Erich Wiedemann / 05.10.2019 / 06:05 / 13 / Seite ausdrucken

EU-Dossier: Was von der Leyen tun muss – schafft sie das?

Schluss mit lustig. Am 1. November räumt Jean-Claude Juncker seinen Schreibtisch. Dann verliert die EU-Kommission einen grandiosen Stimmungsbolzen. Juncker war fünf Jahre lang oberster Ballermann der „Europäischen Union“. Auf dem NATO-Gipfel war er so gut in Stimmung, dass der niederländische Premier Mark Rutte ihn stützend unterhakte. Dem belgischen Premier küsste er zur Begrüßung mal auf die Glatze, den ungarischen redete er neckisch mit „Herr Diktator“ an. Der Londoner „Spectator“ erfrechte sich, ein Juncker-Porträt mit „Jean-Claude Drunker“ zu überschreiben.

Jetzt soll Exverteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf den Chefsessel im Brüsseler Berlaymont nachrücken. Sie ist eine sehr ernsthafte Person und trinkt auch keinen Tropfen Alkohol. Sie wird niemals einem Premierminister ein Bussi auf die Pläte drücken. 

Aber hat UvdL die nötige Kompetenz für den Job?? Der Zustand, in dem sie die Bundeswehr nach sechs Jahren als Ministerin zurückgelassen hat, spricht nicht dafür. General Harald Kujat, vormals Generalinspekteur, sagt: „Wir haben die am schlechtesten ausgerüstete Bundeswehr, die wir jemals hatten. Und wir haben die Bundeswehr mit der niedrigsten Moral.“ 

Obwohl es 182.500 Mann Personal hat (Stand Mitte 1992), gab das Verteidigungsministerium im ersten Halbjahr 2019 fast ebenso viel Geld für externe Berater aus wie alle anderen Ministerien zusammen. Für die Renovierung des abgewrackten Segelschulschiffes „Gorch Fock“ genehmigte Ursula von der Leyen 135 Millionen Euro. Statt der ursprünglich veranschlagten zehn Millionen Euro. Jetzt muss sich ihre Nachfolgerin mit dem Schrottpott herumschlagen. 

Schangklohds Finanzdrehkreuz für Steuervermeider 

Es trägt nicht zur Entspannung der Europhilen bei, dass die Frau, die so großzügig mit Steuergeld umgeht, künftig über rund 150 Milliarden Euro liquide Mittel im Jahr verfügen soll. Ihr Etat entspricht ungefähr dem Umsatz der Daimler AG. Nur dass Daimler diese Summe erwirtschaften muss und die EU-Kommission sie ohne Eigenleistung bei den Mitgliedstaaten einsammelt. 

Juncker ist von anderem Kaliber. Er weiß Bescheid in der Geldwelt. Bevor er 2014 Kommissionschef wurde, war er Finanzminister, dann 18 Jahre lang Ministerpräsident der Steueroase Luxemburg. Das Großherzogtum am Ardenner Wald galt wegen seiner geradezu karibisch anmutenden Abgabenordnung viele Jahre lang als Finanzdrehkreuz für Steuervermeider. 

Gleich im ersten Amtsjahr von Schangklohd, wie deutsche Freunde ihn auch nennen, platzten die sogenannten Lux Leaks in den Brüsseler Frieden. 548 Steuerbescheide aus den Beständen des Luxemburger Finanzministeriums wurden dabei öffentlich. Das EU-Parlament sah Juncker mehrheitlich aber nicht in einem Interessenkonflikt. Statt ihn vom Hof zu jagen, wies es im November 2014 einen Misstrauensantrag gegen ihn mit großer Mehrheit zurück. 

Ja, doch, Luxemburg hat seitdem Reformen auf den Weg gebracht. Aber sehr behutsam. Ein radikaler Paradigmenwechsel war es jedenfalls nicht. Die Lützelburger haben ein Credo, das heißt: „Mir welle bleiwe, wat mir sinn.“ Das haben sie nicht außer Kraft gesetzt.

Im Dezember 2017 gab die EU eine schwarze Liste der Steueroasen heraus. Sie hatte aber weiße Flecken. Europäische Schlupflöcher waren darauf nicht verzeichnet.

Juncker litt unter ihrer Majestät Quertreiber

Der britische Premier David Cameron hatte im Juni 2014 mit dem Austritt seines Landes aus der EU gedroht für den Fall, dass Juncker Kommissionspräsident werden sollte. Er machte seine Drohung aber nicht wahr. Die Briten waren und blieben anstrengende Verbündete. Juncker litt während seiner ganzen Amtszeit unter ihrer zickigen Rosinenpickerei. Er wollte ihrer Majestät Quertreiber aber nicht ziehen lassen.

Nun ist Großbritanniens Auszug aus der Union fast beschlossene Sache. Keine Frage, Hauptschuld an dem Brexit-Schlamassel ist das britische Unterhaus. Doch die Brüsseler Kollegen blieben in den Verhandlungen auch unter ihren Möglichkeiten. Sie verwalten die Bredouille und warten seitdem auf den Austrittstermin am 31. Oktober. 

Wenn es Krach gibt zwischen der Zentrale und den Epizentren der Union, geht es in der Regel um Geld, manchmal um ganz großes Geld. Juncker schreckt auch vor Beträgen mit zwölf Nullstellen nicht zurück. Gleich im ersten Jahr seiner Amtszeit brockte er der EU einen Investitionsplan über 315 Milliarden ein, der unter anderem die „permanente Verzwergung“ Europas aufhalten sollte, wie er sie nannte. 

Der deutsche Bedenkenträger von der schwarzen Null, Exbundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, fuhr der Kommission häufig in die Parade. Er warf ihr vor, sie lasse ihre Verantwortung schleifen und untergrabe damit die europäische Solidarität. 

Hauptsündenböcke sind die Visegrad-Staaten (Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei). Sie sahnen tüchtig ab, kümmern sich aber wenig um europäische Werte. Sie weigern sich auch, Asylbewerber aufzunehmen. Außer den wirtschaftlichen haben sie keine europäischen Interessen.

Polexit, Tschexit, Slowaxit, Hongrexit 

Die EU erwägt schon seit 2017, die renitenten Osteuropäer durch Entzug oder wenigstens Kürzung der Agrarsubventionen zu disziplinieren. Aber sie fürchtet, dass die dann aus der Union aussteigen. Das könnte leicht zum Domino ausarten. Polexit, Tschexit, Slowaxit, Hongrexit. 

Mit der Amtsübergabe an Ursula von der Leyen sind die Sanktionen wohl erst mal vom Tisch. Die künftige Chefin will das toxische Verhältnis zu den Oststaaten und Brüssel entgiften. Den ungarischen Chefpopulisten Viktor Orban hat sie so gekonnt umgarnt, dass er sie zur „deutschen Familienmutter“ ernannte. Polen und Ungarn haben im Mai für von der Leyen gestimmt. 

Vor der Wahl stellte sich die Kandidatin mit einer stark linkslastigen Sonntagsrede vor. Sie vertrat ranschmeißerische Positionen, die aus dem Grundwertekatalog der SPD hätten stammen können. Sie sagte, sie wolle in Brüssel nicht in erster Linie deutsche, sondern europäische Interessen vertreten. 

Die künftige Chefkommissarin spricht sich ausdrücklich für die gemeinsame Einlagensicherung aus, die bislang nicht realisiert wurde, weil vor allem Deutschland – aus gutem Grund – auf der Bremse stand. Die Einlagensicherung läuft darauf hinaus, dass die Sparer der soliden Länder die Luftgeschäfte der unsoliden finanziell absichern sollen. Vor allem die Nordstaaten sind dagegen.

Die Kandidatin hat sich ganz pauschal für ein sozialeres Europa ausgesprochen. Das bedeutet eine europäische Arbeitslosenversicherung und gemeinsame Mindestlohnvorgaben. Man hat nicht vernommen, dass Berlin Ursula von der Leyen wegen ihrer Linkslastigkeit zur Ordnung gerufen hätte. 

Die Kanzlerin und ihr Wahlverein nehmen auch keinen Anstoß daran, dass das Quotensystem bei der Kommission eingeführt wurde. Künftig besteht der Vorstand aus 13 Frauen und 14 Männern. Der Chefin steht es natürlich frei, sich dem Zeitgeist anzubiedern, ganz gleich, ob es Sinn macht oder nicht.

Von 2,3 Millionen Flüchtlingen lebt die Hälfte in Deutschland 

Die 27 Kommissare, die von der Leyen nominiert hat, sind kein Dreamteam. Es fragt sich, ob das Ressort Steuern und Zölle ausgerechnet von einem Italiener und die „Transparenz und Werte“ von einer Tschechin verwaltet werden sollten. Zwei Wackelkandidaten wurden vom Rechtsausschuss des Parlaments gar nicht erst zur Anhörung zugelassen.

Der rumänische Sozialdemokrat Ioan Mircea Pascu wurde im letzten Moment aus dem Rennen genommen. Er hätte als Interimskandidat ins Berlaymont nachrücken und schon am 1. November seine Geschäfte an einen Nachfolger übergeben sollen. Für die sechs Wochen Arbeit hätte ihm dann lebenslang eine Kommissarspension in Höhe von bis zu 70 Prozent eines Monatsgehaltes, etwa 14.000 Euro, zugestanden. Wenn nicht ein Whistleblower davon erfahren hätte. 

Diesmal nahm das Europaparlament seine Aufsichtspflicht ernst. Erschrocken von der geballten Entrüstung, zog Rumänien seinen Anspruch zurück. Warum nicht auch mal eine gute Nachricht aus Brüssel?

Das Asylantenproblem will UvdL natürlich auch lösen. Doch die Mehrheit der EU-Staaten spielt nicht mit. Von den zurzeit 2,3 Millionen Flüchtlingen lebt etwa die Hälfte in Deutschland. 

Der Subventionsgoldesel muss fürs erste kurz gehalten werden. Denn ein No-Deal-Brexit der Briten könnte ein großes zweistelliges Milliardenloch in den EU-Haushalt reißen. Eigentlich wäre sparen angesagt. Gleichwohl requirieren EU-Länder immer wieder Fördermittel für Projekte, die weniger Nutzen als Prestige einbringen. 

Die EU subventionierte zwischen 2000 und 2013 den Ausbau europäischer Häfen mit insgesamt 6,8 Milliarden Euro. Resultat: Neben durchaus brauchbaren Anlagen entstanden überall in Europa Überkapazitäten. Jedoch, die Gießkanne wird ja immer wieder nachgefüllt. Es ist auch vorgekommen, dass eine italienische Provinz sich ein Pop-Konzert mit Elton John mit 720.000 Euro EU-Mitteln hat finanzieren lassen.

Nur 15 Prozent missbrauchter Mittel zurück nach Brüssel

2017 wurden rund drei Milliarden „fehlerhaft“ ausgegeben. Was die Rechnungsprüfer ermitteln, bleibt vielfach folgenlos, weil sie keine Exekutivgewalt haben. Im Durchschnitt seien nur 15 Prozent der missbräuchlich eingesetzten Mittel nach Brüssel zurückgeflossen, sagte Juhan Parts vom Rechnungshof. 

Vieles ist bei der EU reformbedürftig. Vor allem der Agrarsektor müsste dringend neu geordnet werden. Die landwirtschaftliche Hilfe summierte sich letztes Jahr zu 58 Milliarden Euro. Sie unterstützt nicht vorzugsweise die bedürftigen Betriebe. Nein, weit über die Hälfte der Gelder floss an die Höfe mit den größten Einkommen. Am meisten kriegt, wer schon viel hat. Mit ein paar hunderttausend Euro im Jahr wird auch die Latifundie von Brillen-Magnat und Hobby-Landwirt Günther Fielmann alimentiert, der die Nummer 39 (Stand von 2016) auf der Liste der reichsten Deutschen ist.

Der Ausstieg Großbritanniens wird die Union von den Zuwendungen entlasten, die die Queen jährlich für Schloss Sandringham in Nordengland einstreicht. 2015 waren es nach Recherchen des „Daily Telegraph“ 665.000 Euro.

Ein stattlicher Anteil des EU-Budgets geht für die Verwaltung drauf. Denn der Brüsseler Amtsschimmel wird fürstlich gefüttert. Britenpremier Cameron monierte 2013, dass ein paar hundert Brüsseler Beamte mehr verdienten als ein Premierminister oder eine Bundeskanzlerin (damals 16.300 Euro). Damit müsse Schluss sein. 

Cameron irrte. Es waren 2013 nicht hunderte sondern tausende Brüsseler Spitzen, die netto mehr verdienten als die deutsche Regierungschefin, allerdings unter Einschluss von Steuervorteilen und Umlagen, die Merkel nicht hat. Inzwischen ist das relative Einkommensniveau für die Spitzenverdiener zurückgegangen.

Pizza-Optimaldurchmesserregelung

Bei der EU und ihren Unterorganisationen sind rund 50.000 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 4.000 Übersetzer und Dolmetscher für die Kommissare und deren Task Forces. Der personelle Overkill erlaubt es der Kommission, Quisquilien zu Chefsachen zu machen, wie die Pizza-Optimaldurchmesserregelung und andere Nichtigkeiten.

Es wäre sicher ausreichend, wenn der Apparat nur halb so groß wäre. Das geht aber nicht, weil jedem Mitgliedsland ein Kommissar zusteht. 

Die MEPs (Members of European Parliament) erhalten zu ihrem regulären Einkommen Apanagen für ihre persönlichen Hilfskräfte. Das lädt zum Missbrauch ein. Ein rumänischer Abgeordneter beschäftigte vor Jahren 21 Assistenten. Dazu kommen die Nebeneinkünfte. Sie summieren sich nach Angaben von „Transparency International“ vom Juli vergangenen Jahres bei etlichen Abgeordneten auf über 100.000 Euro, bei dreien auf über 200.000 Euro im Jahr. Man hätte gern genau gewusst, was die dafür leisten mussten. So schrecklich viel kann es nicht sein. Die Abgeordnete Angelika Niebler von der CSU etwa bewältigte letztes Jahr neben ihrem Beruf als Volksvertreterin 14 Nebentätigkeiten.

Die parlamentarische Wirklichkeit stellt Vorurteile über das EU-Parlament bisweilen in den Schatten. Am 4. Juli 2017 feuerte Jean-Claude Juncker einen beißenden Tadel ins Plenum, weil zu einer Sitzung nur ungefähr dreißig von 751 Parlamentariern erschienen waren. Das, so Juncker, sei „total lächerlich“. Parlamentspräsident Antonio Tajani rüffelte arrogant zurück, Juncker habe das hohe Haus gefälligst nicht zu kontrollieren.

An Sitzungstagen steht den Abgeordneten zusätzlich ein Tagegeld von 320 Euro zu. Das ist üppig. Für gut die Hälfte kann man schon im feudalen „Brussels Hilton, Grand Place“ übernachten. Der sozialdemokratische Abgeordnete Hans-Peter Martin aus Bregenz machte 2004 eine Liste mit den Namen von Parlamentariern publik, die angeblich zu unrecht Tagegeld bezogen hatten. Viele seien „Sofort-Nachhause-Flieger.“ Die Sache wurde nicht weiterverfolgt. Nur Hans Peter Martin flog aus der Fraktion.

„Bruok“, zu deutsch „Sumpf“

Hier ziemt sich ein ethymologischer Rekurs auf den Ursprung des Namens Brüssel. Er setzte sich im Mittelalter aus den altniederländischen Wortbestandteilen „bruok“, zu deutsch „Sumpf“,  und „sella“, zu deutsch „Wohnort“, zusammen. Daraus wurde „der Ort, der im Sumpf liegt.“ Der Name passt noch immer gut.

Spesen kommen auch im Europaparlament oben drauf. Die rechtspopulistische ENF-Fraktion hat 2016 nach dem Bericht des Parlamentsausschusses 234 Flaschen Champagner auf EU-Kosten geköpft. Außerdem rechnete sie Schlemmermenüs für 400 Euro pro Teilnehmer ab. 

Über hundert Millionen per annum könnten eingespart werden, wenn die total überflüssige Straßburger Filiale des Europaparlaments geschlossen würde. Der Plenarsaal dort wird nur an 42 Tagen im Jahr benutzt. Doch der Elysee verteidigt ihn mit Zähnen und Klauen.

Wo soviel Sahne fließt, da sind die Moneymaker nicht weit Die EU-Metropole ist nach Schätzungen der Transparenz-Initiative „Lobby Control“ von einem 20.000-Mann-Heer von Lobbyisten umzingelt. Die Londoner „Sunday Times“ schickte 2010 und 2011 zwei als Lobbyisten getarnte Undercover-Reporter für die Operation „Cash for Laws“ nach Brüssel. Mit niederschmetterndem Erfolg. Drei Abgeordnete ließen sich von den Lockvögeln dazu überreden, für 100.000 Euro eine getürkte Gesetzesänderung ins Parlament einzubringen. Zwei traten zurück, einer wurde aus seiner Fraktion ausgeschlossen, als der Coup aufflog.

Das Ende ihres Mandats muss für Angehörige der EU-Nomenklatura nicht das Ende der Geldmacherei sein. Frühere EU-Vorsteher und Parlamentarier arbeiten, weil sie so gut vernetzt sind, für Unternehmen und Organisationen, die in Brüssel Nägel einschlagen wollen. 

Das Wort „Verschwendung“ ist für die Chronisten tabu

Trotz ihrer teils maghrebinischen Flausen hat die EU fast immer eine gute Presse. Der Rechnungshof veröffentlicht seine Jahresberichte ganz akkurat, auch mit Angaben zu „fehlerhaften“ Ausgaben. Diese werden aber eher selektiv ausgewertet. Die Medien fürchten, sie könnten mit negativen Meldungen das Vertrauen der Bürger in Europa untergraben.

Das Wort „Verschwendung“ ist für die Chronisten tabu. Europabesoffene Journalisten verunglimpfen Skeptiker, die Anstoß an der Brüsseler Umverteilungslotterie nehmen, auch gern als Antieuropäer. Vor der „Schicksalswahl“ im letzten Sommer orakelten sie von einer drohenden Übernahme durch Rechtsradikale. Das war nichts als Zweckpessimismus. Der Höllensturz von Liberalen, Bürgerlichen und Sozialdemokraten fand nicht statt. Die Rechten konnten zwar zulegen, blieben aber weit hinter ihren Erwartungen zurück.

Die SPD führte den Europawahlkampf mit der Plattitüde „Europa ist die Antwort“. Ja, gut, aber auf welche Frage? Was hat die EU gebracht?

Sie garantiere Energiesicherheit – sagt die EU. Ja, aber wozu braucht man dazu einen so monströsen Apparat? Und die Sicherheit ist ja auch nur deshalb garantiert, weil einige deutsche Nachbarn an der Atom- und Kohleenergie festhalten. Frankreich bezieht nach wie vor fast 80 Prozent seiner Energie aus Kernkraftwerken. Nachdem Kanzlerin Merkel die Schließung der saubersten Kohlekraftwerke und der sichersten Atomkraftwerke der Welt verfügt hat, muss Deutschland seine Energie notfalls im benachbarten Ausland einkaufen.

Das wichtigste Argument für die Gemeinschaft: Ein Krieg ist heute in Europa unvorstellbar. Die rechtliche Einhegung hat in der Tat Konflikte entschärft. Nur, in einigen Teilen des Kontinents stimmen Volks- und Sprachgrenzen nicht mit den Landesgrenzen überein. Harmoniedefizite gibt es an vielen Stellen. Wenn auch keine akut bedrohlichen. Die Magyaren sind auf Ungarn und mehrere Nachbarstaaten verteilt. Tiroler leben in Italien, Dänen in Deutschland und Deutsche in Dänemark. Russen stellen starke und teilweise militante Minderheiten in den baltischen Staaten. 

Als Peacemaker wird die EU nicht gebraucht.

Über der Grenze zwischen Irland und Nordirland hängt ein großes Fragezeichen. Für die Iren wäre es verdrießlich, wenn ihre Grenze durch einen ungeregelten Brexit zur EU-Außengrenze würde. 

Die Stabilität der Grenzen zwischen Kroatien sowie Slowenien und Serbien und zwischen Serbien und dem Kosovo lässt auch zu wünschen übrig. Die Regierung in Belgrad betrachtet den Kosovo noch immer als Bestandteil Serbiens. 

Italien und Frankreich sind sich nicht einig, ob ihre Grenze südlich des Montblanc verläuft oder genau über den Gipfel. Umstritten, wenn auch nur minimal, ist auch der Grenzverlauf zwischen Deutschland und den Niederlanden. Ja, und Gibraltar ist immer noch das alte britisch-spanische Jahrhundertproblem.

Auch die Regierung in Wien kann das Zündeln nicht lassen. Im Herbst 2018 bot sie den deutschsprachigen Bürgern der seit dem Ersten Weltkrieg italienischen Provinz Bozen-Südtirol österreichische Pässe an. Das war eine Provokation. Rome was not amused. 

Natürlich wird niemand schießen lassen. Als Peacemaker wird die EU nicht gebraucht. Die Erbfeindschaften sind alle tot. Militanter Nationalismus hat in Europa keine Chance. Ein europäischer Bundesstaat allerdings auch nicht. Keiner will auch nur teilweise auf seine Souveränität verzichten.

Selbst die AfD will nicht mehr aus der Gemeinschaft aussteigen, sondern nur noch „der Stachel im Fleisch der Eurokraten sein“, wie Parteichef Jörg Meuthen sagte. Man wolle das Europa der Vaterländer Charles de Gaulles. Keine schlechte Idee. Sie ging im Parlamentsbetrieb unter, weil sie aus dem falschen Lager kam. 

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Hjalmar Kreutzer / 05.10.2019

In der NVA wäre UvdL nicht einmal als UvD eingesetzt worden.

Frank Stricker / 05.10.2019

Irgendwie schade, dass Schonklod bald von Bord muß. Diese lustige Antwort auf Horst Schlämmer (weißte Bescheid Ursula) ,  hätte man doch noch irgendwie in einer Komission unterbringen können. Oder als Werbeträger für Krombacher, Juncker trinkt für den Regenwald und rettet mit Greta die Welt !

Klaus Jürgen Bremm / 05.10.2019

Dieser Artikel kommt mir vor, als würde man über die Existenz von Elfen und Kobolden diskutieren.

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