Von Lukas Mihr.
Jüngst schlug das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung das Konzept des sogenannten „Grunderbes“ vor. Dieses sozialistische Umverteilungskonzept dürfte nicht funktionieren, da die Geschichte zeigt, dass Erfolg nicht vom Geld abhängt.
Jüngst schlug das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung das Konzept des sogenannten „Grunderbes“ vor. Jeder Bürger würde zu seinem 18. Geburtstag 20.000 Euro erhalten, um damit ins Berufs- beziehungsweise Geschäftsleben zu starten. Die Wissenschaftler schätzen die jährlichen Kosten auf etwa 15 Mrd. Euro. Diese Summe solle über eine höhere Erbschafts- beziehungsweise Vermögenssteuer finanziert werden.
Hintergrund ist die Schieflage der Vermögensverteilung in Deutschland. Das oberste Tausendstel der Bevölkerung besitzt 20 Prozent des Vermögens, das oberste Prozent 35 Prozent, die obersten 10 Prozent machen fast zwei Drittel der Vermögensverteilung aus. Die untere Hälfte der Bevölkerung fällt praktisch nicht mehr ins Gewicht. Vor allem die ohnehin schon Reichen würden von ihren reichen Verwandten umso mehr Geld erben.
Eine Umverteilung von den Reichen zu allen jungen Erwachsenen ungeachtet des sozialen Hintergrunds würde die Gesellschaft gleicher und gerechter machen – so jedenfalls der Gedanke, der auf Unterstützung der Medien und auch der SPD zählen kann.
So hatte zum Beispiel auch der YouTube-Auftritt des RBB ganz ähnliche Töne angeschlagen, was der Journalist und GEZ-Kritiker Holger Kreymeier geschickt analysierte. Ihm fielen Widersprüche in der Argumentation auf, aber auch, dass das Format unterschwellige Attacken gegen „den alten, weißen Mann“ enthalte.
Fraglicher Effekt
Doch ganz abgesehen von den Schwierigkeiten einer Finanzierung: Würde ein Grund- bzw. „Sozialerbe“ tatsächlich zu einer egalitären Gesellschaft führen? Dies ist mehr als fraglich, denn die Geschichte kennt mehrere Beispiele, in denen eine Vermögensumverteilung nur wenig an den Gesellschaftsverhältnissen ändern konnte.
In den 1830er Jahren rief der US-Bundesstaat Georgia eine große Landlotterie ins Leben, um Siedler anzuziehen. Erwachsene Männer bekamen nach dem Zufallsprinzip einen großzügigen Acker zugeteilt, denn freie Fläche war nach Vertreibung der Ureinwohner im Überfluss vorhanden. Viele Teilnehmer verkauften ihr Ackerland jedoch sehr schnell und strichen hohe Profite ein. Da dieser Vermögenszuwachs nach dem Zufallsprinzip erfolgte, war das wissenschaftliche Kriterium einer randomisierten Versuchsgruppe erfüllt.
Wissenschaftler gingen der Frage nach, wie sich der plötzliche Reichtum ausgewirkt hatte. Tatsächlich waren die Gewinner der Landlotterie auch noch 20 Jahre später wohlhabender. Ihre Kinder hatten im Vergleich zur übrigen Bevölkerung nur noch einen leichten Vorteil. In der Enkelgeneration ließ sich schließlich kein Effekt mehr feststellen.
Ganz ähnlich, wenn auch im umgekehrten Maße, hatten Großgrundbesitzer im Süden der USA nach der Abschaffung der Sklaverei hohe Einbußen hinnehmen müssen. Nach einigen Jahrzehnten waren ihre Nachkommen dennoch wieder geschäftlich erfolgreich.
Einmal erfolgreich, immer erfolgreich
Auch wird immer wieder von sozialdemokratischer Seite hervorgebracht, dass die Lebensumstände der einkommensschwächeren Schicht zu schlechten Verhaltensweisen führen und so die Lebenserwartung herabsetzen würden. Aber dann müsste dieses Verhalten durch einen unerwarteten Geldsegen doch eigentlich aus der Welt zu schaffen sein. Doch wie eine Studie unter schwedischen Lotteriegewinnern zeigte, war dies nicht der Fall. Auch wer Millionenbeträge gewonnen hatte, änderte an seinem Lebensstil nichts. Lotteriegewinner wiesen in Alkohol- bzw. Tabakkonsum, sportlichem Verhalten und Ernährungsgewohnheiten keine Veränderungen auf.
Da die Bevölkerung in Europa seit dem Mittelalter stetig anwuchs, ist unwahrscheinlich, dass Reichtum beliebig oft vererbt werden konnte, denn die Zahl der möglichen Erben stieg exponentiell an. Trotzdem ließ sich zeigen, dass Familien über mehrere Generationen hinweg wohlhabend blieben. Die Familiennamen, die im Florenz des 15. Jahrhunderts auf Wohlstand hindeuteten, werden auch 600 Jahre später von den Besserverdienenden getragen. Eine ähnliche Studie aus Schweden zeigt, dass Personen mit adligem Namen deutlich mehr verdienen als Personen mit bürgerlichem Namen.
Solche Muster blieben auch dann bestehen, wenn der Staat mit aller Härte eingriff, um Einkommensunterschiede auszugleichen. In Ungarn beispielsweise sind Nachkommen der Eliten aus dem 18. Jahrhundert auch heute noch geschäftstüchtiger – und das, obwohl das Land fast 50 Jahre unter kommunistischer Herrschaft stand.
Auch in China sind Multimilliardäre erst durch die ökonomischen Reformen der 1990er Jahre möglich geworden. Die heutigen Reichen stammen jedoch in den meisten Fällen von den damaligen Reichen ab – obwohl Maos Politik der massiven Enteignung Millionen Menschen den Hungertod brachte.
Es bleibt also mehr als zweifelhaft, dass eine großzügige Geldspritze langfristig die Barrieren zwischen arm und reich einreißen kann. Geschenktes Geld mag als kurzfristiger „Segen“ empfunden werden, ist aber langfristig nicht selten ein Fluch. Nach manchen kommunistischen Revolutionen jubeln Arme über von den Reichen enteignete, und nun ihnen zugesprochene Reichtümer – bis wenig später der Katzenjammer einsetzt, weil ihnen der schnelle, nicht selbst erarbeitete Reichtum nach kurzer Zeit wieder zwischen den Fingern zerronnen ist. So geschehen in Venezuela oder beispielsweise auch in Simbabwe, wo enteignetes und anschließend verschenktes Farmland unter der Obhut der Beschenkten verfiel. Geschenktes Geld in Form von Subventionen lässt auch das Niveau deutscher Filme und Theatereinrichtungen sinken. Man muss sich nicht anstrengen, wenn das Geld bedingungslos fließt. Und ganz genauso verhält es sich mit dem besprochenen geschenkten „Grunderbe“. Und obwohl Sozialisten diesen einfachen Zusammenhang rundheraus abstreiten, haben sie ihn durch ihre Politik der Enteignungen im 20. Jahrhundert mehrfach bestätigt.
Lukas Mihr, geb. 1985, ist Historiker und Journalist. Er ist Mitglied der kritischen Islamkonferenz.