Gerd Held / 08.10.2020 / 06:15 / Foto: Markytronic / 94 / Seite ausdrucken

Deutschland in der Denkfalle (1): Bunte Fantasien

Wenn die politische Opposition in einem Land eine bestimmte Stärke erreicht, genügt es nicht mehr, sich nur als Gegner der bestehenden Regierung zu präsentieren und alle ihre Beiträge auf den Rücktritt der Regierung zuzuspitzen. Sie erweckt dann leicht den Eindruck, die Lage der Nation sei eigentlich gut und würde nur durch die Unfähigkeit und die bösen Absichten der Regierenden schlecht. Die Opposition führt dann im Grunde nur eine ständige Personaldebatte („Merkel muss weg“). Gewiss werden in den Medien in Deutschland die Beiträge der AfD krass verkürzt wiedergegeben, aber auch wenn man die Publikationen aus dem konservativ-liberalen Spektrum direkt liest, findet man selten den Versuch, ein eigenes Bild von der Lage der Nation zu erarbeiten und der Öffentlichkeit vorzulegen.  

Dabei gibt es deutliche Anzeichen, dass Deutschland massive Probleme hat, die nicht bloß von einer schlechten Regierung erzeugt wurden, sondern die in seiner Grundaufstellung der letzten Jahrzehnte wurzeln. Unser Land ist immer weniger realitätstüchtig. Es wird immer mehr zu einem realitätsfernen Land. Die Märkte für seine wirtschaftlichen Wertschöpfung, insbesondere seiner Industrie, werden enger; sein Staatswesen zeigt bei der Durchsetzung von Sicherheit und Infrastrukturen vor Ort eine eklatante Schwäche; und in den äußeren Beziehungen kommt hinter den großen Weltgestaltungsansprüchen nur ein erbärmliches Herumlavieren zum Vorschein.

Diese Probleme haben mit der Tatsache zu tun, dass Wirtschaft und Staat sich über Jahrzehnte in einer relativ konkurrenz- und konfliktarmen Zone entwickeln konnte. Dieser Schonraum wird nun zur Falle. Unser Land steckt in einer Entwicklungssackgasse. Es muss in einigen Dingen getroffene Entscheidungen zurücksetzen, um wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Es geht um mehr als nur um eine bestimmte Einkommensverteilung oder die Erhaltung bestimmter Umweltzustände. Die Zeiten des „Wir schaffen das“-Deutschland sind vorbei. 

Es handelt sich dabei um ein Problem, mit denen sich jede Regierung in Deutschland – gleich welcher Couleur – konfrontieren muss. Eine Opposition, die den Namen verdient, müsste sich jetzt dadurch profilieren, dass sie zur Stimme der Wahrheit über die Lage der Nation wird. Dass sie permanent und geduldig daran arbeitet, die historische Klemme darzulegen, in der das Land steckt. Inzwischen hat die Opposition ja eine zahlenmäßige Stärke erreicht, in der sie diese Aufgabe durchaus bewältigen kann.  

Erwartungen in einen großen, schnellen Fortschritt

Natürlich handelt es sich nicht um Aufgaben, die sich nur in Deutschland stellen. Viele andere, recht hoch entwickelte Länder stehen vor ähnlichen Problemen, die oft schon früher virulent geworden sind. Und es gibt ähnliche Schwierigkeiten, den Ernst der Lage wahrzunehmen und öffentlich zu erörtern. Das gilt auch für die USA, wo Anfang November Präsidentschaftswahlen anstehen. Das Oberthema dieser Wahlen ist nicht Trump oder Nicht-Trump, wie die Demokraten es gerne hätten. Vielmehr geht es darum, ob in diesen Wahlen die realen Entwicklungsprobleme der USA eine Rolle spielen oder nicht. Da ist die Positionierung und Bilanz Trumps ein bisschen besser als die seiner Vorgänger. Und die heutigen Demokraten machen nicht den Eindruck, als ob sie sich ernsthaft mit Industrie oder mit Sicherheit beschäftigen.

Auf der Bühne beim jüngsten Parteitag der FDP in Berlin prangte in großen Lettern die Losung „Mission Aufbruch“. Es gab Redebeiträge, in denen ein neues „Wirtschaftswunder“ beschworen wurde. Die deutschen Liberalen glauben offenbar, die Aufgabe der wirtschaftlichen Vernunft in diesen Zeiten sei es, Erwartungen in einen großen, schnellen Fortschritt zu nähren und sich durch Optimismus zu profilieren. Soll das ein Gegenentwurf zu jener „großen Transformation“ der Welt sein, für die der politische Mainstream Deutschland einspannen will?

Eher müsste man das Gegenteil sagen: Die FDP will die Wirtschaft unter dem Titel „Aufbruch“, für diese Transformation einspannen. Man behauptet, dass die deutsche Wirtschaft einen Sprung nach vorn machen könne und alle Schwierigkeiten hinter sich lassen können, wenn sie nur mutig „Innovationen“ machte. Wirtschaft und Staat könnten aus ihren gerade wieder immens gewachsenen Schulden „herauswachsen“. Die Zerstörungen der bestehenden Unternehmenslandschaft und ihrer Arbeitsplätze könnten als „produktive Zerstörung“ (im Sinn des Ökonomen Schumpeter) angesehen werden. Auch die deutschen Liberalen wollen also zu denen gehören, die eine „ganz neue“ Welt versprechen. 

Sie stehen damit nicht allein. In den Wirtschaftsteilen großer Zeitungen ist immer wieder von allen möglichen „Innovations-Schüben“ die Rede, die durch den Corona-Stillstand angeregt würden. Die Digitalisierung würde sich in vielen Bereichen nun definitiv durchsetzen. Die Ökologisierung von Energie, Verkehr, Landwirtschaft fände nun den Platz, um sich durchzusetzen. Neue Arbeitsplätze und Arbeitslandschaften seien schon im Entstehen. Und ganz neue Großstädte gäbe es, in denen die digitalisierten Beziehungen die Krise von Läden, Gastronomie, Clubs und Hotels vergessen machen würden. Wo noch Mobilität gefragt ist, wäre sie ganz entspannt mit dem Fahrrad zu bewältigen. 

Die Tiefe der Wirtschaftskrise

Es ist verblüffend: Gerade war noch von der „größten Wirtschaftskrise seit dem 2.Weltkrieg“ die Rede. Und nun ruft man in diese Krise „Aufbruch!“ und „Zukunft!“ hinein. Das hat mit einer Aufklärung, die an den selbständigen Gebrauch des eigenen Verstandes appelliert, wenig zu tun – aber sehr viel mit psychologischer Steuerung von Stimmungen. Dabei gibt es durchaus genug Berichte, aus denen man die Tiefe der Krise herauslesen kann.

Die Wahrnehmung der Corona-Gefahr ist keineswegs auf ein vernünftig begrenztes Maß zurückgeführt, das nachhaltig Vertrauen schaffen könnte. Im Gegenteil gefällt sich die Politik darin, immer wieder neue „Wellen“ zu beschwören und damit „höchste Gefahren“ im Raum stehen zu lassen. Zugleich wird der wirtschaftliche Schaden durch die Corona-Politik mit ihrem Hin und Her zwischen Schließung und Öffnung ganz unzureichend beschrieben. Ein bisschen „Öffnen“ bringt noch nicht jenes massenhafte Zusammenwirken, das nötig ist, um positive Erträge zu erwirtschaften. Mancher Wissenschaftler liest aus wieder zunehmendem LKW-Verkehr und  Stromverbrauch der Betriebe schon eine Wirtschafts-Erholung. Dabei werden solche Indikatoren auch von Betrieben oder Geschäften gespeist, die weiterhin rote Zahlen schreiben. Immer noch gilt für einen sehr großen Teil der Unternehmen, dass ihre Erträge die Kosten nicht decken und sie daher von ihren Rücklagen (von ihrer Substanz) zehren müssen. Oder sie müssen Schulden machen.

Hier findet ein Zerstörungsprozess statt, der sich langsam immer tiefer durch den Boden der Volkswirtschaft frisst. Ein Großteil der Unternehmen weiß heute nicht, von welchen Erträgen er in absehbarer Zeit die Schulden abtragen oder die verbrauchten Reserven wieder auffüllen könnte. Es geht also nicht nur darum, dass die Wirtschaft mal eben „unterwegs“ zu einem Halt gezwungen wäre. Vielmehr ist das Wirtschaftsleben in seiner produktiven Substanz getroffen. Die Fähigkeit der Volkswirtschaft zur Reproduktion der eigenen Grundlagen ist nachhaltig beschädigt. 

Ähnliches muss für die deutschen Staatsfinanzen festgestellt werden, deren Solidität ja lange Zeit und nicht ohne Grund als Trumpf angesehen wurde. Aber dieser Trumpf ist nun in der gigantischen Überbrückungs-Finanzierung ausgespielt worden. Er kann nicht zweimal ausgespielt werden. Das mühsam durch manchen harten Einschnitt ersparte Geld ist weg. Es kann nicht weiter die Bonität der deutschen Schulden garantieren und nachhaltig Sicherheit bieten.

Die Schulden der öffentlichen Hand haben in Deutschland haben im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt jetzt Größenordnungen erreicht, die früher bei anderen Ländern als unsolide bezeichnet wurden. Es ist auch keine neuen Staatseinnahmen in Sicht, die ein „Herauswachsen“ aus den Schulden oder gar einen wirklichen Schuldenabbau ermöglichen würden. Da ist es kein Trost, dass die Schieflage anderer Länder noch größer ist. Das bringt das Vertrauen, das letztlich für die Entscheidung zum Kreditgeben unabdingbar ist, nicht zurück. 

Die ökonomische Schlüsselfrage: Produktivität 

Erst vor diesem Hintergrund wird der Ernst deutlich, mit dem die Diskussion über den zukünftigen Weg der deutschen Wirtschaft zu führen ist. Erstens: Sie kann nicht als Konjunktur-Problem geführt werden. Der Einbruch ist durch keine Konjunktur der Welt korrigierbar. Zweitens: Es genügt auch nicht, einfach auf „Innovationen“ und „Kreativität“ zu verweisen. Die Innovationen müssen realwirtschaftlich relevant sein, und sie müssen tatsächlich eine zusätzliche Wertschöpfung ermöglichen. Sie müssen so produktiv sein, dass sie die erlittene substanzielle Beschädigung der Wertschöpfung wettmachen können. So etwas hat es historisch durchaus gegeben – zum Beispiel nach der fundamentalen Wirtschaftskrise durch den 2. Weltkrieg. Damals fiel der Wiederaufbau in eine Periode von drei Jahrzehnten starker Produktivitätsgewinne (1945-1975). Das „Wirtschaftswunder“ hatte nicht nur eine Aufbruchstimmung oder eine bestimmte politische Steuerung zur Grundlage, sondern fiel in eine technikgeschichtlich besonders dynamische Periode. 

Das führt zur wirtschaftlichen Grundfrage unserer Zeit: Gibt unsere Zeitperiode einen vergleichbaren Produktivitätsfortschritt her? Dann könnte man zuversichtlich die Zerstörungen hinnehmen und an ihrer Stelle etwas ganz Neues aufbauen. Man hätte einen „Strukturwandel“ vor sich, der zwar einiges an Anpassung abverlangen würde, bei dem aber ein greifbares „Neuland“ zu erwarten wäre. Wenn hingegen unsere Zeit diesen großen Produktivitätsschub nicht hergibt, sehen die Konsequenzen ganz anders aus: Dann brauchen wir eine große, flächendeckende Entlastung der Volkswirtschaft. Insbesondere im produzierenden Gewerbe müssen jene Abgaben, Auflagen, Normen und Stilllegungsfristen auf den Prüfstand, die sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten – oft unter dem Titel „Soziales“ und „Ökologie“ –  ausgebreitet haben, ohne auf die Entwicklung von Produktivität und Wertschöpfung Rücksicht zu nehmen. 

Die wirtschaftliche Grundfrage lautet also, ob wir uns in einer Periode langsamen oder schnellen Produktivitätsfortschritts befinden. Diese Frage lässt sich nicht prinzipiell beantworten, sondern nur durch Betrachtung der realwirtschaftlichen Realität im historischen Maßstab. Es geht also nicht darum, ob wir uns in der Ära der Neuzeit befinden, in modernen Zeiten also. Es geht nicht darum, über irgendeine „Postmoderne“ oder „Spätmoderne“ zu spekulieren. Man darf sich auch nicht einreden lassen, dass nur diejenigen, die von einem schnellen Fortschritt und „neuen Aufbruch“ sprechen, modern und fortschrittlich sind, während diejenigen, die ein langsameres Entwicklungstempo sehen, rückwärtsgewandt, nostalgisch oder gar reaktionär sind. Die Diagnose „langsamere Periode“ darf auch nicht mit der Forderung nach einer „Entschleunigung“ verwechselt werden, die ja das erreichte technische Niveau in Frage stellt und beispielsweise das Automobil als Massenverkehrsmittel zum Sündenfall erklärt.

Eine „produktive Zerstörung“ durch das Corona-Virus? 

In einer Einladung zu einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung mit dem Titel „Aus Krisen für die Zukunft lernen – Corona als Katalysator für Innovation und Digitalisierung“ heißt es: 

„Während der vergangenen Monate haben sich zahlreiche Prozesse in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in einem rasanten Tempo gewandelt. Eine Rückkehr zum Status quo ante Corona erscheint in vielen Lebensbereichen nunmehr undenkbar. So sind beispielsweise die im beruflichen und privaten Leben eingesetzten digitalen Instrumente inzwischen zum festen Bestandteil unseres Alltags geworden. In dieser Veranstaltung wollen wir uns auf die während der Corona-Pandemie gewonnenen Fertigkeiten und Erfahrungen fokussieren.“ 

Wenn man das ernst nimmt, müsste man geradezu begeistert über den Lock down im Frühjahr dieses Jahres sein. Dass die Grünen versuchen, die Corona-Stillstände zu nutzen, um ihre Energie-, Verkehrs-, Landwirtschafts- und Ernährungswende in die entstandene Lücke zu drücken, ist unübersehbar. Aber es gibt offenbar auch eine Neigung im deutschen Liberalismus zu so einem Durchdrücken – insbesondere, wenn es um die Digitalisierung von Wirtschaft, Bildung und Alltagsleben geht. Von dieser Seite wird oft der Begriff der „produktiven Zerstörung“ (Schumpeter) ins Spiel gebracht. Aber nicht jede Zerstörung von bestehender Wirtschaftssubstanz ist produktiv. Das gilt besonders dann, wenn die Realprozesse des produzierenden Gewerbes, die öffentlichen Formen des Warenverkaufs und Konsums, die Massenverkehrsmittel oder der öffentliche Schulunterricht getroffen sind. Viele Menschen machen in diesen Tagen die Erfahrung, dass die Digitalisierung mehr zerstört als sie ersetzen kann. 

Es wäre daher auch ganz töricht von einem Innovations-Automatismus auszugehen: Es genüge, etwas stillzulegen, um die Kräfte der Innovation gewissermaßen „anzuregen“. Die Moderne wäre dann eine Art „Innovations-Automat“, den man nur unter Druck setzen muss, damit er neue, produktivere Lösungen liefert. Jetzt, in der Corona-Krise soll man auf diesen Automaten setzen können. Auch in der Klima-Krise könnte man ruhig die CO2-Emissionskosten so hoch schrauben, dass sie in vielen Gewerben unbezahlbar wären – das würde am Markt eine heilsame Selektion „überholter“ Betriebe und Branchen auslösen. 

„Langsame Jahrzehnte“ sind keine schlechten Jahre

Die Alternative „Aufbruch oder Rückschritt“ ist eine törichte Alternative. Die Unterscheidung von Perioden schnellen und langsamen Fortschritts kann aus dieser schlechten Alternative herausführen. Sie kann die Lage von Volkswirtschaften präziser verstehen und die sehr unterschiedlichen Konsequenzen für das Handeln klarer erfassen. Wenn wir Perioden langsamen Fortschritts als grundlegenden Bestandteil der modernen Welt anerkennen, kann das dazu führen, dass wir vorsichtiger beim Abschalten und Verabschieden bestehender Technologien, Fachkenntnisse, Betriebe und Branchen sind. Und dass wir den Wert einer bestehenden Produktivität und Wertschöpfung erkennen. Das ist der entscheidende Punkt: Die „langsamen Jahrzehnte“ sind keine schlimmen Jahre, denn das erreichte Niveau kann hier ja fortgeführt werden. Allein die Wiederholung dieses Niveaus ist schon eine große, täglich aufs Neue erbrachte Leistung. Ein Land und seine Bürger können auch auf diese Perioden der Geschichte stolz sein. Auch in diesen Perioden ist es modern. Die Wirtschaft der Moderne zeichnet sich durch ein bestimmtes, erhöhtes Niveau der Wertschöpfung aus und schon das Halten dieses Niveaus rechtfertigt die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung und ihre Marktwirtschaft. Die Vorstellung, der höchste Daseinszweck der Moderne sei die ständige Innovation und das unaufhörliche Sich-Neu-Erfinden der Menschen ist eine Denkfalle.

 

Im nächsten Beitrag dieser Reihe lesen Sie morgen: Die wahre Wirtschaftslage.

Teil 2 finden Sie hier.

Teil 3 finden Sie hier

Foto: Markytronic CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Frances Johnson / 08.10.2020

@ H-P Kimmerle: Deutschland ist kein failed state, könnte aber einer werden. Ansonsten liest sich das stimmig. @ K-H Vonderstein: Deutschland spielt Doktor mit Pflaster (Geld). Es hat einen Ferdinand-Sauerbruch-Größenwahn-Komplex, kombiniert mit Stockholm-Syndrom der Bevölkerung. @ Dr. Lehnhoff: “Digitalisierung macht nicht zuletzt dumm, einsam und krank.” Nicht, wenn man sie zusätzlich nutzt. Ich fahre nach Schildern und habe Landkarten. Im Gegensatz zu Primärnutzern von Navi kenne ich geographische Gegebenheiten und vor allem die Himmelsrichtung. In fremden Städten verwende ich zuweilen den Navi. Vom Autor: “in einer Einladung zu einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung mit dem Titel „Aus Krisen für die Zukunft lernen – Corona als Katalysator für Innovation und Digitalisierung“ heißt es: „Während der vergangenen Monate haben sich zahlreiche Prozesse in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in einem rasanten Tempo gewandelt. Eine Rückkehr zum Status quo ante Corona erscheint in vielen Lebensbereichen nunmehr undenkbar. So sind beispielsweise die im beruflichen und privaten Leben eingesetzten digitalen Instrumente inzwischen zum festen Bestandteil unseres Alltags geworden. In dieser Veranstaltung wollen wir uns auf die während der Corona-Pandemie gewonnenen Fertigkeiten und Erfahrungen fokussieren.“  HaJo Wolf hatte recht: Diese Partei ist auch unwählbar. Digitalisierung wird zur Rundumüberwachung genutzt werden und zur Erstellung einer weitreichenden Datenbank.

Hjalmar Kreutzer / 08.10.2020

Die Zerstörung von Wirtschaft, Gesellschaft und Bürgerrechten wird schon zu Innovation und Aufschwung führen? Ach, ja? Und die FDP macht Opposition und ist konstruktiv. Ach so, na dann ...

Matthias Fischer / 08.10.2020

Ich verstehe den ewigen Ruf nach der Digitalisierung nicht. Bis vor gar nicht so langer Zeit galt Deutschland als einer der erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte der Welt. Dennoch wird gleichzeitig seit Jahren über unsere digitale Rückständigkeit schwadroniert. Den Niedergang hat Frau Merkel mit ihren ständigen Widersprüchen in der Steuer- und Abgabenpolitik, Energie- und Umweltpolitik usw. herbeigeführt, wobei der Einwand, dass die Deutschen sie nicht hätten wählen müssen, natürlich richtig ist. Auch dass die Wirtschaftsbosse eher Speichellecker der Politik und demonstrierender Kinder statt selbstbewusste Vertreter ihrer Branchen sind, ist ein wesentlicher Teil des Problems. Aber bei der Digitalisierung habe ich den Eindruck, dass diese vor allem um ihrer selbst willen propagiert wird, weil es “modern” ist. Dass aber die Digitalisierung auch anfällig für Wirtschaftsspionage und -sabotage macht, haben wir doch schon öfter gehört - vom Datenschutz ganz zu schweigen. Außerdem ist zu beobachten, dass die Digitalisierung zur Verödung der Innenstädte und damit letztlich auch zur Verödung der Gehirne durch Vereinsamung führt. Deshalb sollte m.E. stets und immer geprüft werden, wo Digitalisierung einen echten Nutzen mit sich bringt und wo der Schaden größer als der Nutzen ist. Ich jedenfalls wünsche mir eine dringend notwendige Digitalisierungspause, um Schaden und Nutzen in Ruhe abwägen zu können.

giesemann gerhard / 08.10.2020

@Boris K.: Golodomor: Es waren Millionen Tote, hauptsächlich in der Ukraine, aber nicht nur dort, gucksdu wiki. Zweck: Zwangskollektivierung der Landwirtschaft. Chruschtschow, ein Russe, aufgewachsen in der Ost-Ukraina, der maßgeblich an der Durchführung beteiligt war unter Stalin, hat später, als er selbst an der Macht war, der Ukraine die Krim geschenkt - hatte wohl ein schlechtes Gewissen. Hätte er nicht mit gemacht, so wäre er im GULAG verschwunden, niemand hätte je auch nur seinen Namen erfahren. Putin hat das korrigiert, wie wir alle wissen. Jedes Jahr im November wird der Gedenktag zu den “Jahren des Hungers” abgehalten.

Kurt Müller / 08.10.2020

Nein, das liegt daran, daß die kulturelle Hochzeit in Europa um 1880-1900 gewesen ist, das war die Zeit der wesentlichen Erfindungen der kulturellen Moderne, und mit dem Aufkommen von Dadaismus und später Expressionismus vor allem in Deutschland fing der Gang aus der kulturellen Hochzeit in die Postmoderne an. Postmoderne ist im kulturellen Sinne ja nicht unbedingt ein Wort des Lobes, sondern einfach nur eine Tatsachenbeschreibung. Ich würde z. B. Max Regers “Romantische Sinfonie” als eines der letzten Werke, daß in der Tradition der europäischen Musikentwicklung steht, bezeichnen. Einige Bekannte gehen weiter und sehen Richard Strauß “Vier letzte Lieder” als das Ende der europäischen klassischen Musikentwicklung. Danach, sei es Reger (nur beispielhaft gemeint) oder R. Strauß, hat es keine Weiterentwicklung der Kultur in Mitteleuropa mehr gegeben (Populärkultur ist Kommerz und keine eigentliche Kultur). Und auch ohne WK II, der jegliche Entwicklung in Deutschland stoppte, wäre das so gekommen, vielleicht 10-15 Jahre später. Die industrielle Hypermodernisierung von 1890-1920 des einstigen Agrarstaates Deutschland hat die Menschen mit so vielen gleichzeitigen Veränderungen überrollt, daß sie praktisch den Verstand verloren haben (Dadaismus, Drogenkonsum und Zügellösigkeit und Prositution in der Weimar Republik - siehe Erich Kästners ‘Fabian’), und den Künstlern ist nichts Gescheites mehr eingefallen. Sie haben schon um 1920 alle ihren Kompass verloren, und dann 1933 auch nicht mehr durchgeblickt. Heute profitieren wir lediglich nur noch von der krassen Rationalisierung, die damals schon angefangen hat, leider auch durch WK II, die Erfindung von Transistor (60er) und Mikroelektronik (80er) und nun des Internetes (2000er) nochmals verstärkt wurde. Aber im Grunde genommen sind diese Rationalisierungsschübe nur Entschleuniger eines Niedergangs, der schon ab 1920 in Deutschland eingesetzt hat, weil da die Hochkultur Mitteleuropas ihren Zenit überschritten hatte.

Günter H. Probst / 08.10.2020

Ihnen fehlt einfach der Glaube an die Weisheit der Herrschenden. Die wissen nämlich, daß D. reich ist, und alles schaffen kann: Über 20 Millionen Rentner , unbekannte Millionen unproduktiver Zuwanderer, Steigerung aller Ausgaben in unproduktiven Bereichen, Hunderttausende sinnlos Studierender. Aber da die EZB mit ihrem Anleihenkaufprogramm allen gefallenen Betrieben und Staaten das Überleben sichert, fällt den Bevölkerungen fast nichts auf. Ich habe gerade die Angaben zur Stadtfinanzierung vorliegen. “Neben den 50 Millionen Kredit für Investitionen, werden wir im November 2020 erneut einen Kredit gleicher Höhe aufnehmen müssen.” Und neben dem Wachstum der Schulden, gibt es überall Wachstum. “Die Ausgaben für das Personal stiegen seit 2011 um 53% . Die Ausgaben für die Kindertageseinrichtungen stiegen in den letzten 4 Jahren um 38%.”  Fällt also die Wirtschaft aus, sorgen Gemeinden, Länder und Bund schon dafür, daß der Euro rollt. Und die Sozialisten der SPD haben auch schon die Lösung für die Armen, die die steigenden Warmwasser- und Heizkosten wegen der jährlich stiegenden Zeh-Oh-Zwei-Besteuerung nicht mehr bezahlen können. Die Vermieter sollen die Hälfte der Kosten übernehmen, weil sie schließlich für die Anlagen verantwortlich sind. Da die Vermieter auch für die Häuser und Wohnungen verantwortlich sind, müssen sie demnächst auch die Hälfte der Mieten übernehen. D. ist eben reich.

P. Kreiterling / 08.10.2020

Das ist der Punkt: Innovation, Transformation, Kreativität sind politisch-ideologische Schlagwörter, mit denen man volkswirtschaftliche Gesetze nicht aushebeln kann. Produktivität und Wertschöpfung unserer Industrie und des produzierenden Gewerbes werden hier gerade massiv beschädigt. Mit absehbaren Folgen für den Arbeitsmarkt (bereits im Gange) und den Wohlstand des Landes. Im übrigen, Digitalisierung kostet unter dem Strich massiv Arbeitsplätze, s. u.a. Industrie 4.0. Eine an den Realitäten orientierte, ergebnisoffene, transparente Diskussion über diese Themen ist unter den gegebenen Diskursbedingungen - Medien, Wissenschaften -  in Deutschland nicht mehr möglich.

Stanley Milgram / 08.10.2020

Man wird mit weiteren und immer höheren Steuern das Ersparte des Volkes abgreifen, bis das letzte Tafelsilber versetzt ist. Und dann ist Schluss. Dann kann es nur noch eine unvermeidliche Option geben: Den Untergang. Solange man das in kleinen Schritten macht, wird der Frosch den Topf nicht verlassen, bis er im kochenden Wasser stirbt.

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