Gier und Armut zerstören Afrikas Wälder

Afrikas Wälder schrumpfen weiter. In Afrika ist illegaler Holzeinschlag Alltag. In weiten Teilen des Kontinents ist Holz der wichtigste Energieträger. Es wird zum Kochen und Heizen genutzt. Schätzungsweise 90 Prozent der Afrikanerinnen bereiten ihre Mahlzeiten am offenen Feuer zu. Auch das Handwerk und kleinere Industriebetriebe betreiben ihre Anlagen mit Holz. Da in fast allen Ländern häufig der Strom ausfällt, wird Brennholz verwendet. Die Landschaft wird systematisch abgeräumt, um an den Energiespender zu kommen.

Seit 1990 sind laut einer am 20. März 2018 vom WWF veröffentlichten Studie zwölf Prozent der Waldfläche Afrikas, das entspricht 860.000 Quadratkilometern (so groß wie Tansania), verloren gegangen. Allein in Nigeria wurden in dieser Zeit rund 60 Prozent Wald zerstört. Hauptgrund in Nigeria sind laut WWF die industrielle Landwirtschaft, die Viehhaltung und der Anbau von Soja und Palmöl in riesigen Monokulturen.

Waldverluste führen zu Bodenerosion, geringeren Niederschlägen und Ausfällen oder Verschiebungen von Regenzeiten. Dies führt zu einer Gefährdung der Existenzgrundlage vieler Menschen. Auch die Tier- und Pflanzenwelt sind bedroht und Arten sterben aus. Das lokale Klima wird heißer und trockener. Wenn der Holzschlag im bisherigen Rhythmus weitergeht, könnte es laut Greenpeace in einigen Ländern wie Ghana und Simbabwe in 30 Jahren keine Bäume mehr geben. In Simbabwe geht diese Entwicklung auf die Ausweitung des Tabakanbaus zurück, der etwa 90.000 Menschen beschäftigt. Jedes Jahr werden dort laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) Millionen Tonnen Feuerholz geschlagen.

Was illegal ist, bestimmt das Herkunftsland

Der wirtschaftliche, ökologische und soziale Schaden geht in die Milliarden. Der Anteil des ohne Genehmigung geschlagenen Holzes ist nach Schätzungen der EU-Kommission zum Beispiel in Kamerun 50 Prozent, in der Demokratischen Republik Kongo bis zu 70 Prozent. Nach Europa darf kein illegal geschlagenes Holz importiert werden. Was aber illegal ist, bestimmt das Herkunftsland. Zur Verschleierung der Herkunft wird das Holz als Plantagenholz deklariert. 75 Prozent der Holzernte gehen laut Greenpeace nach China. Aus der DR Kongo und Mosambik sogar 90 Prozent. In China gibt es riesige Holzmanufakturen, die nicht kontrolliert werden. Illegaler Holzhandel trägt massiv zum globalen Klimawandel bei.

Das Tropenholz Bubinga wächst vor allem in West- und Zentralafrika: Côte d’Ivoire, Kamerun und Gabun. Es sind rötliche, harte Hölzer mit einer schönen Maserung, die Palisanderhölzern ähneln. Bubinga wird wegen seiner Härte und Klangeigenschaften für Musikinstrumente, aber auch Treppen, Kleinmöbel, Messergriffe oder Drechselwaren verwendet. Das Holz des Koso-Baums kommt aus Ost-, Zentral- und dem südlichen Afrika, von Äthiopien bis Sambia. Der Baum wächst in Höhenlagen oberhalb von 2.000 Metern. Das Holz wird zur Herstellung von Gitarren-Hälsen, Möbeln, Parkett, Werkzeugen und als Bauholz verwendet.

Seit dem 1. Februar 2017 dürfen Bubinga- und Kosoholz als geschützte Edelhölzer nicht mehr ohne behördliche Genehmigung gehandelt werden. (Cites heißt das Abkommen, das grenzübergreifend seltene Pflanzen und Tierarten schützen soll.) Das gilt auch für Besitzer von Musikinstrumenten. Sie müssen mit einer Kaufquittung oder einem Einfuhrdokument die legale Herkunft des Holzes nachweisen. Auch ältere Instrumente müssen einen Instrumentenpass haben. Das empfiehlt sich besonders bei Auslandsengagement. Der Handel mit Gebraucht-Instrumenten muss von den Behörden (z.B. Baden-Württemberg: Regierungspräsidien, Bayern: Landratsämter) genehmigt werden.

Pygmäen aus WWF-Naturschutzgebieten vertrieben

Urwald, das heißt ursprünglicher natürlich gewachsener Wald, gibt es in Afrika nur noch als tropischen Regenwald in Zentralafrika. Nach dem Amazonas ist dies das zweitgrößte tropische Urwaldgebiet der Welt. Regenwald bedeutet Regen, denn drei Viertel produziert der Wald in einem steten Kreislauf selbst: Die Pflanzen speichern und verdunsten Wasser, es bilden sich Wolken und es regnet. Damit kühlt und befeuchtet der Regenwald ganz Zentralafrika (Angola, Äquatorialguinea, Gabun, Kamerun, DR Kongo, Republik Kongo, Sao Tomé und Principé, Tschad und die Zentralafrikanische Republik). Ehemals erstreckte sich von der Westküste Senegals bis in den Osten Ugandas Wald.

Durch die Erschließung dieser früher unzugänglichen Gebiete haben Holz- und Minengesellschaften große Teile dieses Waldes vernichtet. Fehlender politischer Wille und Korruption ersticken heutige Naturschutzbemühungen im Keim. Damit möglichst viel herausspringt, überlassen einflussreiche Clans – mit wenigen Auflagen – Konzernen aus China das Holz. Zu den 20 größten chinesischen Importeuren zählen acht staatliche Unternehmen. Laut Greenpeace kaufen europäische Firmen in China und umgehen so EU-Verbote.

Allerdings gibt es auch heftige Kritik am WWF. Der WWF hat die Gründung von Naturschutzgebieten in Kamerun unterstützt, aus denen indigene Völker wie die Baka-Pygmäen vertrieben wurden. 2017 eröffnete die OECD ein Verfahren gegen den WWF, um dem Vorwurf der Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Durch Naturschutzgebiete in Kamerun, dem Kongo und Gabun sind die Baka-Pygmäen seit Jahren Einschüchterungen und Misshandlungen ausgesetzt.

Sie wurden von ihrem angestammten Land vertrieben. Pygmäen essen, was der Regenwald hergibt (nämlich Fleisch, Kräuter, Fische, Früchte, Honig) und leiden bisher keinen Hunger. Doch ihr Lebensraum wird immer kleiner. Vergeben die Regierungen Holzkonzessionen, verramschen sie die Heimat der Ureinwohner. Die letzten Regenwälder Afrikas werden rund um die Uhr, auch nachts bei Scheinwerferlicht, dezimiert. Es geht um schnelle Gewinne. „Die Politik des guten Zuredens durch den Umwelt-Multi WWF hat in dem von Korruption geprägten Zentralafrika versagt“, sagt der Ökonom, Tierfotograf und Umweltschützer Karl Amman.

Die vom WWF ausgebildeten, finanzierten und bewaffneten Öko-Wächter verfolgen die Pygmäen und drängen sie aus dem Wald in die Nähe der großen staubigen roten Lehmpisten. Hier gibt es kein Wild. Hier rasen ständig große Transportfahrzeuge, mit gewaltigen Baumstämmen beladen, in Richtung Jaunde und weiter zum Hafen Douala am Atlantik. Ein Volk verschwindet im Namen des Naturschutzes. Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagt: „Der WWF hat nichts unternommen, um die Sorgen von tausenden Indigenen effektiv zu adressieren, die durch seine Projekte enteignet und misshandelt wurden. Das muss sich ändern. Wenn der WWF nicht gewährleisten kann, dass seine Vorhaben UN- und OECD-Standards einhalten, sollte er sie einfach nicht finanzieren. Was auch immer der WWF an anderer Stelle Gutes tut, kann nicht entschuldigen, dass er Menschenrechtsverletzungen finanziert.“

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

Foto: Bundesarchiv/ Mehmet Sonal CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Reinhard Gremli / 17.11.2018

Wenn ich solche Artikel lese, überkommt mich eine unsagbare Wut! Über die Kurzsichtigkeit der Menschen und besonders der Organisationen, die vorgeben, etwas für den Umweltschutz zu tun. Der Palmöl-Hoax war schon vor Jahrzehnten absehbar, als noch kaum Kulturen davon bestanden. Warum macht man dann trotzdem weiter? Selbiges mit Mais für Dieselersatz? Wir hier haben kein Problem mit Wäldern, die sind im Wachsen begriffen, ganz im Gegensatz zu afrikanischen und südamerikanischen Wäldern. Der Regenwald sollte zudem als besonders schützenswert gelten, da er in ganz besonderem Masse das Klima beeinflusst. Da gehörten internationale Organisationen her, die diesen Schutz gewährleisten könnten - gegen die Gier und kurzfristigen Interessen von korrupten Regierungen, Clans und internationalen ! Monokulturen sind in jeder Hinsicht schlecht! 1. führen die zur Verarmung der Natur, 2. zur Verarmung/Vertreibung der örtlichen Bevölkerung und 3. sind sie extrem anfällig auf Wetter- und Klimaschwankungen, das führt weiter zu 4. der Verarmung und Erosion der Böden. Dagegen sind unsere “Rodungen” für Windräder absolut harmlos.

E. Thielsch / 17.11.2018

Das Kreuz mit ‘nachwachsenden Rohstoffen’ ist, dass sie immer zu Raubbau und Vernichtung führen, sei es Holz, Palmöl, Wale oder Mais. Für Europas Wälder war die Steinkohle die Rettung, der geschmähte ‘fossile’ Rohstoff. Die Wale rettete das Erdöl, denn das Petroleum ersetzte den Tran. Und Holz wurde durch Plastik als Werkstoff ersetzt. Heute wird für ‘Bio’-Ethanol, ‘Bio’-Gas und ‘Bio’-Diesel die Uhr zurück gedreht und der Raubbau zeigt sofort wieder seine Schattenseiten, aber was ein rechter Grüner ist, der lernt nicht, weder aus der Geschichte noch aus Erfahrung und so wird der Planet von denen zugrunde gerichtet, die behaupten, ihn zu schützen.

Robert Jankowski / 17.11.2018

Wie überall in den Entwicklungsländern (sorry, falls das incorrect speech ist), ist das bei weitem größte Problem die Überbevölkerung. Aber dem wirken wir jetzt massiv entgegen indem wir alle willigen Einwanderer aufnehmen.  Wirkliche Entwicklungshilfe ist eine ilfe zur Selbsthilfe. Das Problem hierbei ist, dass die jeweils Herrschenden keine Bevölkerung wollen, die sich weiterentwickelt. Sie benötigen dumme und dumm gehaltene Massen, die sich leichter kontrollieren lassen. Dies hat sich mittlerweile auch nach Deutschland rumgesprochen und entsprechend konsequent wird das Leistungsniveau in den Schulen gesenkt.

E.W.U. Putzer / 17.11.2018

Für den Afrika-internen Rassismus, dem (nicht nur) kleinere Völker zum Opfer fallen, kann natürlich weder der große, reiche WWF noch die kleine, arme NGO Survival International etwas. Alle wollen an die milliardenschweren “Weltrettungs-Geldtöpfe”, sie sollten sich z.B. zusammenschließen und politische Parteien in den jeweiligen Ländern gründen (z.B. ‘Bündnis World Wide Survival-Die Grünen’) und sich die Entwicklungshilfegelder Europas mit den Clans teilen. Steuergelder sprudeln deutlich großzügiger, als Spenden und man braucht nicht jeden Pfennig abrechnen. In Europa klappt das wunderbar.

Hartmut Laun / 17.11.2018

Da fällt mir doch gleich dazu ein, wo sind denn die europäischen Wälder geblieben, die in den südlichen Ländern oder die hier bei uns in Mitteleuropa? Nur mal nur ein Beispiel von vielen, die Waldgebiete in Spanien und in Portugal, unter der Obhut der damaligen Herren über das Land und die Menschen. Warum haben die ihre Wälder gnadenlos abholzen lassen, wenn nicht für den Schiffsbau um Kriege auf den Meeren zu führen oder die neuen entdeckten Länder anzusegeln, um dort die Reichtümer zu rauben und die Menschen zu versklaven, reine Profitgier. Und die Armen haben sich an dem Holz sehr viel bescheidener bedient, um ihre Häuser mit dem Holz zu heizen und um damit zu kochen, mit dem Holz aus den Wäldern. Nur weil die damals mangels techn. Möglichkeiten es nicht so schnell konnten ihre und die Wälder in den eroberten Ländern abzuholzen wie wir heute, ändert das nichts an der selben Gier die Herrschenden damals und an der Armut derer, die mit Hilfe von Holz überleben wollten. Was also werfen wir den Herrschern und den Armen in Afrika um Umgang mit ihren Wäldern eigentlich vor?

Dirk Jungnickel / 17.11.2018

Was das Holz als Energieträger betrifft, so habe ich im Kongo andere Erfahrungen gemacht.  Entscheidender Energieträger scheint die Holzkohle zu sein, mit der man natürlich besser kochen kann als mit purem Holz. Mit Hilfe der Hanns - Seidel - Stiftung wurden ca. 80 km östlich von Kinshasa riesige Monokulturen angebaut, die sich besonders für die einheimischen Köhler zur Holzkohleerzeugung eigneten.  Dafür mußten wohl erst einmal Rodungen erfolgen, wogegen nichts einzuwenden ist.  Platz genug dürfte dafür da sein.  Ehe wir uns darüber mokieren sollten wir uns die schwachsinnige Verschandlung unserer Landschaft mit in jeder Hinsicht uneffektiven “Windquirlen”  vornehmen.

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