Stefan Frank / 10.04.2023 / 16:00 / Foto: Alternative libertaire / 10 / Seite ausdrucken

„Unser Boykott richtet sich gegen Juden“

Der BDS-Chefdemagoge Omar Barghouti macht in einem Interview klar, dass sich der Israelboykott seiner Bewegung nur gegen israelische Juden richtet.

Gelegentlich hört man im deutschsprachigen Raum die irrwitzige Behauptung, die Boykottkampagne BDS (Boycott, Divestment, Sanctions), die den Staat Israel zerstören und durch einen nicht-jüdischen Staat „Palästina“ ersetzen will, sei gar nicht antisemitisch. Ein paar Beispiele:

Der israelisch-deutsche Philosoph Omri Boehm stellte diese Diagnose 2020 auf Zeit Online. Der Schweizer Presserat glaubt das auch.

Auch die vom Goethe-Institut und anderen staatlich finanzierten deutschen Kulturinstitutionen unterzeichnete Pro-BDS-Initiative GG 5.3 Weltoffenheit beruht auf der Idee, dass BDS nicht antisemitisch sei; anderenfalls wäre es ja nicht möglich, sich gegen den Anti-BDS-Beschluss des Deutschen Bundestages zu wenden, gleichzeitig aber – wie die Unterzeichner das tun – zu behaupten: „Der gemeinsame Kampf gegen Antisemitismus (…) steht im Zentrum unserer Initiative.“

Zudem müssen die Unterzeichner des Textes den Antisemitismus von BDS leugnen, wenn sie ausgerechnet in dem Mob der Israelboykotteure „wichtige Stimmen“ ausgemacht haben wollen, die durch angeblich „missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs“ davon bedroht seien, „beiseitegedrängt“ zu werden.

Barghoutis Frau ist Israelin

Und dann ist da noch der bekannte Erziehungswissenschaftler und Publizist Micha Brumlik, der in einem Beitrag für die Website dis:orient ebenfalls behauptete, BDS sei nicht antisemitisch, sich aber die Hintertür offenhielt, seine Meinung könne sich jederzeit ändern. Brumlik schrieb:

„In diesem Zusammenhang bietet sich auch ein Lackmustest an, ob die BDS-Bewegung nicht doch auch antisemitische Züge aufweist: sollte auch nur ein Fall bekannt werden, bei dem die Bewegung christliche oder muslimische Personen israelischer Staatsangehörigkeit nicht boykottieren, so wäre der Beweis erbracht, dass diese Politik sich nur gegen jüdische Israelis richtet. Meine Antwort auf die Frage, ob BDS antisemitisch ist, würde sich in diesem Fall ändern.“

Wenn wir uns auf einen Fall beschränken wollen, wie wäre es mit Sara Tamish, der Ehefrau des BDS-Führers und Chefdemagogen Omar Barghouti? Sie ist arabische Israelin, ihretwegen hat Barghouti in Israel Aufenthaltsrecht. Davon, dass Omar Barghouti seine Frau boykottiert, weil sie Israelin ist, ist zumindest öffentlich nichts bekannt.

Nur gegen jüdische Israelis 

Angesichts all der wiederkehrenden Versuche, den Antisemitismus der Israelboykott-Bewegung in Abrede zu stellen, ist es hilfreich und löblich, dass Omar Barghouti nun noch einmal klargestellt hat: BDS richtet sich gegen Juden

Der Zusammenhang, in dem er dies sagte, war die „Anti-Normalisierungs“-Kampagne, die sich gegen jegliche Kontakte zwischen Arabern und jüdischen Israelis richtete, es sei denn, diese Kontakte finden zum Zweck des Kampfes gegen Israel statt. „Normalisierung“, so Barghouti, „ist die Teilnahme an jeglichem Projekt, jeglicher Initiative oder Aktivität, vor Ort oder international, bei der auf derselben Plattform Araber – Palästinenser inbegriffen – und Israelis, ob Institutionen oder Einzelpersonen, zusammengebracht werden“. Anschließend präzisierte Barghouti, was „israelische Seite“ bedeutet:

„Israelische Seite heißt jüdische (!) Israelis beziehungsweise jüdische (!) israelische Institutionen.“

Das Video, in dem Barghouti diese Äußerung macht, ist auf der Website des Pro-Israel-Bloggers Elder of Ziyon zu sehen. Elder of Ziyon buchstabiert in seinem kommentierenden Text aus, was die oben genannte Forderung Barghoutis in der Praxis bedeutet:

„Es ist keine 'Normalisierung', sich mit israelischen Arabern oder israelischen Christen zu treffen, selbst wenn diese Zionisten sind. Das 'Verbrechen' der Normalisierung betrifft nur Treffen mit Juden.“

Die Frage, ob ein Israeli zu boykottieren ist, hängt einzig davon ab, ob er jüdische Verwandte hat. Sollte die Frage nicht auf Anhieb zu beantworten sein, würden die Boykotteure wohl wie weiland einen Abstammungsnachweis verlangen, der die Herkunft aus einer nichtjüdischen Familie beweist.

Boykott aufgrund von Nationalität und Religion

Die israelische Journalistin Amira Hass von der Tageszeitung Haaretz bekam das im September 2014 zu spüren. Damals war sie schon bekannt als jemand, der Steinwürfe auf Autofahrer rechtfertigte, sofern diese aus der Perspektive des Steinwerfers „jüdisch“ aussehen. „Steinwürfe sind ebenso eine Aktion wie eine Metapher des Widerstands“, philosophierte sie, nachdem bereits zahlreiche Menschen, darunter Kinder, durch Steinwürfe getötet worden waren.

Trotz ihres Hasses auf Israelis wurde ihr bei einer Konferenz der deutschen Rosa-Luxemburg-Stiftung an der palästinensischen Universität Birzeit bei Ramallah der Zutritt verwehrt, weil sie Jüdin war. Darüber schrieb Hass anschließend einen trotzigen und mit Vorwürfen gespickten Artikel.

BDS bedeutet, Israelis zu boykottieren, sofern sie jüdisch sind. In vielen Ländern, darunter Deutschland und Österreich, fände ein solcher Boykott keinerlei Akzeptanz. Wohl kein Politiker, Journalist oder Intellektueller würde die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Nationalität oder Religion verteidigen – jedenfalls dann nicht, wenn man dies so klar aussprechen würde. 

Darum rückt BDS in Deutschland lieber den „Warenboykott“ in den Fokus. Und darum tut Omar Barghouti im Gespräch mit deutschen Journalisten das, was er am besten kann: Er lügt. In einem Interview, das er vor acht Jahren dem eifrig nickenden Journalisten Tilo Jung gab, sagte er (ab Minute 15:31):

„Im palästinensischen Boykott rufen wir nicht dazu auf, einzelne Personen zu boykottieren. Es ist nur ein Boykott von Institutionen, die gemeinsame Sache machen. Das Thema Identität ist hier nicht wichtig. Es kommt darauf an, ob man an Verbrechen, an Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist.“

Man vergleiche die Äußerung mit der obigen, wo er – an ein anderes Publikum gerichtet – sagt, dass kein Araber gemeinsam mit einem israelischen Juden irgendwo auf der Welt an irgendeiner „Aktivität“ teilnehmen dürfe. Er selbst, als der Chef, ist übrigens von allen Regeln befreit, die für andere gelten sollen. An der israelischen Universität Tel Aviv, die andere boykottieren sollen (weil sie eine jüdisch-israelische Institution ist), hat der Boykott-Führer Philosophie studiert und 2009 Examen gemacht.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

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Peter Woller / 10.04.2023

Juden sind böse. Grüne sind gut. Querdenker sind böse. ARD und ZDF sind gut. Montagsspaziergänger sind böse. LGBTQ ist gut. Familie ist böse. Putin ist böse. Der “Werte”-Westen ist gut. Interessant. Es wird wieder in den biblischen Kategorien von Gut und Böse gedacht, entschieden, und gehandelt. Was ist denn jetzt “Gut” oder “Böse”?

Franz Klar / 10.04.2023

Der Heizungsboykott unserer Regierung richtet sich gegen alle Glaubensrichtungen . Diskriminierungsfrei !

Lutz Liebezeit / 10.04.2023

Es gibt in jeder Kultur einen Weltschöpfungsmythos, da bietet das Alte Testament nichts besonderes. Und wahrscheinlich wäre das ohne Jesus unter Ferner liefen zur Randerscheinung geworden wie Zeus und Athene, die nordischen Götter, die keltischen Götter, die gallischen Götter, die römischen Götter, die polynesischen, griechischen, chinesischen Götter und der große Manitou, oder die ägyptischen Götter und die hinduistischen Götter. Das Alte Testament, sprich, das Judentum, wird vom Christentum in den Vordergrund gezogen, aber dazu gehört auch jemand, der sich ziehen läßt. Jesus hätte ebenso gut aus den ägyptischen Göttersagen hervorgehen können als Sohn des Amun Re. Die Schöpfung ist genau so plausibel, aber da wäre er wahrscheinlich nicht so populär geworden. Die strickte Ablehnung des Christentum hat wohl ihren Teil zur Fokussierung auf das Judentum beigetragen. Glücklich das Volk, dessen Geschichte sich langweilig liest. Wer ständig im Vordergrund steht, ob mit oder ohne eigenes Zutun, der zieht nicht nur die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Vielleicht nimmt Israel sich uns seine Thora zu ernst? Wo ist das Problem? Das Christentum hat die jüdischen Kulte ziemlich schnell abgelegt. Und es sind nur Splittergruppen, denn Mose glaubte nicht an Lohn und Strafe und Jenseitigkeit? Ist doch gut so einen berühmten Sohn zu haben? Nimmt man das mal genau, war der Gott Israel ein kanaanitischer Berggott, der seine Zuständigkeit nur für das Volk Israel sah. Wenn die ersten Christen den verallgemeinert haben, dann ist das womöglich gar nicht dieser Gott, sondern ein anderen? Die hätten auch Allvater Odin verallgemeinenr können, Bahma und Manitou. Von der Eignung sind die gleich. Vielleicht wird auch nur so hartnäckig dran festgehalten, weil man sich nicht sicher ist?

Klaus Keller / 10.04.2023

Jörg Baberowski erklärt in seinen Beschreibungen der Sowjetunion das diese ihr Verhältnis zu Juden änderte nachdem Israel als Staat sich am Westen orientierte. Die DDR betrieb eine palästinenserfreundliche Politik im Prinzip auch nur um in der Region politisch einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Da im israelischen Kibbuz der Kommunismus funktioniert hatte, hätte es theoretisch auch sein können das aus Israel ein sozialistischer Staat im kommunistischen Lager wird. Ich weiß nicht wie groß die Wahrscheinlichkeit war, aber ich kann mir vorstellen das alles auch anders hätte verlaufen können. Moskau hätte die Terroristen die Bomben in den Hotels der britischen Besatzer detonieren ließen auch auch fördern können. Vielleicht tat es das. Einer dieser Terroristen wurde später Staatspräsident und erhielt einen Friedensnobelpreis.

holger milde / 10.04.2023

Erfreulich “ungestört” liefen die bekannten & geschätzten Kriegs & Genozidfanatiker, wiederum schön toleriert & unterstützt vom LinxGRÜEN Berlinstambuler Senat & Pozilei, die sich dankenswerterweise wiederholt von ihrer kultursensibelsten Seite & Verständnis zeigten. Bei den überaus gefährlicheren Coronamaßnahmenkritikern & Staatsdelegitimierern hieß es da natürlich janz schnell ´n Knüppel ausm Sack, un nix wie druff, uffe Omas, un nich verjessn sin´ jene 3 dollen Tschakos , die´n Reichtagsstuam verhindert ham, Dafüa jabs auch ordntlich Lametta, vom Walterspalter….

Bastian Kurth / 10.04.2023

Frau Faeser, handeln Sie - SOFORT oder Ihre eh schon mehr als fragwürdige Einstellung wird immer offenkundiger….

Peer Doerrer / 10.04.2023

Im besten Deutschland das wir je hatten wieder eine antisemitische Demo heute in Berlin . Und was wird von Seiten der Staatsmacht getan ? Nichts ...wegsehen ! Widerlich ! Wo sind denn die sogenannten Antifaschisten ?

Klaus Keller / 10.04.2023

...die den Staat Israel zerstören und durch einen nicht-jüdischen Staat „Palästina“ ersetzen will, sei gar nicht antisemitisch… Schon deutsche Nationalsozialisten hatten Journalisten aufgefordert nicht von Antisemitismus zu reden da man mit den Arabern, Sinn gemäß, gut und gerne zusammenarbeitet und die auch Semiten seien. Man hasste nur die Juden.

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