Lisa Marie Kaus, Gastautorin / 21.10.2021 / 11:00 / Foto: Pixabay / 24 / Seite ausdrucken

Klima-Investitionen: Nichts anderes als Glücksspiel

Es herrscht Einigkeit unter deutschen Ökonomen. Egal ob Marcel Fratzscher, Clemens Fuest, Michael Hüther oder Lars Feld, die Politikempfehlung ist die immer gleiche: mehr staatliche Investitionen jetzt – für das Klima, für die Digitalisierung. Ein Risiko einer übermäßigen staatlichen Verschuldung, so stellen es die Wirtschaftswissenschaftler mit Verweis auf die Theorie dar, gibt es nicht, denn: r < g – die Zinsen sind kleiner als das Wachstum. Auch bei einem immerwährenden Defizit verlassen die öffentlichen Finanzen den nachhaltigen Verschuldungspfad nicht. Man zieht sich durch die Wirtschaftskraft am eigenen Schopfe aus dem Sumpf. Annalena Baerbocks Forderung, dass die Regierung jährlich 50.000 Millionen Euro in die Hand nehmen soll, zur Investition in Digitalisierung und Infrastruktur, könnte auch aus dem Newsletter der jeweiligen Wirtschaftsforschungsinstitute in Köln, München oder Berlin stammen. Wie in so vielen Bereichen aktuell herrscht auch hier Einigkeit.

Ohne, dass Sie explizit zustimmen, sind Sie nun ein Spieler. Sie betreten kein Casino und setzen dennoch alles auf ein Ereignis: r < g. Wie viele Spieler, kann man sich das Risiko für den eigenen Geldbeutel und die Verletzung der eigentlich fest vorgenommenen guten Vorsätze schönreden. Definiert man die durch Verschuldung getätigten öffentlichen Investitionen als produktiv – also wachstumsfördernd – dann muss man einfach bei der Runde mitmachen. Je größer das Wachstum, desto größer darf die Verschuldung sein, desto weiter kann sich das Roulette drehen, desto zwingender ist der Einsatz. Es geht um Generationengerechtigkeit, wie das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts feststellte. Wir müssen heute investieren, damit Annalena Baerbock später noch mit ihren Enkeln Schlittenfahren kann, so beschrieb sie auf Instagram während des Wahlkampfs den Grund für ihr politisches Engagement.

Selbst herbeigeführter Ölpreisschock

Natürlich kann man staatliche Investitionen als produktiv definieren. Eine Definition ist nie falsch. Sie scheint aber unsere Erfahrungen aus den zentralplanerischen Experimenten des vergangenen Jahrhunderts zu ignorieren. Und dennoch läuft diese Jahrhundertwette längst wieder. Staatlich zentrale Planung soll am Ende eine produktivere Wirtschaft hervorbringen. Der Ausgang der Wette liegt in der Zukunft. Dennoch sind bereits heute die Folgen der ideologisierten Klimapolitik, die nicht in Alternativen denken und keine Opportunitätskosten berechnen kann, spürbar. Wir erleben einen diesmal gewollten und selbst herbeigeführten Ölpreisschock, wie in den 70er Jahren. Der CO2-Preis muss die Inflation treiben, sonst wirkt er nicht.

Die Klimapolitik, auch die ökonomisch am sinnvollsten zu begründende Lenkung des CO2-Ausstoßes durch den Handel von Verschmutzungsrechten, muss zwangsläufig mit einem starken Staat einhergehen. Vorgaben, Regulierungen, Besteuerung und sonstige Eingriffe in den Markt schaffen Gewinner und Verlierer. Politisch machen solche Verteilungseffekte immer ineffiziente Seitenzahlungen notwendig. Doch diese Kosten werden im Kalkül der per Definition zentralplanerisch-optimistischen Gegenwartsumweltökonomik nicht berücksichtigt. Dabei fallen sie auch dann an, wenn man von einem perfekten Unternehmer Staat ausgeht, solange sich die Volkswirtschaft im Übergang zur CO2-Neutralität befindet.

Der Wohlstand sinkt und muss doch stärker umverteilt werden

Doch was ist, wenn die schuldenfinanzierten staatlichen Ausgaben nicht produktiv sind? Die Bundesbank geht in ihrem aktuellen Monatsbericht davon aus, dass die Investitionen, die durch die Vorgaben der Klimapolitik in nächster Zeit getätigt werden müssen, unproduktiver sind als die Alternativen, die gewählt werden würden, wenn es diese staatliche Lenkung nicht gäbe. Letztendlich bedeutet das, dass sich die Volkswirtschaft auf einer niedrigeren Transformationskurve wiederfindet, dass sie also weniger produzieren kann als vor der Regulierung. Der Wohlstand sinkt und muss doch stärker umverteilt werden. Die Wette, Staatsausgaben auf Pump sind kein Problem für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, da r < g, wackelt nun schon ganz schön. Denn das Wachstum wird durch die zentrale Planung zurückgehen.

Somit basiert das Perpetuum mobile der schuldengedeckten Ausgabenpolitik einzig auf r – auf dem Eingriff der Zentralbank. Auf die EZB ist hier selbstverständlich Verlass. 95 Prozent des Volumens der im letzten Jahr emittierten Staatsschulden der Mitgliedsländer der Eurozone wurde durch sie absorbiert. Durch die fiskalische Dominanz kann sie gar nicht anders. Die Geldpolitik muss die Solvenz der Staaten sicherstellen, sonst fliegt uns das hier alles um die Ohren. Die im Juli vorgestellte strategische Neuausrichtung der EZB erweitert das Fortführen der monetären Staatsfinanzierung um einen weiteren Bereich: Grüne Geldpolitik. Das ist ziemlich explizit die Staatsräson der Modern Monetary Theory, die die unabhängige Zentralbank abschafft und staatliche Ausgabenpolitik ins Zentrum der Betrachtung stellt.

Die Wette ist r < g, und da g wohl nicht mitziehen wird, wird der Spieler so lange am Tisch sitzen, bis den anderen auffällt, dass er das Prinzip linke Tasche, rechte Tasche anwendet. Die Wette auf zentralplanerisches Wachstum funktioniert so lange, wie das Vertrauen in die beteiligten Institutionen Bestand hat. Vielleicht wollte Jens Weidmann für dieses Risiko nicht mehr mitverantwortlich sein. Für uns alle gilt jedoch weiterhin: Top, die Wette gilt!

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Fridolin Kiesewetter / 21.10.2021

Ich hab mich mal ein bißchen mit der Wirtschaftspolitik im Dritten Reich befaßt und erkenne erschreckende Ähnlichkeiten zu heute. Riesige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf Pump, Geld spielt keine Rolle, Produktions- und Preisvorgaben für die Industrie (anstelle von direkten Enteignungen, wie im Kommunismus). - Drollig dabei: Dieselben “Experten”, die wortreich erklären, wieso das damals grundfalsch war und in einer Katastrophe enden mußte (“Zerrüttung der Währung”, “verheerende Wirkung einer uferlosen Ausgabenwirtschaft” ), finden die gleichen Maßnahmen heute goldrichtig. - Ich weiß, ich weiß, ist natürlich heute alles gaaanz anders und nicht zu vergleichen, ... schon gut.

Klaus Biskaborn / 21.10.2021

Guter Artikel der es auf den Punkt bringt. Es sind nicht nur komplett irrlichternden Politiker der Einheitsparteien, die Grünen und Linken NGO‘s, die FFF Kinder und viele mehr die unerbittlich und unentwegt die Klimahysterie mit steigerndem Tonfall schüren. Nein, es sind auch die führenden Ökonomen des Landes und es ist die Wirtschaft die dem Klimawahn verfallen und mit Höchstgeschwindigkeit dabei sind, die Klimaeiferer noch zu überholen. Längst produzieren die Unternehmen öffentlichkeitswirksam nur noch mit grünem Strom, produzieren klimafreundliche Produkte usw., usw.. Produktivitätssteigerung, Innovation, nicht nötig, wenn die Worte Klima und Arbeitsplätze ins Spiel gebracht werden fließen umgehend die Steuermillionen. Paradiesische Zustände an denen die Wirtschaft nichts ändern will. Baerbock und Co. werden sich totlachen über diese Wirtschaftsmanager.

Petra Wilhelmi / 21.10.2021

Sagen wir es doch. Dieser Staat ist längst Pleite. Er schmeißt Geld von uns in alle Welt hinaus und die neue Regierung wird das Geld irgendwelchen Glücksrittern die an der Börse spekulieren, das nächste Geld in den Rachen werfen und alles ohne Sinn und Verstand. Geld, was eigentlich überhaupt nicht da ist. Hier findet eine massive Umverteilung des Geldes jedes einzelnen Bürgers an Konzerne statt und jeder von denen will soviel wie möglich raffen. Da kann man überall hinschauen. Die Pharmaindustrie erwartet für 2022 noch einen höheren Gewinne für ihre Giftbrühe und die Ökoindustrie wird sich auch über Milliarden freuen, die Luftgeld sind. Was drauß wird, ist total egal. Öko- und die Pharmaindustrie wissen genau, dass sie nur Schrott anbieten, worauf die Welt gut und gerne verzichten kann. Sie saugen uns aus, bis alles zusammenbricht. Aber: Auch Linksgrüne werden für ihre Dämlichkeit, der Hanswurst in diesem Casinospiel zu sein, dafür büßen müssen. Es werden sich nicht alle mit einem “Aktenkoffer” voller Geld absetzen können.

S.Buch / 21.10.2021

“Wir müssen heute investieren, damit Annalena Baerbock später noch mit ihren Enkeln Schlittenfahren kann,”—> Gut möglich, dass die Enkel mit Oma Annalena Schlittenfahren, aber sicher auf eine andere Weise, als die sich das vorstellt. Denn auch die Enkel werden kräftig für die grüne Verschuldung zahlen, ob nun direkt per Steuern und Abgaben, oder indirekt, weil sie in einem heruntergewirtschafteten Land leben müssen. Die Enkel werden sich dann auch noch einmal genauer bei Oma erkundigen, was die eigentlich damals mit “Solidarität mit den nachfolgenden Generationen” meinte. “Der Ausgang der Wette liegt in der Zukunft.”—> Nein, nein, er liegt in der Vergangenheit, wie im Artikel zwei Sätze zuvor auch zutreffend festgestellt wurde. “Politisch machen solche Verteilungseffekte immer ineffiziente Seitenzahlungen notwendig.”—> Nicht nur die Seitenzahlungen sind ineffizient, sondern auch alles, wofür die grünstaatliche Verschuldung eingesetzt wird. Stichwort Fehlallokation. “Doch was ist, wenn die schuldenfinanzierten staatlichen Ausgaben nicht produktiv sind?”—> Davon kann fest ausgegangen werden, denn andernfalls wäre die private Wirtschaft schon längst ohne staatliche Subventionen tätig geworden. “Für uns alle gilt jedoch weiterhin: Top, die Wette gilt!”—> Ob Gewinn oder Verlust entscheidet sich danach, auf welcher Seite man steht. Empfänger der grünen Subventionen oder Geber.

Dr Stefan Lehnhoff / 21.10.2021

Wie sich die Bilder gleichen: 4 Jähriger mit Dyskalkulie: 3-5=9 Wirtschaft“Wissenschaftler“: Mmt funktioniert. Drosten: Es werden Millionen sterben. Greta: Die Welt wird verbrennen. Alles offensichtlich falsch. Man benutzt irre Modelle mit falschen Prämissen, um totalen Quatsch zu produzieren. Die Liste kann beliebig verlängert werden. Wer an solche Dinge glaubt, sollte nicht wählen dürfen- so wie jeder andere offizielle Geisteskranke auch nicht. Und wer die verbreitet , gehört eingesperrt/ je nach Motivation in Klapsmühle oder Knast.

rolf schwarz / 21.10.2021

r<g könnte man auch so ausschreiben: Reflektionsfähigkeit < Gier. Jedenfalls ist die Gier nach Macht und Geld derzeit deutlich größer als alle Skrupel und Verantwortungsgefühle. In der Vergangenheit haben solche Situationen schon immer zu tränenreichen Enden geführt. Diesmal trifft es unsere Generation. Schön war´s bisher.

Roland Müller / 21.10.2021

Schulden mit aus dem Nichts erschaffenem Geld heizen die Inflation an und machen damit jedes vermeintliche Wachstum zur Wachstumsillusion.

Angela Seegers / 21.10.2021

Die im ersten Absatz erwähnten 50 Millionen sind …. Milliarden. Wir rechnen doch nicht mehr mit „Millionen Peanuts“, nein wir erklimmen nur noch Milliarden und Billionen :-), die Druckerpressen geben es her. Oder doch Krypto, das wäre kryptisch, also unterirdisch und damit verlassen wir tragfähigen Grund. Das Problem, was ich sehe, ist, dass Menschen mit der „großen Transformation“ (klingt wie Maos „großer Sprung“, der wo endete? In der Verelendung eines ganzen Landes, während die Größenwahnsinnigen sich selber feierten und bis heute verehrt werden) überfordert sind. Ihr Vorstellungsvermögen reicht nicht aus, das würden sie aber niemals zugeben. Ich bin dann mal raus, zu unübersichtlich. Werde meine verbleibende Lebenszeit qualitativ hochwertiger als in einer Zockerbude verbringen. Vielleicht geht ja vorher der Strom aus, dann geht’s schneller.

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