Roger Letsch / 06.05.2022 / 10:00 / Foto: Tomaschoff / 20 / Seite ausdrucken

Berliner Flughafen: Endlich fertig und schon pleite?

Nach gefühlten einhundert Jahren Bauzeit nahm der BER am 1. Oktober 2020 seinen Regelbetrieb auf. Jetzt wurden 570 Millionen Euro Verlust nach dem ersten Geschäftsjahr verkündet. Die Chefin findet das „bedingt beruhigend“.

Es ist nicht ganz klar, ob der Betrieb auf Sparflamme aufgrund der staatlich verhängten Corona-Panik dem BER geholfen oder geschadet hatte. Denn einerseits ist es für einen Flughafen natürlich von Übel, wenn niemand fliegt. Andererseits sprechen wir von Berlin und haben auch schon erlebt, was passiert, wenn der BER auch nur annähernd unter der anvisierten Volllast betrieben wird. Chaos, lange Schlangen und technische Defekte im Osterreiseverkehr bringen ans Licht, dass man es nicht bei baulichen und planerischen Mängeln sowie Terminverzögerungen bei der Eröffnung belassen wollte. Nein, man wollte unbedingt beweisen, dass man auch organisatorisch unfähig ist und ökonomisch auf keinen grünen Zweig kommen kann.

Dieser Dreiklang der Unfähigkeit ist nun komplett, denn nachdem am 1. Januar 2022 das erste vollständige Geschäftsjahr geschafft war, liegt nun endlich die erste Bilanz der Betreibergesellschaft des BER vor. Es ist – wer hätte das gedacht – ein Verlust zu verzeichnen: 570 Millionen Euro wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr in den märkischen Sand gesetzt! Bei gemeldeten 9,9 Millionen Fluggästen im Jahr 2021 hat also jeder, der im vergangenen Jahr vom BER abhob, den Betreiber stolze 57 Euro gekostet. Den Betrieb einzustellen und überhaupt nicht zu fliegen, wäre billiger gewesen. Gut, dass die Eigentümer des Fluchhafens BER – also Berlin, Brandenburg und der Bund – es so dicke haben und für die Verluste geradestehen. Der Länderfinanzausgleich macht’s möglich.

Nun wollen wir mal nicht so pingelig sein, denkt sich der geneigte Leser vielleicht. Das ist nur ein kleines Tal, das wird schon noch! Startschwierigkeiten eben. Und blickt der RBB in seinem Bericht nicht auch optimistisch in die Zukunft?

„Dennoch stehen die Zeichen aus Sicht der BER-Chefin auf Entspannung, zumindest was die Auswirkungen der Corona-Krise angeht. Die Fluggäste kehren zurück. „Punktuell sind wir zum Teil schon wieder auf dem Vorkrisen-Niveau“, sagte von Massenbach. An einzelnen Tagen und Tageszeiten reisten demnach wieder genauso viele Menschen über den BER wie vor der Pandemie über die Berliner Flughäfen. Mit Blick auf die Zahlen rechnet von Massenbach für das laufende Jahr mit einem positiven operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.“

Unbedingt beunruhigend! 

Man habe doch die Verluste im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert, was jedoch „nur bedingt beruhigend“ sei. Allerdings hatte das letzte Geschäftsjahr vier Quartale mit Flugbetrieb und nicht nur eines wie das davor, da ist eine Halbierung der Verluste nicht so doll. Aber was ist mit punktuell… Entspannung… an einzelnen Tagen… positives operatives Ergebnis? Das alles steht da im RBB-Artikel und soll gut klingen. Doch versteckt in den positiven Aussichten lauert der Offenbarungseid: positiv vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen!

Das ist nun in etwa so positiv wie die kreative Erfindung einer „Kerninflation“ durch die EZB, für deren Berechnung man die so „stark volatilen“ Faktoren Energie und Lebensmittel einfach weglässt. Wie praktisch! Wenn der BER also im nächsten Jahr tatsächlich ein kleines positives Ergebnis melden sollte, wird es sich womöglich nur um ein positives „Kernergebnis“ handeln. Denn Steuern muss man ja auch noch zahlen, der Kapitaldienst ist noch nicht bedient und die Kosten durch die schon heute zerfallende Infrastruktur sind auch noch nicht abgebildet. Der BER wird also buchstäblich auf Verschleiß gefahren. Das Eigenkapital ist längst aufgefressen, und der Betrieb wirft nicht mal so viel ab, um die Substanz zu erhalten und die Betriebskosten zu decken.

Für mich als Laien klingt das leider nicht „bedingt beruhigend“, sondern unbedingt beunruhigend! Ein Profi in Sachen Steuern, mit dem ich kurz über diese Meldung sprach, sprach knapp und klar von Insolvenzverschleppung.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

Foto: Tomaschoff

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Thomas Brox / 06.05.2022

Der Autor sieht den Daseinszweck des BER ganz falsch. Laut Wikipedia ist der Eigentümer und Betreiber des BER die FBB GmbH. Gesellschafter der FBB sind die Länder Berlin und Brandenburg zu je 37 Prozent sowie die Bundesrepublik Deutschland zu 26 Prozent. Die FBB ist somit ein “vertikal gemischtöffentliches Unternehmen.” ++ Der BER ist ein typisches Beispiel einer schein-privatisierten Behörde. Der Daseinszweck besteht darin, möglichst vielen Partei-Genossen und Verdi-Mitgliedern ein sorgenfreies, bequemes Leben auf Kosten der wertschöpfenden Untertanen, die im Privatsektor tätig sind, zu ermöglichen. Faktisch ist Verdi die Gewerkschaft des Staatsapparates, die privatwirtschaftlich tätigen Mitglieder werden als eine Art Schutzschild und Tarnung missbraucht (sie können natürlich nichts dafür). ++ “Der BER wird also buchstäblich auf Verschleiß gefahren. Das Eigenkapital ist längst aufgefressen, und der Betrieb wirft nicht mal so viel ab, um die Substanz zu erhalten und die Betriebskosten zu decken.” Klappt doch prima, solange es noch genug Untertanen gibt, die man ausplündern kann. Im feuchtwarmen Subventions-Klima des Bundeslandes Berlin (Länderfinanzausgleich) hat sich der parasitäre, unfähige Staatsapparat ganz besonders prächtig entwickelt. An den größten Futtertrögen sitzt der links-grüne Politadel. Dieses kranke sozialistische System hat sich im Grunde schon über ganz Dummland ausgebreitet.

Mathias Rudek / 06.05.2022

Der BER ist das Symbol für das klassische Mißmanagement dieses deutschen Staates und seiner neuen unfähigen Politik und Politiker-Generation. In Berlin scheint sich der dreiste"Snobismus nach unten” extrem ausgebreitet zu haben. Politiker ohne jegliche Haftung für ihr unverantwortliches, asoziales Handeln. Das kommt dabei heraus, wenn man über den Länderfinanzausgleich subventioniert wird – nämlich ein vollumfängliches NICHTS. Meine alte Studentenstadt ist längst zu einer Shit-Hole-City geworden. Ich frage mich auch immer wieder, wo z. B. die unbegabten TAZ-Schreiberlinge wohnen? In Neukölln sicherlich nicht. Es scheint ja so zu sein, daß Dummheit noch mehr Dummheit anzieht. Nach der Wende haben sich westdeutsche Sozialisten, die sich immer gerne kapitalistisch haben finanzieren lassen, mit den Hardlinern der SED Mischpoke verbündet. Es kam zusammen was zusammen gehörte, in der Tat. Der Dauerschlunz der Westberliner Politik unter “Wowereit-ich-schlürf-Champagner-aus-den-Higheels” traf zusammen mit ideologisch-totalitärer Politik; aus dieser Melange entwickelte sich rasch die Politik ohne einen erkennbaren Kompaß, völlig freidrehend, unverantwortlich und asozial. Der Länderfinanzausgleich sollte am besten morgen sofort fallen und dann müssen sich die Dam:nnen und Herr:innen in diesem wohlstandsverwahrlosten Moloch wieder mehr als nur bemühen, sonst fliegt ihnen der verdreckte Berliner Innenhof gewaltig um die Ohren.

Walter Weimar / 06.05.2022

Politische Luschen, ob Stuttgart 21, BER, oder jede andere Baustelle des Bundes. Solange das Volk diese Leute immer und immer wieder wählt ist das so gewollt. Hauptsache mobiles Internet geht und Hanf wird freigegeben.

Robert Korn / 06.05.2022

“Im Jahr 2021 hat also jeder, der im vergangenen Jahr vom BER abhob, den Betreiber stolze 57 Euro gekostet”... Wenn das so ist, könnte die Betreibergesellschaft doch jedem, der von dort nicht fliegt oder ankommt, 30,- in die Hand drücken. Das käme billiger für alle Beteiligten. Nun ja, ich bin kein Ökonom. Die offenbar aber auch nicht.

Horst Jungsbluth / 06.05.2022

Es gibt wohl trotzdem keine Veranwortlichen für dieses Desaster, das nur die “Spitze eines gewaltigen Eisbergs” in Berlin darstellt, da niemand strafrechtlich und vermögensrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Wenn man sich mit dem befasst, was in den letzten Jahrzehnten in Berlin an Irrsinn so abgelaufen ist und wer da alles in politischen Ämtern “tätig” war oder von politischen Entscheidungen profitierte, dann befällt einem im Zusammenhang mit den derzeitigen Erkenntnissen um Deutschlands “Putin-Politik”  eine Ahnung, dass das alles kein Zufall ist. Alles aufzuzählen, was schief gelaufen ist und noch immer schief läuft, würde Schillers Werke vom Umfang her weit in den Schatten stellen. Nur ein Beispiel: Der Gelände des ehemaligen Flughafen Tempelhof (cirka 500 Fussballfelder groß) darf trotz Wohnungsnot nach einem Volksenscheid, der von Linken und Grünen unterstützt wurde,  nicht bebaut werden. 1989 gleich nach dem Start des SPD/AL-Senats forderte die AL (Grüne) den damals noch florierenden Flughafen sofort zu überbauen und mit der DDR Verhandlungen aufzunehmen, um den Flugverkehr nach Westberlin über den Flughafen Schönefeld abzuwickeln. Die SED wiederum hatte konkrete Pläne, Westberlin durch Stasi und NVA einzunehmen, um sich das dortige Vermögen anzueignen, da die DDR restlos pleite war und diese Partei sitzt heute unter dem Namen “Linke” im Senat und macht auf “sozial”.

Peter Holschke / 06.05.2022

Läuft doch glänzend, wenn man die eigentlichen Ziele berücksichtigt. Sinnlose Verschwendung, Versorgung der Überversorgten, Umverteilung an die Umverteiler, alles systemrelevant zur Beibehaltung einer Armutsmarge beim Pöbel. Kanallie sagt man ja nicht mehr. Die abgepressten Leistungen müssen möglichst geräuschlos, möglichst sinnlos, verbrannt werden und dürfen keinesfalls der Mehrung des Wohlstandes dienen. Besitzbürger werden nämlich selbstbewusst und aufsässig.

Bernhard Freiling / 06.05.2022

Leider ist die Bilanz 2021 im Bundesanzeiger nicht zu finden. Insofern kann ich nur vermuten. # Vermutung 1: so lange die Liquidität seitens der Gesellschafter sichergestellt wird, kann m.E. von Insolvenzverschleppung keine Rede sein. Vermutung 2: Geplant wurde in 2005 mit 1,9 Mrd. Baukosten. Abgerechnet wurden dem Vernehmen nach in 2020 rd. 5,9 Mrd. Also mehr als das Dreifache. D.h.; 3x so hohe Abschreibungen, 3x so hoher Kapitaldienst wie geplant. Wenn die Erlöse je Fluggast (bei Planauslastung) nicht ebenfalls um den Faktor von mindestens 3 gestiegen sind, hat dieser Flughafen keinerlei Aussicht, jemals die Gewinnschwelle zu erreichen. Als privat betriebenes Unternehmen fiele es damit unter “Liebhaberei”. # 2005 - als entschieden wurde den BER nicht durch einen Generalunternehmer zum Fixpreis sondern mittels Einzelvergaben (zwecks Kostenreduzierung) erstellen zu lassen - war da nicht was? Ach ja, in dem Jahr wurde eine Frau Kanzler, die sich als Totengräberin der Republik erwies. Zufälle gibt’s.

Rolf Mainz / 06.05.2022

“An einzelnen Tagen”, so so. Man stelle sich vor, der Flugkunde zahlte sein Ticket ebenfalls lediglich “punktuell”, “an einzelnen Tagen”, sprich: meistens nicht. Tja, wenn Juristen Geschäfte führen sollen. Schuster, bleib bei Deinen Leisten - wirtschaftliches Zusatzstudium an privaten Instituten hin oder her. Aber um es positiv zu werten: die Geschäftsführung verfügt im Gegensatz zu vielen regierenden Politikern wenigstens über einen Berufsabschluss. Jetzt gilt halt: Daumen drücken! Womöglich halbiert sich der Verlust im laufenden Jahr nochmals, das wären dann ja nur noch weniger als 300 Mio. Euro Verlust im Jahr. Das rot-grün beherrschte Berlin sollte vielleicht für mehr Flugreisen werben - aber Moment, war da nicht was?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Roger Letsch / 27.03.2024 / 06:00 / 81

Die „Young Leaders“ werden vom Himmel geholt

In den letzten Jahren brillierten im Westen junge, aktivistische Politiker mit woker Superkraft. Nun disqualifiziert sich einer nach dem anderen selbst. In vielen westlichen Staaten…/ mehr

Roger Letsch / 11.03.2024 / 06:00 / 89

Das Phänomen Trump und die deutsche Angst

Er ist wieder da! Und in Deutschland zittern die Medienschaffenden beim Gedanken an Donald Trumps Rückkehr an die Macht. Das Grinsen von Heusgen und Maas bei der…/ mehr

Roger Letsch / 07.03.2024 / 06:00 / 55

Wer die Demokratie wirklich rettet

Demokraten-Darsteller versuchen, die Demokratie mit undemokratischen Mitteln zu retten. Doch Gerichte und Institutionen wachen langsam auf – vom Supreme Court in USA bis zum Wissenschaftlichen Dienst des…/ mehr

Roger Letsch / 05.03.2024 / 16:00 / 7

Die schiefe Verachtung nach unten

Alexander Wendt analysiert in seinem neuen Buch die Entwicklung des Kulturkampfes und zeigt auf, wie man sich dagegen wehren kann. Das macht fast ein bisschen optimistisch.…/ mehr

Roger Letsch / 20.02.2024 / 14:00 / 33

Die Risiken und Nebenwirkungen des Trump-Urteils

In New York ist Donald Trump zu einer bemerkenswert hohen Strafzahlung verurteilt worden. In dem Eifer, Trump zu schaden, riskieren die Akteure eine verhängnisvolle Entwicklung.…/ mehr

Roger Letsch / 15.02.2024 / 06:10 / 99

Notbremse: Biden soll vor der Wahl weg

Ein innerer Kreis um den Präsidenten der USA versucht, ihn aus dem Amt zu bekommen, bevor es zu spät ist. Bidens kognitive Ausfälle werden beängstigend. Das…/ mehr

Roger Letsch / 10.02.2024 / 09:35 / 128

Das Putin-Interview

War das Interview, das Tucker Carlson mit Putin führte, jetzt wirklich so schlimm? Und hat es zu Erkenntnisgewinn geführt? Wenn, dann doch eher indirekt. Hat Putin irgendetwas…/ mehr

Roger Letsch / 08.02.2024 / 06:15 / 97

Tucker Carlson, Putin und das Medienbeben

Mit Putin reden? Wenn einer seinen Job doch tut, wie Tucker Carlson, ist die Empörung der etablierten Medien groß – und der Neid auf die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com