Vera Lengsfeld / 14.01.2018 / 15:30 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 31 / Seite ausdrucken

KiKA, Malvina und die Unschuld

Der umstrittene Film „Malvina, Diaa und die Liebe“, der auf dem Kinderkanal KiKA gesendet wurde, hat eine so breite Debatte ausgelöst, dass man sich gezwungen sah, zu seiner Verteidigung eine Sondersendung im Hessische Rundfunk (hr) auszustrahlen. Darin wurde der Film noch einmal gezeigt, damit sich „die Zuschauer ein Bild machen können“. Anschließend gab es die Diskussionsrunde „Engel fragt – Spezial“.

Zusätzlich peinlich für den Sender war, dass am Tag der Sendung bekannt wurde, dass der im Film Diaa genannte Mohammed die Seite des islamistischen Hasspredigers Pierre Vogel gelikt hatte. Ich habe mir die Diskussion angeschaut, weil ich wissen wollte, wie der hr mit dem Problem umgeht.

Es gab neben dem Moderator fünf Diskutanten. Einer davon war der AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel, die anderen waren Lamya Kaddor, die in jeder Runde sitzt, wenn es um Islam oder Islamismus geht, die Medienpädagogin Maya Götz, hr-Fernsehdirektorin Gabriele Holzner und Thomas Mücke, ein Jugendarbeiter mit Extremismus-Erfahrung. Fünf Aufrechte und ein Watschenmann – das seit Jahren übliche Schema.

Dirk Spaniel hat sich nicht provozieren lassen, legte gleich zu Anfang seine Bedenken dar und wies darauf hin, dass es schwierig für eine junge Frau werden könnte, sich von einem Mann zu trennen, der sie als sein Eigentum ansieht („Sie gehört mir“). Frau Götz bemühte sich, den Eindruck zu verbreiten, der Film sei eigentlich eine Warnung für junge Mädchen gewesen, Beziehungen mit jungen Männern aus dem arabischen Kulturkreis einzugehen. Von hundert Kindern, die sie zum Film befragt habe, hätte die große Mehrzahl der Mädchen geäußert, dass sie einen Mann wie Mohammed nicht zum Freund haben wollten. Wie gut, dass Frau Götz nicht von der AfD ist, denn ihre Erkenntnisse wären sonst als rassistisch gebrandmarkt worden.

Ein Fan von Pierre Vogel

Bei der heiklen Frage, warum aus Mohammed im Film Diaa wurde, musste Fernsehdirektorin Holzner einräumen, dass Mohammed der Name ist, der im Pass des jungen Mannes steht. Diaa wäre sein Spitzname. Warum man ihn dem Publikum nicht mit seinem richtigen Namen vorgestellt hat, sagt sie nicht. Man habe den jungen Mann genau überprüft, ob er für eine Sendung geeignet sei.

Dass er Pierre Vogel gelikt habe, hätte man zu spät erfahren. Vorher hat es in der Sendungs-Ankündigung geheißen, Mohammed würde zu seinem Like Stellung nehmen. Das geschah allerdings nicht. Das Interview, das man mit ihm gemacht hatte, würde aus Verantwortung für sein Wohlergehen nicht ausgestrahlt, denn der junge Mann hätte Morddrohungen erhalten, weil er seiner Freundin zu viel durchgehen lasse. Aus den islamistisch motivierten Morddrohungen, von denen die Fernsehdirektorin sprach, machte Moderator Engel später „Morddrohungen von rechter Seite“ und setzte dann noch schnell ein „und von anderen Seiten“ hinzu.

Der Extremismusexperte Thomas Mücke sprach davon, dass Mohammeds Like auf der Seite eines islamistischen Hasspredigers vielleicht nur aus Versehen passiert sei, oder aus Unwissen. Richtig schlimm dagegen fand er, dass die BILD-Zeitung diesen Like thematisiert hat. Eine besorgte Frage war dann, ob man Mohammed nicht in die Arme von Extremisten treiben würde, weil man sein Like öffentlich diskutiere. Moderator Engel gab sich große Mühe, den AfD-Abgeordneten Spaniel dafür verantwortlich zu machen, dass es im Internet einen Shitstorm gegen den Film und seine Protagonisten gegeben hätte.

Nach den handelsüblichen Hinweisen, dass es auch deutsche Männer gäbe, die ihre Frauen und Kinder verprügelten, und auf Evangelikale, die ein ähnliches Frauenbild hätten wie Muslime, verwies Dirk Spaniel darauf, dass dies aber in unserer Gesellschaft kein akzeptiertes Verhalten wäre und er ein Problem darin sähe, dass Mohammed, der bei uns Schutz gesucht und gefunden hätte, uns seine Regeln oktroyieren will.

Am Schluss behauptete Moderator Engel, dass die ganze Aufregung „mit der Verunsicherung der Gesellschaft“ zu tun hätte. Die eigentliche Frage wäre, wie schafften „wir es, mit den Fakten umzugehen, ohne in Hysterie zu verfallen?“. Die Gesellschaft sei „gefordert, keine Spaltungsprozesse zu befördern“. Der Sender hat keinen Fehler gemacht. Die abgehängten Hysteriker sind schuld. Quod erat demonstrandum.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Oliver Förstl / 14.01.2018

Wohin uns Appeasement-Politik und Toleranz-Diktatur führen, konnte man gut in den Dreißiger Jahren beobachten.

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