Wolfgang Meins / 12.08.2020 / 06:54 / Foto: Pixabay / 114 / Seite ausdrucken

Krawalle der Traumatisierten?

Bei der Suche nach möglichen Ursachen für die Krawalle von Stuttgart und Frankfurt im vergangenen Juni und Juli – die ja wohl nicht die letzten ihrer Art bleiben werden – wurde von einigen Medien auch ein altes Relativierungsargument wiederbelebt: die Traumatisierung unter denjenigen Partygängern und Eventlern, die in den letzten Jahren in so großer Zahl aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Afrika nach Deutschland gekommen sind – nach dem Motto: Die können doch nichts dafür, sind doch traumatisiert!

Was ist dran an solchen Behauptungen? Nicht viel, um die Antwort vorwegzunehmen. Wie hier ausführlicher dargestellt, ist aus verschiedenen Gründen weitgehend unbekannt, wie hoch unter den seit 2015 oder auch früher hier angekommenen Migranten überhaupt der Anteil von Personen ist, die ein schweres Trauma erlitten und nicht verarbeitet haben, sondern immer noch unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden. Sicher dürfte nur sein, dass bei den aus Kriegsgebieten stammenden Migranten-Populationen die PTBS-Rate höher ausfällt als in Deutschland, wo von den 14- bis 29-Jährigen pro Jahr etwa 1,4 Prozent erkranken. Zu berücksichtigen ist bei dieser Diskussion auch, dass die Annahme, Krawalle und Randale könnten besonders die Traumatisierten anziehen, aus psychiatrischer Sicht nicht sonderlich plausibel ist.

Wenn Medien oder auch Politiker versuchen, eine Beziehung zwischen gewalttätigen Migranten und deren möglicher Traumatisierung herzustellen, kann das eigentlich nur auf einer laienhaften Überbewertung eines der insgesamt 20 PTBS-Symptome beruhen, nämlich der erhöhten Reizbarkeit. Denn nur dieses PTBS-Symptom hat überhaupt eine relevante inhaltliche Nähe zu aggressivem Verhalten, geht es doch um die unschöne Eigenschaft, schon auf geringe oder gar fehlende Provokation verbal oder körperlich aggressiv zu reagieren. In der Auftretens-Häufigkeit der PTBS-Symptome rangiert Reizbarkeit allerdings unter „ferner liefen“, an drittletzter Stelle, wie diese aktuelle deutsche Untersuchung an jugendlichen „Flüchtlingen“ zeigt. Die 17 anderen Symptome kommen, teils deutlich, häufiger vor. Bei den meisten jüngeren Migranten mit PTBS stehen folglich ganz andere und damit aggressionsferne Symptome im Vordergrund, wie etwa sich immer wieder aufdrängende Gedanken an das Ereignis oder eine anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit den traumatischen Ereignissen verbunden sind.

Erhöhte Reizbarkeit kommt häufig vor

Dennoch führt uns eine erhöhte Reizbarkeit von jungen Männern, die in den allermeisten Fällen nichts mit einer Traumatisierung zu tun hat, durchaus auf eine wichtige Spur bei der Krawall-Ursachenforschung. Nicht nur wegen der mit Reizbarkeit verbundenen hohen Aggressionsbereitschaft, sondern auch, weil sich dieser Personenkreis von Krawall und Randalen wahrscheinlich besonders angezogen fühlt. Hinzu kommt: Eine erhöhte Reizbarkeit ist ein ausgesprochen häufiges psychiatrisches Symptom, wie eine repräsentative Studie in England zeigt: Bei 20-jährigen Männern lag die Rate bei 23 Prozent, damit etwa doppelt so hoch wie bei den 60-jährigen. Getoppt werden die leicht entflammbaren jungen Männer allerdings von ihren weiblichen Altersgenossinnen, von denen beachtliche 42 Prozent als erhöht reizbar beurteilt wurden.

Das bedarf einer kurzen Erläuterung: Männer neigen deutlich mehr zu offener physischer und verbaler Aggression, Frauen bevorzugen dagegen indirekte Aggressionsformen, etwa indem sie gezielt Gerüchte verbreiten oder mit Aufkündigung der Freundschaft drohen, falls nicht dieses oder jenes passiert. In Paar-Beziehungen sieht es dagegen anders aus: „Bei Konflikten in der Partnerschaft schlagen Frauen mindestens so häufig zu wie Männer, aber weniger hart“, heißt es resümierend in einem aktuellen Standardwerk zur Persönlichkeitspsychologie. Aber das ist ein anderes Thema, dazu vielleicht später einmal mehr.   

Meist handelt es sich bei einer gesteigerten Reizbarkeit bloß um eine auffällige, mehr oder weniger isolierte Facette der Persönlichkeit, also nicht um die Teilsymptomatik einer umfassenderen psychischen Störung. Allerdings, wenngleich seltener, kommt auch das vor. Bei dem hier interessierenden Problem ist dabei ganz vorrangig an die Antisoziale oder auch Dissoziale Persönlichkeitsstörung zu denken, deren Träger sich – neben der Reizbarkeit – noch (u. a.) durch gewohnheitsmäßiges Lügen, durchgängige Verantwortungslosigkeit und weitgehend fehlende Empathie auszeichnen. Es überrascht daher nicht, dass diese Störung unter Gefängnisinsassen besonders häufig anzutreffen ist. Aber egal, ob die Reizbarkeit isoliert auftritt oder als Teil einer umfassenderen Persönlichkeitsstörung: Die enthemmende Wirkung von Alkohol und bestimmten Drogen findet hier einen besonders fruchtbaren Boden.

Eine psychiatrische Negativ-Auslese?

Zielführend bei der psychiatrischen Ursachenforschung von solchen Ereignissen wie in Stuttgart und Frankfurt ist also nicht die Beschäftigung mit einer möglichen Traumatisierung der Krawallbrüder. Vielmehr stellt sich die Frage, ob bestimmte Migranten-Populationen in Deutschland nicht in bestimmter Hinsicht eine psychiatrische Negativ-Auslese darstellen, bei ihnen also gewaltaffine Symptome und entsprechende Persönlichkeitseigenschaften wie eine erhöhte Reizbarkeit überrepräsentiert sind. Sei es aus biologischen Gründen, wegen ungünstiger Kindheitserfahrungen oder weil in ihrem früheren Lebensraum ein solch antisoziales Verhalten Teil einer schützenden Überlebensstrategie war.

Wie nachteilig sich aber antisoziale Persönlichkeitseigenschaften im Gastland tatsächlich auswirken, dürfte wiederum nicht unwesentlich vom konkreten Migrationshintergrund abhängen. Ein arabisch-islamischer Hintergrund, oft geprägt von einem ambivalenten bis feindlichen Verhältnis zu westlichen Werten, ist da sicherlich ebenso ungünstig wie das ganz überwiegende Fehlen von raschen und konsequenten straf- oder asylrechtlichen Folgen.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

netiquette:

Petra Löffler / 12.08.2020

Frau Orlando, es gibt Feministinnen, ich nenne Alice Schwarzer und die Frauen von Terre des Femmes, die klare Worte finden gegen Männer aus archaisch-patriarchalischen Kulturen, und Gegenmaßnahmen fordern. Oft genug werden wir deshalb in die rechte Ecke gestellt, wo wir nicht zu Hause sind. Sie meinen wohl eher das linke und grüne Milieu wie Frau Roth und Frau Künast. Bitte nicht mit uns (ich bin Mitfrau bei TDF) in einem Atemzug nennen!

Rupert Reiger / 12.08.2020

Krawalle? Es sind die maximalen Versager, Stupid. Sie rächen sich für ihre Dummheit.

toni Keller / 12.08.2020

@ Ellen Vincent das Problem ist, dass unsere Gesellschaft so auf Frauenförderung fixiert ist, dass sie den jungen Männern verwehrt ein erfolgreiches Leben zu führen. Neulich erzählte mir eine Krankenpflegeschülerin sie wären auf einer Stadtführung gewesen, die Führerin entpuppte sich als Kampffeministin die die drei männlichen Krankenpflegeschüler permanent disste, von wegen sie würden einmal, nur wegen ihres Geschlechts mehr verdienen und weniger arbeiten als die Kolleginnen, usw. Ich beobachte seit Jahren dass Junges in der Schule systematisch benachteiligt werden und gerade dann wenn sie einfach nur gut sind, unter Generalverdacht gestellt werden sofern sie sich einfach normal verhalten. Immer wieder wird rumgeheult wegen des Gendergap, dabei hat jeder Frau die für die gleiche Arbeit ungleich bezahlt wird, das Recht zu klagen und jedes Gericht würde ihr Recht geben, das Problem besteht eher weil Frauenfußball nun mal keinen interessiert usw. In dieser Gesellschaft fallen die Junges logischerweise hinten runter und entpuppen sich dann als typisch männlich, nämlich verantwortungslos! Wir halten unsere System für stabil., das ist es aber nicht, es ist labil und wir haben es in jahrhunderten geschafft den Männern sowas einzubleuen wie Stolz auf ihre Familie zu haben und nicht sobald es ernst wird, auf und davon zu laufen. Aber Feministinnen haben das als ganz böse gebrandmarkt und nun wundern wir uns dass die Natur eben wieder zuschlägt. @ Bernd Müller ich komme mir vor wie in der Geschichte von der unschuldigen Erendira und ihrer herzlosen Großmutter (Garcia Marquez)

B. Oelsnitz / 12.08.2020

@ Frau Inge Frigge-Hagemann to KaKu: Mit Verlaub, aus Ihrem Statement entnehme ich, daß Sie sich Gedanken zur GT (GROSSEN TRANSFORMATION) vorlegen. Bei der GT geht es keineswegs um die Belange des Landes oder gar seiner angestammten (bd) Bürger, sondern tatsächlich um etwas GROSSES im Auftrage Dritter. Haben Sie sich nie die Frage vorgelegt, wie es möglich war, daß Doro den Weg gehen konnte, den manche beifallsbekundend, andere (wenige) mit großem Staunen (und Zweifeln) verfolgten. Es liegt doch auf der Hand, daß dieser Weg niemals alleinige Frucht des eigenen Tuns sein kann. Es muß also eine ganze Anzahl von unsichtbaren Wegbereitern im Background gegeben haben, deren Einfluß immens ist. Von einigen wurde und wird ja immer wieder in den Raum gestellt, daß der/die Auftraggeber im (globalen) Osten säßen, dies V-Theorie habe ich nie vertreten. Meine Ansatz ging stets in die entgegengesetzte Richtung. Zu heute gab es (für mich) erstmals handfeste Indizien, daß dieser Gedankenansatz nicht falsch sein muß. Erkennbar sind diese Zusammenhänge aus scheinbaren Nebensächlichkeiten, aus Schwingungen in den Reden und der Wortwahl verschiedener beteiligter Personen an verschieden Orten, aus scheinbar zufälligen Ereignissen etc. Ordnet man die einzelnen Puzzle-Steine zu einem Ganzen zusammen, ergibt sich ein völlig neues Bild (The secret hides within The Order.) She said e.g.: ‘Take joint action – in the interests of a multi’lateral global world.’ - Tja, was wird sich wohl dahinter verbergen, hinter der GT?!

Sirius Bellt / 12.08.2020

@Raphael Gruber. Ich wurde lange nach der “Kristallnacht” geboren und habe unterschiedliche Freunde und Bekannte (Christen, Juden, Moslems und Atheisten). Keiner käme auf die Idee Häuser anzuzünden. Wir wünschen uns alle eine friedliche Welt. Ein angemessener Ton im Umgang miteinander ist oft ein guter Anfang. Schalom.

Udo Kemmerling / 12.08.2020

Wenn “unsere” vom Migrariat so gehassten “Werte” auf der Straße genauso robust verteidigt würden, wie mit der großen Schnauze im Bundestag gegen “Rechts” gekämpft wird, gäb es nicht das geringste Problem mit importierten PTBSlern. Die würden sich hüten in den Verdacht zu geraten, eine “nicht hilfreiche” Krankheit zu haben, weil die Therapie “alternativlos” wäre.

Karl Dreher / 12.08.2020

Unsere vom Bürger zwangsweise staatsfinanzert mehr oder weniger abhängigen Medien - direkt öffentlich rechtlich bezahlt oder staatsnah indirekt subventioniert - werden stets in altbewährter Manier ein Lied singen: “Wessen Brot ich freß’, dessen Lied ich sing’ ...”

Gerhard Schmidt / 12.08.2020

Die gewaltigen Muckis, die so mancher “Traumatisierte” mit sich herumträgt, sind demzufolge wohl eine körperliche Ausgleichsreaktion auf den psychischen Leidensdruck (oder wo es sonst so drückt)...

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