Gerd Buurmann / 08.03.2023 / 11:00 / Foto: achgut.com / 6 / Seite ausdrucken

Hedwig Dohm Trio auf der Bühne

Heute stehe ich wieder als Teil des Hedwig Dohm Trios auf der Bühne. Im Stück mime ich berühmte Zeitgenossen Hedwig Dohms, wie etwa Friedrich Nietzsche, die durch chauvinistische Sprüche auffallen. Das sorgte schon für reichlich Missverständnisse.

Am 11. Februar 2006 standen Dr. Isabel Rohner, Nikola Müller und ich erstmals mit unserem Programm „Mehr Stolz, Ihr Frauen!“ auf der Bühne des La Carina in Köln. Seitdem treten wir als Hedwig Dohm Trio im ganzen deutschsprachigen Raum auf.

Ein denkwürdiger Auftritt unseres Trios fand im März 2012 statt, als wir für die SPD in einem kölschen Brauhaus in der Dorotheenstraße in Berlin unser Programm präsentierten. Bevor wir die Bühne betraten, ergriff Barbara Hendricks das Mikrofon und brüllte in den Saal:

„Schnauze jetzt! Jetzt kommt Kultur!“

Wir begannen unsere Aufführung. Hedwig Dohm im Schlagabtausch mit einigen Männern ihrer Zeit, unter anderem Friedrich Nietzsche und Georg Groddeck, die von mir gespielt wurden. Nach fünf Minuten betraten die Praktikantinnen von Martin Gerster, MdB den Saal. Ich war gerade dabei, Friedrich Nietzsche zu spielen und sagte in der Rolle:

„Ihr erster und letzter Beruf soll sein, Kinder zu gebären. Ein Mann der Tiefe hat, kann über das Weib nur orientalisch denken. Er muss das Weib als Besitz, als verschließbares Eigentum, als etwas zur Dienstbarkeit Vorherbestimmtes auffassen. Er muss sich hierin auf die ungeheure Vernunft Asiens stellen.“

„Das war nicht ich. Das war Groddeck!“

Buh-Rufe ereilten mich von Seiten der Praktikantinnen. Dann wechselte ich in die Rolle zu Groddeck und sagte:

„Durchschnittlich sechs Tage im Monat ist das Weib siech. Jede Frau, selbst die gesündeste, ist in diesen Tagen stets mehr oder weniger intellektuell unzurechnungsfähig. Körper und Geist sind völlig zerrüttet und in Aufruhr gebracht!“

Schon während ich spielte, bemerkte ich vonseiten der Praktikantinnen im Publikum Unruhe. Nach dem Stück sprachen sie mich an: Sowas könne man doch nicht sagen, warum denn so ein Chauvi hier sprechen dürfe, heute sei schließlich Frauentag und überhaupt, das ginge ja gar nicht. Mein Einwand, dass das Theater sei, ließen die Praktikantinnen nicht gelten:

Praktikantin: „Aber Sie sind so überzeugt davon, dass Sie das hier so spielen, oder was?“

Ich: „Äh, Nein.“

Praktikantin: „Frauen sind nicht siech!“

Ich: „Sehr gut!“

Praktikantin: „Warum sagen Sie das dann?“

Ich: „Das hab ich nicht gesagt!“

Praktikantin: „Doch, gerade. Ich habe es doch selber gehört!“

Ich: „Das war nicht ich. Das war Groddeck!“

Praktikantin: „Was?“

Ich: „Sie sind zu spät gekommen. Das sind Texte von Georg Groddeck!“

Praktikantin: „Warum zitieren sie so einen Mann?“

Ich: „Ich zitiere nicht, ich spiele eine Rolle.“

Praktikantin: „Warum spielen sie denn eine solche Rolle?“

Ich: „Weil ich Schauspieler bin.“

Praktikantin: „Aber wenn Sie Anstand hätten, würden Sie eine solche Rolle nicht spielen.“

Jetzt schaltete sich Isabel Rohner ein: „Sie sind süß“, sprach sie, lachte und ging. Ich hörte etwas in ihr zerbrechen. Ich vermute, es war ihr Glaube an die politische Zukunft unseres Landes. Nikola Müller war klug genug und hatte sich schon längst wieder zum Kölsch begeben. Ich war so dumm und versuchte, es den Praktikantinnen so zu erklären:

Ich: „Sie reagieren wie eine Person, die zwanzig Minuten zu spät zu „Schindlers Liste“ kommt, um dann nach 25 Minuten vollkommen aufgebracht das Kino wieder zu verlassen mit der Begründung: Das sei ja ein Nazifilm. Überall lauter Nazis. Wer spielt denn sowas und überhaupt, warum darf so ein Film gezeigt werden? Das ist Deutschland hier!“

Die Praktikantinnen waren nicht überzeugt. Ich ging daher auch, gesellte mich zu meinen Kolleginnen und gemeinsam tranken wir viel Kölsch auf Hedwig Dohm und ließen alles auf den Deckel der SPD schreiben.

Einwandfreies Führungszeugnis für den Schützenkönig

Ein weiteres absurdes Schauspiel bot sich uns Anfang März 2020 in einer Gemeinde in Schleswig-Holstein. Als Isabel Rohner in die Runde fragte, ob es in der Gemeinde noch Vereine gäbe, die keine Frauen aufnehmen würden, erklang es aus dem Publikum wie aus einem Mund: „Unser Schützenverein!“

Nikola Müller wollte gerade anheben, etwas über die Geschichte der Frauendiskriminierung in der Geschichte der deutschen Vereine zu erzählen, da erklang eine Stimme aus der Empore über dem Auditorium. Wir waren ganz überrascht, weil wir nicht gewusst hatten, dass dort überhaupt jemand war, aber nun wussten wir, dass dort die ganze Zeit jemand gesessen hatte. Es war der Bürgermeister der Gemeinde und er meldete sich zu Wort, um zu erklären, warum keine Frauen aufgenommen werden könnten. Der Bürgermeister erklärte:

„Ein vollwertiges Mitglied im Schützenverein kann auch Schützenkönig werden. Das ist allerdings eine finanziell sehr kostspielige Angelegenheit. Daher können nur finanziell unabhängige Menschen Mitglied im Schützenverein werden.“

Ein ungläubiges Lachen ging durch den Saal. Der Bürgermeister versuchte es daher mit einem anderen Argument:

„Mitglieder des Schützenvereins werden auch an der Waffe ausgebildet. Sie müssen somit im Grunde auch bereit sein, eine Waffe zu gebrauchen, was bedeutet, dass sie auch bereit sein müssen, töten zu können.“

Eine Frau aus dem Publikum rief laut: „Das bin ich!“ Tosendes Gelächter erschütterte den Saal. Der Bürgermeister sah seine Felle davonschwimmen und griff schließlich zu einer Erklärung, die mich bis heute ratlos zurücklässt. Er sagte, Frauen könnten auch deshalb keine Mitglieder werden, weil:

„Um Mitglied in einem Schützenverein zu werden, braucht es ein einwandfreies Führungszeugnis.“

Ein einwandfreies Führungszeugnis braucht es nicht, um unserer Lesung beizuwohnen. Die nächsten Termine sind:

Weyhe / 8. März 2023

Warendorf / 10. März 2023

Ganderkesee / 11. März 2023

Uetze / 15. September 2023

Oldenburg / 27. Oktober 2023

Weitere Termine und alle Informationen zu wann und wo finden Sie auf der Webseite unseres Trios.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Wilfried Düring / 08.03.2023

Inzwischen scheint die ganze SPD nur noch aus Praktikanten zu bestehen. Das beginnt beim Generalsekretär Kevin, der nur wenige in seinem Leben ehrlich gearbeitet hat - allerdings als Callcenter-Boy. Aber es gibt noch fantastischere Exemplare. Der Genosse Erik von Malottki studierte in Greifswald nur 12 Jahre ‘Geschichte und Politikwissenschaften’. Im Nebenruf lümmelte er im ASTA herum und gehörte zu den militanten Abschaffern des Universitäts-Namens ‘Ernst-Moritz Arndt’. Nachdem er es 2017 endlich zu einem Abschluß gebracht hatte, sattelte er auf Bonze um. Die Gewerkschaft ‘Erziehung und Wissenschaft’ stellte ihn ein - als Regionalchef. Malottki gebührt damit das zweifelhafte Verdienst zum Gewerkschaftsbonzen aufgestiegen zu sein, ohne auch nur einen Tag jemals produktiv gearbeitet zu haben. Eine solche Biografie qualifiziert in der ehemaligen Arbeiterpartei SPD inzwischen für höchste Ämter. Tatsächlich: Malottki sitzt inzwischen für die SPD im Bundestag - vorerst als Hinterbänkler. Nach einigen Angaben gehört Malottki dort zur Gruppe der ‘Parlamentarischen Linken’. Noch wird Mecklenburg-Vorpommern von Manuela Schwesig regiert. Diese Frau ist bei Grünen, Kriegstreibern und zunehmend auch bei Vertetern der jetzigen CDU-Opposition (die als Koalitionspartner über viele Jahre vieles mitgetragen hatte) wegen ihrer Nordstream-Politik (und einer eloquenten und mutigen und fulminanten Anti-Baerbock-Rede im Deutschen Bundestag ‘...Die Grünen schaden ... den Bürgern in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg ...’; September 2020) regelrecht verhaßt. Wie alle Menschen, hat selbstredend auch Schwesig ihre Fehler. Manche können den Sturz der Ministerpräsidentin kaum erwarten. Einen ihren möglichen ‘Erben’ hab ich eben vorgestellt. Und jetzt geh ich kotzen!

Karsten Dörre / 08.03.2023

Betreutes Theater. Betreutes Filmschauen. Betreutes Denken. Betreute Gefühleauslebung. Betreutes Betreuen. - Wie verletzt fühlen sich ukrainische Soldatinnen, wenn sie im Gefecht nicht korrekt angesprochen werden? Ist die Verteidigungsbereitschaft durch nicht korrekte Ansprache und Gefühlsverletzung gefährdet? Konnte sich deshalb die Ukraine von der russischen Besatzung noch nicht befreien? Oder wird die Ukraine vom russischen Gegner nicht korrekt bekriegt? Während in Deutschland vermeintlich wichtige Zeitthemen gewälzt werden, wie z.B., wie man ein Land freiwillig von einem Land, dass das Beste ist, dass es je gegeben hat, in ein Dritteweltland transformiert.

Rollo Tomasi / 08.03.2023

Nietzsche hat schon so viele Missverständnisse der Liebe, Schmähungen aus Verwechslung und Leichenschändungen aus Neid überstanden. Er wird das genauso überstehen wie Elias Canetti .

Franz Klar / 08.03.2023

So wie über Friedrich Nietzsche und Georg Groddeck werden “wir” in 100 Jahren über Verbrennerautos , Gasheizungen , Flugreisen und Menschen mit dem Namen “Meier” sprechen ... wetten ?

Ludwig Luhmann / 08.03.2023

Derartige dumme, verdummte und verdummende Praktikant:Inninen - die vermutlich alle geimpft und geboostert sind - sollten Sie zur nächsten Moschee überweisen. Suchen Sie sich Ungeimpfte!

Jörg Themlitz / 08.03.2023

Das erlebt man doch öfter. Kleene, mit Viertelwissen ausgestattete, wichtigtuerische Bräute begeben sich auf unbekanntes Terrain, bemerken ihren Fehler, den sie nicht zugeben können. In ihrer Dummheit und in dem Glauben noch ihr Gesicht wahren zu können, beginnen sie eine endlose noch wissensbefreitere Diskussion. Palaver. Plappermäulchen. Sie wissen das und machen trotzdem weiter. Von manchen aus der Kategorie “Es ist unfähr, Frauen auf ihr Wissen zu reduzieren.” werden sie noch belohnt. “Sie sind süß.”, heißt eigentlich, Schätzchen Du bis total bescheuert. Das sollte man auch so sagen. Zur Charakterisierung dieses Menschentyps, ist das Wort bescheuert nun mal erfunden worden. Genetisch bedingt? Glaube ich mittlerweile nicht mehr. Seit Jahren nehme ich diese Erscheinung bei männlichen Jugendlichen wahr. Besonders in Gruppen, beiden Geschlechts. Bei mir ist Schwarmintelligenz negativ konnotiert. Team. Toll einer arbeitet (denkt) mit.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gerd Buurmann / 12.03.2024 / 14:50 / 106

Oma Courage

Marie-Agnes Strack-Zimmermann inszeniert sich als „Oma Courage“. Weiß sie überhaupt, welches theatralische Bild sie da aufmacht? Auf einem in schwarz-weiß gehaltenen Wahlplakat blickt die FDP-Politikerin…/ mehr

Gerd Buurmann / 02.03.2024 / 11:00 / 2

Indubio morgen: „Ist das Euer Ernst?“

Gerd Buurmann spricht mit Peter Hahne über seine beiden aktuell erschienenen Bücher „Ist das euer Ernst?! Aufstand gegen Idiotie und Ideologie“ und „Leid – und wo bleibt Gott?“…/ mehr

Gerd Buurmann / 27.02.2024 / 14:00 / 28

Woher kommt der Festival-Antisemitismus?

Ob nach dem Antisemitismus-Skandal bei der Berlinale 2024 oder bei der documenta 15, immer wieder wundern sich Leute, dass es linken Antisemitismus gibt. Dabei hat…/ mehr

Gerd Buurmann / 24.02.2024 / 11:00 / 16

Morgen bei Indubio: Demokratie in Deutschland

Am kommenden Sonntag spricht Gerd Buurmann mit Henryk M. Broder und Peter Grimm über den Zustand der Demokratie in Deutschland und über jene, die vorgeben,…/ mehr

Gerd Buurmann / 17.02.2024 / 11:00 / 2

Morgen bei Indubio: Woke Moralisten

Am kommenden Sonntag spricht Gerd Buurmann mit der Autorin Zana Ramadani und der Bloggerin Rona Duwe über den Machtmissbrauch der woken Moralisten. „Heute marschieren erneut…/ mehr

Gerd Buurmann / 07.02.2024 / 15:00 / 30

Liebe Bauern, lasst Euch nicht beirren!

Die Bauern erleben gerade eine Diffamierungskampagne. Hoffentlich lassen sie sich davon nicht beirrenn. Nachdem einige Landwirte mit mir auf meinem Podcast Indubio über die aktuellen Bauernproteste…/ mehr

Gerd Buurmann / 27.01.2024 / 16:00 / 7

Ein Holocaust-Gedenktag im Krieg

Heute ist Holocaust-Gedenktag, und in etlichen deutschen Gedenkreden war vermutlich oft mehr von der AfD die Rede als von dem Krieg, der gerade gegen jene…/ mehr

Gerd Buurmann / 27.01.2024 / 11:00 / 3

Indubio morgen: Was ist Geld?

Am kommenden Sonntag spricht Gerd Buurmann auf Indubio mit Marc Friedrich über sein neues Buch „Die größte Revolution aller Zeiten – Warum unser Geld stirbt und wie…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com