Ulrike Stockmann / 23.08.2019 / 15:00 / 19 / Seite ausdrucken

Syrerinnen in Deutschland: „Wir wollen frei sein“

In einem aktuellen Video der „Initiative an der Basis“ kommen zwei syrische Schwestern zu Wort, die im Zuge der Migrationskrise nach Deutschland kamen. Sie berichten von ihrem Leben in ihrer Heimat, ihren Erfahrungen in Deutschland – und wie sie hier den Mut fanden, sich gegen die Konventionen ihres Kulturkreises zu stellen und ein neues Leben zu beginnen.

Die beiden Frauen wollen unerkannt bleiben, daher liegt ein Filter über dem Videobild. Dennoch wirken ihre Schilderungen – größtenteils auf Arabisch mit deutschen Untertiteln – aussagekräftig und eindringlich.

„Er ist nach Deutschland gegangen als Flüchtling“, berichtet die Hauptrednerin über ihren Mann, der im Libanon arbeitete, während sie bei seiner Familie in Syrien lebte. Nach einem Aufenthalt im Libanon folgte sie ihm nach Deutschland. Dort lebten sie noch zwei Jahre zusammen, ehe sie sich scheiden ließ, nachdem er gegen sie gewalttätig geworden war. Sie floh mit ihren zwei Kindern ins Frauenhaus. Nach rund einem Monat ließ sie sich von ihrem Mann dazu erweichen, ihn die Kinder besuchsweise sehen zu lassen. Dies ging zweimal gut. Beim dritten Mal entführte er sie jedoch in den Libanon, wo sie seit acht Monaten leben. Trotz Verfremdung des Bildes ist die Trauer in den Augen der jungen Frau deutlich sichtbar, wenn sie über den Verlust ihrer Kinder spricht. Dies ist der Tiefpunkt der furchtbaren sechs Jahre, die sie als Ehefrau zubrachte.

Putzen, helfen, bedienen

„Ich komme aus Syrien, aus einer armen konservativen muslimischen Familie“, berichtet sie weiter. „Ich wurde mit 18 Jahren verheiratet. Ich kannte (meinen Ehemann) nicht, meine Familie hatte ihn für mich ausgesucht. Sie sagten, er sei ein guter Mann. 'Du muss ihn heiraten!' Ich glaubte ihnen, und dachte, dass ich ein neues gutes Leben beginnen kann.“

Doch dem war nicht so. 25 Tage nach der Hochzeit ging er in den Libanon zum Arbeiten und ließ seine Frau bei seiner Familie zurück, die sie behandelte wie eine Sklavin: „Ich (...) musste es jedem recht machen. Ab frühmorgens putzen, helfen, bedienen, gehorchen. Immer darauf achten, nicht zu missfallen, unartig zu sein oder jemand wütend zu machen. Immer zu Hause sein. Ich ging nicht studieren, durfte nichts für mich selbst tun (...) Frauen in Syrien müssen früh heiraten und ihrem Ehemann und seiner Familie gehorchen.“ Es war ihr nicht einmal erlaubt, zum Einkaufen in einen Laden zu gehen. Selbst die Kinder in der Familie ihres Mannes durften sie herumkommandieren.

Total isoliert verrichtete sie vier Jahre lang als Schwiegertochter Dienste, während ihr Ehemann nur vorübergehend zu Besuch kam. Er holte sie schließlich zu sich in den Libanon, wo die gemeinsame Tochter zur Welt kam. Eine bessere Behandlung konnte sie jedoch von ihrem Mann nicht erwarten: „Nach der Heirat zwang er mich unter die Totalverschleierung (einschließlich Handschuhen). Ich musste ihm völlig gehorchen. Wenn er Sex wollte, musste ich ihm dienen.“ Fünf Monate nach der Geburt des gemeinsamen Kindes ging er nach Deutschland. Anderthalb Jahre danach kamen seine Frau und Tochter nach.

Er wollte sie mit einem Messer töten

In Deutschland wurde ihr endgültig klar, dass sie so nicht weiterleben konnte. Sie hatte gehofft, nun mehr Freiheiten zu bekommen, doch ihr Mann wollte nach wie vor, dass sie nur zu Hause sitzt und ihm dient. Nicht einmal zum Deutschkurs ließ er sie gehen. Auch ihre mitlerweile ebenfalls in Deutschland lebende Schwester durfte sie nicht sehen. „Er machte mir ein weiteres Kind, damit ich nicht studieren konnte, sondern zu Hause bleiben musste (...) Für mich war das keine Ehe, es war kein gemeinsames Leben.“ Es verwundert nicht, dass sie ihn nie lieben konnte.

Nach der Geburt ihres Sohnes beschloss sie, ihren Mann zu verlassen. Dieser drohte ihr damit, ihr die Kinder zu nehmen. Ein paar Mal ging sie, kam aber wegen der Kinder zurück. Er begann sie zu schlagen, wollte sie mit einem Messer töten. Schließlich floh sie mit ihrem Sohn und ihrer Tochter ins Frauenhaus. Einen Monat später kam es, wie eingangs geschildert, zur Entführung ihrer beiden Kinder.

Seither lebt sie mit einem eigenartigen Gefühls-Cocktail: Der Verlust ihrer Kinder ist ein Schock, gleichzeitig fühlt sie sich nach der Trennung von ihrem Mann frei, zum ersten Mal lebendig. Sie lernt Deutsch und mischt sich unter Deutsche. Sie versucht, sich ein eigenes Leben aufzubauen, um ihre Kinder zurückholen zu können.

„Meine Schwester muss etwas aus ihrem Leben machen"

„(Ihr Mann) konnte nicht damit leben, dass sie es wagte, ihn zu verlassen", ergänzt ihre Schwester. „Also war er wütend und entführte ihre Kinder. Als er die Kinder entführte, weinten wir viel, aber am Ende muss das Leben weiter gehen. Die Kinder sind jetzt bei ihm. Sie sind sicher und leben (...) (Meine Schwester) muss etwas aus ihrem Leben machen, so dass die Kinder eines Tages zu ihr zurückkehren können."

Die Möglichkeit eines Neuanfangs in Deutschland ist für sie ein Segen: „Wir hatten (in Syrien) nicht das Recht, selbst zu entscheiden. Wir haben absolut nichts selber entschieden. Als wir hierher kamen und verstanden, wie das Leben hier funktioniert, die Normen und Regeln, wie Menschen leben – frei sein, arbeiten, nicht nur zu Hause bleiben (...) beschlossen wir beide, uns zu trennen, zu leben, ein wenig frei zu sein."

Der syrischen Gesellschaft stellt sie ein schlechtes Zeugnis aus, aber: "Nach und nach werden wir das mit der Zeit überwinden, weil die Welt immer weiter voranschreitet, nicht rückwärts." Aufmunternd lächelt sie ihrer Schwester zu. Sie wirkt gefasster und kämpferischer als diese und trägt im Gegensatz zur anderen kein Kopftuch mehr. Zudem liegen ihre Nerven wohl nicht so blank, weil sie keine Kindesentführung verschmerzen musste.

Nichts ist verführerischer als die Freiheit

Die eben zitierte junge Frau ist mittlerweile Mitglied der bereits erwähnten „Initiative an der Basis", einem Netzwerk aus Menschen, die haupt- oder nebenberuflich mit Geflüchteten arbeiten (beispielsweise als Lehrer, Ärzte, Juristen oder Dolmetscher) beziehungsweise säkulare Migranten und Flüchtlinge sind. Dieser Verbund möchte „als breite Basis" über Probleme im deutschen Migrationsbetrieb aufklären, kritisieren und zur Verbesserung beitragen. Ein Teil der Aufklärungsarbeit sind Produktionen wie das vorliegende Video.

Der beschriebene Bericht ist also eine weitere betrübliche Geschichte über die Stellung der Frau im islamischen Kulturkreis. Gleichzeitig macht das Geschilderte deutlich, was hinsichtlich der Migration und ihrer Folgen falsch läuft. Darüber hinaus beweisen die Worte der Schwestern jedoch eines: Nichts ist verführerischer als die Freiheit. Unterdrückte werden letztlich immer nach jedem Strohhalm greifen, um selbstbestimmter zu leben. Die Autorität des konservativen Islam ist, wenn es darauf ankommt, machtlos im Wettstreit mit den Möglichkeiten eines westlichen Staates wie Deutschland. Zumindest wenn es um die Interessen der am stärksten Benachteiligten dieses religiösen Systems, der Frauen, geht.

Die im Video zitierten Schwestern ließen sich von der Freiheitlichkeit Deutschlands inspirieren, um für sich selber einzustehen und sich gegen Bevormundung zu wehren. Sie wissen zu schätzen, was viele Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind, als selbstverständlich hinnehmen. Wir sollten begreifen, dass die Freiheit, die uns in diesem Land (noch) umgibt, ein kostbares und gleichermaßen zerbrechliches Gut ist. Wir sollten alles tun, um uns dieses Recht zu bewahren.

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Leserpost

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Wolfgang Pfeiffer / 23.08.2019

Das sind Frauen, die tatsächlich Hilfe benötigen. Deutschland sollte sie großzügig unterstützen, und schützen. Und die Schläger, Messerstecher, und die Drangsalierer dieser Frauen und ihrer Kinder umgehend rausschmeißen. Umgehend heißt subito: innerhalb von Stunden, nicht von Tagen. Die Schläger müssen verstehen und wissen, dass ihre Aktionen Folgen haben, die ihnen überhaupt nicht gefallen werden.  //  Vielen Dank an die Achse für den Beitrag!

H. Störk / 23.08.2019

Sonst halte ich ja eher wenig von Frauenquoten, aber bei der Einwanderung bräuchten wir eine…

Eleonore Weider / 23.08.2019

Sicher, wir können nicht die ganze Welt aufnehmen, wie es schon einige Mitkommentatoren hier angemerkt haben und dennoch sind es die unterdrückten Frauen, die unserer Solidarität bedürfen, sie sind eigentlich die stärkste Waffe, nicht Frauen wie Chebli und Konsorten.  Ich frage mich auch, wo diese Klopapier werfenden “Femministinnen” bleiben, da gäbe es doch richtig etwas zu tun, genau wie bei dem Schutz der zu uns gekommenen Jeziden und Christen, die zusammen mit diesen gewaltaffinen “Männern” in Heimen untergebracht werden und von denen man so gut wie gar nichts hört und liest. Die Basis hat viele Erlebnisberichte auf der Seite, es kann einem nur schaudern.

Sibylle Abromeit / 23.08.2019

Kognitive Dissonanz ist offenbar keine Domäne linksgrüner Gutmensch*nnen, auch Mohammedaner*nnen sind in dieser Disziplin ganz vorn. Anders kann man sich das Phänomen von Frauen nicht erklären, die sich lautstark über die Verwüstungen ihres Privatlebens durch islamische Sitten beklagen, durch ihre Tracht aber deutlich ihre Verbundenheit mit eben diesen als schädlich empfundenen Moralkodex demonstrieren. Ein so tiefen Verwirrung kann kein Sozialstaat der Welt abhelfen und wenn er alles Geld der wertewestlichen Welt in das treuislamische Schwesternpaar hineinkippt. Wer mag, kann ja gern Mitleid mit den islamisch korrekten Damen haben - ich nicht. Islamische Frauen sind, wie die stramm Verhüllte zeigt, Täterinnen und keine Opfer.

Karin Brandl / 23.08.2019

Andreas Rühl, Ich glaube sie merken nicht , was die Stunde geschlagen hat. Ihre grossmut ist reine Arroganz. Die Islamisten sitze doch schon in allem Institutionen und wenn die Demografie dich auf ihre Seite neigt, machen sie kein langes federlesen. Ich würde gerne in einem Jahr hören was aus den beiden syrerinnen geworden ist. Vorher gebe ich gar nichts auf ihre reden.

Belo Zibé / 23.08.2019

» Die Autorität des konservativen Islam ist, wenn es darauf ankommt, machtlos im Wettstreit mit den Möglichkeiten eines westlichen Staates wie Deutschland. « Das gilt aber nur solange diese Möglichkeiten erhalten bleiben und dem »konservativen« Islam von westlichen Staaten nicht die Möglichkeit zur vollen Entfaltung gegeben wird. Leider wird man den Eindruck nicht los, das genau dies gegenwärtig   unter falsch verstandener Toleranz und Religionsfreiheit in Deutschland geschieht. Und sogenannte »Künstler« wie die »Frankfurter Hauptschule«  oder Typen wie Philipp Ruch sind in ihrer Verblödung u.a Schlüssel hierzu. Ich wünsche der reflektierten syrischen Frau viel Erfolg, auch wenn sie nichts berichtet, was nicht   seit Betty Mahmoodys Buch 1988 » Nicht ohne meine Tochter« bekannt ist.Von der Erkenntnis , dass sich seit 31 Jahren anscheinend nichts verändert hat, einmal abgesehen.    

Jasmin Kuntze / 23.08.2019

Und deshalb müssen wir unterscheiden. Es gibt Menschen die einen Grund haben bis zu uns nach Europa zu kommen, als auch Menschen, die wirklich etwas daraus machen, und versuchen sich zu integrieren. Die Frau ohne Kopftuch scheint da schon sehr weit zu sein. ich gönne es beiden, ein Leben ein “bisschen mehr frei” zu leben als vorher. Willkommen ihr beiden syrischen Schwestern.

Stefan Riedel / 23.08.2019

“...Die beiden Frauen wollen unerkannt bleiben, daher liegt ein Filter über dem Videobild. Dennoch wirken ihre Schilderungen – größtenteils auf Arabisch mit deutschen Untertiteln – aussagekräftig und eindringlich…” Wir müssen den Opfern einen Namen geben! (und sie gegebenfalls beschützen). Billiger bekommen wir es nicht.

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