Stefan Frank / 31.07.2018 / 06:25 / Foto: Rama / 36 / Seite ausdrucken

Billigere Arzneien? Trump-Schizos verzweifelt

Hat Donald Trump der deutschen Pharmaindustrie den Krieg erklärt, gefährdet er womöglich gar die Forschung nach neuen Arzneien? Ein Artikel der Deutschen Presseagentur (DPA), den „Spiegel online“ und „Focus online“ – mit leicht unterschiedlicher redaktioneller Bearbeitung  – veröffentlicht haben, legt dies den Lesern nahe. „Deutsche Pharmakonzerne beugen sich Trump“, titelt „Spiegel online“; „Focus online“ legt noch eins drauf: „Deutsche Pharmariesen buckeln vor Trump – für Patienten kann das gefährlich werden“.

Von DPA im Wortlaut übernommen haben beide, dass deutsche Pharmakonzerne „nach harscher Kritik von US-Präsident Donald Trump an hohen Medikamentenpreisen in den USA“ ... „jetzt Zugeständnisse“ gemacht hätten. „Sie folgen einer Reihe von internationalen Branchen-Schwergewichten, die auf Preiserhöhungen in Amerika verzichten.“ 

Sind also doch nicht nur deutsche Pillendreher betroffen? Tatsächlich geht aus dem Artikel – anders als aus der Überschrift – hervor, auch andere Firmen hätten „Zugeständnisse“ gemacht. Genannt werden etwa die Schweizer Unternehmen Roche und Novartis sowie der amerikanische Konzern Pfizer. „Focus online“ begründet die ausbleibenden Preiserhöhungen der Unternehmen so: Es gehe darum, „Trump nicht zu provozieren“. Dann könnte er also einen wichtigen politischen Erfolg verbuchen? Wird in der deutschen Presse doch mal ein gutes Haar an Trumps Politik gelassen? Nicht doch:

„Was für Patienten zunächst eine gute Nachricht ist, kann langfristig jedoch auch Risiken für die Entwicklung neuer Arzneien bergen, fürchten Experten.

Einst „Profitgier“, jetzt Überlebensfrage

Niedrigere Profitmargen nämlich könnten dazu führen, dass weniger in Forschung investiert werde. Das ist eine überraschende Erkenntnis, wenn man weiß, was sowohl „Focus“ als auch „Spiegel online“ in den letzten Jahren zum Thema Medikamentenpreise geschrieben haben. So hat  „Focus online“ in der Vergangenheit immer wieder die „Profitgier“ „vieler Pharmaunternehmen“ angeprangert. „Börsennotierte Konzerne wie Roche  und Novartis“ würden „mit allen Mitteln versuchen, für ihre Medikamente überzogene Preise durch[zu]ziehen“.

In einem anderen Beitrag machte „Focus online“ gar die „Hochpreispolitik der Pharmakonzerne“ dafür „mitverantwortlich“, dass Krebspatienten in Osteuropa im „Vergleich zu Westeuropa“ „geringere Überlebenschance“ hätten. Die Überschrift war noch etwas plakativer: „Sie spielen mit dem Leben der Patienten. Pharmakonzerne sind schuld: Reiche Krebspatienten haben bessere Chancen“. Jetzt aber wirft „Focus online“ denselben Konzernen vor, aus Angst vor Trump auf angeblich dringend nötige Preisanhebungen zu verzichten.

Ebenso der „Spiegel“. Als der amerikanische Pharmakonzern Gilead Sciences vor einigen Jahren eine revolutionäre neue Hepatitis-C-Therapie auf den Markt brachte, veranlasste das „Spiegel online“, im Stile mittelalterlicher Mönche eine moralische Untersuchung durchzuführen, ob der Preis der Arznei namens Sovaldi „gerecht“ sei: „Münchhausen-Check: Was darf ein lebensrettendes Medikament kosten?“ Das Ergebnis: „Der hohe Preis von Sovaldi ist ungerecht: Die Hepatitis-C-Infizierten – jedes Jahr sterben 500.000 Menschen an den Folgen – befinden sich in einer Notlage, die Gilead ausnutzt. Die Firma könnte deutlich billiger anbieten und dabei immer noch einen angemessenen Gewinn erzielen.“

Trump kann’s einfach nicht recht machen

Fassen wir zusammen: Können Pharmakonzerne selbst entscheiden, welche Preise sie für ihre Medikamente verlangen, wird das als unmoralisch gegeißelt, wird ihnen sogar indirekt der Vorwurf gemacht, sie würden den Tod von Menschen aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus in Kauf nehmen. Redet aber US-Präsident Trump ihnen ins Gewissen und bittet sie, eine Zeitlang auf Preiserhöhungen zu verzichten, dann ist das auch nicht recht. Der von „Spiegel online“ und „Focus online“ veröffentlichte DPA-Artikel endet mit der eindringlichen Warnung eines „Analysten bei der Privatbank M.M. Warburg“, der sich vor zu niedrigen Medikamentenpreisen in den USA fürchtet: „Im schlimmsten Fall könnten Pharmakonzerne die Forschung an neuen Mitteln auf den Prüfstand stellen. Das wäre nicht im Sinne von Patienten."

Würde Trump sich mit hohen Medikamentenpreisen abfinden, würde man ihm zum Vorwurf machen, ein Büttel der Pharmaindustrie zu sein; stattdessen wirft man ihm nun vor, den Pharmakonzernen kein Geld mehr für die Forschung zu lassen. Er kann es einfach niemandem recht machen. Wie die Amerikaner sagen: Damned if you do, damned if you don’t.

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Leserpost

netiquette:

Gabriele Klein / 31.07.2018

habe schon längst aufgehört auch nur einen Cent für deutsche Medien auszugeben (Ausnahme Achgut)  und empfehle dies allen die diese Zeilen lesen.  Ich empfehle zum Thema Pharma und Forschung in Amerika u. zur Haltung von Trump’s diesbezüglich das Werk von Newt Gingrich zu lesen, es ist trotz seiner Breite tiefgründig und schlichtweg brillant.  Ich konnte beide Bücher fast nicht weglegen, weil die Probleme die er beschreibt und analysiert wie maßgeschneidert in unser Land passen, es war als hätte ich in einen Spiegel geblickt .  Der deutsche Leser der diese Bücher liest wird erschüttert und entsetzt sein wenn er das Treibens der deutschen Regierung mit der Politik und Suche nach Lösungen seitens des Weißen Hauses vergleicht. Hier die beiden Titel:  Understanding Trump und Trump’s America es sind alles beides Bücher, die sich durchaus auf der Leseliste meiner einstigen linksliberalen Lehrer gefunden hätten, denn diese lehnten, wie Trump,  einen übermächtigen, seine Macht mißbrauchenden Staat ab,  .....  Allerdings wird etwa seit dem Fall der Mauer, alles was nicht in die einstige DDR Mantra passt als faschistisch mit Hilfe von AGITPROP Methoden bekämpft . Es sei mir daher die Vermutung erlaubt: Nach Glasnost wurde die Propaganda des Ostens zum Mainstream des Westens Tendenz ab 1990 steigend ....... Nach Bereinigung der eigenen Reihen seitens Gorbi strömten die SED Hofschranzen und 5 Jahres Planer die Stasi im Gefolge vermutlich zu neuen Ufern gen West um sich dort hochzuschleimen um sodann die Medienlandschaft wie einst hinter dem Eisernen Vorhang zu manipulieren. Vor diesem Hintergrund bedaure ich den Fall der Mauer zutiefst.  Nur die DDR Widerstandskämpfer hätte man nehmen und fördern sollen und den Rest belassen wo er war .

Mike Loewe / 31.07.2018

Danke für diesen Artikel. Gerne mehr davon! Es wäre eine dankbare Aufgabe, mit einer Presseschau der besonderen Art der Presse regelmäßig ihre Widersprüche um die Ohren zu hauen. Die Art von Journalismus in den Mainstream-Medien ist einfach widerwärtig. Ständig tun diese Würstchen von Schreiberlingen so als ob sie klüger wären als Präsidenten, Unternehmensvorstände und Wissenschaftler, indem sie sogenannte “Berichte” mit ihrem Meinungsmüll verunreinigen und mit überflüssigen Worten aufblähen. Wirkliche Berichte, die sich einfach darauf beschränken würden, die Sachverhalte des Tages wertfrei darzustellen, wären nicht nur wertvoller, sondern auch viel kürzer und damit auch viel schneller zu lesen.

Klaus Klinner / 31.07.2018

Wenn sich deutsche Politiker so für deutsche Menschen einsetzen würden, wie Trump in den Staaten, könnte ich direkt darüber nachdenken wieder wählen zu gehen.

Meier-bergfeld / 31.07.2018

obsequum amicus , veritas odium parit. Prof. PMB

Dr.Otto Auburger / 31.07.2018

@Frank Mora : Herzlichen Dank für Ihren Leserbrief. “Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC hat der chinesische Lieferant seine Produktion bereits 2012 umgestellt, möglicherweise um die Effizienz zu steigern und eine höhere Ausbeute zu erreichen. Mit anderen Worten: Seit sechs Jahren könnte hierzulande verunreinigte und potenziell gesundheitsgefährdende Ware auf dem Markt sein. Offiziell äußern wollten sich die Behörden dazu auf Nachfrage nicht: Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) verwies auf das laufende Verfahren, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf die Zuständigkeit der Länderbehörden. Ende der Durchsage” Das Behördenverhalten ist ( ebenso wie das der kranken Kassen am Beispiel Impfung gezeigte )  typisch.  Nochmals Danke für den Leserbrief - habe offenbar seit meinem Ruhestand doch ein wenig ein Informationsdefizit. Werde dagegen vorgehen müssen, schwierig, wenn man dem Mainstream sowenig mehr vertrauen kann.

Eduard Grabherr / 31.07.2018

Hätten Maduro in Venezuela oder Ortega in Nicaragua nur annähernd Ähnliches erreicht, unsere linke Presse würde sie als Helden feiern. Menschenrechte hin, Menschenrechte her.

Gudrun Meyer / 31.07.2018

Trump kann machen, was er will, richtig ist es nie. Wenn unsere Medien ihm einzelne berechtigte Vorwürfe machen, lässt sich das innerhalb der üblichen Qualitätsbrüllereien kaum noch erkennen. Er ist so etwas wie das karikaturhaft überspitzte Feindbild unserer “Intellektuellen “, das zum großen Zorn dt. Leitmedien dann auch noch Erfolge verzeichnen kann, wo unsere Journokraten und die von ihnen abängige Regierung versagen. Die Erfolge und die weitgehende Einhaltung seiner Wahlversprechen sind längst das, was die politischen und medialen Herrscher am meisten stört. Sollte Trump z.B. etwas für die Artenvielfalt in einem Feuchtgebiet tun, werden SPon etc. ihm vorwerfen, er züchte Malariamücken, um die Bevölkerung armer Länder umzubringen, selbst wenn das Feuchtgebiet in Alaska läge. Sollten außer amerikanischen Firmen auch europäische Firmen und Länder zumindest indirekt von Trumps America-first-Maßnahmen profitieren, die ja nicht in restlos jeder Einzelheit gegen die nicht-amerikanische Wirtschaft gerichtet sind, führt er entweder eine kapitalistische Verschwörung an oder sein Handeln gefährdet die Wälder in Deutschland, Brasilien usw usw

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