Felix Perrefort / 21.06.2019 / 07:55 / Foto: achgut.com / 85 / Seite ausdrucken

Kirchentag: Das Gute malt Vulven und schließt die Augen

Inzwischen dürfte das Amen in der evangelischen Kirche nicht mehr so sicher sein wie der Quatsch, der aus den Mündern ihrer Vertreter kommt. So mahnt und warnt nun Hans Leyendecker, der Präsident des evangelischen Kirchentags, die AfD müsse ausgegrenzt werden, denn sie radikalisiere sich immer weiter. Und nicht etwa sein Kirchentag selbst, der nun vielfältig wie ein Neuköllner Straßenfestival auftrumpft: Die protestantischen Schäfchen dürfen dort nicht nur an einer Freitagspredigt teilnehmen, sondern dem ebenso christlichen Bedürfnis des Vulven-Malens nachgehen. Anders als christlich-konservative Kritiker finde ich das sehr löblich. Nur würde ich aus „sexual-emanzipatorischer“ Perspektive noch einen Kurs namens „Wer vögeln will, muss freundlich sein!“ für den pubertären Nachwuchs befürworten. Wenn schon, denn schon.

Weitaus nerviger als prima progressive Kurse, die völlig zu recht ihren Weg aus den „gesellschaftskritischen“ Geisteswissenschaften über die Autonomen Zentren nun in den Protestantismus gefunden haben, ist das widersprüchliche Palaver Leyendeckers: Vulven malen gehe klar, denn der Kirchentag „soll wiedergeben, was die Gesellschaft bewegt“. Schließlich treibt diese derzeit nicht etwa der Anstieg misogyner Gewalt durch den massiven Zuzug islamisch sozialisierter Frauenfeinde um, für die Vulven-Malen übrigens ein Symptom westlicher Dekadenz und Sünde ist. Nein, so Leyendecker, die Deutschen würden derzeit eher von der Anatomie weiblicher Genitalien bewegt.

Übrigens ist es kein Zufall, dass diese immer seltener in den Dienst der bloßen Lust und der Liebe treten, während sie auf einem biederen Event wie dem Kirchentag als fragmentierte Organe dokumentiert werden: Weil deren Sinnlichkeit nur als Teil eines Ganzen, nämlich unverwechselbarer und zu begehrender Menschen erfahrbar wäre, liquidieren solche Veranstaltungen eher die Fähigkeit zur Sinnlichkeit, als dass sie zu sexueller Erfüllung beitrügen – womit der Protestantismus seine Lustfeindschaft einmal mehr unter Beweis gestellt hätte.

Keine unbequemen Fragen im interreligiösen Dialog

Doch zurück zu unserem Nazi-Bekämpfer und sexuellen Befreier, Herrn Leyendecker. Seiner Ansicht nach solle der Kirchentag auch in Sachen schlüpfriger Malerei „versuchen, Brücken zwischen unterschiedlichen Sichtweisen zu schlagen“. Und gleichzeitig müsse man aber auch die Brücken zu den nicht rechtsradikalen „Stockkonservativen“ (Leyendecker) in der AfD niederreißen, besorgen sie ja das Alibi für die „Hetzer“. So weit, so dumm, so deutsch. Denn Hetzer erkennt der Mann nur bei der AfD und nicht etwa bei den auf dem Kirchentag willkommenen Israelkritikern von „Brot für die Welt“ oder in der Redaktion seines ehemaligen Arbeitgebers, der Süddeutschen Zeitung, deren Israelhass dem der Nazibande des „Dritten Weges“ Konkurrenz macht.

Das ist so sicher wie der routinierte Verrat der Kirche an (ex-)muslimischen Islamkritikern, afrikanischen Christen oder den in der Umma verfolgten Jesiden. Von Muslimen verfolgte Menschen dürfen zwecks Beibehaltung des „interreligiösen Dialogs“, bei dem Islamistenfreund Mazyek und JUMA nicht fehlen dürfen, auf keine ihnen gewidmete Veranstaltung hoffen. Dabei stünde dem Christentum ein bisschen weniger Einschleimen und dafür mehr „Feindanalysen“ (Herbert Marcuse) ganz gut zu Gesicht. Doch weil die AfD Gefahr liefe, nicht nur mit Rassismus und Hetze, sondern unangenehmen Fragen aufzufallen, wird sie von den Sprachrohren der deutschen Wohlfühlgemeinschaft lieber von Anfang an ausgegrenzt.

Die haben umso weniger Argumente, je moralischer sie sich der Öffentlichkeit aufdrängen: Damit jeder weiß, dass der Herr Leyendecker zu den ersten gehört, die aus der Geschichte gelernt haben, verkündet er noch: Mit Leuten, „die Nazis sind oder nichts gegen Nazis haben“, will er nicht reden. Nur hat dies niemand von ihm je erwartet. Stattdessen befürwortet er, dass die evangelische Kirche mit dem deutschen Zeitgeist geht. Und das, Herr Leyendecker, dachten sich vor einigen Jahrzehnten auch solche Vertreter der Kirchen, die – wie Sie kritisieren – „im Kampf gegen die Nazis versagt“ haben.

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H. Volkmann / 21.06.2019

Das war doch schon immer klar, dass die Kirchen und damit auch der Glaube ihrer Mitglieder von Beginn ihrer Gründungen an, zu machtpolitischen Zwecken eingesetzt, mißbraucht wurden bzw. selbst dafür verantwortlich waren, indem die Gläubigen in Angst, Schrecken und Unterwürfigkeit gehalten wurden. Gott (sic) sei Dank hater dann durch Mohammed die einzig wahre Religion und “Kirche” erschaffen lassen, die zum Wohle aller - vor allem der Frauen - endlich einmal einen richtig guten Staat erschafft und mit den verlogenen Christenführern aufräumt. Damit endlich Frieden in diese Welt kommt. Das kann man in den Ansätzen jetzt bereits am Kirchentag erleben, wie Teilnehmerinnen gemeinsam und friedlich ihre Mösen betrachten. Wie erwachende Kleinkinder, von denen ja schon Jesus gesagt haben soll, ˋ“lasset sie zu mir kommen, denn ihrer ist das Himmelreich” ( oder so ähnlich). Also stimmt doch alles und der Kreis schließt sich zu ewigem Frieden. Aber die ungläubigen (Ge)Rechten sollen in der Hölle schmoren - wie es der wahre Glaube weiß . Sie werden jetzt schon mal vorgewärmt. Ist doch alles durch Gott gerechtfertigt . Deus vultus (? ) hieß das doch schon immer. Amen!

Richard Loewe / 21.06.2019

als Katholik finde ich das alles super, denn meine Probleme mit den politischen Äußerungen des Papstes erscheinen mir als Pillepalle verglichen mit den lila Vulvenmalern, die Jesus vermutlich bald zum Diversen deklarieren werden. Ich war fuer eine Taufe mal in einer evangelischen Kirche und der “Priester” hat tatsaechlich auf einer Gitarre gespielt (no shit!) und die Taufkerze war von einer Regenbogenflagge umrankt. Ich bin jedesmal zusammengezuckt, wenn der Mann Jesus erwaehnt hat. Hoffentlich passiert das nicht beim Vulvenmalen.

Günter H. Probst / 21.06.2019

Da die Kirchen überwiegend von Frauen frequentiert werden, wäre es doch christlicher , statt “Vulven malen” “Phalli formen” , in das Programm zu nehmen. Dann weiß der Nachwuchs auch, was abgeht, wenn der Pope sich entkleidet.

B. Jacob / 21.06.2019

Vorsicht Satire: Wir denken viel zu sehr in alten anatomischen Strukturen und das im revolutionierenden Genderzeitalter ! Die Grünen haben ja schon einmal beim Stuttgarter Kirchentag mit ihrem Aufklärungsfilm Unisex WC, dem WV Einheitstreff für alle sozialen Geschlechter, mehr als 60 soll es geben geworben. Wir dürfen auch die ohne Studienabschluss gebliebene grüne KGE nicht unterschätzen, nebst der roten Margot, die stets vom Pfingstgeist erleuchtet werden und eifrig Bücher schreiben. Im roten Niedersachsen hat man sich der Diskriminierung angenommen, weil es nicht sein kann, das man die Vielzahl der sozialen Geschlechter anatomisch beleidigt. Aus Studierende wird Studierende, aus Mitarbeiter MitarbeiterInnen und aus Bischof Bedford Strohm eben BischofIn um ihn, sie, es ja nicht in seinem sozialen Geschlecht zu beleidigen. Man stelle sich vor man würde die Kinderbuchsexautorin noch ohne pornografische Inhalte zwecks der Aufklärungsarbeit für die Frühsexualisierung die viel Schminke für ihr weibliches Outfit braucht als Herr Köbel und nicht Olivia Jones anschreiben, sehr geehrte BürgerIn, na da wäre der Teufel wegen Diskriminierung los, wer ist auch so boshaft alle LSBQT Geschlechter zu beleidigen und die logische Erleuchtung ist wohl demgemäß auch im menschlichen grünen Amazonenstamm, gibt es nur die weibliche Dominanz, obwohl die Vulven anatomisch sehr unterschiedlich sind und es bei einer Olivia Jones sehr viel schwieriger zu erklären ist, weil wir es noch als Phallus kennen. Also ran an den Speck ihr Gender Pazifisten und lasst Eure Vulven malen, auch wenn diese unterschiedlich anatomisch konstruiert sind und lasst unsere Theologiestudentin, sorry Theologiestudierende nicht als Modell für die Vulvenmaler im Stich! Kotz.  Aus Joseph wird halt Josephin, aus Maria ? aus Moses Mösin oder so ähnlich.

Wiebke Lenz / 21.06.2019

Ich wusste gar nicht, dass mir das Vulven-Malen ein Bedürfnis sein sollte. Und grundsätzlich rede ich mit allen Menschen, auch mit AfD-lern. Ich denke, dass ich dringend das Gespräch mit dem Gemeindepfarrer suchen muss, ich bedarf wohl dringend des theologischen Beistandes. Dem Anschein nach befinde ich mich ja auf einem komplett falschen Weg und kann so nicht das Himmelreich erlangen ...

H.Milde / 21.06.2019

Werden die evangelisch geistlichen Führer*innen*diverse, denn auch die geschaffenen “Werke” ausstellen und prämieren (die XY´ler wahrscheinlich dabei mit ausgebeultem Beinkleid)?  Werden die römisch katholischen Brüder*innen*diverse diesem Beispiel ökumenisch getrieben folgen? Jesus hätte mM sicherlich diese “Künstler”, Beihelfer zum Menschenhandel, und Gottesverleugnunge.- -> sa. Tempelberg, chritliches Europa ausgrenzend… - aus dem Tempel getrieben, und Luther würde wahrscheinlich bei so einem Gekobere keine Thesen ad Kirchentür nageln, sondern vermutlich die geistigen/lichen Platterdenbewohner und Veranstalter dieser TuttiFrutti-Show. Amen.

Detlef Fiedler / 21.06.2019

Hallo Herr Perrefort. Ich halte das Vulven malen ebenfalls für einen Skandal sondersgleichen. Denn es wurde von den Verantwortlichen nicht vom Ende her gedacht. Ich glaube das deshalb, weil es ja durchaus im Bereich des möglichen liegt, die Falschen könnte da Vulven malen. Das ergäbe dann die völlig falschen Vulven. Gesetzt dem Fall ein eingesickerter AfD-affiner Freizeitkünstler malt dort eine Vulva und hat dabei diejenige seiner Frau oder Freundin vor Augen, welche vielleicht zu allem Überdruss auch noch mit der falschen Partei sympathisiert, diese vielleicht sogar noch gewählt hatte. Ein doppelter Skandal, die Folgen wären nicht auszudenken. Die ganzen schönen Bemühungen Herrn Leyendeckers liefen ins Leere und wären dann sozusagen von den Vulvenmaler-Schläfern der AfD ganz übel konterkariert. Es ist unbedingt nötig die in blau gemalten Vulven aufgrund des sich aufdrängenden Anfangsverdachts einer strengen Kontrolle auf die Urheberschaft hin zu unterziehen. Braune Stifte werden ja ohnehin nicht ausgelegen haben.

Werner Schmidt / 21.06.2019

Der ehemalige Investigativjournalist Leyendecker - ist das nicht der Hetzer, der, damals noch in Diensten des SPIEGEL, bei der Festnahme des RAF-Terroristen Grams 1993 in Bad Kleinen den polizeilichen Einsatzkräften eine Hinrichtung angedichtet hat?

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