Die Schneekönigin als Drag-Queen

Waren die alten Märchen archetypisch oder reichten hinab in den Brunnen unserer Kultur, müssen sie nun umgeschrieben werden. Beim diesjährigen Hans-Christian-Andersen-Festival in Odense soll eine Drag-Queen die Schneekönigin spielen.

So seht! Nun fangen wir an. Wenn wir am Ende der Geschichte sind, wissen wir mehr als jetzt, denn es war ein böser Troll! Es war einer der allerschlimmsten, es war der Teufel!“

(„Die Schneekönigin“ von Hans Christian Andersen)

Märchen, selbst Kunstmärchen wie die von Hans Christian Andersen, fühlen sich immer alt und geheimnisvoll an. Da ist Frau Holle, und wir ahnen schon als Kinder, dass sie aus einer Zeit stammt, bevor die Kirchen in unsere Länder gebaut wurden. Später lernen wir, dass sie wahrscheinlich die germanische Göttin Frigg war, und das Bild von der blondhaarigen Übermutter bekommt einen ganz eigenen Sinn. So im Volksmärchen, wie wir es bei den Gebrüdern Grimm finden. Da ist die Schneekönigin, eine Art ins Böse verkehrte Frau Holle. Ganz hoch im Norden lebt sie und ist kaltherzig und unfähig zur Liebe. Ja, sie entführt sogar einen Jungen und stört die Freundschaft zweier Kinder. So im Kunstmärchen von Hans Christian Andersen.

Auch ohne Illustrationen basteln wir uns als Kinder eine Frau Holle oder eine Schneekönigin zusammen, eine Mischung aus Licht, Jahreszeiten, Spiegelungen, Schemen, Menschen, die wir kennen. Und da wo wir Illustrationen gesehen haben, wachsen sie in uns hinein, hinterlassen einen ganz tiefen Abdruck, der mit dem tatsächlichen Bild, wenn wir es Jahrzehnte später wieder finden, manchmal gar nichts mehr zu tun hat, weil wir als Kinder alles anders sehen, die Wirklichkeit anders aufsaugen und Phantasie und Wirklichkeit beinahe die gleiche Stärke an Emotionen in uns auslösen. Von diesen Schätzen zehren wir.

Ich habe Humor, es muss aber der richtige Ort dafür sein

Offensichtlich taugen diese alten Bilder nicht mehr, sie sollen verschwinden. Waren die alten Märchen archetypisch oder reichten hinab in den Brunnen unserer Kultur, müssen sie nun auf politische Korrektheit durchforstet und umgeschrieben werden, die Prinzessin soll nicht mehr schön, sondern tapfer sein wie hier, als ob sie vorher nicht tapfer war, weil sie schön war.

Und das ist nur der Anfang! Es gibt jetzt ganz neue Märchenbilder wie dieses hier, und anhand dieses Bildes (bitte runterscrollen zu Punkt 2, zum Foto von Michael Engel O. Bonnichsen, einer Drag-Queen) möchte ich erklären, warum ich gegen die woke Transgender-Ideologie bin.

Sicher gibt es viele Gründe, gegen Transgender zu sein, wie das Recht auf Familie; wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit, insbesondere der Kinder; wie die Zerstörung des echten Frauen-Feminismus (die inneren Kämpfe bei Terres des Femmes berichten davon); wie den Versuch, kulturelle Hegemonie herzustellen, um ein sozialistisches Erziehungsprojekt am Laufen zu halten.

Aber worum geht es genau hier? Wir sehen eine sogenannte Drag-Queen. Es handelt sich um einen Mann, dieser hier heißt Michael Engel O. Bonnichsen, der sich „weiblich“ schminkt und auch sehr bunt – man kann ruhig sagen papageienartig – schmückt und anzieht. Mag er tun, ist mir egal. Ich habe überhaupt nichts gegen Drag-Queens, ich ertrage auch gerne einen Umzug einmal im Jahr, wo Männer im schrägsten Fummel rumrennen. Ich habe Humor, es muss aber der richtige Ort dafür sein.

Die Gender-Ideologen stürmen Dänemark

Odense ist sozusagen die Hauptstadt der dänischen Insel Fünen/Fyn, die ich besonders liebe, und ich habe freundschaftliche und familiäre Bindungen zu der alten Stadt. Sie ist nicht so klein, dass man jeden kennen muss, sie ist aber auch nicht so groß, dass alles anonym bleibt. Manchmal, wenn mir Deutschland zu verrückt erscheint, brauche ich ein paar Tage Odense, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass wenigstens noch in Dänemark nicht alles faul im Staate ist und es dort noch ein paar normale Menschen gibt.

Besonders aber liebe und verehre ich H.C. Andersen. Er wurde 1805 in Odense geboren. Gerade vergangene Woche bin ich in seinem Geburtshaus gewesen. Die Zimmer sind dort übrigens alle recht klein. Die Odensener sind sehr stolz auf ihren Hans Christian. Viele Touristen – auch aus Fernost – kommen, und gerne lässt man sich neben seinem Denkmal auf einer Bank ablichten. Im Sommer finden kleine Aufführungen im Park an der Aue statt, kinderfreundlich, humorvoll, etwas augenzwinkernd und mit Musik. In der Stadt gibt es auch eine Kneipe „Den Standhaftige Tinsoldat“, und man kann sich dort märchenhaft betrinken.

Die hier abgebildete Drag-Queen soll nun in diesem Jahr die Schneekönigin darstellen, und zwar bei einem Drag-Bingo beim Hans Christian Andersen-Festival! Es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die Trans-Ideologie in alles hineindrängelt. Sie tut es natürlich nicht ohne Grund. Gerade Dänemark ist gegen die extreme Linke noch etwas immun. Dänemark hat sich aus der Migrationsmanie der Deutschen ausgeklinkt und das sogar unter sozialdemokratischer Führung beibehalten. Dänemark hat pragmatisch schnell auf die Corona-Pandemie reagiert, und zwar mit einem frühen Lockdown. Dänemark hat aber auch die Pandemie für beendet erklärt und zum Alltag zurückgefunden.

Nun aber stürmen die Gender-Ideologen das Land und die Zeitungen sind landauf, landab voll mit Kommentaren und Diskussionen, ob man Jugendlichen erlauben soll, ihr Geschlecht zu wählen. Ein Gesetzesvorschlag der Sozialdemokraten sieht vor, das Alter für das Selbstbestimmungsrecht von 18 auf 15 zu senken, bei noch jüngeren Kindern (theoretisch bis null Jahre?) entscheiden die Eltern, siehe hier. Schon drängeln Umerzieher und Aktivisten, wie die selbsternannten „Normstorrmerne“ in die Schulen, so in Kopenhagen und Aarhus, die sich aber ungern in die Karten gucken lassen. Hier könnte sich rächen, dass Dänemark, verglichen mit Deutschland, schon länger eine liberale und offene Sexualaufklärung hat, denn die Transgender-Ideologen zielen vor allem auf Jugendliche und Kinder, die leichter zu verwirren sind als Erwachsene, die vielleicht schon die erste Scheidung hinter sich haben und arbeiten müssen, um den nächsten Urlaub der Kinder zu finanzieren.

Ein Andenken aus einer versunkenen Welt

Die Schneekönigin ist ein sehr schönes Märchen. Es ist auch sehr traurig. Die Königin ist eigentlich eine narzisstisch gestörte Person, und da passt eine Drag-Queen ja vielleicht auch. Ich finde es trotzdem übergriffig! Diese Ideologen versuchen einem alles Schöne kaputt zu machen und das, was schon phantasievoll ist, mit ihrer Pseudo-Phantasie zu übertünchen. Heute beim Bingo in Odense, morgen im Klassenzimmer, übermorgen im Märchenbuch, dann in deinem Kopf! Phantasie wird sozusagen von „oben“ befohlen, und so verkehrt sich alles ins Gegenteil, nicht das Märchen ist am Ende subversiv („Der Kaiser ist nackt!“, möchte man unentwegt rufen), sondern derjenige, der noch eins und eins zusammenzählen kann. 

H.C. Andersen war übrigens in Liebesdingen nicht sonderlich begabt, er bekam jedenfalls viele Körbe und blieb unverheiratet. Möglicherweise war er auch schwul oder seine freundschaftlichen Schwärmereien für seine Freunde waren allein seiner romantischen Gesinnung geschuldet. Es ist mir völlig egal. Er hat niemandem etwas getan und niemanden mit seinen Problemen belästigt, sondern die Welt bereichert. Das gerade tun die woken Transgenderideologen nicht. Sie belästigen uns täglich und bereichern die Welt kulturell nicht.

Vielleicht würde ich es anders sehen und ihre Buntheit feiern, wenn sie in ihrer Sparte blieben und mir meine Schneekönigin ließen. Im Museum, dem Hans Christian Andersen Hus habe ich ein dänisches, bebildertes Märchenbuch gekauft. Bevor ich mich entschied, habe ich sehr ängstlich durchgeblättert, ob es denn auch ein Buch mit „klassischen“ Illustrationen sei. Vielleicht wird es eines Tages ein Andenken aus einer versunkenen Welt sein. So blättere ich, denn ich weiß ja, im echten Märchen geht es meistens gut aus und lese:

Se så! Nu begynder vi. Når vi er ved enden af historien, ved vi mere, end vi ved nu, for det var en ond trold! Det var en af der allerværste; de var Djævelen.“

(zitiert nach Carlsen, H.C. Andersen, „Seks eventyr“, siehe deutsche Übersetzung oben)

Foto: Snorre Martens Björkson

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Leserpost

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Dr. Joachim Lucas / 27.08.2022

Auch auf dem Höhepunkt des Wahnsinns in der franz. Revolution 1793/94 wurden Märchen umgeschrieben. Die “Prinzessin mit dem goldenen Haar” hieß danach “Die Schöne mit dem Assignatenhaar” (Assignaten waren die hyperinflationierten Geldscheine der Jakobiner). Auch sonst sind die Parallelen des Wahnsinns zu heute inzwischen unübersehbar. Ich hoffe aber auf einen Thermidor.

R. H. van Thiel / 27.08.2022

Komisch, als Indianer darf man sich nicht verkleiden, weil das “kulturelle Aneignung” sein soll, aber als Mann darf man sich als aufgetakelte, schrille, häßliche Frau verkleiden und so meiner Ansicht nach das weibliche Geschlecht in extremer Weise lächerlich machen.  Eine andere Kultur darf ich mir also nicht aneignen, aber ein anderes Geschlecht schon? Nun, mögen sie auf der Straße als Pfauen herumlaufen, als Liberale toleriert man das, ich muß sie ja nicht anschauen. Aber um auf das Thema dieses Beitrags zurückzukommen: Vor denen ist wirklich gar nichts sicher. Vielleicht wird in den Märchen auch noch ein Klima-Thema untergebracht? Die Schneekönigin hat zuviel CO2 ausgeatmet?

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