Redakteure des Portals Apollo News schrieben vor wenigen Jahren noch für Achgut. Nun rief ein Kreisverband der Berliner Linkspartei zu Gewalt gegen den heutigen Sitz des jungen Mediums auf.
Apollo News dürfte vielen von Ihnen ein Begriff sein. Das von jungen Leute betriebene Online-Medium samt YouTube-Kanal hat in den letzten Jahren seine Reichweite verdient gesteigert. Chefredakteur Max Mannhart und die Seinen betätigten sich zuvor bei Tichys Einblick und um die Nius-Gründung herum. Noch früher schrieben zum Beispiel die Redakteurinnen Larissa Fußer und Pauline Schwarz sowie Max Mannhart (seinerzeit noch unter Pseudonym Air Turkis und als Teenager) bei der Achse – die Achse-Redaktion organisierte zusammen mit der Hayek Gesellschaft und dem damaligen Schülerblog Nachwuchs-Workshops.
Wikipedia nennt Apollo News ein „rechtskonservatives beziehungsweise rechtslibertäres Online-Magazin“. Ich würde es als liberalkonservatives Alternativmedium bezeichnen, aber man muss sich nicht in Etiketten ergehen. Es sei denn, man ist der Linkspartei-Bezirksverband Treptow-Köpenick in Berlin, dann wird ganz schweres Geschütz aufgefahren. Dort gilt das Medium nicht nur als „rechts“, sondern auch – offensichtlich unzutreffend – als „neurechts“ und sogar als „braun“ – was keiner weiteren Kommentierung bedarf.
Jedenfalls ist der imperialistische und faschistische Klassenfeind zu bekämpfen, glaubt man wohl bei der früheren SED. Auf einem Flyer des Bezirksverbands heißt es, Apollo News gehöre nicht nach Alt-Treptow – dort sitzt das Unternehmen –, man möge den Ortsteil für das Medium „ungemütlich machen“ (Achgut berichtete). „Rechten Medien auf die Tasten treten“, fordert die Parteigliederung. Letztere Formulierung kann durchaus als Gewaltaufruf verstanden werden. Als solchen verurteilen sie die FDP-Politiker Wolfgang Kubicki und Linda Teuteberg, als solchen lehnt sie auch der Co-Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Sören Pellmann, ab. Sein Parteifreund Moritz Warnke, der verantwortliche Bezirkschef in Treptow Köpenick, sieht aber nichts Falsches in seinem Handeln, sondern die FDP-Kritik daran vielmehr als Beleg dafür, dass „dass Portale wie Apollo oder Nius versuchen, ihre extrem rechte Agenda anschlussfähig für die bürgerliche Mitte zu machen“. In der Antwort des Parteifunktionärs an sie fehlen, so die Berliner Zeitung, „eine Distanzierung von Gewalt“ und ein „klares Bekenntnis zur Pressefreiheit“. Im Gegenteil, Warnke betrachtet Apollo News nicht als „ein ganz normales Presseerzeugnis, als [...] eine normale Stimme des demokratischen Meinungswettstreits“.
Wie die Betroffenen selbst berichten, hat die Treptow-Köpenicker Linkspartei am Dienstag letzter Woche auch eine Veranstaltung mit dem Bund der Antifaschisten Treptow durchgeführt, bei der es um den Kampf gegen Apollo ging. In einer Tonaufnahme dieser Sitzung hört man eine Dame wollen, „dass wir denen zeigen, dass sie nicht willkommen sind und dass sie einfach nicht Teil der freien Gesellschaft sind“. Vielleicht auch großgeschrieben: „Freien Gesellschaft“ – so wie Freie Deutsche Jugend oder Freier Deutscher Gewerkschaftsbund. Das würde erklären, warum Presse- und Meinungsfreiheit nicht zu dieser Gesellschaft gehören. Auch kam die Frage auf, ob sich schon jemand an den Vermieter gewandt habe.
Das wollte laut Apollo News die als Referentin anwesende Kira Ayyadi von der staatsfinanzierten Amadeu-Antonio-Stiftung wissen. Die bekennt sich zwar auf Anfrage der Berliner Zeitung zur Pressefreiheit und distanziert sich von Gewalt, was aber – wie die Zeitung erkennt, „im offenen Widerspruch zu den Aufrufen“ steht. Wie Apollo News weiter berichtet, war es bereits vor dieser aktuellen Kampagne „zu einer Serie von Sachbeschädigungen gegen die […] Redaktionsräume gekommen“. Angreifer hatten es auf Briefkasten und Firmenschilder abgesehen. Eine Rolle gespielt habe die „pro-israelische Berichterstattung“ des Mediums über den Gaza-Krieg. Apollo-Geschäftsführer Mannhart, ein gebürtiger Berliner, will sich keineswegs vertreiben lassen: „Wir werden hier nicht weggehen.“
„Robbie Williams, Zionist, verlass die Türkei!“
Überall ist der britische Sänger Robbie Williams weltbekannt – außer in den USA. Von dort stammt seine Ehegattin Ayda Field, eine Jüdin, deren Vater wiederum türkischer Moslem war. Die vier gemeinsamen Kinder des Musikers und seiner Frau werden jüdisch erzogen. Williams, der nach der Zeit bei der Boygroup Take That seinen Solo-Durchbruch mit dem Song Angels erzielte, trat auch schon mehrfach in Israel auf. Den Abschluss seiner Tour hätte er am vergangenen Dienstag gerne in Istanbul gefeiert, vielleicht auch der Wurzeln seiner Gattin wegen. Doch das Konzert wurde von der örtlichen Verwaltung abgesagt – offiziell aus Sicherheitsgründen. Offenbar war der Druck islamistischer Israelfeinde zu groß, die unter dem Slogan „Robbie Williams, Zionist, verlass die Türkei!“ Stimmung gegen den Weltstar gemacht hatten.
Zum Gazakrieg – der Auftritt hätte am 7. Oktober stattfinden sollen – hat der Künstler sich bisher offenbar nicht geäußert. Aber auch bei Radiohead genügt es – wie berichtet – für Boykottaufrufe bereits, dass die Band in Israel aufgetreten und der Gitarrist mit einer Israelin verheiratet ist. Die Position des französischen Sängers Enrico Macias gegen den Hamas-Terror ist wiederum bekannt. Das in Istanbul für letzten Monat geplante Konzert des Musikers jüdisch-algerischer Herkunft wurde ebenfalls behördlich untersagt, nachdem Proteste angedroht worden waren. Der 86-jährige Macias bedauert das sehr, da er schon seit 60 Jahren in der Türkei auftrete, bisher offenbar ohne solche Probleme.
ZDF-Whistleblower
Der Wert der Alternativmedien hat mit den Zuständen bei den Mainstreammedien zu tun. Der freie Journalist Andreas Halbach beklagt sich im Cicero, dass er beim ZDF „beruflich faktisch kaltgestellt“ wurde. Grund: Vor gut zwei Wochen hatte er an einer Anhörung im nordrhein-westfälischen Landtag als einer von vielen Sachverständigen teilgenommen. Der Kultur- und Medienausschuss des Parlaments befasste sich mit der Finanzierung des behördlichen Rundfunks. Halbach, der nach eigener Aussage in 20 Jahren mehr als 300 Beiträge für die ZDF-Sendung Frontal erstellt hat, kritisierte in seiner schriftlichen Stellungnahme „aus eigener Erfahrung […] strukturelle Defizite, etwa beim Beschwerdemanagement oder beim Schutz redaktioneller Unabhängigkeit“, innerhalb des Senders. Im mündlichen Vortrag während des Anhörungstermins prangerte er „Themenfilter“ durch hierarchisch Höherrangige in den Anstalten an, was zur Schere im Kopf bei Journalisten führen könne.
Dabei plauderte er aus dem Nähkästchen: Ihm sei ein Fernsehbericht zur Affäre um die damalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger verwehrt worden, weil man dem ebenfalls staatlichen, „befreundeten Sender“ nicht habe ans Bein pinkeln wollen. Außerdem seien in einem seiner Beiträge O-Töne einer sozial bedürftigen Familie nicht gesendet worden, die nicht von einer verschimmelten in eine andere Wohnung umziehen konnte, weil man dort Importierte einquartierte. Insgesamt sieht Halbach die sogenannte innere Rundfunkfreiheit, die journalistische Unabhängigkeit innerhalb des Mediums ZDF, nicht im besten Zustand.
Infolge seines Auftritts in Düsseldorf wollen – so die Darstellung des Journalisten – einige Chefs vom Dienst beim ZDF nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten; ein Beitrag, der ihn schon mehrere tausend Euro gekostet habe, liege auf Eis. Quod erat demonstrandum. Im Intranet des Senders seien „falsche Tatsachenbehauptungen“ über ihn verbreitet worden, „die meine Glaubwürdigkeit beschädigen“. Halbachs Eindruck nach „soll damit ein Exempel statuiert werden, um andere potenzielle Kritiker einzuschüchtern“. Letztes Jahr habe er sich bereits in einer Redaktionskonferenz dazu äußern müssen, dass er das „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ mitunterzeichnet hatte, die Sitzung „glich einem inquisitorischen Tribunal“. Halbach stellt außerdem die Frage, was Sachverständige in Parlamentsanhörungen künftig noch aus ihrer beruflichen Praxis zu erzählen wagen, wenn solche Konsequenzen drohen.
Lizenz zum Entwaffnen
Säuberungen in James-Bond-Büchern und Warnhinweise zu Filmen über den britischen Geheimagenten kennen wir schon. Jetzt geht es um etwas scheinbar Banaleres: Die Filmposter, mit denen Amazon die Werke auf seiner Plattform Prime Video bewirbt. Der Konzerngigant hat dieses Jahr die kreative Kontrolle über die Bond-Welt erworben – manche befürchten, dass bald Spin-Off-Filme über Chefsekretärin Moneypennys Privatleben oder die Jugend des Erzschurken Blofeld gedreht werden. Auf den Bildern zeigt das Unternehmen den jeweiligen 007-Darsteller in einer Pose. Damit fallen die Damen weg, die auf originalen Filmplakaten früherer Jahrzehnte noch zu sehen waren, wie die Daily Mail beklagt, die „sexy Bond girls“.
Noch auffälliger: Dem Helden fehlt ein bedeutendes Arbeitsmittel: die Schusswaffe. Sie wurde, wo vorhanden, aus digital bearbeiteten Posen einfach entfernt, so dass manche Bilder seltsamer wirken als solche, in denen zum Beispiel Sean Connery ursprünglich gar keine Pistole in der Hand hielt. Die Knarre gehört einfach zum Agenten mit der Lizenz zum Töten, findet der britische Bond-YouTuber Calvin Dyson: Ein Kissen zum Ersticken würde nämlich schlecht in sein Halfter passen. Experte Dyson konnte bereits beobachten, dass bei Produkten rundum die Filmserie, wie zum Beispiel Computerspielen, die Rolle der Feuerwaffen zurückgedrängt wurde. Mit Altersfreigaben hat die Amazon-Bilderklitterung seines Erachtens nichts zu tun, da sich anderer Stelle im Amazon-Angebot durchaus Abbildungen bewaffneter Bonds befinden. Selbst bei einem Film, der in Großbritannien erst ab 15 freigegeben ist, darf Pierce Brosnan jetzt nur noch eine Faust machen. Immerhin: Eine Pistole ist auf den einschlägigen Bildern immer noch zu sehen: Die „7“ im 007-Logo, dessen Erfinder Joe Caroff, ein New Yorker Jude, kürzlich im Alter von 103 verstarb.
Raumfragen in Schottland
Bleiben wir auf der Insel. Vom Fall Sandie Peggie hatte ich Ihnen schon berichtet. Die Krankenschwester befindet sich seit letztem Jahr in rechtlichen Auseinandersetzungen, weil sie sich keinen Umkleideraum mit einem Arzt teilen will, der als Transfrau Beth Upton durchs Leben geht. In ihrem Arbeitsgerichtsprozess traten verschiedene Zeuginnen aus dem staatlichen Gesundheitssystem NHS auf, die sinngemäß „Man fragt eine Frau nicht nach ihren Chromosomen“ aussagten. Für Schriftstellerin Joanne K. Rowling, die Peggie unterstützt und sie wegen ihres Einsatzes gegen die „Genderidentitätsideologie“ für eine „Heldin“ hält, zeigt sich hier ein Klassenproblem: Irgendwelche Mittelklasse-Funktionäre wollen ihre „Luxusanschauungen“ einer kleinen Krankenschwester aufzwingen. NHS Fife, die einschlägige lokale Organisation, hat bereits eine Viertelmillion Pfund aufgewendet, um sich gegen Peggie zu verteidigen. Nun vollzog sie eine Wende: Toiletten und Umkleidezimmer in ihren Einrichtungen soll nur noch nutzen können, wessen „Geschlecht bei Geburt“ jeweils dazu passt. Warum nicht gleich so?
„Umstrittener“ Wissenschaftler
Ein weiterer Fortgang in Großbritannien betrifft Nathan Cofnas. Der amerikanisch-jüdische Philosoph war schon mehrfach in dieser Kolumne zu Gast. Ihm wird Rassismus vorgeworfen, weil er sich unter anderem mit dem Zusammenhang von Intelligenz und Ethnie beschäftigt. Cofnas arbeitet an der Uni Cambridge, wo er eine Tätigkeit deshalb bereits verlor, aber nach wie vor eine Stelle hat. Nun hat die Hochschule die Untersuchung von 58 (!) Beschwerden über den Wissenschaftler, die Studenten eingereicht hatten, abgeschlossen. Ergebnis: Er hat gegen keine Regeln verstoßen. Es lebe die Wissenschaftsfreiheit!
Dagen nicht ertragen
Über Susanne Dagen als Initiatorin der „umstrittenen“ neuen Büchermesse „Seitenwechsel“, die Anfang November in Halle/Saale stattfinden soll, haben Sie bei Achgut kürzlich lesen können. Die Dresdner Buchhändlerin und Verlegerin fand in dieser Kolumne schon mehrfach Erwähnung, auf ihr Geschäft, das BuchHaus Loschwitz, war 2021 sogar ein Anschlag verübt worden. In der sächsischen Landeshauptstadt ist sie letztes Jahr erneut für die örtlichen Freien Wähler in den Stadtrat gewählt worden, hat sich aber als Parteilose der AfD-Fraktion angeschlossen, da diesmal anderweitig keine Fraktionsstärke zu erreichen war. Am anderen Ende der Republik, beim Denkfest im pfälzischen Landau, hätte sie diese Woche neben anderen Referenten auftreten sollen. Kurzfristig zog dann jedoch der Veranstalter den Schwanz ein, das Kulturbüro der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Dieses Unternehmen gehört im Wesentlichen öffentlich-rechtlichen Körperschaften aus der Region.
Laut dem Leiter seines Kulturbüros gab es „Hinweise auf konkrete Aktionen vor Ort“, so dass man sich „im Interesse der Gesamtveranstaltung und auch der Sicherheit für alle Beteiligten“ zu einer Absage entschloss. Das klingt verdächtig nach – siehe oben – Istanbuler Verhältnissen. Die Schriftstellervereinigung PEN Berlin kritisiert den Vorgang: „Niemand muss Susanne Dagen einladen. Aber wenn ein Veranstalter sich dazu entschließt […], dann darf man erwarten, dass er zu dieser Einladung steht“ und nicht wegen eventueller Störungen kneift. Passenderweise lautete das Motto des diesjährigen Denkfestes „Kampfzone Freiheit – Wer hat Angst vor Ambivalenz?“.
Lesung zum Jahrestag
Kehren wir zu Israel-Fragen zurück. Vergangene Woche hatte ich Ihnen von Versuchen berichtet, eine Lesung des Autors Arye Shalicar in Wiesbaden zu verhindern. Aus einem neuen Buch „Überlebenskampf. Kriegstagebuch aus Nahost“ trug der Reserve-Pressesprecher der israelischen Armee am Dienstag auch in Erfurt vor. Der Termin am 7. Oktober fand im Thüringer Landtag statt, veranstaltet vom dortigen Parlamentarier-Freundeskreis Israel, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und dem Landesantisemitismusbeauftragten. In einem Schreiben an den Landtagspräsidenten und die Fraktionen hatte ein Friedensbündnis Erfurt zuvor gefordert, Shalicar wieder auszuladen. Dem dürfe nämlich „keine Bühne geboten werden“, da er „sich nachweislich in abfälliger, gehässiger und pauschalisierender Art über die palästinensische Zivilbevölkerung äußert“, wie das Bündnis behauptet. Ihm gehören der örtliche Linkspartei-Kreisverband, die im Westen gegründeten altstalinistischen Parteien DKP und MLPD, eine Einrichtung des Evangelischen Kirchenkreises und weitere Organisationen wie eine Deutsch-Russische Freundschaftsgesellschaft an. Die Lesung konnte stattfinden, laut Thüringer Allgemeine protestierten 50 Gegendemonstranten vor dem Gebäude.
Gegen Gedenken an Massaker-Opfer
Bei der englischsprachigen Zeitschrift The Berliner (vormals: Exberliner) rumort es. Dem linken Berliner-Autor Nathaniel Flakin zufolge stoßen sich Mitarbeiter daran, dass der Verlag – der auch das Stadtmagazin tip Berlin herausgibt – Anzeigen bringen will, die eine Ausstellung im Flughafen Berlin-Tempelhof bewerben, welche als „tiefgehende Erinnerung an das brutale Massaker beim Nova Music Festival am 7. Oktober 2023“ dienen soll. „Das kann die internationale Berliner Hipsterszene nicht durchgehen lassen“, kommentiert Cicero-Redakteur Ingo Way. Dem linken Amerikaner Flakin zufolge hätten sich angestellte Redakteure und freie Mitarbeiter des Berliner gegen die Anzeigenschaltung ausgesprochen. Der Verlag positioniere sich dergestalt zum Gazakrieg, während er antiisraelische Berichterstattung verhindern wolle. Deshalb, so Flakin, träten die Freiberufler in einen Streik. Sie würden keine Beiträge fürs nächste Magazin verfassen, sofern die Anzeigen erscheinen.
Christliche Nächstenliebe
Kommen wir zur blauen Partei, die es mal wieder in mehreren Fällen traf. Aus einem evangelischen Stift im Brandenburgischen musste ein AfD-Kommunalpolitiker ausziehen. Im Stift Marienfließ leben rund 30 Personen in einer klosterartigen WG. Im Frühjahr zog Andreas Tute mit seiner Familie ein. Weder der zuständige Pfarrer Helmut Kautz, der davon wusste, noch Tute selbst offenbarten diesen parteipolitischen Hintergrund den Mitbewohnern. Und da Tute als Fraktionsvorsitzender der AfD-Kreistagsfraktion im niedersächsischen Peine fungiert – also weit weg –, dauerte es offenbar eine Weile, bis die anderen des Umstands gewahr wurden. Daraufhin entstand ein Zoff, der letztlich damit endete, dass der AfDler nach Aufforderung aus dem Mietverhältnis ausschied. Seine Familie wohnt dort weiterhin. „Mein Toleranzbereich ist nicht das, was andere ertragen“, musste Pfarrer Kautz erkennen und öffentlich bedauern, das nicht von vornherein berücksichtigt zu haben. Seine Vorgesetzte, Stiftsamtsfrau Eva-Maria Menard, verweist auf die Bewertung der AfD durch Verfassungsschutz und Evangelische Kirche – zwei von vielen Köpfen einer Hydra.
Gewalt in Norddeutschland
In der Antifa-Hochburg Göttingen wurden jüngst AfD-Mitglieder leicht verletzt. 15 Blaue gingen nach einer parteiinternen Veranstaltung an einem Wohnprojekt vorbei – laut Nius eine stadtbekannte „linksradikale Kaderschmiede“ – und warfen nach Darstellung des AfD-Bundestagsabgeordneten Micha Fehre von der gegenüberliegenden Straßenseite einen Blick auf das Haus. Einige Personen sollen dann aus dem Gebäude herausgekommen sein und auf AfDler, nachdem sie sie als solche erkannt hatten, eingeschlagen haben. Einem soll eine Flasche auf den Kopf gezogen worden sein. Die Polizei nahm fünf Tatverdächtige im Alter von 23 bis 49 Jahren fest. Fehre gegenüber Nius: „Wenn man sich jetzt mal vorstellt, dass wir eine kleinere Gruppe gewesen wären und vielleicht ein paar kräftige Jungs weniger dabeigehabt hätten, dann glaube ich, hätte das sehr übel enden können.“
Dazu von Welt TV befragt, schilderte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, seine eigenen Erfahrungen. Baumann wohnt in Hamburg, wo sich bekanntlich ebenfalls Antifanten-Nester befinden. Er erlebe ständig Anschläge auf sein Haus. Damit seine Frau wieder ruhig schlafen könne, habe er einen Hund angeschafft und ein Gäste-Apartment im Keller des Hauses mit Stahltüren versehen. Ein Auto seines Mieters sei abgefackelt worden, wodurch er Probleme bekomme, im Haus etwas zu vermieten.
Feuer in Süddeutschland
Vom kühlen Norden ins brandheiße München: Zweimal wurde ein Wahlkreisbüro von AfD-Abgeordneten im Stadtteil Perlach letzte Woche Opfer eines Brandanschlags: Nachdem am Montag kaum Schaden entstand, führte das gelegte Feuer am Freitag laut dem bayerischen Bundestagsabgeordneten Tobias Teich „zu einem großen Brand“ in einer Werkstatt unter dem Büro, die mit der Partei nicht in Zusammenhang stehe. Einem Medienbericht zufolge entstand ein Sachschaden in sechsstelliger Höhe. Schlimmeres konnte die Feuerwehr verhindern. Ein 20-jähriger Tatverdächtiger sitzt in Untersuchungshaft, er soll am Sonntag auch an der CSU-Zentrale in der bayerischen Landeshauptstadt einen Brand gestiftet haben, bei dem die Glasfassade des Gebäudes beschädigt wurde.
Hüttenzauber
Als die blaue Partei Ende letzten Monats einen Grillplatz in Wiesbaden-Breckenheim gemietet hatte, um dort ein Fest zu veranstalten, kam es zuvor zu einer Vandalismus-Attacke auf die Hütte, die mit erheblichen Sachschäden einherging. Die Örtlichkeit wurde zudem mit zahlreichen Antifa- und Anti-AfD-Parolen beschmiert. „Wir brauchen hier keine AfD“, erklärte damals Ortsvorsteher Manuel Köhler (CDU). „Aber eine solche ‚Antifa‘ brauchen wir erst recht nicht.“ Jetzt will er prüfen lassen, ob man eine Vermietung der kommunalen Hütte an vom Verfassungsschutz beobachtete Organisationen ausschließen kann. Für den AfD-Kreisverband Wiesbaden „gleicht [das] einer Täter-Opfer-Umkehr“. Im Juli war auch ein Grillplatz im unterfränkischen Mainaschaff vor einer AfD-Veranstaltung einschlägig beschmiert worden; Türschlösser wurden mit Sekundenkleber versehen.
Parteitag vertagt
Einen Fortgang gibt es beim AfD-Landesparteitag im baden-württembergischen Hechingen zu vermelden. Wie berichtet, hatte die Stadt den Mietvertrag gekündigt. Die blaue Partei obsiegte aber mit ihrem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Sigmaringen. Die rückwirkende Änderung der Nutzungsregularien durch den Gemeinderat verletzt die Rechte der Partei. Die Stadt verzichtet nun auf Rechtsmittel, und zwar im Rahmen eines Vergleichs, den sie mit der AfD geschlossen hat: Der Parteitag im November wird um zwei Wochen verschoben. Die Stadt hatte Anstoß daran genommen, dass die zweitägige Veranstaltung auch am 9. November stattfinden sollte, dem Jahrestag der Reichspogromnacht.
Grüne Modepolizei
Zuletzt noch ein Nachtrag aus dem vergangenen Monat. Ein Sportverein aus dem niederrheinischen Kleve, der SV 06 Donsbrüggen, veranstaltete Ende September ein Oktoberfest. Das Plakat, mit dem es dieses ursprünglich beworben hatte, stieß allerdings den örtlichen Grünen sauer auf. Eine gezeichnete weibliche Figur trug darauf ein Dirndl mit tief ausgeschnittenem Dekolleté und einen kurzen Rock. „Nachdem augenscheinlich in den Sozialen Medien der Unmut über das Plakat keinen so großen Zuspruch, wie vielleicht erhofft, gefunden hat“, schreibt der Verein, habe man „aus mehreren Rohren gegen uns geschossen“. Im Ergebnis entschied er sich, die Plakate abzuhängen. Auf dem neuen Motiv des Werbemediums war dann eine züchtiger gekleidete junge Dame zu sehen – mit längerem Rock und weniger Ausschnitt. Immerhin haben die Grünen nicht gegen die abgebildeten Biergläser opponiert.
Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!
Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Website auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter cancelculture@freiblickinstitut.de.
Christoph Lövenich ist Novo-Redakteur und wohnt in Bonn. Er hat zum Sammelband „Sag, was Du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culture“ beigetragen.
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Was die Entwaffnung angeht - alles schon mal dagewesen: Im Winter 1998/1999 gab es im "Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" eine Ausstellung mit dem Titel "X für U Bilder, die lügen". Damals war man noch ziemlich neutral und unter dem Stichwort "C wie Comic" wurden entsprechende Beispiele von wegzensierten Waffen beschrieben. Auch sonst wurde dort eine lange Liste von interessanten Retuschen gezeigt, bersonders eifrig waren dabei die Sozialisten, aber auch sonst gibt es viele interessante Beispiele.
@Bernhard Freiling Leider passt nicht jeder Fortgang eines Falles platzmäßig in die Kolumne. Aber die Achse hat ja gestern in einem redaktionellen Beitrag darüber berichtet.
Nathan Cofnas´ Intelligenzvergleiche .....
Da war doch was?
Genau,der Gutachter im Solingenprozeß referierte über den IQ des Killlers und den
IQ-Durchschnitt von Syrern-(halt ihrem Lebensraum entsprechend).
Wie in solchen Fällen üblich hätte eigentlich die Empörungsindustrie explodieren müssen-
Eigentlich....aber gegen Fakten kommen sie nicht an!
Sie haben einfach keine Argumente-nur ihren Haß
@Peter Thomas: Ja, ging mir ähnlich. Robin Hood ist auch aus meiner Sicht zu positiv, besser wäre ein mit schwarzer Sturmhaube verkleideter Typ gewesen. Apropos schwarze Sturmhaube (vgl. dessen Wahlkampfvideo): von Gregor Gysi nach wie vor kein Wort zum Vorhaben von Linkspartei und Antifa, der Apollo News-Redaktion "auf die Tasten" zu treten. (In seinem Wahlbezirk!) Honi soit qui mal y pense.
@Peter Thomas - Sie haben recht . Robin Hood mit der Antifa gedanklich zu verbinden , ist kreuzdämlich . Sie können das ja mit Russell Crowe , Kevin Kostner oder Erroll Flynn noch einmal überdenken . Vielleicht in umgekehrter Reihenfolge . 1938 , 1991 , 2010 . Eine Legende , 3 Versionen.
2010 ist mir am liebsten. Viel Humor ! Von Schwachköpfen der Filmkritik damals verrissen .
Tja, Herr Lövenich, wie wäre es, wenn liberale Schlägertrupps mal die Parteizentrale der lokalen SED-Zentrale im Kiez in Schutt & Asche legen. Verstehen Linke was anderes als Prügel? Die Debattenangebote für Linke sind längst verfallen.
Ich wünsche der Apollo News-Redaktion weiterhin gutes Gelingen. Stay safe. Um den Gegner zu ärgern, könnte die Redaktion ja mal bekanntgeben, um wieviel Prozent die Spenden in der vergangenen Woche gestiegen sind. Ich vermute: eine ganze Menge. Und dank Streisand-Effekt ist Apollo News jetzt noch sehr viel mehr Menschen bekannt. Was die Linke bzw. Linksextreme angeht, spielt man dort das alte Spiel: Man behauptet einfach, Apollo News sei gar keine journalistische Plattform, demnach sei der Cancel-Versuch gar keine Missachtung der Pressefreiheit. So wie man ansonsten auch Andersdenkende einfach bei Bedarf als "Nazi" (= Untermenschen) umdefiniert, und "Untermenschen" darf man nach dieser Logik ja bekanntlich schlagen und foltern (vgl. die Aktionen der Hammerbande). Oder man nennt Frauen, die keine nackten Männer in ihren Umkleiden und Duschen haben wollen (s. Artikel) in "Terfs" (neudeutsch für 'Hexe') um, dann 'darf' man dann Aufrufe posten wie "Terfs töten", "Kill the Terfs", "Terfs boxen" etc. Würde man bei Transaktivisten- und Queerveranstaltungen Schilder hochhalten, auf denen einfach "Tötet die Frauen" oder "Schlagt die Frauen" stünde, würde sich das weniger gut machen, da dann doch beim einen oder anderen Beobachter eher der Groschen fallen würde, was vor sich geht. Also ist die Umbenennung und das Re-Labeln von "Gegnern" eine zentrale Taktik in Teilen dieses politischen Milieus. Was übrigens nur funktioniert, weil dann weite Teile der politisch ähnlich Tickenden, aber weniger Radikalen den Mund halten bzw. darauf hereinfallen.