Martina Binnig, Gastautorin / 21.02.2023 / 16:00 / Foto: S.Homburg / 21 / Seite ausdrucken

„Drei Jahre Coronakrise und kein Ende.“

Denk- und Redefreiheit findet im Jahr 2023 nicht mehr im Hör-, sondern im Hotel-Saal statt, wie ein Vortrag von Stefan Homburg im dritten Jahr der Coronakrise verdeutlicht.

Prof. Stefan Homburg, Autor des Buchs „Corona-Getwitter“, befindet sich mit Unterstützung seines Verlags, dem Weltbuch Verlag, auf Vortragstour. Die führte ihn nun am 12. Februar in seine derzeitige Heimatstadt Hannover, wo er von 1997 bis 2021 als Professor für Öffentliche Finanzen an der Leibniz Universität lehrte. Da ich gerade in der Gegend war, erwarb ich über die Seite des Verlags ein Ticket und besuchte die Veranstaltung. Der Vortrag fand nicht etwa in der Universität oder einer anderen öffentlichen Räumlichkeit statt, sondern in einem privaten Hotel. Außerdem wurde er ausschließlich über den Verlag und von Homburg selbst via Twitter beworben. Darauf angesprochen, kommentiert Homburg diese Umstände wie folgt: „Wir sind nicht zur früheren Normalität zurückgekehrt. Wer sich in Deutschland kritisch zu Lockdowns, experimentellen Impfstoffen oder gar unserem Kriegsbeitritt äußert, wird ausgegrenzt und unter Umständen kriminalisiert.“

Als Titel für seinen Vortrag wählt Homburg denn auch: „Drei Jahre Coronakrise und kein Ende.“ Er beginnt mit Zahlen, Daten und Fakten, die er mit Diagrammen illustriert und merkt an: „Eine Grafik hat mein Leben verändert.“ Dabei handelt es sich um die Abbildung 5 des am 23. April 2020 vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten Epidemiologischen Bulletin 17/2020, die schon am 15. April 2020 online gestellt worden war. In Homburgs Buch ist sie auf Seite 8 abgedruckt. Homburg führt aus, warum sie sein Leben verändert hat: „Die RKI-Grafik zeigte, dass der politisch angeblich entscheidende R-Wert schon vor dem Lockdown unter Eins lag. Trotzdem wurde der Lockdown monatelang verlängert, was den Ankündigungen diametral widersprach.“

Diese Diskrepanz wollte Homburg nicht einfach hinnehmen und schrieb für die WELT einen Artikel, der am 21. April mit der Schlagzeile „Für den Lockdown gehen der Regierung die Argumente aus“ publiziert wurde. Bis zur Coronakrise wurde Homburg von den Mainstream-Medien hoch geschätzt und machte auch selbst ausschließlich positive Erfahrungen mit ihnen.

Von einem Tag auf den anderen „Verschwörungsmystiker“

Das änderte sich nun schlagartig. Homburg erinnert sich an diese Zeit zurück: „Unversehens stand ich, ein eher dröger Gelehrter, als Staatsfeind Nr. 1 da.“ Am 13. Mai wurde Homburg etwa in der Süddeutschen Zeitung, der er ein Interview gegeben hatte, als „Prof. Dr. Verschwörung“ bezeichnet. Auch seine Reputation, die er sich als parteiloser wissenschaftlicher Berater aller im Bundestag vertretenen Parteien erworben hatte, spielte plötzlich keine Rolle mehr. Journalisten wie Bastian Brinkmann von der SZ gab es in keiner Weise zu denken, dass Homburg immerhin beispielsweise 1996 von Bundesfinanzminister Theo Waigel in den Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums und 2004 von Bundeskanzler Gerhard Schröder in den Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung berufen worden war. Für sie war Homburg von einem Tag auf den anderen zum „Verschwörungsmystiker“ mutiert.

Heute, im Abstand von fast drei Jahren, stellt Homburg dazu fest:

„Aufgrund meiner Erfahrung habe ich mit Diffamierungen durch SPIEGEL, Süddeutsche und so weiter durchaus gerechnet. Auf der anderen Seite habe ich unglaublich viel Zuspruch erhalten und von Anfang an die Positionen vertreten, die im Rückblick als richtig anerkannt werden.“

Im Mai 2020 jedenfalls musste Homburg neue Wege suchen, um sich weiterhin in der Öffentlichkeit Gehör verschaffen zu können, und so eröffnete er einen Twitter-Account, der schließlich auch zur Grundlage seines Buchs wurde: „Corona-Getwitter“ dokumentiert den Zeitraum von Mai 2020 bis Februar 2022 und enthält in chronologischer Reihenfolge sämtliche Tweets Homburgs, die er darüber hinaus in einem Fließtext miteinander verbindet. Das Buch kann auch wie ein Archiv genutzt werden, in dem wesentliche Ereignisse und Veröffentlichungen zur Corona-Situation unter dem jeweiligen Datum erfasst sind. Es enthält in kompakter Form eine umfassende Daten- und Linksammlung sowie zahlreiche Hinweise auf Fachartikel.

Seinen Vortrag strukturiert Homburg in die drei weiteren Bereiche „Die Macht der Worte“, „Medien und Wissenschaft“ sowie „Rechtsprechung“. Unter „Macht der Worte“ fasst er Phänomene der sprachlichen Umdeutung, etwa die Definition von Gesunden als „asymptomatisch Kranke“; unter „Medien und Wissenschaft“ geht er unter anderem auf hofierte respektive diffamierte Wissenschaftler ein, und unter „Rechtsprechung“ beleuchtet er beispielsweise die Rolle des Bundesverfassungsgerichts. Auf diese Weise werden die vergangenen drei Jahre wie im Zeitraffer greifbar ‒ in all ihren erschütternden und schier unglaublichen Facetten.

Fazit: Es lohnt sich, Homburgs Buch zu lesen oder als Nachschlagewerk zu besitzen. Es lohnt sich aber auch, seinen Live-Vortrag zu besuchen, da sich hier Homburgs Humor unmittelbar mitteilt und es Raum für Fragen aus dem Publikum gibt. Und das Publikum hat viele Fragen. Der Saal in Hannover fasst etwa 300 Sitzplätze und war ausverkauft: Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass im Jahr 2023 freies Denken und Sprechen nicht in Universitäten oder Kulturzentren stattfindet, sondern in privat zur Verfügung gestellten biederen Hotelsälen?

„Corona-Getwitter – Chronik einer Wissenschafts-, Medien- und Politikkrise“ von Stefan Homburg, 2022, Dresden: Weltbuch Verlag. Hier bestellbar.

Die nächsten Vorträge: 28. Februar 2023, Bielefeld; 12. März 2023, Berlin; 26. März 2023, Essen. Mehr Informationen finden Sie auf Stefan Homburgs Twitter-Profil.

Foto: S.Homburg

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Leserpost

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Jochen Grünhagen / 21.02.2023

Vielleicht waren die sogenannten Corona Maßnahmen nur die Generalprobe. Deutschland wird in atemberaubenden Tempo umgebaut, da könnten regide Zwangsmaßnahmen gegen die Bevölkerung noch mal nützlich werden.

Thomin Weller / 21.02.2023

Nachtrag Der Begriff Bande wurde in BGHSt 46,321 definiert. Bandenabrede BGH NJW 2005, 2629. Bandenmitgliedschaft eines Gehilfen BGHSt 47,214. Eine kriminelle Bande ist dann gegeben, wenn sich mindestens drei Personen auf strafbare Handlungen verständigen. Dabei ist es gleichgültig ob es sich um drei hochgestellte Amtsträger handelt wie z.B. Gerichtspräsident, Richter und Staatsanwalt, oder um 3 Hilfsarbeiter.—>Verbindungswille als Voraussetzung einer Bandenabrede. Die Täter müssen sich nicht einmal kennen!! BGH Urt. 16.6.2005 - 3 StR 493/04 (LG Oldenburg). Da Deutschland ein Unrechtsstaat ist, werden solche Inhalte nicht beachtet.

Wolfgang Richter / 21.02.2023

S. Anderrson - “Das schöne ist bei der Geschichte das die gehorsamen Deppen ihre Quittung bekommen werden…”  Gerade heute gehört, daß in einer eher ländlichen ärztlichen Praxis eines Gynäkologen “unter der Hand” darüber gesprochen wird, daß  in den letzten 2 Jahren die Zahl der Krebserkrankten massiv zugenommen habe, geschätzt 50 % plus und im Gegensatz zu früher viele jüngere Frauen. Vielleicht gibts jemanden, der das überregional nachhalten kann. Obwohl ja sicher ist, daß nix mit nix zu tun hat, so wie die aktuell wieder festgestellte Übersterblichkeit vom Klabautermann als Folge der Hitzetage im letzten Sommer begründet wird, also “Hitzschlag” mit eingebauter Zeitschaltuhr (oder NATO-P8-Sonarboje).

Wolfgang Richter / 21.02.2023

Auch im “ablaufenden” Karnevalsquartal konnte sich mancher dieser “Humorbolzen” auf der Bühne nicht verkneifen, “Impfkritiker” madig zu machen, kein kritisches Wort dagegen zu den “Corona-Grundrechtseinschränkungen”, wozu ich das Gejammer “2 Jahre durften wir nicht feiern, jetzt lassen wir die Sau raus” nicht zähle, denn die einig “Freunde der Spritze” unter den Jecken waren bestenfalls sauer, daß phasenweise Einschränkungen auch für sie trotz “Spritze” galten. Und die dahinter stehende Verarschung der “ImpfGläubigen” seitens der Politik verweigern sie sich auch zu verstehen.

Sam Lowry / 21.02.2023

“Money makes the world go round…” (B. Gates)

Leo Hohensee / 21.02.2023

Wir sammeln ja schon, wer hat was gesagt, verursacht, eingeleitet. Sicher, es gehört da auch dazu, die Daten zusammenzutragen zur Frage, wer hat wem was angetan? Wer hat wessen Reputation und Ruf zerstört mit übler Nachrede, mit Lügen und Verleumdungen? Ich bin schon sehr früh auf Prof. Homburg gestoßen und habe ihn im Internet immer wieder gesucht. Von seinen logischen Bewertungen, vorgetragen in seiner besonnenen Art, war ich mir sicher, dass sie Wirkung haben müssten bei den ganzen Schreihälsen. Schließlich war es doch einfach geisteskrank hinzunehmen, dass uns der Zustand “gesund” umgetauft wurde in “asymptomatisch krank”! Ich hatte erwartet und darauf gewartet, dass die Stimmen von solchen Leuten wie Homburg Wirkung zeigen würden, dass der Schwindel entlarvt würde. Heute habe ich aufgegeben, habe resigniert. Selbst die Genbrühecocktails werden noch nachgefragt und dürfen verabreicht werden. Und auch an dieser Stelle sage ich es wieder, Horst Seehofer wurde in seiner Eigenschaft als Innenminister vom Oberamtsrat Stephan Kohn mit einem Gutachten konfrontiert, welches die angedachten Maßnahmen als unangebracht und schädlich benannte. Horst Seehofer hätte aufgrund der Eindeutigkeit der Bewertungen SOFORT ein umfangreiches Untersuchungsprogramm einleiten müssen. Zumindest bis Ergebnisse vorliegen, hätte sich jeder Lockdown und jeglicher “Impfzwang” verboten. Seehofer hatte es in der Hand, von den Montgomerys und Lauterbachs dieser Welt, Einhalt zu fordern. Seehofer war das, Seehofer. Prägen wir uns den Namen ein.

RMPetersen / 21.02.2023

Auch der bis vor kurzer Zeit in allen Medien hoch gelobte Journalist Hersh mutiert in Lichtgeschwindigkeit zu “umstritten” und “unseriös”, als ein Artikel von ihm gegen den staatliche Frame verstieß. Die neue Qualitätsbezeichnungen für Wissenschaftler und Journalisten lauten “umstitten” und “Verschärungstheoretiker”, vulgo “Schwurbler”.

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