Fabian Nicolay / 07.05.2022 / 06:00 / Foto: Imago / 102 / Seite ausdrucken

Redlichkeit und Korruption

Jeder Mangel an Redlichkeit befördert am Ende Korruption, eigentlich sind beide Sparringspartner. Politiker wie Manuela Schwesig, Karl Lauterbach und auch unser Bundeskanzler haben ihre Unredlichkeit längst bewiesen.

Was ist mit der Redlichkeit los? Wo steckt sie? Diese Tugend scheint aus der Mode gekommen zu sein. Oder ist sie nur unsichtbar, verwässert, bis zur Unkenntlichkeit mit hohlen Neologismen wie „Compliance“, „Good Governance“ oder „Awareness“ zugekleistert? Neben diesem Sprachgebrauch wird sie täglich durch unangemessenes Handeln unserer Volksvertreter entwertet, die sich weniger redlich als „ausredlich“ verhalten – weder sind sie selbstreflexiv genug noch demütig, vielmehr diffamierend gegen ihre Kritiker. Dabei bleibt die altmodische „Redlichkeit“ auf der Strecke. Eigentlich wird eine Charaktereigenschaft mit ihr bezeichnet, die voraussetzt, dass man für sein Denken, Sprechen und Handeln bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Unsere Staatslenker halten es damit leider nicht so.

Man muss „Redlichkeit“ heute wie ein Fremdwort übersetzen. Der Online-Duden sagt eher kurz angebunden, Redlichkeit sei „redliches Wesen; Rechtschaffenheit, Ehrlichkeit“. Meyers Lexikon, fünfte Auflage von 1896, druckt dazu einen kleinen Satz ab, der das Verhalten redlicher Menschen präzise beschreibt: „Redlich ist derjenige, welcher so redet, wie er denkt, also offen und ohne Falsch ist.“ Wikipedia bringt einen zeitgeistigen Aspekt ins Spiel, der wie ein Störfaktor wirkt: „Als Redlichkeit bezeichnet man die Tugend und Charaktereigenschaft einer Person, entsprechend den Regeln einer Gemeinschaft gerecht, aufrichtig oder loyal zu sein.“

Wer Wikipedia glauben möchte, muss also im Gegensatz zu Meyers Lexikon von 1896 einschränkend hinnehmen, dass die Redlichkeit einer den Gemeinschaftsregeln entsprechenden Loyalität folgt. Die Gemeinschaft legt also fest, was und wer redlich ist, ob er oder sie dazugehören darf. Diese Definition bedeutet nichts anderes, als dass sich je nach gesellschaftlicher Lage die Redlichkeit kollektiv neu ausrichten kann, oder muss. Also muss „Zero Tolerance“ gelten gegen die Abweichler von der propagierten „Norm-Redlichkeit“. Wenn das so ist, ist die Angelegenheit mit dem „besten Wissen und Gewissen“ hinfällig. Denn nach bestem Wissen und Gewissen bestimmt nun das Kollektiv.

Surrogat für Duckmäuser und Untertanen

Die allgemeine Stimmungslage entscheidet also, wer als redlich gelten darf. In Meyers Lexikon war davon nicht die Rede. Während das alte Lexikon Redlichkeit noch allein auf den einzelnen Menschen bezieht, macht Wikipedia daraus eine Frage der Gemeinschaftsstandards. Die hierzu passende „loyale“, verordnete Redlichkeit wäre dann ein Surrogat für Duckmäuser und Untertanen. Nichts für Freidenker und Unangepasste. Die Redlichkeit ist laut Wiki also der Zwangskollektivierung anheimgefallen. (Wikipedia ist übrigens ein Ort im Netz, wo auch der Sprachgebrauch kuratiert wird, wo Gesinnungstechnik am Werk ist und Utopisten betreutes Denken zu Lesestoff verarbeiten und Wirklichkeitsdeutung bis hin zur Geschichtsklitterung betreiben.)

Wie sieht es denn mit der Korruption aus, diesem parasitären, blinden Passagier auf dem Gesellschaftsschiff der Redlichen? Meyers Lexikon hält es so: „Korruption (lat.), Verdorbenheit, Sittenverderbnis, besonders Bestechlichkeit; ...“ Wikipedia ist sich da mit dem alten Lexikon einig. „Korruption [...] ist der Missbrauch einer bestimmten Vertrauensstellung. [...] Der Missbrauch besteht darin, Vorteile zu erlangen oder zu gewähren, auf die kein rechtmäßiger Anspruch besteht.“ Jeder Mangel an Redlichkeit befördert am Ende Korruption, eigentlich sind beide Sparringspartner.

Das Politikversagen der letzten Jahre zeigt sich in zahlreichen Fehlleistungen, die von den Verursachern entweder stereotyp schöngeredet werden oder in der Schweigespirale des Politikbetriebs verschwinden. Skandale und ihre Vertuschungsversuche, Ausweichmanöver und Falschaussagen, wenig Hang zu ehrenhafter Verbindlichkeit und Wahrheitsliebe, aber auch der Missbrauch von politischer Stellung als Schutzschild vor Ahndung – das sind die offensichtlichen Verhältnisse, einhergehend mit einem zweifelhaften Demokratieverständnis als pure Machterhaltungs-Mechanik. Und das ist Korruption.

Politisch für alle Skandale verantwortlich

Wer seine Position dafür missbraucht, Informationen zur Aufklärung vorzuenthalten, Akten verschwinden lässt, das Agieren der Justizbehörden ausbremst und am Ende sich der Wahrheitsfindung verweigert, um seinen Posten nicht räumen zu müssen, ist korrupt. Die Beweise müssen zwar herangeschafft werden. Aber es wäre besser (redlicher), wenn die Verantwortlichen ihre Ämter freiwillig und früh genug abgäben. Zu viel ist schon bekannt, das Versagen im Amt reicht eigentlich für einen Rücktritt schon aus.

Olaf Scholz (SPD), Manuela Schwesig (SPD), Karl Lauterbach (SPD) sind im Amt und haben anscheinend vor, zu bleiben. Ihre Mitwisserschaft bei zahlreichen Kungelgeschäften und Machenschaften scheint mindestens gegeben. Warum wollen Menschen in höchsten Positionen von den Machenschaften um sie herum nichts gewusst haben, warum schweigen sie zu Vorfällen, bei denen sie federführend Fehlleistungen erbracht haben? Vielleicht fürchten sie sich vor der Tiefe ihrer Mitwisserschaft, die von der Immunität als Parlamentarier noch geschützt wird.

Olaf Scholz als Bürgermeister Hamburgs, als Finanzminister, als Kanzler-Kandiat, später als Bundeskanzler: Die hundertfachen Brechmittel-Einsätze gegen Drogendealer, die erst vom EuGH beendet wurden, als ein Verdächtiger zu Tode kam; der Immobilien-Skandal um das Hamburger Holsten-Areal, das zum Spekulationsobjekt wurde und Hamburg sehr teuer zu stehen kommt, wenn das Areal zurückgekauft werden muss; der Cum-Ex-Steuerskandal und der Wirecard-Betrug verursachten Schäden in Milliardenhöhe – für beide Projekte hat sich Scholz als Finanzminister jahrelang intensiv eingesetzt. Politisch ist er für alle Skandale verantwortlich.

Gesundheitsexperte, Impfeinpeitscher und Corona-Nostradamus

Manuela Schwesig und ihr Vorgänger Erwin Sellering (SPD), als Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern: Die von Gazprom alimentierte Klimastiftung diente der Verschleierung der Akteure und sollte die Pipeline Nord Stream 2 trotz US-Sanktionsdrohungen fertigstellen. Manuela Schwesig ließ es zu, dass diese Scheinfirma agieren konnte und Lobbyisten Russlands Zugang zu ihrer Regierung hatten. Heute nennt sie das einen „Fehler“. Allerdings meint sie damit nicht die gefährliche Schieflage der deutschen Energieversorgung, die sie mit dem Pipeline-Projekt politisch mitzuverantworten hat.

Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte, Impfeinpeitscher und Corona-Nostradamus der Nation, jetzt Bundesgesundheitsminister: Er ist einer der Architekten der Impf-Kampagne, die auf Panikmache in der Bevölkerung und Diskreditierung der Kritiker fußte. Die Impf-Kampagne droht nun zum größten Medikamentenskandal der Medizingeschichte zu werden. Die systematische Erfassung von Impfschäden wurde verhindert, die dem Gesundheitsministerium unterstellten wissenschaftlichen Institute (RKI, PEI) wurden auf Regierungslinie gebracht. Das hat dem Ansehen der Wissenschaft geschadet. Der Gesundheitsminister trägt wie sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) die Verantwortung für die Kaskade der Fehleinschätzungen, Desinformation, wirtschaftlichen Folgen und die Gesundheitsschädigung von Geimpften.

Wären die Genannten redlich, wüssten sie was zu tun ist.

 

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G. Jakobs / 07.05.2022

“Wären die Genannten redlich, wüssten sie was zu tun ist.” Richtig, dem stimme ich zu. Noch ein letztes mal vor dem Spiegel sich seine eigene Fratze ansehen und sich dann ein letztes mal übergeben, um dann endlich den Abflug zu machen, am besten von einem höheren Gebäude….

Uta Buhr / 07.05.2022

Liebe S@bine Heinrich, der so dreckig lachende Dicke am rechten Rand ist Heil Hubertus, der zurzeit den Bundesminister für Arbeit und Soziales mimt. Natürlich zu unser aller Nutzen und Frommen - lol !!!

Hans-Peter Dollhopf / 07.05.2022

Herr Teuber, Sie schreiben: “Wer sich das Bild richtig anschaut, der sieht ganz deutlich, sie lachen uns, den Wähler, genüsslich aus. Und nur wir als Wähler können dieses Bild verändern!” - - - Verstehe, was Sie meinen! Man sollte die zum Weinen bringen.

Bernhard Ferdinand / 07.05.2022

@Dirk Jaeckel: zwei Quellen zum Verständnis der gegenwärtigen Situation, 1. „The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives “ von  Zbigniew Brzezinski zu den global strategischen Überlegungen und 2. „Overextending and Unbalancing Russia“ der Rand Corporation als taktisches Drehbuch dazu. @Carl Fischer, @Michael Hofmann  und @Franz Michael: solche Informationen sind es, die ein Portal auch dann noch genießbar machen, wenn manche Macher und Autoren des Portals vor Liebe/Hass (auf wen auch immer!) in einer Sache sehschwach sind.

Heinrich Hein / 07.05.2022

Ich hatte bis zur “Pandemie” nie das Versagen der geistigen Elite in der Zeit de aufkommenden Nationalsozialismus verstanden. Nunmehr leuchtet mir alles ein, denn diejenigen, die heute freiwillig Maske tragen und alle noch so unsinnigen Maßnahmen mitgetragen und befürwortet haben sind diese willen Vollstrecker Hitlers über die Goldhagen so treffend schrieb. Sie waren keine Erscheinung der dreißiger Jahre, nein sie sind immer noch unter uns und richten großes Unheil an. Ich werde niemals verstehen, warum die Deutschen die Diktatur so liegen und die Demokratie geradezu hassen. Sämtliche Versuche der “Entnazifizierung” seitens der USA und ihrer Verbündeten können getrost als vollkommen gescheitert angesehen werden. Der Deutsche verehrt den Unrechtsstaat in jedweder Ausprägung. Traurig, nun habe ich die Gewissheit und kann daraus den für mich geeigneten Umgang mit meinen Landsleuten ableiten.

Bernd Büter / 07.05.2022

Wenn das Bundesverfassungsgericht dem Bürger die Schutzrechte des Grundgesetzes verweigert und die Staatsanwaltschaft die Regierung des Merkel-Scholz-Regimes dabei schützt und und unterstützt, Bürger krankzumachen und zu töten, dann schreiben wir das Jahr 2022.

Gerd Maar / 07.05.2022

Witzig, wie hier einige Schwesigs schmutzige Geschäfte als uneigennützige Aktion zum Wohle der Nation darzustellen versuchen. Dummerweise hat aber die Nicht-Wurst Scholz die Schrottröhre als reines Privatgeschäft bezeichnet.

Ilona Grimm / 07.05.2022

@Michael Hofmann: Vielen Dank für Ihre Informationen über die empörend überbezahlten Manager der Stadt Hamburg. Dazu passt, was ich gestern gelesen habe: Die Stadt Hamburg ist stolze Besitzerin von160 MAN Elektrobussen, und täglich werden es mehr. Jeder kostet so um eine Million Euro, dreimal so viel ein herkömmlicher Bus. Dumm nur, dass diese Busse ein Manko haben: Ihre Heizung funktioniert nicht mit Elektro, sondern nur mit dem bösen Diesel. Also haben diese Busse klammheimlich einen Dieselmotor und einen versteckten Auspuff. Und leider leider verfügt die Stadt Hamburg auch gar nicht über die Infrastruktur, die Busflotte mit Strom zu versorgen. Abhilfe kann zum Glück auch hier die Firma MAN schafffen, denn die stellt nicht nur E-Busse her, sondern auch DIESEL-Generatoren, welche den Strom für die Elektro-Busse liefern. „Jetzt rattern in Hamburg containergroße Generatoren und verbrennen Diesel zur Produktion von Strom für Gute-Gewissen-Busse“. (aus factum 3/2022, Thomas Lachenmaier) - - - Und sowas wird gewählt, und wieder gewählt, und nochmals gewählt… Wer solche Typen gewähren lässt, ist auf keinen Fall „redlich“.

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