Annette Heinisch / 20.05.2020 / 16:00 / Foto: Pixabay / 11 / Seite ausdrucken

„Coronomics“: Unsere Wirtschaft nach Corona

Coronomics“ ist der Titel des neu erschienenen Buches des Makroökonomen und „Spiegel“-Bestseller-Autors Dr. Daniel Stelter, der das Diskussionsforum „beyond the obvious“ betreibt und mit einem gleichnamigen Podcast jeden Sonntag auf Sendung geht.

Der Begriff „Coronomics“ setzt sich zusammen aus „Corona“ und „Economics“ und beschreibt damit das Thema des Buches: Die gravierenden wirtschaftlichen Folgen des Corona-Schocks. Diese werden nach Ansicht Stelters eine neue Ära der Wirtschaftspolitik einleiten, die das folgende Jahrzehnt prägen wird.

„Deutschland steht vor einer existenziellen Weichenstellung und die Gefahr ist groß, dass die Weichen in die falsche Richtung gestellt werden und dass wir weiterhin – und noch mehr als in den letzten Jahren – das tun, was künftigen Wohlstand mindert, statt ihn zu erhöhen“, so Stelters Einschätzung.

Er zieht zunächst eine kritische Bilanz der letzten zehn Jahre und setzt sich grundsätzlich mit dem Euro und der EU auseinander. Nicht guter Politik hätten wir den Wohlstand der letzten Dekade zu verdanken, sondern externen Faktoren. Der Euro habe nicht zu einer größeren Konvergenz der teilnehmenden EU-Staaten geführt, sondern zu einer verstärkten Divergenz, und die EU sei dringend reformbedürftig.

Das Wissen der Bürger ist dürftig

Wie schon zuvor in seinem Buch „Das Märchen vom reichen Land“ räumt er auf mit der in Deutschland weit verbreiteten Wohlstandsillusion; vielmehr sei Deutschland auf Verschleiß gefahren worden. Die Deutschen hätten zudem deutlich weniger Vermögen als Italiener oder viele andere europäische Bürger. Er lässt keinen Zweifel daran, dass die Politik dafür verantwortlich sei, weil sie Symbolpolitik statt Ursachenbekämpfung betreibe, dies sei allerdings im Kontext der gesellschaftlichen Stimmung zu sehen. Politiker würden, um (wieder)gewählt zu werden, entsprechend den vermuteten Wünschen der Mehrheit der Bürger handeln. Die Politik sei damit als Getriebene der öffentlichen Meinung unwillig und unfähig gewesen, sich dieser mit Blick auf die mittel- bis langfristigen Folgen entgegenzustellen. Ein Musterbeispiel für populistische, nur an kurzfristigen Stimmungen ausgerichtete Politik sei die Energiewende.

Dabei sei das Verständnis politischer und wirtschaftlicher Zusammenhänge in der Bevölkerung unzureichend, wie Umfragen ergaben. „Nicht genug, dass das Wissen der Bürger dürftig war, es stand auch noch in einem eklatanten Widerspruch zur Selbstwahrnehmung“ – denn die Mehrheit glaube, sie könne wichtige politische Zusammenhänge gut verstehen und einschätzen.

Bereits vor der Corona-Pandemie sei die Weltwirtschaft am Schwächeln gewesen, Deutschland sei nur knapp an einer Rezession vorbeigeschlittert. Deshalb müsse die Politik auf irgendeine Weise Wachstum erzeugen, ideales Mittel sei der Kampf gegen den Klimawandel. Da wir keinen Krieg haben, in welchem Vermögenswerte zerstört werden, müssen diese auf andere Weise vernichtet werden, um durch Neuaufbau Wachstum generieren zu können. Dazu werde die Klimapolitik mit ihren Werte vernichtenden Folgen eingesetzt.

Unorthodoxe, aber zu Ende gedachte Lösungsvorschläge

Aufgrund der enormen Schulden, die wegen der Corona-Pandemie zusätzlich zu den schon zuvor bestehenden von den Staaten aufgenommen werden müssen, sei der nächste logische Schritt deren Monetarisierung. Stelters Rat: Mitmachen – aber intelligent! Wenn man sich nicht erfolgreich gegen das Vorgehen der EU beziehungsweise der Euro-Gruppe wehren kann, dann sollte man zumindest versuchen, für sich selbst das beste herauszuholen. Zugleich müsse aber ein neues Denken Einzug halten mit einem Programm, dass die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft und der Gesellschaft stärkt und die Grundlagen für künftigen Wohlstand sichert. Dazu macht Stelter eine Vielzahl sehr konkreter Vorschläge.

Angesichts der aufkommenden Forderungen nach Vermögensabgaben, der staatlichen Beteiligung an Unternehmen, die öffentliche Kredite in Anspruch nehmen müssen und vieles mehr, gehe der Zug eher in Richtung Sozialismus. Stelter ist insoweit skeptisch, ob die Politik überhaupt anders kann. Bekanntlich sei für denjenigen, der nur einen Hammer hat, jedes Problem ein Nagel.

Das Buch von Stelter zeigt ein umsetzbares Programm auf, wie nicht nur die Krise, sondern auch die Zukunft gemeistert werden kann. Es ist eine unverzichtbare Lektüre für alle, insbesondere auch für diejenigen, für die Alternativlosigkeit in der Politik ein Zeichen von Inkompetenz darstellt. Es ist leicht zu lesen, enthält dabei eine Fülle interessanter Informationen und unorthodoxe, aber zu Ende gedachte Lösungsvorschläge. Ich kann es nur wärmstens empfehlen.

Coronomics. Nach dem Corona-Schock: Neustart aus der Krise“ von Dr. Daniel Stelter, 2020, Campus: Frankfurt am Main, hier bestellbar.

Foto: Pixabay

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Rolf Lindner / 20.05.2020

Es gab früher schon Autoren von unorthodoxen, zu Ende gedachten Ideen darüber, wie die Zukunft gemeistert werden könnte: Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Iljitsch Uljanow. Eine nicht enden wollende Geschichte von Ideen. Davon haben wir eine reichlich lange Liste.

giesemann gerhard / 20.05.2020

Die Krise derzeit ist also letzten Endes ein Absatzproblem (“Neuzulassungen von PKW brechen um 90% ein”). Sehe ich genauso. Laptops oder Desktops kosten so gut wie nichts, DAS kann niemals ein Problem sein. Home-Office löst kein einziges Absatzproblem, sondern schont allenfalls die Umwelt, weil die Leute nicht jeden Tag auf Maloche fahren. Jeder Sonntag in München und anderswo hat lange schon vor Corona gezeigt: Wir haben kein Verkehrsproblem, sondern lediglich ein Berufsverkehrsproblem - jetzt auch teilweise die Woche über sichtbar. (Mir persönlich ist es aber immer noch zu viel ...). Im Sozialismus hat jeder jede Menge Geld, kann aber nichts dafür kaufen, weil keiner was tut. Im Kapitalismus gibt es alles in Hülle und Fülle, aber lange nicht jeder hat das Geld, um sich das Zeugs auch zu kaufen. Fazit: Die beste Wirtschaftsform ist die des Kapital-Sozialismus- jeder kann sich den Überfluss auch tatsächlich leisten und kaufen. Das ist weit leichter zu organisieren als schieren Mangel zu verwalten (DDR, Venezuela etc.). Industrie 4.0 wird dabei hilfreich sein, es kann auch zu Arbeitszeitverkürzungen kommen - nicht das Schlechteste. Die Wirtschaft hat die Aufgabe, die Leute mit den notwendigen Gütern und Dienstleistungen zu versorgen - genau das kann der Sozialismus nicht. Weil keiner was lernt, keiner was kann, nirgends know-how, folglich geschieht nichts. Vielleicht lehrt uns Corona hier ein wenig Mores. Corona hat geholfen, bitt‘ pfür uns, Amen. Wenn das - also ein Kapital-Sozialismus* - so kömmt, dann rutsche ich persönlich auf den Knien nach Alt-Ötting und zünde dort ein paar Kerzen an. *Manche nennen das auch schlicht “soziale Marktwirtschaft” mit dem Slogan “Wohlstand für alle” nach Ludwig Erhard. Wichtig: Die anderen da draußen müssen auch sowas machen - hier reindrängeln und sozialistisch nichts lernen, nichts tun, nichts können, nichts als Kindermachen - das geht nicht. Die USA, EU-Europa, Japan, AUS/NZ, WIR können das, wenn wir wollen. Usw.

Franz Klar / 20.05.2020

Stelters Analyse : Saufen ist ungesund ! Stelters Rat : mitsaufen , aber intelligent ! ? Sorry , aber solche Ratgeber sind mehr als flüssig .... .

Wilfried Cremer / 20.05.2020

Das Neue unter Merkel ist die dicke Eintracht unter Politik und Medien. Das Ungetüm verschlingt die öffentliche Einzelmeinung - wenn es nicht die Broderbande gäbe.

Heiko Engel / 20.05.2020

Da Michel mehr als offensichtlich zu dämlich ist, gibt es mal wieder eine vor den Latz. Da kennt er sich aus. 15 Jahre Wirtschaftswunder ala Merkel auf Pump, die Sozialkassen implodieren, die Staatsquote bei über 50 Prozent, die Staats - und Privatschulden explodieren. Jeder zweite Arbeitsplatz ist direkt vom Staat abhängig. Die Zahlungsunfähigkeit des Staates rückt näher; merkt nur der „BeFiMin“ ( beste Finanzminister aller Zeiten ) nicht. Der Deutsche lebt auf Kosten anderer bis die Schwarte kracht. Der Wirtschaftstsunami lugt schon um die nächste Ecke. Michel bescheinigt dieser Regierung 63 % Zustimmung. Die Milliardäre sind längst im Ausland. Und ich frage mich ständig warum es noch so ruhig ist; bei der deutschen Verblödungsquote müsste Michel nur noch schreien. Aber…läuft. Fragt sich nur noch für WEN ?

Rupert Reiger / 20.05.2020

Der Griff der politischen Neider nach der Wirtschaft: Es bleibt ein Rätsel, wie jemand glauben kann, man kann die Millionen guter Egoismen einer Volkswirtschaft durch ein Dutzend Politbüroköpfe ersetzen, die keine Wüstlbude führen könnten. Der Bäcker verkauft nun mal Brot, nicht weil er den Käufer so gerne hat, sondern weil er was davon hat. Das ist die Triebkraft von Millionen Menschen. Ein Grund ist Neid, nach dem Motto, Gespräch wie gehört, der eine: „Wenn wir mal das sagen haben, dann fährst du keinen Mercedes mehr“, der andere: „Dann fährst du auch keinen Opel mehr sondern auch einen Trabant“, der eine wieder: „ja aber du fällst tiefer“. Sowas ist auch erstaunlich stabil, wie wir in Venezuela sehen. Da aus Verlogenheit Neid als Argument nie auf den Tisch kommt, sind es Ersatzargumente wie das gutmenschliche Klima; diese Generallüge definiert den Gutmenschen, vor allem im Neiderland par excellence, dem einstmals reichen Deutschland von heute. Man darf den Neid derjenigen ohne wirtschaftliche Schaffenskraft, egal ob blöd oder universitär-intelligent, nicht unterschätzen. Die letzteren sind übrigens gerne die schlimmsten Neider, da sie sich als so intelligent sehen, aber weniger verdienen als der mittelständige Unternehmer. ... lest mal wieder Nietzsche ... oder ... Leute, seht euch mal einen Film über Schimpansen an !!!!!!!

Wolfgang Kaufmann / 20.05.2020

Im Übrigen zeichnen sich derzeit drei potentielle Kriegsherde ab: Venezuela, Iran, China. Dann werden die Europäer und auch die Deutschen gezwungen sein, Farbe zu bekennen. Business as Usual mit Schurkenstaaten führt letztlich nur dazu, selbst auf deren Niveau zurückzufallen. – Wenn wir Pech haben, werden wir an unserem großmäuligen Antiamerikanismus noch ersticken. Und dann wird die Medienclique um Stern, Spiegel und andere SPD-Organe von Hetze nichts wissen wollen.

Gerd Heinzelmann / 20.05.2020

Es fällt mir schwer zu kommentieren, weil ich Sie für so attraktiv und intelligent halte. Dann muß ich das Buch wohl lesen. MfG

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