Georg Etscheit / 04.06.2022 / 14:00 / Foto: Pixabay / 37 / Seite ausdrucken

Das Deutschlandlied im internationalen Vergleich

Gerade wurde das Land Niger zu Unrecht für seine Interpretation des Deutschlandliedes verunglimpft. Und überhaupt: Während andere Nationen bis heute vom Säbelrasseln singen, hat unsere Hymne einen durch und durch friedlichen Text.

Als Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst auf Rohstoff-Einkaufstour durch Afrika war, besuchte er auch den Staat Niger, eines der ärmsten Länder der Welt, aber reich an Erdgas, Erdöl, Kohle und allerlei seltenen Erden. Am Bestimmungsort wurde der deutsche Regierungschef protokollgemäß mit dem Abspielen der deutschen Nationalhymne begrüßt. Das Ereignis verbreitete sich blitzschnell im Internet, weil die Militärmusiker aus Niger eine etwas eigenwillige Version des Deutschlandliedes dargeboten hatten. In hämischen Kommentaren wurden daraufhin völlig unsachliche Vergleiche zwischen der nigrischen Version der deutschen Nationalhymne und dem augenblicklichen Zustand unseres Landes und der sie regierenden Ampelkoalition gezogen.

Putin musste leiden

Dass auch Russlands Präsident Wladimir Putin, der ja indirekt für den desaströsen Empfang in Niger verantwortlich war, selbst einmal auf ähnliche Weise mit musikalischen Ehren traktiert wurde, ist gewiss nur ein schwacher Trost. Vielleicht sollte Kulturstaatsministerin Claudia Roth, seit ihren Zeiten als Managerin der Politrockband Ton Steine Scherben Spezialistin für schräge Töne aller Art, darüber nachdenken, ob man wichtigen Handelspartnern wie Niger nicht brüderliche Hilfe in Form einer Unterweisung in der korrekten Ausübung von Militärmusik geben sollte.

Nicht auszudenken übrigens, sollte dem westafrikanischen Land in Deutschland ähnliches widerfahren, weil Besuche eines Staatsoberhauptes von Niger in Berlin ja eher seltene Ereignisse sind und unsere Jungs die Hymne des Landes vielleicht nicht „drauf“ haben. Dann würde es Kritik hageln, der Militärmusikdienst der Bundeswehr (MilMusDstBw) mit seinen 15 Truppenteilen, darunter das für den protokollarischen Ehrendienst zuständige Stabsmusikkorps der Bundeswehr in Berlin, würde rassistischer oder neokolonialistischer Umtriebe bezichtigt und der frisch ernannte Leiter des MilMusDstBw sowie des Zentrums für Militärmusik der Bundeswehr (ZMilMusBw), ein gewisser Oberst Thomas Klinkhammer, müsste wohl seinen Hut nehmen. Wenn der Skandal nicht sogar die angeschlagene Bundesfeldhaubitze Christine Lambrecht aus dem Amt fegen würde.

Früher nannte man so etwas Kitsch

In Folge des Ukrainekriegs ist das Abspielen oder Absingen von Nationalhymnen wieder in Mode gekommen. Die Renaissance hat zwar das Deutschlandlied noch nicht ganz erreicht, doch hört man jetzt auch in Konzertsälen häufiger die Hymne der gerade von Russland attackierten osteuropäischen Nation. Ein „besonders eindrucksvolles Statement“ dieser Art war laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) dem gebürtigen Leningrader Dirigenten Semyon Bychkov gelungen, der schon 1975 in die USA emigrierte. Bychkov ließ die Hymne schon am Tag des Kriegsbeginns von der Tschechischen Philharmonie in Prag „in einer sinfonisch gesteigerten Fassung mit Chor und vollem Orchester“ spielen.

Seither gab es zahlreiche weitere Statements dieser Art, etwa vonseiten des ebenfalls in Russland geborenen Dirigenten Vladimir Jurowsky. Der Musikchef der Bayerischen Staatsoper ließ die Hymne in der Berliner Philharmonie anstelle von Peter Tschaikowskys „Slawischem Marsch“ erklingen. Bei einem Gastspiel des City of Birmingham Symphony Orchestra in der Münchner Isarphilharmonie unter Leitung der gebürtigen Litauerin Mirga Gražinytė-Tyla blieb der russische Programmpunkt, Tschaikowskys erstes Klavierkonzert, zwar bestehen, wurde jedoch mit dem ukrainischen Kinderlied „Ein Entlein schwimmt im Teich“ geframt. „Das Orchester steht und summt, schafft einen leuchtenden Klangraum, in den hinein Gražinytė-Tyla hell, rein und licht den Solopart singt und Gabriela Montero Klavier spielt“, notierte ergriffen der Rezensent der Süddeutschen Zeitung. Früher nannte man so etwas Kitsch.

Blutige Hymne

Wie gut übrigens, dass niemand den Text der ukrainischen Hymne kennt, der nämlich ziemlich blutrünstig daherkommt. Die ersten beiden Strophen lauten: „Ruhm und Wille der Ukraine sind noch nicht tot / das Schicksal wird uns zulächeln, junge Brüder/unsere Feinde werden wie Tau in der Sonne zugrunde gehen / wir, Brüder, werden im eigenen Lande herrschen. (Refrain): Seele und Leib werden wir für unsere Freiheit opfern,
und wir werden zeigen, Brüder, dass wir zum Kosakengeschlecht gehören.“

Und weiter: „Brüder, stehen wir auf für eine blutige Schlacht vom San bis zum Don /
wir werden niemandem erlauben, in unserem Heimatland zu herrschen / das Schwarze Meer wird immer noch lächeln und Großvater Dnjepr sich freuen / unserer Ukraine wird das Schicksal wieder gnädig sein.“

Mit Donkosaken-Folklore aus seligen Zeiten der Sowjetunion hat das wenig zu tun. Aber man darf nicht ungerecht sein. Auch die Marseillaise, die französische Nationalhymne, hat es in sich. Schon die erste Strophe könnte aus dem Soundtrack eines Splattermovies stammen: „Auf, Kinder des Vaterlandes / Der Tag des Ruhmes ist gekommen! / Gegen uns ist der Tyrannei / Blutiges Banner erhoben / Hört ihr auf den Feldern / Diese wilden Soldaten brüllen? / Sie kommen bis in eure Arme / Um euren Söhnen, euren Gefährtinnen die Kehlen durchzuschneiden. (Refrain): Zu den Waffen, Bürger/Formiert eure Truppen / Marschieren wir, marschieren wir! / Unreines Blut / Tränke unsere Furchen!“

Von der Hymne der so friedliebenden Vereinigten Staaten von Amerika wird bei offiziellen Anlässen nur die erste Strophe gesungen, weil vor allem die dritte und vierte Strophe vom einstigen Hass des US-Kolonialisten auf die Briten getränkt ist:

„Und wo ist die Gruppe / die sich rühmend geschworen / dass die Verwüstung des Kriegs / und die Wirren der Schlacht / ein Heim und ein Land / nimmermehr uns lassen sollten? / Ihr Blut hat schon ausgewaschen / die Verunreinigung ihrer stinkenden Fußstapfen / Keine Zuflucht konnte retten / die Söldlinge und Sklaven / vor dem Schrecken der Flucht / oder dem Dunkel des Grabes. / Und das sternenbesetzte Banner / wird im Triumph wehen / Über dem Land der Freien / und der Heimat der Tapferen!“

Wie friedlich ist im Vergleich dazu doch das gute, alte Deutschlandlied: Selbst in der vollständigen Version keine Spur von blutigem Schlachtengetümmel, dafür ein Preisgesang edelster, menschlicher Tugenden, gewürzt, notabene, mit ein wenig nationalem Überschwang. Doch selbst die berüchtigte, heute nicht mehr gesungene Zeile „Deutschland, Deutschland, über alles“ war laut Wikipedia eine Aufforderung an die Hörer, „die Einheit Deutschlands höher zu schätzen als die Fürsten der zahlreichen Einzelstaaten des damaligen Deutschen Bundes“. Da diese bei einer tatsächlichen Einigung Deutschlands an den Rand gerückt würden, sei die Zeile ein Beleg für den Liberalismus des Verfassers. Und eben keine Ankündigung imperialistischer Eroberungen. Auch die Tatsache, dass die Nazis statt des Deutschlandliedes ihre Parteihymne, das Horst-Wessel-Lied, bevorzugten, spricht für eine längst überfällige, vollständige Rehabilitierung der deutschen Nationalhymne.  

Warum nicht auch mit Tschingderassabum?

Es wäre also an der Zeit, alle drei Strophen unseres Deutschlandliedes auf die erhabene Melodie von Joseph Haydn wieder zu Ehren kommen zu lassen. Dafür wären nur geringfügige Änderungen im Wortlaut nötig. So könnte man der geographischen Schrumpfung des Landes infolge der Niederlage im Zeiten Weltkrieg mit folgender Aktualisierung Rechnung tragen: „Von der Ahr bis an die Oder, vom Bodensee bis an den Belt“ – und weiter unten könnte man das Männer, Homos und Transgender diskriminierende „deutsche Frauen“ unschwer durch „deutsche Menschen“ ersetzen.

Fertig wäre die Laube, in der sich sicher auch die Grünen wohlfühlen würden. Auch wenn das heutige Grünen-Schwergewicht Ricarda Lang noch 2018 als Vorsitzende der grünen Jugendorganisation heftig dagegen protestierte, dass Annalena Baerbock und Robert Habeck eine angeblich allzu patriotisch konnotierte Sommerreise zu Orten wie dem Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald unter das dem Deutschlandlied entlehnten Motto „Des Glückes Unterpfand“ gestellt hatten, ist doch mittlerweile so viel Wasser Ahr und Oder hinabgeflossen, dass einem grundsätzlichen Umdenken nichts mehr im Wege stehen dürfte. Es ging doch schon mit schwerem Bumbum, warum nicht auch mit Tschingderassabum!

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armin_ulrich / 04.06.2022

Ich bin dafür, daß “Der Gott, der EIsen wachsen ließ” unsere Nationalhymne wird.

Patrick Meiser / 04.06.2022

Na ja, die nigrische Kapelle hat sich Mühe gegeben, wird wohl an den Instrumenten oder Notenblättern gelegen haben. Gegen die Darbietung dieser S. Connor vor Jahren anläßlich eines Fußballspiels war die performte Hymne durch diese Kapelle unterm Strich auch nicht schlimmer. Und was den Besuch von Baerbock u Habeck am Hermannsdenkmahl anbelangt, so war dies rückblickend betrachtet nachgerade eine Beleidigung des tapferen Arminius. Zu diesen Zeiten wären beide vermutlich nicht einmal 20 geworden; wer mit Deutschland nichts anfangen kann, den hätte man damals einen Kopf kürzer gemacht, genau so wäre man mit AB verfahren (”....laßt uns gemeinsam dieses Europa verenden”). Für Dummschwätzer u. Feiglinge war zu jenen Zeiten eben wenig Platz.

Bertram Axmann / 04.06.2022

Ich oute mich gerne: ich liebe unser Deutschland-Lied! Zunächst steht natürlich die Musik. Welches Land kann schon einen so großen Komponisten wie Joseph Haydn vorweisen? Ich kenne keine andere Nation auf unserem Planeten. Und bitte… bitte sagen Sie nun nichts zu ‚Österreich‘ und ‚Deutschland‘. Das hatten wir in der Geschichte viel zu oft. Zum Text: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben hat die Strophen aus Sicht der damaligen Zeit geschrieben. Ja, da war man noch ‚romantisch’ stolz und positiv, was eine Deutsche Nation bewirken und zusammenhalten kann. Die Geschichte hat uns leider eines ‚Besseren‘ belehrt, wobei Deutschland diese Geschichte in schrecklicher Art und Weise dann selbst ‚gestaltet‘ hat. Ich meine, dass wir alle Deutsche, woher wir auch kommen und wohin wir auch gehen mögen, dieses Lied in unser Herz schließen sollten. Bitte glauben Sie mir: Es gibt keine bessere Hymne, weder musikalisch, noch textlich.

Daniel Oehler / 04.06.2022

Die Melodie der deutschen Nationalhymne wurde ganz schäbig den Österreichern geklaut. Im Original heißt es : Gott erhalte Franz, den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz. Wenn die grüne Politsekte aus dem Bundestag fliegt kann man auf eine im Osten bekannte Hymne zurückgreifen : Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt

Roland Müller / 04.06.2022

@Mariangela Zaby Die Fratelli D’Italia ist kurz vor dem zweiten Unabhängigkeitskrieg gegen den Vatikan entstanden und ist dem entsprechend eine Kampfansage an jeden, der die Unabhängigkeit vom heutigen Italien in Frage stellen will. In Italien hält man bis auf wenige Ausnahmen von den Vereinigten Staaten von Europa nichts, weil ein Land, das durch drei Unabhängigkeitskriege entstanden ist, allergisch auf jede Fremdbestimmung aus der Ferne reagiert. Für die Italiener sind die Vereinigten Staaten von Europa Verrat an den Vorfahren, die die Unabhängigkeit erkämpft haben.

Roland Müller / 04.06.2022

In der Nationalhymne unserer französischen Nachbarn kommt der Satz vor: “Lasst uns mit ihrem Blut die Felder düngen.” Hört sich überaus zeitgemäß an, oder? Übrigens ist die Gegend zwischen der Maas und der Memel immer noch deutschsprachig und die Universität in Kaliningrad wurde von den “bösen Russen” nach dem deutschen Philosophen Immanuel Kant benannt, weil man die deutschsprachige ostpreußische Tradition pflegen will.

Jochen Grünhagen / 04.06.2022

Ich kann mir nicht helfen, aber der Auftritt unseres sogenannten Bundeskanzlers, Schulz, Schmidt,  Schröder, nee jetzt hab ichs,  Scholz ist definitiv peinlicher als die Variation unserer Nationalhymne.

Gerd Maar / 04.06.2022

Und dazu sollte man ein paar schöne deutsche Bevölkerungslieder singen.

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