Peter Grimm / 28.12.2018 / 12:30 / 23 / Seite ausdrucken

Ein Vorfall, zwei Meldungen

Vor drei Jahren, nach dem vorläufig letzten Weihnachtsfest, das die Deutschen völlig ohne Betonblöcke auf Weihnachtsmärkten verbringen konnten, gab es bekanntlich eine Silvesternacht, die bestimmte Zuwanderer-Gruppen und Einheimische in Köln in einer Weise gemeinsam verbrachten, die das Land schockierte. Auch die tagelangen vergeblichen Versuche der politisch Verantwortlichen, all die Überfälle, Vergewaltigungen, Raubtaten, Körperverletzungen und sexuellen Übergriffe durch gewalttätige Gruppen zugewanderter junger Männer aus meist islamisch geprägten Kulturkreisen zu vertuschen oder klein zu reden, empörten damals die Öffentlichkeit.

Man hat es schon fast wieder vergessen, dass angesichts dieser Empörung auch ganz viele Medienschaffende versprachen, mit der gut gemeinten Verharmlosungs-Unkultur bei Verbrechen und Vergehen von Menschen aus bestimmten Migranten-Gruppen Schluss zu machen. Reuige Einsicht war zu vernehmen, dass Verschweigen nicht gegen Vorurteile helfe, sondern eher das Gegenteil bewirke und vor allem verhindere, vorhandene Probleme und die Möglichkeiten zu ihrer Lösung konkret, differenziert und genau anzusprechen und zu diskutieren.

Was haben die reumütigen Redakteure damals nicht alles versprochen. Die Tonlage ähnelte ein wenig der, die die „Spiegel“-Redaktion gegenwärtig im Fall Relotius pflegt. Doch um den soll es hier gar nicht gehen, wenngleich sowohl dessen Erfolg mit Reportage-Märchen als auch die Verschweige- und Verharmlosungs-Unkultur einem gemeinsamen Prinzip folgen. Danach hat der moderne Journalist zuvörderst einer guten und richtigen Weltanschauung nützlich zu sein. Was ihr dient, soll er verbreiten und ihrem Ansehen schädliche Fakten möglichst klein halten oder gesinnungsgerecht uminterpretieren. Haltung zeigen ist wichtiger als Recherche. Die alten Leitsprüche, wie „Sagen, was ist“ oder Hanns Joachim Friedrichs Diktum, wonach sich ein guter Journalist mit keiner Sache gemein mache, auch nicht mit einer guten Sache, sind in etlichen Redaktionen längst zugunsten inhaltsleerer Sprechblasen entsorgt worden. Mit Loriots Empfehlung, dass der richtige Platz eines Journalisten der zwischen allen Stühlen sei, können viele Kollegen der Generation Relotius wahrscheinlich gar nichts mehr anfangen.

Vergessene Vorsätze

Doch von dem sollte jetzt gar nicht die Rede sein, sondern von der Erinnerung an die reumütigen Erklärungen deutscher Redakteure im Januar des Jahres 2016. Von überall her klang es, dass man künftig auch bei Straftaten von Asylbewerbern, Muslimen, Migranten oder Menschen mit selbigem Hintergrund Ross und Reiter nennen wolle. Vorurteilsfrei natürlich, idealerweise eher mit selbstverständlicher Beiläufigkeit. Sogar den entsprechenden Passus im Pressekodex des Deutschen Presserats, der – wenn möglich – das Verschweigen der Erwähnung der Herkunft von Gewalttätern anempfiehlt, wollte man überarbeiten.

All diese guten Vorsätze sind längst vergessen. Der Pressekodex wurde bekanntlich nicht geändert und die Nennung von Ross und Reiter bleibt bei bestimmten Gruppenzugehörigkeiten von Gewalttätern oder Tatverdächtigen wieder die Ausnahme. Nun kann man nicht wissen, ob jemand vorsätzlich etwas verschweigt oder ob es die entsprechenden Informationen nicht gibt. Nehmen wir beispielsweise diese Meldung der Mitteldeutschen Zeitung aus der Weihnachtszeit:

„Eine 18 Jahre alte Frau ist auf dem Heimweg von einer Feier von vier Männern zusammengeschlagen und dabei schwer verletzt worden.

Sie musste wegen starker Prellungen am Kopf und am Körper zwei Tage lang in einer Klinik behandelt werden, wie die Polizei am Montag mitteilte. Demnach wurde sie am Donnerstag in Pößneck (Saale-Orla-Kreis) von einem Mann auf den Kopf geschlagen, nachdem sie diesen versehentlich angerempelt hatte. Laut Polizei war die Frau leicht angetrunken.

Als sie durch den Schlag auf den Kopf zu Boden fiel, traten mehrere Männer auf sie ein. Die Täter seien um die 20 Jahre alt gewesen. Nach Polizei-Angaben verlor die Frau vorübergehend das Bewusstsein.

Als sie wieder zu sich kam, waren die Täter verschwunden. Bei der Polizei wurde erst am Samstag Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung erstattet. Die Ermittler suchen nun nach Zeugen. (dpa)“

Die Täter waren vier Männer, mehr wollten die Berichterstatter nicht wissen. Ob nun dpa nicht mehr gemeldet hatte oder die Mitteldeutsche Zeitung eine Information herausfilterte, lässt sich nicht sagen. Sicher ist nur, die Kollegen von TAG24 können zur gleichen Zeit mit einer Information mehr aufwarten:

„Wie die Polizei am Montag mitteilte, wurde eine 18-jährige Frau am vergangenen Donnerstag von mehreren Männern verprügelt und liegengelassen. Da die Anzeige erst am Wochenende einging, konnte die Polizei erst jetzt die Ermittlungen aufnehmen.

Die 18-jährige Frau war am Donnerstagabend in Pößneck leicht angetrunken von einer Feier auf dem Weg nach Hause, als es zu dem brutalen Zwischenfall kam. „Am Mittelweg begegnete sie vier, dem äußeren Anschein nach ausländischen, ca. 20-jährigen, bisher unbekannten Tätern“, so ein Sprecher der Polizei.

Ungewollt kam es zwischen der Frau und einem der Männer zu einem leichten Rempler, welchen der Mann persönlich nahm und „unvermittelt mit der Faust gegen den Kopf der Frau“ schlug.

Diese ging daraufhin zu Boden und wurde anschließend von den restlichen drei Männern mehrmals gegen Kopf und Körper getreten. Dabei verlor die 18-Jährige für gut 15 Minuten ihr Bewusstsein und wachte alleine und schmerzverzerrt wieder auf.

„Die Geschädigte erlitt starke Prellungen an Körper und Kopf und musste zwei Tage lang im Krankenhaus behandelt werden“, so der Sprecher der Polizei weiter. Von den Tätern fehlt bisher jede Spur.“

Zwei Meldungen, die für sich sprechen.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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E.W.U.Putzer / 28.12.2018

Die Frau hatte einen Schutzengel, normalerweise ziehen solche Leute das Messer. Eine Armlänge reicht eben nicht, sie sollte zukünftig akzeptieren, mindestens vom Bürgersteig runter, einen großen Bogen machen und den Blick auf den Boden senken und zügig weitergehen. Parks, einschließlich Parkbänke, sind zu meiden. Warum war die Frau eigentlich am Abend ohne Männerbegleitung auf der Straße? Wahrscheinlich war die Bekleidung auch nicht korrekt. Hoffentlich hat das für Sie nicht noch ein unangenehmes Nachspiel, wenn sich herausstellt, dass die Buben erst 12 Jahre alt waren. Sie sollte sich einen guten Rechtsanwalt nehmen, der sie da wieder raus boxt. Wenn alles gut geht, vergleicht man sich (Frau lebt ja noch) und die Statistik hat noch einen ‘rechtsextremen Gewaltakt’ mehr und damit noch einen Grund für die Erhöhung der finanziellen Mittel gegen Rechts. Sicher muss nun vorsorglich eine “Gegendemo” von irgend einem Aktionsbündnis gegen Rechts organisiert, weil man sich ja schließlich gegen diese Instrumentalisierung wehren muss. Thüringen, AfD, Höcke hat die Lunte gelegt, hoffentlich kann Grönemeyer helfen. Und bitte: Lasst unsere neuen Fachkräfte für unseren Wohlstand arbeiten, jede Hand wird für den Aufbau Ost gebraucht. Herzliche Grüße an die Genossinnen und Genossen der Mitteldeutschen Zeitung!

M. Haumann / 28.12.2018

Ach Herr Grimm, inzwischen braucht man doch nicht einmal mehr in verschiedenen Medien nach dem verschwiegenen Rest der Fakten zu suchen. Man kennt die spezifischen Tatmuster einfach, sie wiederholen sich doch täglich auf Deutschlands Strassen. Gemeinsam ein hilfloses Opfer schlagende und tretende Männergruppen? Keine Hemmschwelle bei Brutalität gegenüber Frauen? Die offenbar neuerdings hochbeliebte Methode Tritte gegen den Kopf bei bereits am Boden liegendem Opfer? Kein Respekt und keine Gnade für Opfer, denen man hier traditionell eher Schutz und Ehre erweist? Und wenn der Täter mal ganz emotional geworden ist: “Schnittverletzungen im Halsbereich”? Da weiss man doch längst aus blutiger Erfahrung Bescheid. Was waren das wohl für “Männer”, die die Wiener Ordensbrüder in der Kirche überfallen haben und einen zu Boden gezwungenen mit Tritten gegen den Kopf schwer verletzt haben? Also den alten Herrn, dem ein deutscher Richter bei der strafrechtlichen Verschonung des Täters möglicherweise einen “versagensbereiten Kopf” attestieren würde?

Kai Nissen / 28.12.2018

Die Täter mit ausländischem Aussehen waren ganz sicher Japaner, oder zumindest Buddhisten.

Rudolf George / 28.12.2018

Ich könnte schreien bei so viel Dummheit! Diese Meldungen, bei welchen generisch nur von „Männern“ oder „Jugendlichen“ die Rede ist, werden doch von jedem vernunftbegabtem Menschen als das verstanden, was sie sind, nämlich die Unterdrückung der Information, dass Ausländer bzw. Migranten beteiligt waren. Denn: wenn Gewalt von Deutschen ausgeht, wird das stets deutlich herausgestellt.

Wolfgang Kaufmann / 28.12.2018

Inzwischen lernt auch der Westdeutsche, aus dem Nichtgesagten seine Schlüsse zu ziehen. Sind die Täter Junggermanen, steht dies trotz Pressecodex mehrfach im Artikel, damit Gewalt als typisch deutsch erscheint. Wird nur der Wohnort genannt, ist die Familie fremder Herkunft. Und wenn da nur was von „Männern“ steht, ist der Fall sonnenklar. – Schon in Sowjetrussland wusste der Zeitungsleser: Wurde die Ernte „mit heldenhaftem Einsatz eingebracht“, war der Ertrag miserabel; alles andere hätte man geschrieben.

Thomas Taterka / 28.12.2018

Die hier schon immer Nachdenkenden kann man nicht täuschen. Mit welchen Mitteln auch immer. “That’s that ! ” (Bugs Bunny)

Peter Müller / 28.12.2018

Es ist ja bei “Vorfällen” dieser Art, sofern sie überhaupt erwähnt werden in der Lokalpresse, eine gewisse Gleichförmigkeit der Tat und der Täter zu verzeichnen. Da auch hiesige Medienkonsumenten mittlerweile wissen, “wie der Hase läuft” (Verschweigen, relativieren, beschwichtigen etc.), gehen viele im Umkehrschluss bei solchen Nachrichten pauschal und per se von einem bestimmten Tätertypus aus. Mehr noch:  “Einmann” oder “Gruppen von Männern” sind heute nicht nur Chiffren, sondern sie lösen vor allem im realen Leben, wenn man ihnen begegnet, Furcht und Abwehrreflexe aus. Daraus entsteht natürlich ein Stereotyp, das dem vielbeschworenen “bunten Miteinander” direkt entgegensteht. Das wissen die Verantwortlichen in den Medien, den Ordnungskräften oder der Politik natürlich auch. Wahrscheinlich setzt man schlicht auf den Gewöhnungseffekt, Verhaltensänderungen der Betroffenen (Zuhause bleiben) und Videoüberwachung nebst einer Berichterstattung mit viel “Haltung”.  Schon erstaunlich, welche Entwicklung in vielen Bereichen des Alltagslebens oder in den Medien unser Land in kurzer Zeit genommen hat.

Sabine Schönfelder / 28.12.2018

Die ’ Mitteldeutsche Zeitung’ gehört zur DuMont-Mediengruppe, die vor wenigen Monaten wegen groben Kartellvergehens zu einer Strafe von 16 Millionen Euro verknackt wurde. Ihre umfangreiche mediale Präsenz schmücken Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau, und man muß kein Prophet sein, um die politische Richtung und die damit verbundene staatliche Unterstützung zu erraten. Man ist ganz Migrationsbefürworter und eindeutiger Merkelianer. Eine Frau, man höre und staune, nach einer Feier leicht angetrunken ( man ist sich nicht zu Schade und entblödet sich, daß kitschige Klischee der Frau zu benutzen, die keinen Alkohol zu trinken hat, und wenn doch, dann selbst Schuld trägt)  rempelt einen jungen Mann an. Dieser reagiert, ganz nach “deutschem Brauch”, mit einem ’ Schlag ins Gesicht’. Was müssen wir uns darunter vorstellen? Ein Kläpschen auf die Wange, nach dem Motto ‘du, du, du, das macht man aber nicht, als junge Frau!’ Leider nein, es handelt sich um einen Faustschlag ins Gesicht, der alleine schon medizinischer Betreung bedarf. Aber da kennt man den “mutmaßlich” muslimischen Mann nicht, über den man hier spekulieren darf, dessen Anwesenheit in diesem Akt sinnloser brutaler Gewalt bewußt verschwiegen wird. Sie ist eine angetrunkene Ungläubige, eine Eingeborene, die sehr wahrscheinlich über mehr Geld und eine bessere Position innerhalb jener Gesellschaft verfügt, die 4 jungen muslimischen Einwanderern Geld und Unterkunft bot, als für deren Vorstellung einer Frau zusteht! Dafür gibt’s von den anderen 3 noch mal extra Dickes, und der mitteldeutsche Schreiberling prostituiert sich mit seinem Text dazu. Olé!

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