Ich denke, dass die Menschen verschieden sind. Die einen sehnen sich nach Ruhe, Überschaubarkeit und Einsamkeit. Ich dagegen würde verrückt auf einer kleinen Insel. Ich brauche Gäste und Freunde um zu quatschen, trinken, diskutieren, musizieren, etc. In einem guten Lokal Musik machen, neue Leute kennenlernen, das ist so schön ... Eine Insel wäre für mich ein Albtraum. Ich hätte Angst, an Depressionen zu sterben ... Aber schön, dass wir so verschieden sind.
Leider muß ich hier mal höflich und ganz unpolitisch widersprechen : die eindrucksvollste Szene in ” Cast Away “ ist natürlich der Geistesblitz, mit dem ” Wilson ” erfunden wird . Als Gesprächspartner, als künstliche Instanz der Vernunft , die Noland in völliger Einsamkeit den Verstand rettet , um a)sich den eiternden Zahn zu ziehen und b) sich das Floß zu bauen und die Entschlossenheit aufzubringen , die Insel unter erneuter Lebensgefahr zu verlassen . Die Erschaffung Wilsons als Freund rettet Noland das Leben und deshalb geht einem die Abschiedsszene, in der Noland die Rettung Wilsons aufgeben muss, um zu überleben , so zu Herzen ( obwohl sie knallverrückt ist ). In einer lebensgefährlichen Notsituation in einsamer Wildnis braucht man einen “Wilson” ( und manchmal nicht nur dort ) , um zu überleben . Sonst ist man dran . Filmtip : “127 Stunden” . ( Nichts für schwache Nerven )
Einfach fahren, ein herrliches Lebensgefühl, was dann wohl nicht nur Biker, Triker, Quadfahrer, sondern auch Autofahrer kennen. Fahren um des Fahrens Willen, Gegend genießen, im eigenen Landkreis zahllose neue Straßen, Querverbindungen und Orte kennenlernen, zu denen man ohne Anlass nie hingefahren wäre, das war mein Urlaubsersatz in Zeiten der Freiheitsbeschränkung. So lange ich ohne Bescheinigung über geimpft, gechipt, entwurmt und tätowiert nirgendwo reingelassen werde, bleibt es auch dabei. Meine Insel heißt Glotze aus, Musik aus dem Internet ohne Propaganda, Kästners August genießen: „Nun hebt das Jahr die Sense hoch ...“, Freunde und Familie auch reell, nicht nur virtuell besuchen. Erinnert das uns Ex-Zonis nicht an ehemalige Nischen? Anfangs hat mir die Polizei noch leid getan, lächerlich mit Gesichtsfromms zu zweit im Streifenwagen, während der Ausgangssperren im Kreisverkehr immer im Kreis fahrend und so bedrohliche Präsenz und Abschreckung zeigend. Inzwischen empfinde ich die Schergen nur noch als lächerlich, dumm und brutal. Zum Glück muss ich nicht aus dem Haus, wenn ich nicht will und kann mir fast alles drei Treppen hoch in die Wohnung tragen lassen oder an einer Extratür beim Abholservice in Empfang nehmen. Noch vor wenigen Jahren wurde vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen eines „Cocooning“ gewarnt, heute soll es eine Tugend sein. Der Wahnsinn soll ja im Herbst für nichts und wieder nichts noch um ein paar Umdrehungen angekurbelt werden. Mir kommt es wie 1989 vor, das letzte brutale Um-sich-schlagen eines failed state. Passen wir auf unsere Kinder auf.
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