden Widerspruch zu dem durchgetakteten Rhythmus darstellt, der den Menschen im 21. Jahrhundert auszeichnet. Unser modernes Leben erfordert gleichförmige Regelmäßigkeit, und der vierwöchige weibliche Zyklus ist so ziemlich das Gegenteil davon – nämlich eher eine Sinuskurve. Das mag jede Frau anders empfinden, ich glaube aber schon, dass unterm Strich unsere Tagesform nicht unerheblich davon abhängt, ob wir gerade unseren Eisprung oder PMS haben.

Keine Sorge, ich möchte nun nicht meinerseits auf eine Sonderpause für arme, schwache Frauen pochen. Es gehört jedoch zum Frausein dazu, mit einem regelmäßigen hormonellen Schwanken konfrontiert zu sein und im Zweifel eher nicht den Gleichmut eines Brauerei-Gauls zu besitzen. Leider werden derartige Bekenntnisse schnell als rückwärtsgewandt abgestempelt, weil die Losung heißt, dass Frauen und Männer so gleich wie möglich sein sollen. Ich finde es daher sehr ironisch, dass ausgerechnet woke Kreise den Fokus auf das ureigenste weibliche Phänomen gelegt haben. Natürlich ist der entstandene Diskurs verkopft und debattiert am Thema vorbei – Naturgegebenes scheint beim Politisch-Korrekten stets nur im Gewand des Problems vorkommen zu können. Dennoch steht mit dieser Debatte automatisch ein rosa oder vielmehr ein roter Elefant im Raum – nämlich der des biologischen kleinen Unterschieds. Ein Versehen mit Folgen? Ich glaube jedenfalls, ein bisschen Monatsmythos kann der modernen Frau nicht schaden.

Foto: Ulrike Stockmann

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Peter Woller / 01.06.2022

Sind die grünen Sexologen nur wohlstandsverwahrlost? Nein. Hier läuft ein Frontal-Angriff auf die uralte Bestimmung des Menschen als Mann und Frau. Ist mein Argument “Rechtsradikal”, also Nazi? Nein. Die ganzen “Breiten Bündnisse gegen Rechts” sind in Wirklichkeit “Breite Bündnisse für Grün”. Einfach mal drüber nachdenken. Denn diese ganzen “Breiten Bündnisse gegen Rechts” sind dieser grünen Ideologie aufgesessen und haben sich damit zu grünen Büttel und grünen Lakaien machen lassen. Und von diesen sogenannten “Breiten Bündnissen gegen Rechts” lasse ich mich nicht länger als “Nazi” beschimpfen. Die politischen Maßstäbe stimmen hinten und vorne nicht mehr. Hier stimmt gar nichts mehr. Noch mal: “Breite Bündnisse gegen Rechts” sind in Wirklichkeit “Breite Bündnisse für Grün”. Und etliche Sozialverbände, Kirchen, und Gewerkschaften machen hier mit.

Wilfried Grün / 01.06.2022

Und wenn ich mich als Menstruierenden Rasierer definieren tu?

Raimund Stuflwasser / 01.06.2022

Judith Butler liegt also doch eher falsch. Gender ist nicht nur eine soziale Konstruktion. Die Biologie bestimmt objektiv auch subjektive Wirklichkeit. Ich vermute ja, dass man Männern, die sich für Frauen halten, stärker an eben diese Menstruationsschmerzen heranführen müsste. Vielleicht vergeht ihnen dann recht schnell ihr frauliches Empfinden? Werden die Menstruationsschmerzen bei Transfrauen eigentlich systematisch integriert oder leben die schmerzfrei? Wann wird die Penektomie eigentlich für männliche Sexualstraftäter eingeführt?

Wolfgang Richter / 01.06.2022

Wenn die holde Weiblichkeit keine anderen Probleme hat, kann sie sich ja beim Vulven-Malen entspannen, ala letztem Evangelen- Kirchentag, wahlweise mit dem Hintern mittels Sekundenkleber auf einer städtischen zentralen Kreuzung festgepappt. Soweit sind die Katholen aktuell offenbar noch nicht. Die schaffen noch nicht mal die Aufarbeitung der bekannt gewordenen Mißbrauchsfälle. Dafür hat Frank-Walter, der Spalter, schon mal das “Corona-Verzeihen” der gesellschaftlich Diskriminierten ins Spiel gebracht,. Wir leben im Irrenhaus, das ich nicht mehr ernst nehmen kann. Spielt mal schön alleine.

Ralf.Michael / 01.06.2022

Ich als Nicht-Menstruierender dachte immer, alle diesbeziglichen Probleme wären mir der bahnbrechenden Erfindung eines gewissen Sanitätsgefreiten Neumann gelöst worden ?

A. Ostrovsky / 01.06.2022

Ich kann nur davor warnen, den Brauerei-Gaul zu diskriminieren. In manchen Firmen gibt es ja auch den Abteilungs-Hund, der sich auf Menstruierende und Nicht-Menstruierenden eher besänftigend auswirkt. Nicht jedem Unternehmen geht es eben so gut wie den Brauereien, die von den Quartals-Trinkenden am Leben gehalten werden. Die haben gut Lachen. Bei denen muss es dann schon ein Gaul sein. Mal die Queen fragen, ob Pferde das Betriebsklima verbessern oder gefährden. Wenn sie nicht immer diese Nähe zum Reitlehrer und zum Stallknecht hätten, diese Gäule! Die Franzosen hatten sogar mal einen adligen Gaul in der Regierung. Der war General. Gut die Franzosen essen auch Schnecken und Frösche. Aber das ist noch gar nichts, wenn man bedenkt, was die Chinesen und die Engländer essen, brrr! Ich, als Nicht-Menstruierende kann da ein Lied davon singen. Also ich war mal in London. Abends um 10, wenn die Pubs schließen… Naja, das ist aber schon ein anderes Thema. Kein Wunder, dass die Männer nicht heim wollen, wenn die Menstruierenden menstruieren. Aber glauben Sie nicht, dass die Beschwerden bei denen, die da zur Polizeistunde ins Licht das aufgehenden Mondes kriechen, kleiner sind, als bei den Menstruierenden!

Burkhard Mundt / 01.06.2022

Drei Tage krank ohne Attest reichen doch aus, oder etwa nicht?

Thorsten Gutmann / 01.06.2022

Die Einen “erleiden” das einmal im Monat, der Anderen Last ist, sich täglich rasieren zu müssen. Zugegeben, der Witz hat ‘nen Bart.

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