Stefan Frank / 24.01.2020 / 16:00 / Foto: Pixabay / 18 / Seite ausdrucken

Der Albtraum philippinischer Hausmädchen in Kuwait

Die 26-jährige Jeanelyn Villavende wurde nach Angaben des kuwaitischen Gesundheitsministeriums am 28. Dezember 2019 getötet. Als Todesursache gab das Ministerium „akuten Herz- und Atemstillstand“ infolge eines Schocks und zahlreicher Verletzungen an. Die Familie Villavendes, die am 30. Dezember von ihrem Tod informiert wurde, hatte seit zwei Monaten nicht mit ihr gesprochen, da es ihr nicht erlaubt war, zu telefonieren. Das Ehepaar, bei dem Villavende gearbeitet hatte, wurde verhaftet. Am 2. Januar hatte das philippinische Arbeitsministerium öffentlich gemacht, dass Villavende sich drei Monate vor ihrem Tod bei der Agentur, die sie vermittelt hatte, über nicht vertragsgemäße Bezahlung beschwert und den Wunsch geäußert hatte, in ihre Heimat zurückzukehren.

Minister Bello begründete das Entsendeverbot damit, dass die kuwaitischen Behörden versucht hätten, die Todesumstände zu „vertuschen“. Der Autopsiebericht des philippinischen National Bureau of Investigation (NBI) zu den sterblichen Überresten von Jeanelyn Villavende stehe in „völligem Gegensatz zu dem Bericht des kuwaitischen Gesundheitsministeriums“. Dieses habe „verschwiegen“, dass Villavende vor ihrem Tod vergewaltigt worden sei; zudem sei bei der Autopsie das „Fehlen einiger innerer Organe“ festgestellt worden.

Als weiteren Grund für das Entsendeverbot nannte Bello, dass mit Kuwait keine Einigung über einen neuen Standardarbeitsvertrag erzielt worden sei. „Im Rahmen der Absichtserklärung sollten wir einen Standardarbeitsvertrag ausarbeiten, um unseren Gastarbeitern einen ausreichenden Schutz zu bieten. Seit fast zwei Jahren diskutieren und debattieren wir, aber bis jetzt haben wir noch nichts finalisiert“, so Bello.

De facto Gefangene

Laut einer Schätzung des philippinischen Außenministeriums leben allein in Kuwait 250.000 philippinische Gastarbeiter, die meisten davon als Haushaltshilfen; auch in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar gibt es zahlreiche Arbeiter von den Philippinen.

Kuwait und andere Golfemirate stehen seit langer Zeit wegen der verbrecherischen Arbeitsbedingungen in der Kritik, denen Gastarbeiter ausgesetzt sind. Nach dem sogenannten Kafala-System (Sponsorensystem) ist der Zuwanderungsstatus eines Wanderarbeitnehmers für die Dauer seiner Vertragslaufzeit gesetzlich an einen einzelnen Arbeitgeber oder Geldgeber (kafeel) gebunden, dem er seinen Pass geben muss. Der Arbeitsmigrant darf nicht in das Land einreisen, den Arbeitsplatz wechseln oder das Land verlassen, ohne zuvor die ausdrückliche schriftliche Genehmigung des kafeel eingeholt zu haben. Oft werden Hausangestellten auch ihre Mobiltelefone abgenommen und ihnen verwehrt, das Haus zu verlassen, sie sind also de facto Gefangene.

Im Februar 2018 hatte der philippinische Präsident Rodrigo Duterte schon einmal ein Verbot ausgesprochen, nachdem die Leiche der 29-jährigen philippinischen Hausangestellten Joanna Demafelis in Kuwait in einer Gefriertruhe gefunden worden war. Sie hatte darin seit mindestens einem Jahr gelegen, ihr Körper wies bei der Autopsie gebrochene Rippen und innere Blutungen auf.

Diplomatische Krise

Dies mündete zwei Monate später in eine diplomatische Krise zwischen beiden Staaten: Kuwait wies den philippinischen Botschafter Renato Villa aus und berief seinen Gesandten aus Manila ab, nachdem über die sozialen Medien im Internet eine geheime Mission des philippinischen Außenministeriums und der philippinischen Botschaft zur Rückholung philippinischer Hausangestellter in Not bekannt geworden war.

Der Konflikt wurde im Mai 2018 beigelegt, nachdem die philippinische Regierung das Entsendeverbot aufgehoben und ein Abkommen mit Kuwait unterzeichnet hatte.

Im Mai 2019 erwog die philippinische Regierung erneut ein Verbot, nachdem die 47-jährige Philippinin Constancia Lago Dayag in einem kuwaitischen Krankenhaus verstorben war. Wie Jeanelyn Villavende wies auch ihr Körper zahlreiche Prellungen und Blutergüsse und Spuren von Vergewaltigung auf.

Im selben Monat berichteten Zeitungen in Europa über den Fall der 26-jährigen philippinischen Hausangestellten Lovely Acosta. Die Familie in Saudi-Arabien, für die Acosta arbeitete, hatte sie an einen Baum gefesselt – wie es hieß, als Strafe dafür, dass sie teure Möbel hatte in der Sonne stehen lassen. Eine Arbeitskollegin Acostas machte ein Foto und verbreitete es über die sozialen Medien, um die Grausamkeit der Familie öffentlich zu machen.

Moderner Sklavenhandel

Im November 2019 brachte eine Undercoverrecherche der arabischen Nachrichtenredaktion der BBC zutage, dass in Kuwait Sklavinnen für Haushaltsdienste in sozialen Netzwerken angeboten und über Smartphone-Apps gehandelt werden. Dieser Schwarzmarkt „boome“, so die BBC. „Fährt man auf den Straßen Kuwaits, wird man keine dieser Frauen sehen“, heißt es in dem Bericht. „Sie sind hinter verschlossenen Türen, ihrer Grundrechte beraubt, können nicht gehen und sind dem Risiko ausgesetzt, an den Höchstbieter verkauft zu werden. Nimmt man ein Smartphone zur Hand, kann man durch tausende Bilder von ihnen scrollen, sortiert nach ‚Rasse‘ und käuflich für ein paar tausend Dollar.“

Vor wenigen Tagen berichteten Medien in Kuwait und den Philippinen vom Fall der philippinischen Haushalthilfe Delia Solomon, die sich in die philippinische Botschaft in Kuwait City geflüchtet hatte. Die englischsprachige kuwaitische Tageszeitung Arab Times schrieb:

„Die philippinische Botschaft in Kuwait steht erneut im Blickpunkt, weil sie Vorschriften in Arbeitsstreitigkeiten gebrochen hat, als sie einem Dienstmädchen aus trivialen und unbedeutenden Gründen die Flucht vor ihrem Sponsor ermöglichte.“

Die einzige Beschwerde der Frau sei gewesen, dass man „sie nicht hat Eier essen lassen“. Delia Solomon selbst stellt den Fall anders dar: Sie habe sich nachts zwei Eier gekocht, da sie großen Hunger gehabt habe, weil sie zum Abendessen nur eine Scheibe Brot bekommen habe. Als sie mit ihrer Herrin habe reden wollen, sei diese wütend geworden und habe sie mit einem Kochtopf schlagen wollen. Zudem hätten ihre Arbeitgeber gedroht, sie in einen Wassertank zu werfen. Sie hätten ihr auch ihre Dokumente und das Ladegerät ihres Mobiltelefons abgenommen, es sei ihr aber gelungen, das Telefon selbst zu verstecken.

Umfassendes Verbot

Laut einem Bericht des US-Außenministers über Menschenhandel untersagen derzeit 20 Staaten – Bangladesch, Bhutan, der Tschad, Äthiopien, Ghana, Guinea, Indonesien, Kenia, Madagaskar, Malawi, Nepal, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Tansania, Togo, Uganda und Simbabwe – ihren Staatbürgerinnen, Anstellungen als Haushaltshilfen in Kuwait anzunehmen, wegen der großen Gefahren, denen vor allem Frauen ausgesetzt sind, die als Gastarbeiterinnen in das Emirat reisen.

Dass nun auch die Philippinnen ein solches Verbot erlassen haben, dürfte die kuwaitischen Firmen, die ausländische Hausangestellte vermitteln, somit hart treffen. Wie Arab Times berichtet, gebe es bei den kuwaitischen Agenturen wegen des philippinischen Entsendeverbots derzeit für 85 Prozent der Stellen für Haushaltshilfen keine Bewerberinnen. Khaled Al-Dakhnan, der Vorsitzende des Verbands der Vermittler von Haushaltshilfen, sagte, in den meisten Agenturen herrsche derzeit Leere, „abgesehen von einigen Bewerberinnen aus Sri Lanka, doch ihre Zahl ist gering und sie sind in fortgeschrittenem Alter (bis zu 40 Jahre alt), was die kuwaitischen Arbeitgeber wohl nicht zufriedenstellen wird.“

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Werner Arning / 24.01.2020

Wo bleibt eigentlich die Empörung seitens der Feministinnen? Sind die Gefahren für Frauen hier nicht nicht doch etwas konkreter als die Gefahren, die ihnen von alten weißen Männern drohen? Und sagt eine der Gastarbeiterinnen in Kuwait : Me too?

Silvia Orlandi / 24.01.2020

Den Arbeitern auf den Baustellen für die WM in Katar geht es genauso. Einzug des Passes, Ghetto Leben, kein Unfallschutz. Zu Gast bei Sklavenhändlern, wäre das passende Motto für die Fußball WM.

Renate Bahl / 24.01.2020

Das wäre doch auch ein Thema für den ARD-Weltspiegel,  eigentlich. Aber das darf natürlich nicht sein, weil man dann der Waffenindustrie, die lukrative Geschäfte mit diesen Staaten machen, Steine in den Weg legen würde. Haltung ist hier natürlich nicht gefragt. Und Begriffe wie Ethik und Moral haben hier überhaupt keinen Stellenwert. Nur Gewinn und Macht spielen die (Haupt)Rolle. Ich bin echt positiv überrascht, wieviee Länder nun ihren Landsleuten das Arbeiten dort untersagen. BRAVO. Auch auf die Gefahr hin, dass mein Post der Zensur zum Opfer fällt: Mit Moslems kann man nicht wie mit normal denkenden, zivilisierten Menschen umgehen!! Und im Jahr 2020 wird noch jedem Deutschen eingehämmert, wie schlecht er doch eigentlich aufgrund des Dritten Reiches ist. Was für eine verlogene Welt. Die Frauen haben mein tiefstes Mitgefühl. Wo bleiben eigentlich hier “unsere” Feministinnen? Das ist doch wohl wesentlich schlimmer als die gehypte mee- too Kampagne!!

Gabriele H. Schulze / 24.01.2020

Fette zugehangene Weiber, olfaktorisch aufdringlich, da gnadenlos parfümiert - wie übrigens auch die Männer - wanken schlachtschiffmäßig durch Godesberg, güldenes Händi zwischen Ohr und Kopftuch geklemmt, lautstark und schrill palavernd. Hinter ihnen trotten kleine philippinische Frauen, die Bälger schiebend und Tüten schleppend. Ist man wo angekommen, müssen die Philippinas mit den herausgeputzten Kindern am Katzentisch sitzen. Die Klappe halten und und auf Direktiven warten. Wie es in der Behausung aussieht? Man kann Übles vermuten.

Wilfried Cremer / 24.01.2020

Ohne die (abendländische) Kultur der Bibel (auch stramme Atheisten haben noch ein Beutelchen, wiewohl es schrumpelt) hätten wir hier auch die Zustände. Schon jetzt. Oder?

Michael Hoffmann / 24.01.2020

Er hätte keine Sklaven gesehen, versicherte bereits vor Jahren eine vertrauenswürdige Lichtgestalt dem deutschen Volk vor laufenden Kameras. Sie verbreiten Fake News, Herr Frank.

Leo Hohensee / 24.01.2020

- “zudem sei bei der Autopsie das „Fehlen einiger innerer Organe“ festgestellt worden.” - Alles mit dem Segen Allahs und Mohameds seinem Propheten ?? Wenn diese Araber doch so hochnotgläubig sind dann müssten doch bei solchen Verbrechen ihre Potentaten und Rechtsgelehrten ohne Ansicht von Person und Stellung gegen die Verbrecher vorgehen ?! Vertuschen – vor Allahs Augen (?) muss doch in die Verdammnis führen, oder ? Werden in diesen Ländern nicht noch Strafen vollzogen wie “steinigen, Hand abhacken usw”?  Wird über soetwas in deutschen Medien überhaupt berichtet oder ist hier alles nur noch Greta ??

Frank Bugaisky / 24.01.2020

Ich hoffe ich erlebe noch das Ende der Ölforderung in diesen arabischen Staaten - wäre schön zu sehen ,wie die Bevölkerung zurück in ihre Beduinenzelte kriechen.

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