Gastautor / 27.04.2021 / 16:00 / Foto: medaliaproductions.com / 13 / Seite ausdrucken

„Die anderen tun es auch“! Na und? Ich nicht.

Von Paul Andersson.

Zu den schönsten Erlebnissen der Vaterschaft zählt das abendliche Vorleseritual. Es gibt
wundervolle Kinderbücher. Interessant wird es, wenn Vater und Sohn die gleichen Geschichten mögen. Bei den ganz Kleinen kommt man mit seinen Vorschlägen noch durch, mit dem Alter werden die Kinder wählerisch und setzen ihren eigenen Willen durch. So lernen beide Seiten Kompromisse einzugehen.

Ein Buch, das mich und meine Kinder schon lange begleitet, handelt vom Mut. Vier Tiere treffen sich und beschließen aus Langeweile oder jugendlichem Übermut, eine Mutprobe zu veranstalten. Jedes Tier nimmt die Herausforderung an, bis das letzte Tier an die Reihe kommt. „Ich mach da nicht mit!“ Die anderen Tiere sind zuerst verblüfft, alle sehen sich an, schweigen – doch dann klatschen sie in die Hände und applaudieren: „Ja, das ist wahrer Mut!“

Ich weiß nicht, wie viele Male ich diese Geschichte lesen musste, lesen durfte. Zu den kindlichen Eigenarten gehört es, immer wieder dieselbe Geschichte vorgelesen bekommen zu wollen. Einem Erwachsenen ist diese ewige Wiederholung manchmal lästig. Aber es hat auch sein Gutes. Das Kind will die Geschichte offensichtlich wirklich verstehen, verinnerlichen. Und auch mir kommen beim x-ten Mal Vorlesen neue Gedanken, und plötzlich erscheinen in Illustrationen oder Sätzen überraschende Bedeutungen.

Bilder können uns helfen

Was hat obige Geschichte jetzt mit der Corona-Krise oder der Testpflicht an Schulen zu tun? In den Kommentaren zu meinem Artikel auf Achgut „Ich mach da nicht mit!“ wurde mir unterstellt, ich wäre nur an Aufmerksamkeit interessiert und es würde mir überhaupt nicht um meine Kinder gehen. Das trifft mich umso mehr, weil genau das meine Bedenken waren und sind. Es ist mir sehr unangenehm, Aufmerksamkeit auf meine Person gerichtet zu wissen. Und ganz ehrlich, auch meine Kinder unschuldig mit hineingezogen zu haben. Es geht mir allein um die Sache und um alle Kinder, letztlich um unsere freiheitliche, demokratische Gesellschaft.

Das Kinderbuch, das unser ständiger Begleiter geworden ist, hat mich indirekt ermutigt, dennoch diesen Schritt zu wagen und „Ich mach da nicht mit!“ auszurufen. Ich könnte auch unzählige andere Geschichten als Beispiel zitieren, zum Beispiel aus der Bibel, oder historische Personen wie Martin Luther, dessen mutigen Widerstands gegen den Ablasshandel wir dieser Tage gedenken.

Ich bin kein Lehrer, aber wenn ich es richtig verstanden habe, sollen die Kinder „Denk- und Transferleistungen“ erbringen, um die Noten „sehr gut“ und „gut“ zu erhalten. Nicht alle sind und werden dazu in der Lage sein. Aber von Lehrern, Schulleitern und Politikern kann ich als Bürger diese Leistungen erwarten. Vergleiche sind oft schief und können manchmal sogar gefährlich sein. Bilder geben niemals die Realität wieder, aber sie können uns helfen, wenn wir sie „richtig“ betrachten. Dazu gehört selbstverständlich, dass wir verschiedene Betrachtungswinkel (be)achten.

Warum gelten Rechte für Arbeitnehmer nicht für Kinder?

Die Fragen, die ich gerne beantwortet hätte, bevor eine Testpflicht an Schulen eingeführt wird, wären folgende:

1.) Sind asymptomatische oder präsymptomatische Übertragungen in Schulen die große
Ausnahme oder die Regel? Gibt es sogenannte Super-Spreader in der Schule? Wie viele
Übertragungen von Kindern auf Erwachsene sind belegt? Inwieweit ist die Studienlage, dass Schulen Treiber der Pandemie sind, wirklich eindeutig?

2.) Gilt die Aussage von Gesundheitsminister Spahn: „Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht nachher durch zu umfangreiches Testen (...) zu viele falsch Positive haben“ an Schulen nicht? Warum wird die Vortestwahrscheinlichkeit (Prävalenz) nicht beachtet? Sind Tests überhaupt geeignet, eine Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes nachzuweisen, ohne Einbeziehung von Ärzten, Symptomen und ggf. anderen diagnostischen Methoden? Warum wird der Ct-Wert bis heute nicht in die Beurteilung einer möglichen Infektiosität einer Person mit einbezogen?

3.) Warum gelten Rechte, die für erwachsene Arbeitnehmer gelten (zum Beispiel begrenzte Tragedauer der Masken und keine Testpflicht) nicht ebenso für unsere Kinder, die eigentlich einen noch höheren Schutz haben sollten? Ist hier eine Vergleichbarkeit vor Gericht vielleicht rechtlich formal zulässig, aber in der Sache ungerecht und unmenschlich? Warum können Gerichtsurteile (Familiengericht Weimar und Weilheim) nicht auf alle Kinder übertragen werden? Gelten Grundrechte, Menschenrechte, Kinderrechte nur für diejenigen, die sich durch die Instanzen klagen?

4.) Angenommen, es gäbe sehr viele präsymptomatische Übertragungen, wäre der Selbsttest ein geeignetes Instrument, diese auch zu verhindern? Oder ist es nicht vielmehr so, dass, wie im Fall Günther Jauch, ein Schnelltest auch negativ sein kann, obwohl schon offensichtlich Symptome vorlagen? Was verhindern wir dann mit den Selbsttests an den Schulen? Und was kosten uns als Steuerzahler diese „kostenlosen“ SARS-CoV-2-Testsysteme?

5.) Ist eine Koppelung der Testpflicht an den Inzidenz-Wert zulässig und verfassungskonform? Auf welche wissenschaftliche Erkenntnis stützt sich der Grenzwert 100/200? Sind ländliche Regionen mit wenigen Einwohnern und einem Hotspot (Firma/Pflegeheim) dann nicht unverhältnismäßig benachteiligt? Warum wird nicht auf das seit Jahren beim RKI etablierte System der Sentinel-Überwachung zurückgegriffen, ergänzt um eine sehr lokale Beurteilung der Krankheitsfälle rund um die Schule?

Siehe hierzu Correctiv, Juli 2020: „... verfügbare Übertragungsstudien und eine aktuelle Vorstudie legen nahe, dass Personen ohne Symptome das Virus mit geringerer Wahrscheinlichkeit übertragen als diejenigen, die Symptome entwickeln.“ (Juli 2020)

Sowie WHO, Januar 2021: „Die WHO-Leitlinie 'Diagnostische Tests für SARS-CoV-2' besagt, dass eine sorgfältige Interpretation von schwach positiven Ergebnissen erforderlich ist. Die zum Virusnachweis erforderliche Zyklusschwelle (Ct) ist umgekehrt proportional zur Viruslast des Patienten. Wenn die Testergebnisse nicht mit dem klinischen Bild übereinstimmen, sollte eine neue Probe entnommen und mit der gleichen oder einer anderen NAT-Technologie erneut getestet werden. Die WHO weist IVD-Anwender darauf hin, dass die Krankheitsprävalenz den prädiktiven Wert der
Testergebnisse verändert; mit abnehmender Krankheitsprävalenz steigt das Risiko eines falsch positiven Ergebnisses. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit einem positiven Ergebnis (SARS-CoV-2 nachgewiesen) tatsächlich mit SARS-CoV-2 infiziert ist, mit abnehmender Prävalenz sinkt, unabhängig von der behaupteten Spezifität.“

Und Texas?

Im Anschluss an all diese Überlegungen, für die wir nun ein Jahr Zeit hatten, kann eine Schule oder eine Kommune konkrete Maßnahmen ergreifen. Es ist aber unverständlich, wenn wir Eltern und unsere Kinder sich seit einem Jahr an alle Einschränkungen der persönlichen Freiheiten halten, jetzt aber völlig unbegründet eine Pflicht zum Selbsttest per Gesetz bundesweit einheitlich beschlossen werden soll. Was hat sich an der Gefahrenlage in unserer Schule, in unserem Viertel, seit Beginn der Pandemie verändert?

Zurück zu der Mutprobe der vier Tiere. Nur weil ein Tier „Nein“ sagt, wurden die anderen Tiere zum Nachdenken über ihr Tun angeregt. Was ich meinen Kindern immer versuche vorzuleben und beizubringen: Das Argument „Es machen aber doch alle“ ist kein Argument! Erst die Ausnahmen bestätigen die Regel. Wo ist in Deutschland die mutige Schule, die da nicht mehr mitmacht und als Modellschule auf alle Maßnahmen verzichtet – für die Wissenschaft! Mit totaler Video- und Aerosolüberwachung in jedem Klassenzimmer und auf dem Schulhof. Begleitet von den besten Virologen und Epidemiologen Deutschlands – und ihren schärfsten Kritikern.

Ich würde meine Kinder gerne freiwillig in diese Schule schicken und meinetwegen täglich dreimal testen lassen. Warum haben die Politiker, aber auch die Wissenschaftler Angst, dass sie so eine Ausnahme nicht vorschlagen? Auch unser föderales System könnte durch unterschiedliche Maßnahmen zum Erkenntnisgewinn beitragen, wenn man ihren Erfolg oder Misserfolg wissenschaftlich messen und vergleichen würde. Alles gleich machen zu wollen, halte ich für keine gute Idee.

Nachdem der schwedische Weg als „unverantwortlich“ abgestempelt wurde, könnten wir wenigstens unseren Blick in die USA richten und dort die Bundesstaaten objektiv vergleichen: „... es ist ziemlich genau einen Monat her, dass Texas sämtliche Corona-Beschränkungen außer Kraft setzte. Der Staat sei nun in der Lage, seine Bevölkerung vor dem Virus zu schützen, so Gouverneur Greg Abbott Anfang März in einem mexikanischen Restaurant in Lubbock. 'Wir müssen alles dafür tun, die Lebensgrundlage und Normalität für Texaner wiederherzustellen', so der Republikaner weiter. (...)
Der Sieben-Tage-Durchschnitt hat sich seit Abbotts Auftritt in Lubbock in etwa halbiert. Die Zahl der Todesfälle sank sogar noch stärker. Dallas County, Einwohnerzahl 2,6 Millionen, meldete zuletzt nur noch rund 200 Neuinfektionen am Tag.“

Wir brauchen mehr gesund machende Botschaften

Meinen Artikel oder Appell möchte ich mit einer alten Binsenweisheit beenden: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“ Wenn wir schon nicht mutig genug sind, alle Corona-Maßnahmen zu beenden, dann wäre es vielleicht möglich, wenigstens die Berichterstattung darüber einzustellen. Denn auch die permanente Angstmacherei wird gerade bei unseren Kindern langfristige Schäden verursachen. Sie kennen zum Teil noch keine Welt, in der man Krankheiten feinfühlig begegnet.

Sie leben in einer Welt, die ihnen täglich vor Augen führt, dass der Mitmensch und Mitschüler die größte Gefahr für die eigene Gesundheit darstellt. Ich war nur ein durchschnittlicher Schüler und somit per Definition wohl nicht zu Denk- und
Transferleistungen befähigt. Was mir aber schon als Schüler eingeleuchtet hat, war die Geschichte um Goethes „Die Leiden des jungen Werther“. Daraus entwickelte sich der Pressekodex, die Leitlinien zur Berichterstattung.

Was würde wohl passieren, wenn viele Medien nicht mehr so hysterisch über „Long Covid“, überforderte Intensivmediziner und ängstliche Lehrer berichten würden? Wenn jedes Warnschild „Maske auf“ mit einem „An apple a day keeps the doctor away“, einem Herzsymbol oder Lächeln ausgetauscht würde? Wir brauchen mehr Menschen, die gesund machende Botschaften senden! Und Menschen, die Mut machen!

 

Paul Andersson ist Vater von drei Söhnen, vom Kindergartenkind bis zum Gymnasiasten. Er hat Informatik und Journalismus studiert. Schon während seines Studiums gründete er seine erste Firma, programmierte Websites für KMUs und schrieb Artikel für verschiedene Publikationen. Seit über 20 Jahren begleitet und hinterfragt er die Entwicklung des Internets. 2019 schrieb er sein Debüt „Alice im Neuland“ als Märchen und Sachbuch für die ganze Familie.

Foto: medaliaproductions.com

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Leserpost

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Dirk Jungnickel / 27.04.2021

Wer sich immer und an jeden Unsinm anpaßt, hat schon verloren. Bitte unbedingt - auch was die Kinder betrifft - auf YouTube das Interview mit dem Psychologen Maaz aus Halle anhören.

Dr. Jäger / 27.04.2021

Als es noch Demokratie bei uns gab sang Kokstanin Wecker:“Sage nein” Jetzt, wo Diktatur gelebter Alltag ist,singen die Linksfaschisten:“wer nicht mitmacht, ist Nazi” Möge das rote A…. in seiner Toskana-Villa an ,mit Rattengift gestrecktem ,Koks krep…en.

Gertrud Dietrich / 27.04.2021

Ich bin da voll bei Ihnen. Mutter von zwei Gymnasiasten und zwei Grundschülern. Die Großen dürfen seit Dezember nicht mehr zur Schule, die kleinen haben wir vom Präsenzunterricht wegen der Testpflicht abgemeldet. Alle Ihre Fragen sind rational - wenn man glaubt, es geht um Gesundheitsfragen. Da ich grundsätzlich naiv den Politikern unterstelle, recht rational zu sein, muss es wohl um was anderes gehen. Was, ist die spannende Frage…. Für uns geht es momentan nur um die Frage, wie können wir die Kinder vor dem Staat schützen, und wie machen wir sie stark….

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